Freude und Ärger im Garten

den Mund wässerig machen, das Geld aus der Tasche locken .... Die Anfänger haben immer leicht einen .... und Vorausblick beim Anlegen eines Gartens, denn.
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Karl Foerster/Uwe Peglow

Freude und Ärger im Garten

Ein Lesebuch

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Freude und Ärger im Garten Karl Foerster

3. Auflage Bearbeitet von Uwe Peglow 27 Illustrationen von Edda Schulz und Kurt Schulze

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Haftung: Autor und Verlag haben sich um richtige und zuverlässige Angaben bemüht. Fehler können jedoch nicht vollständig ausgeschlossen werden. Eine Garantie für die Richtigkeit der Angaben kann aber nicht gegeben werden. Haftung für Schäden und Unfälle wird aus keinem Rechtsgrund übernommen. Hinweis: Der Verlag ist nicht verantwortlich für den Inhalt von Links.

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ISBN 978-3-8001-5402-9

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Inhaltsverzeichnis Wegweisende Worte 7 Vorwort zur neubearb. Aufl.

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Klagelieder und Trostantworten 11 Ordnungshelden und Sünder 12 Stauden 13 Gräser 15 Farne 17 Wasserpflanzen 18 Blumenzwiebeln 20 Rosen 22 Lilien 23 Dahlien 25 Kräuter und Gewürze 27 Sommerblumen 28 Obstgehölze 30 Gemüse 32 Ein kleiner Gemüsefahrplan vom Dreikönigstag bis zur nächsten Jahreswende 33 Sträucher 35 Gartenbäume 37 Kletterpflanzen 39 Allgemeiner Gartenärger 41 Im Prinzip 41 Grundstückswahl 42 Gartenzäune 43 Gartenlauben 44

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Einheimische Pflanzen 44 Naturschutz 44 Fruchtfolge 45 Aussaat 47 Pikieren 48 Vereinzeln 49 Auspflanzen 50 Mondphasen 50 Pflanzung 51 Etikettierung 51 Benachbarungsärger 52 Farben 53 Blau 57 Gelb 57 Halbschatten 58 Pflanzennamen 59 Dünger 60 Stickstoff, Phosphor und Kali Mistjauche 61 Kräuterjauche 61 Gründüngung 61 Gießwasser 62 Schlauchärger 63 Unkrautärger 63 Erdbeerärger

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Blumenwiese 64 Rasenärger 65 Steinärger 66 Insekten 66 Schnecken 67 Blattläuse 68 Ameisen 69 Weiße Fliege 69 Lilienhähnchen 70 Algen im Teich 70 Maulwurfsärger 71 Wühlmausärger 71 Mehltau 71 Ritterspornfehler 72 Spatzen im Efeu 74 Pfau 75 Nachtigall 76 Buxbaum 76 Laubfall 76 Rückschnitt 77 Pilze im Garten 79 Misteln 79 Staudenwinterschutz 80 Frostfreie Überwinterung 81 Ernsthafte Staudengedanken 83 Lob und Warnung durchs Farnreich 137 Lob und Warnung durchs Gräserreich 141 Blumenzwiebelstauden 148 Schon oder noch – Pflanzzeiten, kalendermäßig gesehen 154

Nachklang 158 Problembereiche im Garten 158 Böschungen 158 Derbste Stauden für dumpfen Schatten 159 Baumschulbesuch im Nebel 159 Schnee und Raureif, Nebel und Wintersonne 161 Getier im Garten 162 Allerlei Bewegung im Gartenreich 165 Mit der Nase um die Erde 168 Vom Verflattern der Blütenwirkungen durch ihre Zersplitterung in Zeit und Raum, durch falsche Wahl der Blütenmenge und der Nachbarpflanzen 171 Als Vermählte empfehlen sich 172

Liste ungültiger Pflanzennamen (Synonyme) 173 Literaturquellen 174 Bildnachweis 174 Register der Pflanzennamen 175

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Wegweisende Worte Gartenärger hat häufig dreierlei Färbungen, die ihn ganz unnötig vertiefen. Der eine Stachel besteht in dem Verdacht, dass Lieferant und Gärtner dies oder jenes falsch gemacht hätten. Der Zweite kommt aus dem Gefühl des noch erfahrungslosen Gartenbesitzers, dass nämlich wieder mal in einem besonderem Falle, also »in der Sache mit dem Feuermohn neben der kleinen Kiefer«, von dem augenblicklich noch keine Spur zu sehen ist, oder »in dem Fall der Kaiserkrone, die letzten Frühling mit Blühen ausgesetzt hat« irgendeine von Bosheit nicht ganz freie »Fahrlässigkeit der Natur« vorliegt, die sich in ganz besonderer Weise gegen ihn richtet. Manchmal denkt auch der Gartenbesitzer nicht geradezu an Fahrlässigkeiten der Menschen oder der Natur, sondern an eine gewisse launenhafte Lust der Pflanzen am Versagen des Erfolges, mit dem Unterton: »Bei anderen Leuten kommt das natürlich nicht vor« oder »nur ich habe keine glückliche Hand« oder »habe einen unfruchtbaren Garten erwischt«. Nun kommt aber noch der dritte Stachel: Das sind die verflixten Bücher, die einem den Mund wässerig machen, das Geld aus der Tasche locken, den Frieden zwischen Ehegatten gefährden und Zwietracht zwischen Gärtner und Gartenbesitzer säen. Sie geben uns das Gefühl: »Wenn wir alle diese Pflanzen nicht in unserem Garten haben, ist das überhaupt nur eine ganz kümmerliche Sache mit unserem Leben, und wir leben am Schönsten vorbei.«

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Dies vorliegende neue Buch möchte helfen, Verärgerte von ihrem Isolierungsgefühl, manchmal auch von etwas Humorlosigkeit, sodann von mancherlei Hang zu Ungerechtigkeit gegen ihre gärtnerischen Helfer zu erlösen und den Leser mit dem großen Gefühl der Naturgesetzlichkeit auch da zu erfüllen, wo diese sich gerade störend gegen ihn richtet; vor allem aber möchte es den ganzen Ärger durch den steten Hinweis auf die Möglichkeiten seiner Vermeidung, Heilung oder Überbrückung in verstärkten Lebensreiz verwandeln. Die ärgerlichste Wirkung oder Nebenwirkung, die von unserem kleinen Gartenärgerlexikon ausgehen könnte, wäre natürlich der Eindruck einer viel größeren Häufigkeit und Stärke ärgerlicher Schwierigkeiten in Gärten als eben dem Gesamtsachverhalt von heute entspricht. Dieser Gesamtsachverhalt aber ist im höchsten Grade ermutigend, nicht nur, was die Abhilfe eines Ärgers durch gärtnerische, gartenkünstlerische Maßnahmen und neue

Sortenkräfte der Pflanze betrifft, sondern ebenso durch vorbeugende Schritte. Der Leser soll aus folgenden Darlegungen merken, dass wir von unten aufbauen und nicht von idealistischen Vorstellungen ohne genügend Erdenschwere oder von draufgängerischer merkantiler Routine abgelenkt werden. Wer sich von den folgenden Darlegungen irgendwie und irgendwo entmutigen lässt, hält sozusagen mitten im Sprunge auf und hat den ganzen Sinn der in diesen Blättern gemeinten äußeren und inneren Haltung gegenüber Gartenschwierigkeiten nur missverstanden. Dieser erschließt sich eben umso

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freudiger, je länger sich unser Umgang mit der Natur von ihm leiten lässt. Man könnte solche Ärgerlexikons für alle übrigen Lebensgebiete gleichfalls schreiben, es täte dem Garten unseres Lebens überall not. Vielleicht hat die Zusammenfassung all dieser Entwicklungsformeln unter anderem auch die Nebenwirkung, den Sinn für die wartenden Möglichkeiten der Klärung, Entwirrung, Vereinfachung und Sicherung auch in vielerlei anderen Lebensbezirken zu schärfen und zu elektrisieren. Das Leben mit dem Garten im Sinne der hier vorgeschlagenen Geschmeidigkeit, Fortschrittsgläubigkeit und Aktivität ist in ganz besonderer Weise geeignet, uns überall aus dem Problem in die Aufgabe fliehen zu lassen. Der Sachverhalt der Natur, der zwischen Erfolg und Misserfolg die Nötigung zu diesen kleinen Bemühungen und zur Ausnutzung der diesbezüglichen Lebensmühen anderer einschaltete, ist dem Glück unseres Umganges mit dem Garten am allergünstigsten. Auch ein nicht zu kleines Maß körperlicher Gartenarbeit gehört unerlässlich mit zum Ausschöpfen der tiefsten und merkwürdigsten Segnungen des Gartenlebens. Potsdam-Bornim, im Frühling 1937

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Vorwort zur neu bearbeiteten Auflage Als Karl Foerster das »Kleine Gartenärgerlexikon« schrieb, hatte er bereits jahrzehntelange Erfahrungen im Umgang mit Pflanzen und Menschen gesammelt. Unzählige Beobachtungen, Begegnungen und Gespräche bildeten einen so umfangreichen Erfahrungsschatz, dass es folgerichtig war, diesen in einem eigenen Buch zusammenzufassen. In den sechzig Jahren, die seit dem Erscheinen des Buches vergangen sind, ist der Gartenärger wohl kaum kleiner geworden – die Aufmerksamkeit für Garten und Pflanze aber hoffentlich größer. Ich freue mich, mit dieser zweiten, neugestalteten Auflage einen weiteren Titel Karl Foersters der Vergangenheit entreißen zu können. Es wurden Gartenärgerkapitel aus allen seinen Büchern herangezogen, ebenso aus dem schriftlichen Nachlass in der Staatsbibliothek Berlin. Dabei fiel mir ein unveröffentlichtes Manuskript unter dem Titel »Lob und Warnung durchs ganze Staudenreich« in die Hände, welches eine Bearbeitung des »Kleinen Gartenärgerlexikons« darstellt. Aus dem Inhalt und den genannten Sortennamen sowie aus den Buchhinweisen ergibt sich, dass es nach 1960 geschrieben wurde. Karl Foerster hat sich also noch in den letzten Jahren seines Lebens mit diesem Buch beschäftigt, so wie es auch eine Widmung an seine Tochter Marianne bestätigt. Ich nahm an, durch meine intensive Beschäftigung mit seinem gärtnerischen Werk würde die Bewunderung etwas abnehmen, die gärtnerischen Rat-

schläge seien überholt und die Hinweise inzwischen wohl veraltet – das Gegenteil war der Fall. Für den sensiblen Leser ist und bleibt Karl Foerster der große Gärtner, der unserem Gartenempfinden noch immer viel mitzuteilen hat.

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Es ist mir wichtig zu sagen, was der Leser nicht von diesem Buch erwarten sollte. Es ist weder ein Atlas aller Pflanzenkrankheiten in Wort und Bild, noch ein Stichwortlexikon aller eventuellen Gartenärgernisse. Vielmehr ist es ein Lesebuch und Wegweiser durch viele Gartenthemen mit der Aufforderung, nicht im Ärger oder Unmut stehen zu bleiben. Das Thema Gartenärger ist untypisch, ja fast unpassend für Karl Foerster. Er war kein Mensch, der sich lange ärgerte und wer genau hinsieht, merkt, dass er jede noch so kleine Gelegenheit nutzte, vom Ärgerthema abzuschweifen und vom Wert der Stauden für unser Gartenglück zu erzählen. So ist auch der alte Buchtitel »Gartenfreude wie noch nie« zu erklären, der nur im Nachsatz »Kleines Gartenärgerlexikon« hieß. Seine kritische Begeisterung dagegen ist hierin erstaunlich erdenschwer und bodenständig. Das Angebot, Fehler zu erklären oder sie besser von Anfang an zu vermeiden, wird hoffentlich viele Gartenfreunde herausfordern – sicher sind uns manch hilfreiche Auswege noch unbekannt. Ein reizvolles Thema, welches viel zu wenig »beackert« worden ist. Ein Romanschriftsteller kann seine Bücher unverändert neu drucken lassen – die Küsse bleiben dieselben; unsere Gartenbücher jedoch haben immer wieder ganz neue und andere Blumen ans Herz zu nehmen. Zahlreiche und teilweise erhebliche Änderungen und Einfügungen waren notwendig, um dieses Buch in neuer Form vorzulegen. Die Gratwanderung zwischen der Bewahrung des Foersterbuch-Charakters und der heutigen Erwartung war dem Bearbeiter jederzeit bewusst. Die von Karl Foerster übernommenen Texte sind originalgetreu erhalten geblieben. Der aufmerksame Leser wird feststellen, dass einige

Vorwort

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der von Foerster benutzten deutschen Namen heute nicht mehr gebräuchlich sind, eine eindeutige Zuordnung sollte anhand der wissenschaftlichen Namen möglich sein. Von Karl Foerster verwendete und heute nicht mehr gültige wissenschaftliche Pflanzennamen sind mit einem * gekennzeichnet und werden am Ende des Buches in der »Liste ungültiger Pflanzennamen« mit den derzeit gültigen Namen gegenübergestellt. Die originalen Foerstertexte und die der Bearbeitung sind getrennt zu erkennen. Grundtenor blieben der Respekt und die Bewunderung für die Texte und die Philosophie des Meisters. So hoffe ich, dem Leser ein Buch vorzulegen, welches neben praktischem Gärtnerrat unbedingt auch Lesefreude und Vergnügen bereitet.

Uwe Peglow, Freienhagen 2000

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Klagelieder und Trostantworten Die Anfänger haben immer leicht einen nachhaltigen Eindruck von irgendeinem kleinen Misserfolg, hinter dem vergeblich der Erfolg wartete, weil wieder mal die Erfahrungsreihe kurz entschlossen zu früh abgebrochen wurde. Alte liebe Skeptikergepflogenheit ! Du darfst viele Schattenblumen und Farne ziemlich sonnig pflanzen; Forsythie verträgt sehr viel Schatten; dein Immergrünteppich erlaubt auf die Dauer den eingesprengten Epimedien gutes Gedeihen, gegen alle Erwartung werden sie nicht überwuchert; die Aurikeln dürfen nicht so schattig stehen, sonst bauen sie ihre Stiele zu weich. Veilchen vertragen äußerste Sonne und Dürre, dort blühen sie herrlich reich; gegen das Versagen des Kaiserkronenflors hilft man sich dadurch, dass man gleich ein paar kleine Horste dieser Pflanze setzt, von denen immer ein Teil blüht, während der andere ein Jahr überschlägt; hättest du das immergrüne Japangras mit festem Erdwurzelballen der Topf-Vorkultur gepflanzt, so wäre jeder Ärger über langsames oder fragliches Anwachsen vermieden; wenn du das Vergilben des abreifenden Laubes der Vorfrühlingszwiebeln verdecken willst, was besser ist, als sie zu früh abzuschneiden, pflanze Farne und andere Sachen dazwischen, die ihre Blätter ein wenig drüber decken; du hast deine Primeln hier mit Erdballen hergepflanzt, weil du sie aus den Saatbeeten ohne Störung herübernehmen wolltest, vergiss nicht, diese Pflanzen nach dem Abblühen noch einmal herauszunehmen, ziemlich kräftig, wenn auch nicht völlig, von Erde zu befreien und neu zu pflanzen. Sonst gibt’s in den nächsten Frühlingen Klagelieder über geringen Flor.

Der Platz ist hier zu schattig geworden, daher ist die Arabis-Pflanze schadhaft; wenn du an dieser Stelle frühes Weiß brauchst, nimm weiße Ballprimeln. Ersetze auch an heller Stelle die oft unordentlichen Arabis durch weiße Gämskresse und Schneekissen. Die Narzissenbüsche haben hier im Schatten aufgehört zu blühen. Es liegt nicht am ganzen Narzissenreich, sondern an jener Sonderart, die Sonne liebt, während die eigentlichen Dichternarzissen noch allerlei Halbschatten vertragen. Chionodoxa luciliae ist verschwunden. Nicht weinen, sondern statt dessen Chionodoxa sardensis nehmen; sie wird nie verschwunden sein. Es ist die eigentliche Schneestolzart, die im Garten prachtvoll verwildert und aushält. – »Vorsicht da drüben mit ihrer angeblichen Mooskamille. Sie haben die unechte, unbrauchbare erwischt, nämlich das etwas unzuverlässige Pyrethrum tschihatschewi*, statt Matricaria oreades*, die nie enttäuscht.« – Diese Trostgespräche, in denen manch kleiner Misserfolg gedeutet wird und leichte Abhilfe zugesichert werden darf, können ins Unendliche ausgesponnen werden. Die Hauptsache ist, dass unsere freudige Zuversicht und Geschmeidigkeit wächst und die vorhandene Erfahrungswelt benutzt.

Klagelieder und Trostantworten

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Ordnungshelden und Sünder Ein Gartenfreund, der mit modernem, erprobtem Pflanzenmaterial eine anmutige Gartenpartie zu einem Naturgärtchen gemacht hatte, berichtete uns ein wenig schadenfroh ein Gartenzaungespräch, das er soeben mit seinem Nachbar gehabt hatte: »Sagen Sie mal,

Herr Nachbar, ich hab’ doch Ihr Naturgärtchen nachgemacht und mir alle Pflanzen selber aus dem Wald geholt und sonst noch bei Freunden allerlei dazu aufgegabelt; Ihr Gärtchen wird alle Jahre schöner, meins alle Jahre scheußlicher; Ihr Ginster ist zwei Meter breit und blüht wie toll, meiner ist ausgegangen und hat mir nur ein paar junge Sämlinge überlassen, die ich auch noch beim Herausreißen alter Strünke demoliert habe; Ihre Brombeeren stehen aufrecht, wachsen und tragen wie toll, machen keine Unordnung, meine sind gebückt und verlagert durch den halben Garten gekrochen. Ihre Monatsbeeren stehen üppig und ordentlich seit zwölf Jahren ohne Ranken am selben Fleck und sind auch noch wintergrün, meine sind zum anderen Nachbar hinübergewandert, rasen durch den halben Garten und kämpfen überall mit Quecken herum; meine Königskerzen sind an der Stelle verschwunden, wo sie stehen sollten und wildern an allen Stellen kümmerlich umher; Ihre Königskerze ist ein meterhoher Busch geworden und beherrscht morgens den ganzen Garten; mein dicker, breiter Veilchentrupp

blüht nicht mehr, Ihrer ist sogar im Herbst noch blau; Ihre Wildrose, oder was das eigentlich für ein Ding sein mag, ist wirklich so schön, wie man sich eine Wildrose denkt, meine ist für den Garten noch allzu bescheiden, wuchert noch und ist eigentlich nur im Fruchtschmuck auffallend; Ihre Birke hat schwingende Zweige und bewegt sich herrlich im Winde, meine ist ganz starr und reizlos dagegen. Ihre Primeln leuchten durch den ganzen Garten, bei meinen muss man genau hinsehen, meine Nelken habe ich rausgeworfen wegen Unordnung, Ihre stehen in festen Polstern ! – Ihr Geißblatt blüht so reich und duftet so stark, dass der Duft meinen ganzen Garten mitversorgt, meins blüht erst spät und nicht sehr reich und lange nicht so stark duftend.« Ich habe dem Manne in sein Notizbuch die genauen Namensorten aller Pflanzen geschrieben: Cytisus × praecox, Elfenbeinginster; Brombeere ‘Wilsons Junior’*; Königskerze, Verbascum olympicum; Monatserdbeere ganz ohne Ranken; Pfingst-Nelke, Dianthus gratianopolitanus ‘Rosenwolke’*, ‘Schneewolke’*; Veilchen, Viola odorata ‘Charlotte’, schmalräumig, aber nicht breitflächig zu pflanzen; Hängebirke, Betula verruculosa; Rosa bracteata ‘Meermaid’; frühblühendes Wohlriechendes Geißblatt, Lonicera caprifolium ‘Praecox’.

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Stauden

Stauden sind perennierende Pflanzen, das sagt den Meisten gar nichts. Stauden sind Blumen, die im Winter aus scheußlichem Gestrüpp bestehen oder gar nicht vorhanden sind, falls man nicht in der Erde nachwühlt. Bei einem Mindestmaß an Freundlichkeit blühen sie jedes Jahr wieder. Hat man sie lieb, bedanken sie sich überschwänglich. Die Vielfalt der Stauden ist aus unseren Gärten nicht mehr wegzudenken. In Parkanlagen oder Kleingärten folgen sie den Bäumen und Sträuchern auf dem Fuße. Ihr einnehmendes Wesen beruht keinesfalls ausschließlich auf Blütenfülle. Blatttexturen, Wuchsformen und Fruchtschmuck tun ein übriges. Das Staudenreich ist ein großes und kaum überschaubares, gehören doch die Steingartenwinzlinge genauso hier herein, wie all die gelben Sonnenaugen, Sonnenblumen und Sonnenbräute Amerikas, die blauen Rittersporne ebenso wie die Schattenbodendecker unserer Wälder. Ein Merkmal ergab ihre Zuordnung zu dem bis heute für viele unklaren Begriff »Stauden« – die Mehrjährigkeit oder Langlebigkeit im Garten. Nun ist es ja bekannterweise nicht so, dass den Pflanzen eine »Anwachsgarantie« beigegeben ist, nach der sie unter jeglichen Bedingungen gedeihen müssen. Die Aufgabe dieses Buches ist es, mögliche Ärgernisse, Unzufriedenheiten und Umgangsfehler zu benennen und Wege zu deren Abhil-

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fe aufzuzeigen. Was kann einem also mit Stauden alles schiefgehen ? Die Lichtansprüche, wie Sonne und Schatten, müssen bedient werden. Erfahrungsgemäß wachsen manche Schattenstauden, wie Funkien, Astilben, Farne oder Tränendes Herz, bei zusagendem Boden noch erstaunlich gut an sonnigen Plätzen, während Sonnenanbeter, wie Rittersporn, Pfingstrosen oder Sonnenhüte, im Schatten überhaupt nicht zurechtkommen. Schätzen Sie ihre Gartenplätze differenziert ein, natürlich gibt es auch den dehnbaren Halbschatten, der vom Streuschatten, Gehölzrand, bis zur Nordseite reicht. Falsche Platzierungen sind durch Umpflanzungen natürlich leicht zu beheben. Mitunter vergehen Jahre, bis Gartenfreunde akzeptieren, dass ihr Garten halb- oder vollschattig ist. Der nächste Schritt wäre, die dazu passenden Pflanzen zu finden. Stauden, die ihre Wildheit behalten haben, viele der alpinen Steingartenpflanzen oder trockenheitsliebende Steppenblumen gehen an zu guten »fetten« Plätzen langsam oder schnell zugrunde. Diese brauchen Bedingungen, die dem Naturstandort ähneln. Die Markisenblumen der Gattung Lewisia zum Beispiel wollen, das heißt brauchen kalkfreien Splitt oder Schotter im humusarmen Boden, um langsam

Stauden

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aber stetig zu wachsen und auch lange zu bleiben. Im normalen Gartenbeet vergeht diese Staude oft nach kurzer Zeit und bekommt das Etikett »schwierig zu halten«. Manche Stauden möchten oft geteilt und verpflanzt werden, ganz typisch verhalten sich hier Margeriten, Feinstrahlastern, Indianernesseln und Beetsalbei, um nur einige zu nennen. Es tut den Margeriten eben gut, auch wenn sie an denselben, aufgefrischten Platz gepflanzt werden, anderenfalls wachsen sie noch einige Jahre rückwärts und verlieren ihre Gesundheit und Lebenskraft. Wenige richtige Handgriffe wirken hier Wunder ! Andere dagegen entfalten ihre Schönheit erst nach 3–5 Jahren und nehmen unnötiges Verpflanzen furchtbar übel. Typisch hierfür sind Pfingstrosen, Geißbart und Schleierkraut – alles Stauden, die auch ein hohes Lebensalter haben. Manche Stauden blühen mehrmals, sofern man sie nach der ersten Hauptblüte zurückschneidet, und zwar sofort bis knapp über den Boden. Dies sieht nur ganz kurze Zeit etwas kahl aus, die Pflanze remontiert, sie treibt erneut aus und blüht bald wieder. Hervorragend funktioniert dies bei Beetsalbei, Rittersporn, Katzenminze und Bergminze. Ansonsten können abgeblühte Stauden noch lange im Herbst und Winter stehen bleiben, der Raureif hat sonst nichts im Garten, wo er sich festhalten kann. Natürlich bestimmt die Art des Gartens auch den Umgang mit den Stauden. Es gibt einzelne Stauden, die sich bei Wohlbehagen stark aussäen, und hier darf man einen Großteil der Samenstände entfernen. Bei Fingerhut, einigen Glockenblumen oder Lichtnelken besteht die Kunst darin, immer soviel stehen zu lassen, dass die Pflanze in Maßen im Garten bleibt. Überhaupt wird zu viel in einen Topf geworfen und zu wenig unterschieden zwischen frostbeständig, zweijährig, kurzlebig und ausdauernd. Frosthart sind viele als Stauden verkaufte Pflanzen, die etwa bis –5 °C, also Frost, aushalten, deswegen

14 Stauden

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in normalen Wintern trotzdem sang- und klanglos eingehen. Beispiele gibt es von Topfchrysanthemen über Strauchveronica bis Pampasgras genug. Andere sehr wichtige Gartenblumen verhalten sich in Bezug auf ihre Ausdauer etwas unentschieden. Stockrosen, Fingerhüte und Bartnelken sind meist nur zweijährig, das heißt, sie gehen nach der Blüte langsam ein und versamen sich reichlich. Nach sofortigem starken Rückschnitt können sie jedoch auch ausdauernd und beständig bleiben. Diese Unberechenbarkeit ist kein schwerwiegender Fehler. Wenn man damit umzugehen weiß, besetzen sie die in einer Pflanzung manchmal entstehenden leeren Plätze. Auch können Gartenlaien nicht glauben, dass die winzigen Pflänzchen im Topf die Beete füllen können. Immer wieder werden die Gärtner ungläubig kopfschüttelnd angeschaut, wenn sie erklären, dass bei Prachtstauden 3–5 Pflanzen pro m2 ausreichen und den Platz füllen, natürlich in etwa 2–3 Jahren. Bei den Beetstauden rechnet man 5–8 Pflanzen pro m2 und bei den Bodendeckern etwa 8–10. Zu eng gesetzte Pflanzen entwickeln sich oft zu einem Filz, ohne dass die imposante Statur der Einzelstücke zur Geltung kommen kann. Also lieber etwas Geduld und Vorausblick beim Anlegen eines Gartens, denn so wie der Gartenplaner die Pflanzung vor sich sieht, sieht der Gartenlaie sie erst in etwa 5 Jahren. Je länger man mit Stauden zu tun hat, desto weniger ist man in Gefahr, sich durch Enttäuschungen entmutigen zu lassen. Enttäuschungen an Stauden beruhen fast immer »auf Gegenseitigkeit«, das heißt, man hat ihnen nicht ihre einfachen Lebensbedingungen erfüllt, oder sie beruhen auf unwirksamer Anwendung, unzureichender Sorteneigenschaften, ungeduldiger, vorschneller Beurteilung. Es gibt kaum eine Staudengattung, an der man nicht gewisse erhebliche Enttäuschungen erleben kann, die uns vollkommen erspart geblieben wären, wenn wir andere, bessere (meist nicht immer neuere) Sorten jener Gattung gepflanzt hätten.

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