Franziska und der

Leiter des Ortsamtes Bremen-West ge- hörte der lokale Blick auf ... Chef des Bremer Ortsamtes West. Er quittierte den ... Ganz großes Kino. Jetzt bleibt nur noch ...
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Hans-Peter Mester

Franziska und die

Bürgerwehr BremenKrimi

Bremen-Krimi Band 7

Kellner Verlag

B r e m e n

B o s t o n

Hans-Peter Mester

Franziska und die Bürgerwehr

Findorff-Krimi Band 7

Dieses Buch ist bei der Deutschen Nationalbibliothek registriert. Die bibliografischen Daten können online angesehen werden: http://dnb.d-nb.de

Der Autor: Foto: Walter Gerbracht

Hans-Peter Mester, Jahrgang 1954, in Bremen geboren und aufgewachsen, hat große Teile seiner Kindheit »auf Parzelle« verbringen dürfen. Für den langjährigen Leiter des Ortsamtes Bremen-West gehörte der lokale Blick auf die Stärken und die Abgründe des Stadtteillebens fast drei Jahrzehnte zu seinem Berufsalltag. Von 1985 bis 2000 war er stellvertretender Leiter, von 2000 bis 2012 Chef des Bremer Ortsamtes West. Er quittierte den Dienst wegen seiner Parkinson-Erkrankung, die ihm anschließend die Gelegenheit bot, zu Hause über kuriose und alltägliche Besonderheiten zu schreiben. Zahlreiche Notizen bildeten die Grundlage für die raffinierten Kriminalromane rund um Stadtplanerin Franziska. Ein besonderer, sozial engagierter Mensch ist nun nicht mehr mit uns. Er starb am 8. April 2016 im 63. Lebensjahr. Er wusste um seine radikal begrenzte Lebenszeit und schrieb die zehnbändige Krimi-Reihe »Franziska und ...«. Diesem siebten Band werden noch drei Ausgaben bis Ende 2018 folgen. Verstorbene leben in den Gedanken der anderen Menschen weiter, Hans-Peter Mester wird zusätzlich durch seine Bücher präsent und noch sehr lange in Erinnerung bleiben.

Impressum © 2017 KellnerVerlag, Bremen • Boston St.-Pauli-Deich 3 • 28199 Bremen Tel. 04 21 - 77 8 66 • Fax 04 21 - 70 40 58 [email protected] • www.kellnerverlag.de Lektorat: Klaus Kellner, Madita Krügler, Manuel Dotzauer Satz: Bernd Raatz Umschlag: Designbüro Möhlenkamp & Schuldt, Bremen ISBN 978-3-95651-138-7 2

Die Akteure Im Kleingartenmilieu Franziska Morgenstern Stadtplanerin, Kleingärtnerin, ehemals Zweite Vorsitzende des Kleingartenvereins ›Erntedank‹ und demnächst Ehefrau von Andreas Klapphorn. Oder? Andreas Klapphorn Musikpädagoge, stellvertretender Schulleiter in Findorff, ehemals Erster Vorsitzender des Kleingartenvereins und zukünftiger Ehemann von Franziska, wenn nichts dazwischenkommt. Julia und Johannes Andreas’ Kinder aus erster Ehe, halten sich für erwachsen, sind aber erst 14 und 16 Jahre alt. Johanna Schwester von Franziska, sehr geschwätzig, doch mit einem Herz aus Gold. Rudi Klingebiel Wirt des Landheims, eine Seele von Mensch, mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn. Maria Klingebiel Rudis Ehefrau, Fels in der Brandung. Tatjana Knispel-Klingebiel Tochter des Landheim-Wirtes, neuerdings verheiratet mit Olaf Knispel. Hermann Schilling mit Dackel Friedhelm Rechter Nachbar von Franziska, Urgestein und ältester Kleingärtner im Verein. Von seinem neurotischen Dackel kaum zu trennen. Bernhard und Gundi Markgraf Linke Nachbarn von Franziska, haben vier Kinder und leben in Dauerfehde mit Hermann Schilling und seinem Dackel.

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Thomas Büssenschütt Neuer Erster Vorsitzender, Gründer einer Bürgerwehr, wertekonservativer Populist, Leiter einer Versicherungsagentur. Müsste dringend in seinem Kopf aufräumen. Werner Obermeyer Mag keinen Lärm, ist in der Bürgerwehr aktiv. Edgar »Eddie« Nesselkamp Mag ebenfalls keinen Lärm und ist auch in der Bürgerwehr aktiv. Reinhold Papendieck Mag überhaupt keinen Lärm und ist in der Bürgerwehr aktiv. Karl »Kalli« Schönfeld Wird pensioniert und hat damit seine Schwierigkeiten. Dr. Torsten Bollhagen Neu im Kleingartenverein, neu im Vorstand, aber altbekannt für Franziska. Josefine Feuerbach Ein Original des Kleingartenvereins. Ihr Ableben ist klärungsbedürftig. Annabell Feuerbach Die Tochter der Verstorbenen.

Von der Polizei Kriminalrat Strelitz Väterlicher Chefermittler. Neuerdings Großvater, manchmal depressiv. Oberkommissarin Konstanze Kannengießer Karriere- und teamorientiert, neuerdings mit Kriminalrat Schwalbach liiert. Kommissar Olaf Knispel Jüngster Mitarbeiter im Ermittlungstrio, inzwischen gefestigt, aber immer noch für einen Ausrutscher zu haben.

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Kriminalrat Christian Schwalbach Multifunktional unterwegs: Leiter des Drogen-Dezernats, Lebensgefährte von Konstanze Kannengießer, Vorsitzender des Westernvereins ›Bonanza‹, einschließlich Kinderfarm.

… und außerdem Sebastian Olmütz Freier Reporter, gut für Enthüllungsreportagen, schlecht für den Blutdruck von Strelitz. Dr. Klaus Klüngel Unternehmensberater, soll Polizeistrukturen verschlanken. Belastet ebenfalls das Nervenkostüm von Strelitz. Brunhilde Stumpe Leiterin des Flüchtlingslagers, kernige Führungspersönlichkeit mit Courage und sozialem Engagement. Geht für »ihre Leute« durchs Feuer.

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Prolog 1

»S

o, Josefine, jetzt bist du wieder eine Stufe tiefer gerutscht!« Frau Feuerbach hielt in ihrer Wohnung, die zur Räumung anstand, Selbstgespräche. »Arbeitslos, wohnungslos. Ganz großes Kino. Jetzt bleibt nur noch die Parzelle.« Sie packte einen Umzugskarton. »Einen Vorteil hat das Ganze – bei jedem Umzug habe ich weniger mitzunehmen.« Sie räumte einen alten Bücherschrank aus. Ein paar Bücher fielen um und gaben den Blick auf ein Päckchen frei, das hinter einige Werke von Brecht, Heine und Tucholsky gerutscht war. Sie nahm es heraus und hielt es gegen das Licht, als sei es durchsichtig. »Dich habe ich eigentlich nie öffnen wollen«, murmelte sie. »Aber vielleicht ist es jetzt an der Zeit.«

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Prolog 2

S

eitdem Franziska Morgenstern entschieden hat, sich dem »Leben auf Parzelle« zu verschreiben, hat sich viel getan. Der Mikrokosmos des Kleingartenvereins »Erntedank« wird regelmäßig durch kleine und große Verwerfungen erschüttert. Morde, Brandstiftungen, Entführungen und Betrug haben die Kripo zum regelmäßigen Gast in den Schrebergärten und im Landheim werden lassen. Motive und Tatverdächtige gibt es im Überfluss. Die jüngsten Ereignisse führten dazu, dass Franziska und ihr Lebensgefährte Andreas Betrügern auf den Leim gingen. Das Betrügerduo ist flüchtig, aber dem Verein entstand kein Schaden. Dennoch wollen Andreas und Franziska im Vorstand die Vertrauensfrage stellen. Die steht nun in einer Sondersitzung auf der Tagesordnung.

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Kapitel 1

L

iebe Gartenfreunde, ich eröffne die Sondersitzung des Vorstandes für … von … also, ihr wisst schon, vom Kleingartenverein ›Erntedank e. V.!‹« Andreas, Erster Vorsitzender, hauptberuflich Musikpädagoge und stellvertretender Leiter einer Findorffer Schule, fühlte sich, wie es seinen Schülern beim Zensurensingen ergehen musste. Die Tür schwang auf. Rudi Klingebiel, Wirt des Landheims »Erntedank«, kam herein, um Bestellungen entgegenzunehmen – er meinte, dass seine Zapfhähne dringend Bewegung brauchten. Ein denkbar schlechter Moment. »Jetzt nicht!«, herrschte ihn einer der Beisitzer an. Rudi zog erschrocken den Kopf zurück und schloss die Tür. Normalerweise war er selten um ein Wort verlegen, insbesondere, wenn sich die Gelegenheit bot, einen kernigen Spruch anzubringen, aber hier schien ihm ein Rückzug das Klügste zu sein. Zumindest für die nächste Viertelstunde. Er positionierte sich wieder hinter seiner Theke und versorgte die beiden dort sitzenden Gäste mit zwei frischen Bieren. Im Hinterzimmer hatte Andreas weiterhin Mühe, seine Gedanken zu ordnen. Verdammt, was machst du gerade? Wieso lässt du die Dinge so dicht an dich heran?‚ schalt er sich. Sollen die anderen sich doch einen neuen Ersten Vorsitzenden suchen. Laut sagte er: »Thomas Büssenschütt, es besteht kein Anlass, unseren Wirt derart oberlehrerhaft anzuherrschen. Außerdem würde ich gern wissen, was dich in unsere Mitte treibt. Soweit ich mich erinnere, bist du im Rahmen unseres letzten Beisammenseins aus dem Vorstand ausgeschieden. Und die Vereinsvollversammlung hast du auch vorzeitig verlassen. Weißt du noch? Wenig später hat übrigens jemand eine Scheibe dieser Gaststube eingeworfen!« 8

Thomas Büssenschütt sprang auf. »Willst du etwa behaupten, ich hätte etwas damit zu tun?« »Nicht doch.« Andreas lächelte freundlich. Er merkte, wie er langsam ruhiger wurde. »Ich wollte dich nur auf dem Laufenden halten. Schließlich warst du ja nicht mehr im Raum, als der Stein durch die Fensterscheibe flog.« Büssenschütt winkte ab. »Was meine Mitarbeit im Vorstand angeht, bedauere ich, wenn möglicherweise der Eindruck entstanden ist, dass ich diesem Gremium den Rücken kehren wollte. Zugegeben, ich befand mich in einem ... emotionalen Ausnahmezustand, weil ich provoziert worden war. Daraufhin habe ich diesen Raum verlassen, um die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen. Ich habe aber zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, mich von der Vorstandsarbeit zurückzuziehen.« Büssenschütt breitete generös die Arme aus, als wolle er alle Anwesenden gleichzeitig segnen. »Mit anderen Worten, ich stehe dem Vorstand selbstverständlich weiterhin zur Verfügung.« »Na, da haben wir ja Glück gehabt«, stellte Franziska Morgenstern fest. Sie war nicht nur die Zweite Vorsitzende, sondern auch die Lebensgefährtin von Andreas. In dieser Funktion hatte sie jetzt seine rechte Hand ergriffen und sie bestärkend gedrückt. Büssenschütt war diese kleine Geste der Solidarität nicht entgangen. »Bevor es noch zum Austausch von Zärtlichkeiten kommt, sollten wir mit der Tagesordnung fortfahren«, ätzte er. »Und das Protokoll der letzten Sitzung bitte ich hinsichtlich meines irrtümlich dokumentierten Ausscheidens aus dem Vorstand zu korrigieren. Der Schriftführerin ist da eine Fehldeutung unterlaufen.« Franziska dämmerte, worauf Büssenschütts Auftritt hinauslaufen sollte. Wenn sie nicht alles täuschte, befand sich hier eine feindliche Übernahme in Vorbereitung, ein Putsch auf Kleingartenvorstandsebene. Mit einem Seitenblick auf 9

Andreas stellte sie fest, dass er das drohende Szenario ebenfalls erkannt hatte. Beiden war klar, dass eine solche Wachablösung fatal sein konnte. Büssenschütt hatte sich bei seinen letzten Auftritten als Demagoge erwiesen, der massiv gegen jeden Integrationsversuch zugewanderter Ethnien Front bezog. Statt differenzierter Auseinandersetzung hatte er polemisiert. Konkret war es um die Einrichtung eines Flüchtlingswohnheims im Randbereich des Kleingartenvereins gegangen. In Anwesenheit der Sozialsenatorin hatte er derbe Sprüche geklopft – immerhin ohne großen Erfolg. Die überwältigende Mehrheit der Vereinsmitglieder hatte dem Anliegen der Senatorin zugestimmt. Dieses Votum war mit der Forderung einhergegangen, dass es für die Betreuung der Flüchtlinge einen angemessenen Personalschlüssel geben müsse. Büssenschütt war daraufhin verbal entgleist, hatte von »Endlösungen« gesprochen und war von Andreas und der Senatorin deutlich zurechtgewiesen worden. Büssenschütt hatte anschließend bei knallender Tür den Saal verlassen. Später am Abend flog ein Wurfgeschoss durch eines der Landheimfenster. Ein Stein, eingewickelt in einem DIN A4-Bogen, auf dem zu lesen stand, dass man »die Kanaken« hier nicht haben wolle. Es lag nahe, diesen Vorfall Thomas Büssenschütt anzulasten. Nachweisen konnte man ihm diese hässliche Tat jedoch nicht. Und nun, nachdem Andreas und Franziska schon auf sein Ausscheiden aus dem Vorstand angestoßen hatten, kam er wie ein Phönix aus der Asche zurück. Andreas schaute in die Runde, aber es regte sich kein Widerspruch. Niemand monierte die zweifellos satzungswidrige Rückkehr nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand. Büssenschütt musste gut vorgearbeitet haben. »Also weiter im Text«, seufzte er und nahm die Versammlungsleitung wieder auf. »Ich habe euch eingeladen, um ein offenes Wort über die sogenannte Bildungsoffensive 10

2025 zu reden. Ich war der irrigen Auffassung gewesen, dass wir für dieses Landheim und den Verein insgesamt eine interessante Perspektive gehabt hätten.« Franziska unterbrach ihn. »Nicht du, sondern wir! Wir sind beide auf die Betrüger reingefallen!« Und sie schilderte ausführlich, wie es zu der Fehleinschätzung kommen konnte, die mit einer ziemlichen Ernüchterung geendet hatte. Nach dem Ende des Berichtes herrschte Schweigen im Hinterzimmer des Landheims. Genau in diesem Moment ging die Tür auf, Rudi unternahm einen zweiten Anlauf, den Getränkeumsatz anzukurbeln. »Jetzt nicht!«, riefen Thomas Büssenschütt und zwei andere Sitzungsteilnehmer im Chor. Rudi zog sich brummelnd zurück, und wer ihn kannte, dem musste klar sein, dass dies die letzte Abfuhr war, die er widerspruchslos hinnehmen würde. Büssenschütt lehnte sich zurück und schlug einen gönnerhaften Ton an. »Freunde«, ließ er sich vernehmen, »ich denke, ein solcher Lapsus – ich vermeide jetzt mal einen stärkeren Ausdruck – kann schon mal passieren. Insbesondere dann, wenn man, so wie ihr, viel Engagement in dieses Ehrenamt gesteckt hat.« Andreas und Franziska glaubten, sich zu verhören. Büssenschütt beugte sich vor, und aus dem verständnisvollen Wegbegleiter wurde ein Chefankläger, der es verstand seinen Tatvorwurf mit schneidender Stimme vorzutragen. »Was uns interessiert, ist die Tatsache, dass ihr die alte Gärtnerei an den Westernverein ›Bonanza‹ verpachtet habt – einen Verein, der zudem noch eine Kinderfarm im Gepäck hat. Darüber hinaus habt ihr mit dem Senat eine Verabredung, dass planungsrechtliche Bedenken zurückgestellt werden, wenn wir im Gegenzug dem Standort des Flüchtlingsheims zustimmen! Und das alles ohne Rücksprache mit dem Gesamtvorstand, geschweige denn mit der Vollversammlung! Ist das zutreffend?« 11

Büssenschütt sah in die Runde, als wolle er sich vergewissern, dass ihn auch jeder verstanden habe. Andreas sagte trocken: »Ja.« Büssenschütt geriet kurz ins Schlingern. »Willst du damit sagen, dass … also … dass ihr geständig seid?« »Der Terminus ist verfehlt, denn wir sind hier nicht vor Gericht«, bemerkte Franziska mit einem feinen Lächeln. »Und ja, wir hielten es für richtig, den Westernverein an uns zu binden, weil er in Kombination mit der Kinderfarm unser kleingärtnerisches Gemeinwesen aufwertet. Und da der Westernverein eine schnelle Lösung benötigte, haben wir keine Zeit verloren. Natürlich hätten wir darüber berichtet und unsere Entscheidung begründet. Wir waren aber davon ausgegangen, ein entsprechendes Maß an Vertrauensvorschuss zu besitzen.« »Nachdem ihr schon zweimal die falschen Pächter auf dem Gelände hattet, und nach der Nummer mit der Bildungsoffensive?« Büssenschütts Stimme schnappte jetzt über. »Wisst ihr, wie viele fremde Personen, Fahrzeugverkehr und sonstigen Lärm ihr damit ins Gelände geholt habt? Dazu jeden Tag Muhen, Mähen und Wiehern?« Büssenschütt wurde kurzatmig. »Auf wie viel Dezibel bringt es denn ein Hahn?«, fragte Helga, die Schriftführerin. Die Runde blickte sie verblüfft an. Sie war noch nicht lange im Vorstand, und dies war bis dahin ihr längster Redebeitrag. »Und darf ich fragen, was ihr jetzt von uns erwartet?«, erkundigte sich Andreas. »Na, ich denke, das Mindeste ist doch wohl, dass ihr den Vorsitz niederlegt«, erklärte Büssenschütt und blickte selbstgefällig in die Runde. »Und dann?« »Dann bestimmt diese Runde einen kommissarischen Vorstand, und auf einer außerordentlichen Vorstandssitzung gibt es schließlich Neuwahlen.« 12

Büssenschütt schaute Andreas zufrieden an. Andreas beugte sich vor, und Franziska hatte einen Moment die Sorge, dass er gleich über den Tisch flanken würde. »Lass mich raten: Nach langem Zögern bist du dann der Vereinsmärtyrer, der alle Bedenken beiseite räumt und sich opfert.« »Oh.« Büssenschütt machte eine abwehrende Handbewegung. »Nicht doch. Glaub mir, ich reiße mich nicht darum, Vorsitzender zu werden. Andererseits – wenn sich kein anderer Kandidat meldet, kann ich mich dieser Aufgabe sicher nicht entziehen. Man hat ja doch so etwas wie Verantwortungsbewusstsein!«

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Kapitel 2

W

ährend im Hinterzimmer die Luft brannte, saßen in der Gaststube Hermann Schilling samt seinem ewig schlecht gelaunten Dackel Friedhelm und Karl Schönfeld. Rudi leistete den beiden Gesellschaft. Hermann hatte gerade von der Kur erzählt, die er am nächsten Morgen antreten wollte. »Drei Wochen Bad Fallingbostel«, brummte er. »Um acht Uhr kommt das Taxi. Vielen Dank nochmal, dass ich meinen Friedhelm so lange bei dir lassen kann.« Rudi nickte. »Kein Problem. Das hat ja schon mal geklappt. Freust dich schon auf die Kur?« »Ich weiß nich, aber egal, ich sitz das auf einer Backe ab.« »Hermann, das ist doch kein Gefängnis. Du wirst da verwöhnt, brauchst dich um nix zu kümmern und lernst vielleicht noch ’ne flotte Dame kennen!« »Von wegen«, muffelte Hermann. »Von morgens bis abends Anwendungen, immer mit ’nem Zettel in der Hand unterwegs, von Termin zu Termin, dann das fettreduzierte Essen und natürlich kein Bier.« Er wandte sich seinem Thekennachbarn zu. »Kalli, du guckst, als hätte deine Erbtante gerade ihr gesamtes Vermögen verspielt«, stellte Hermann fest. »Komm, erzähl, was liegt dir auf der Leber? Musst du auch zur Kur?« Kalli Schönfeld druckste herum. »Erbtante is nich«, murmelte er verdrossen. »Und Vermögen auch nich. Aber ich werd meinen Job los.« »Deinen Job?« Hermann sah ihn misstrauisch an. »Das geht doch gar nicht. Du bist doch Schulhausmeister. Oder hast du silberne Löffel geklaut?« »Unser Kalli doch nicht!«, mischte sich Rudi ein und schob den beiden zwei kleine Biere über die Theke. 14