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Herrin der Völker ist, Pannonien jedoch durch seine Tapferkeit? (Übers. ... Teil der Welt geboren und erzogen worden, sondern in den Provinzen, die – zu ...
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Péter Kovács • Die antiken Quellen zu Pannonien in der Spätantike I

Péter Kovács

Die antiken Quellen zu Pannonien in der Spätantike Teil I: 284–337 n. Chr.

Wien 2014

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Bibliographic information published by Die Deutsche Bibliothek Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data is available in the Internet at http://dnb.ddb.de. Einband: Antoninianus des Kaisers Decius mit der Legende PANNONIAE (Foto Péter Kovács) Copyright # 2014, Phoibos Verlag, Wien. All rights reserved www.phoibos.at; offi[email protected] Printed in the EU ISBN 978 - 3- 85161-109 - 0 (Druckausgabe) ISBN 978 - 3- 85161-125 - 0 (E-Book-Ausgabe) DOI http://dx.doi.org/10.7337/3851611250

Inhaltsverzeichnis Praefatio – Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Monogrammata auctorum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Teil I – Die Zeit der Tetrarchen (284–305 n. Chr.) Auctores – Antike Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Martyres Pannoniae – Die pannonischen Märtyrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Nummi – Münzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Papyrus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Tituli – Inschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Teil II – Die Zeit Konstantins des Großen (306–337 n. Chr.) Auctores – Antike Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Fontes ad historiam ecclesiae Pannonicae pertinentes – Quellen zur Kirchengeschichte Pannoniens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Nummi – Münzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Tituli – Inschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Nachwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Addenda Addenda I – V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Bibliographia – Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Abbreviationes – Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Index personarum – Index der Personennamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Index nominum geographicorum – Index der geographischen Namen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 Karten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262

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Vorwort Bald ein Vierteljahrhundert beschäftige ich mich nun schon mit den Schrift- und Inschriftquellen Pannoniens. Aus diesem Schaffen heraus wurde im Jahr 2003 die Reihe Fontes Pannoniae Antiquae geboren mit dem Ziel, diese Quellen zusammen mit ihren Übersetzungen und Kommentaren zu publizieren. In den vergangenen Jahren erschienen sieben ungarischsprachige Bände, welche die Zeitspanne von der römischen Eroberung bis zum Tode Konstantins (337 n.Chr.) behandeln. Im Interesse der besseren Zugänglichkeit erschien es notwendig, dass die Reihe auch in deutscher Sprache anläuft. Glücklicherweise hat der österreichische Phoibos Verlag die Herausgabe der deutschen Fassung der Reihe unter dem Titel „Die antiken Quellen zu Pannonien in der Spätantike“ übernommen, deren erster Teil der vorliegende Band ist. Er umfasst die Quellen des Tetrarchie- und konstantinischen Zeitalters (285–337 n. Chr.) in Pannonien. Den Plänen zufolge behandelt der nächste Band der Reihe den Zeitraum bis zum Jahr 375, und der dritte Band die letzte Periode der Römerzeit bis zur Aufgabe der Provinz (433 n. Chr.). Geplant ist zudem für die fernere Zukunft die Herausgabe der prinzipatszeitlichen Quellen in deutscher Sprache. Das vorliegende Werk besteht aus zwei separaten Teilen: im Interesse der besseren Übersicht habe ich die Quellen des Tetrarchiezeitalters (284–305) und der Herrschaftszeit Konstantins (306–337) jeweils getrennt aufgearbeitet. Innerhalb der einzelnenen Teile sind die Quellen thematisch, in chronologischer Reihenfolge angeordnet, an erster Stelle stehen die antiken Autoren, ihnen folgen die numismatischen und die Inschriftquellen. Die wichtigsten numismatischen und Inschriftdenkmäler ergänzen zudem Fotos. Im Kreis der Autoren werden die auf die Kirchengeschichte Pannoniens und die pannonischen Märtyrer bezogenenen Angaben wegen ihres speziellen Charakters gesondert behandelt. Neben den antiken Autoren bietet dieser Teil auch einen auf den Verfasser, sein Werk und den betreffenden Textabschnitt bezogenen Kommentar zusammen mit der wichtigsten Fachliteratur. Ein die Geschichte der ganzen Epoche aufarbeitendes längeres Nachwort beschließt den Band. Wo es bereits eine deutsche Übersetzung der Quelle gab, habe ich diese übernommen, in vielen Fällen war sie allerdings nicht verfügbar. An der Herausgabe der tetrarchiezeitlichen Inschriftquellen hat auch Barnabás Lőrincz (†) mitgewirkt. Die Übersetzung ins Deutsche übernahm Gotlind Bartus. Einen bedeutenden Teil der Fotos verdanke ich Ortolf Harl (Ubi Erat Lupa-Projekt). Ich danke auch Frau Dr. Melinda Torbágyi (Ungarisches Nationalmuseum) für die Münzbilder. Mit Unterstützung des Lise-Meitner-Programms (FWF, M 1224) konnte ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Wien (Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigraphik) 2013–2014 an dem Manuskript arbeiten. Péter Kovács

Monogrammata auctorum A. B. Albin Balogh G. B. Gotlind Bartus P. K. Péter Kovács B. L. Barnabás Lőrincz

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Erster Teil Die Zeit der Tetrachie (284–305 n. Chr.)

Erster Teil

Auctores – Antike Autoren Panegyrici Latini Edition: XII Panegyrici Latini. Ed. E. Baehrens. Leipzig 1874; – XII Panegyrici Latini. Ed. W. A. Behrens. Leipzig 1911; – XII Panegyrici Latini. Ed. R. A. B. Mynors. Oxford 1964.

X (II) Mamertini Panegyricus Maximiano Augusto dictus 2.2. Unde igitur ordiar ? Commemorabo nimirum patriae tuae in rem publicam merita. Quis enim dubitat quin multis iam saeculis, ex qui vires illius ad Romanum accesserint, Italia quidem sit gentium domina gloriae vetustate, sed Pannonia virtute ? Womit soll ich also beginnen ? Werde ich, wie es üblich, die Verdienste deines Vaterlandes um den Staat in Erinnerung rufen ? Denn wer zweifelt daran, dass schon seit vielen Jahrhunderten, seit sich seine Macht dem Namen Roms angeschlossen hat, Italien zwar durch das hohe Alter seines Ruhmes Herrin der Völker ist, Pannonien jedoch durch seine Tapferkeit ? (Übers.: B. Müller-Rettig) Cf. 2.4, XI (III) 3.9; – Aur. Vict. 39.26; – Epit. de Caes. 40.10. Bibliographie: Nixon – Saylor Rodgers 1994, 55–56 n. 10; – Mócsy 1962; – Alföldi 1967; – Syme 1971, 195, 225; – Barnes 1982, 32; – Müller-Rettig 2008, 219.

2.4. An quemadmodum educatus institutusque sis praedicabo in illo limite, illa fortimissimarum sede legionum … Oder werde ich rühmen, wie du an jener Grenze, an jenem Sitz tapferster Legionen erzogen und unterwiesen worden bist … (Übers.: B. Müller-Rettig) Cf. 2.2, XI (III) 3.9; – Aur. Vict. 39.26; – Epit. de Caes. 40.10. Bibliographie: Pasquali 1979, 13; – Barnes 1982, 32; – Nixon – Saylor Rodgers 1994, 55–56.

2.6. Ibo scilicet virtutis tuae vestigiis colligendis per totum Histri limite, … Werde ich, die Spuren deiner Tapferkeit verfolgend, natürlich die ganze Grenzlinie des Hister (Donau) entlang ziehen … (Übers.: B. Müller-Rettig)

An dieser Stelle zählt der Autor die früheren militärischen Verdienste des Maximianus auf, der demnach auch im Illyricum Erfolge verzeichen konnte (wenn auch nicht unbedingt als Herrscher). Bibliographie: Barnes 1982, 33; – Nixon – Saylor Rodgers 1994, 56–57, n. 13; – Müller-Rettig 2008, 219.

Mamertinus’ letztere Rede dürfte in Trier zum Geburtstag Roms erklungen sein, wahrscheinlich am 21. April 289 n. Chr., zu Ehren des Maximianus. Wegen der Herkunft des Herrschers aus Sirmium ist von der Provinz mehrmals die Rede. Im ersten Fragment hat neben Aurelius Victor (39.26) vielleicht der Autor dieser Rede die Wichtigkeit der Rolle der illyrischen (und pannonischen) Herrscher am besten formuliert. Bibliographie: Pasqualini 1979, 13; – Barnes 1982, 33; – Nixon – Saylor Rodgers 1994, 56.

XI (III) Eiusdem magistri †Memet Genethliacus Maximiani Augusti 3.9. Non enim in otiosa aliqua deliciisque corrupta parte terrarum nati instituique estis, sed in his provinciis, quas ad infatigabilem consuetudinem laboris atque patientiae fracto licet opppositus hosti, armis tamen semper instructus limes exercet, in quibus omnis vita militia est, quarum etiam feminae ceterarum gentium fortiores sunt. Denn ihr seid nicht in irgendeinem müßiggängerischen und von üpppigen Vergnügen verderbten Teil der Welt geboren und erzogen worden, sondern in den Provinzen, die – zu unermüdlicher Betätigung in Mühsal und Standfestigkeit – eine Grenze schützt, die einem zwar gebrochenen Feind entge-

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Auctores – Antike Autoren gensteht, doch stets mit Waffenmacht gerüstet ist, Provinzen, in denen das Leben ganz und gar Kriegsdienst ist und deren Frauen sogar tapferer sind als die Männer der anderen Völker. (Übers.: B. Müller-Rettig) Cf. X(II) 2.2, 2.4, Aur. Vict. 39.26, Epit. de Caes. 40.10. Bibliographie: Nixon – Saylor Rodgers 1994, 86, n. 22–23; – Barnes 1982, 32; – Müller-Rettig 2008, 225.

4.2. Illum modo Syria viderat: iam Pannonia susceperat. Jenen hatte eben erst Syrien zu Gesicht bekommen: schon hatte ihn Pannonien aufgenommen. (Übers.: B. Müller-Rettig)

Im Zuge der Würdigung der beiden Herrscher erwähnt er die Syrien- bzw. Pannonienreise Diokletians, die mit dem Feldzug 290 gegen die Sarazenen beziehungsweise dem geplanten Feldzug gegen die Sarmaten im Zusammenhang stehen. Zwischen Juli und Dezember des Jahres 290 nahm der Imperator in Sirmium Unterkunft: Barnes 1982, 52. Bibliographie: Barnes 1982, 51; – Nixon – Saylor Rodgers 1994, 86, n. 25; – Müller-Rettig 2008, 225.

5.4. … omitto Sarmatiae vastatione, … … ich lasse die Verwüstung des Sarmatenlandes aus …

(Übers.: B. Müller-Rettig)

Letzteres Ereignis dürfte sich eher auf den Feldzug des Jahres 289 beziehen, auf jeden Fall erwähnt der Rhetor die Vernichtung von Sarmatia (= Strafexpedition) vor dem Feldzug gegen die Sarazenen im Jahr 290. Bibliographie: Barnes 1982, 51; – Nixon – Saylor Rodgers 1994, 89, n. 35.

7.1. Laurea illa de victis accolentibus Syriam nationibus et illa Raetica et illa Sarmatica te, Maximiane, fecerunt pio gaudio triumphare … Jene Lorbeeren, die er (Diokletian) sich mit den Siegen über die Nachbarvölker Syriens erworben hat, sowie jene raetischen und jene sarmatischen Lorbeeren haben dich, Maximian, den Triumph in brüderlicher Zuneigung und Freude mitfeiern lassen. (Übers.: B. Müller-Rettig)

Die syrischen (290), raetischen (288) und pannonischen (290) Feldzüge hatte Diokletian angeführt, an seinem Triumph jedoch nahm auch Maximian Anteil, ebenso wie Diokletian an den in der Fortsetzung aufgezählten Erfolgen Maximians gegen die Germanen. Bibliographie: Barnes 1982, 51; – Nixon – Saylor Rodgers 1994, 92, n. 48.

16.1. Illud vero, non suggeratur licet, quoquo modo dicam ante quam desinam: tantam esse imperii vestri felicitatem undique se barbarae nationes vicissim lacerent et excidant, alternis dimicationibus et insidiis clades suas duplicent et instaurent, Sarmaticas vestras et Raeticas et Transrhenanas expeditiones furore percitae in semet imitentur. Soviel will ich aber (obgleich man mir dies nicht nahelegt) auf jeden Fall noch sagen, ehe ich meine Rede beende: Das Glück eurer Herrschaft ist so groß, dass sich überall Barbarenvölker gegenseitig tiefe Wunden schlagen und vernichten, in wechselseitigen Kämpfen und hinterlistigen Attacken ihre eigenen Niederlagen verdoppeln und erneuern, und eure Feldzüge ins Sarmatenland, nach Raetien und jenseits des Rheins in erregter Raserei nachahmend gegen sich selber richten. (Übers.: B. Müller-Rettig)

Der Plural Sarmaticas zeigt deutlich, dass der Rhetor auch an die 290 beginnende zweite Welle der Sarmatenkriege denkt, wegen der ein längerer Aufenthalt Diokletians in Sirmium erforderlich wurde: Juli – Dezember 290, Mai 291: Barnes 1982, 52. Bibliographie: Barnes 1982, 51; – Nixon – Saylor Rodgers 1994, 99–100, n. 79; – Müller-Rettig 2008, 227.

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Erster Teil

Der Autor der vorliegenden Rede ist vielleicht identisch mit dem Autor des X. Panegyricus, mit Mamertinus, allerdings wurde sein Name in verschlechterter Form überliefert (s. die Korrektur von O. Seeck: an Eumenius denkend magistri mem(oriae) et : PWRE VI [1909] 1112). Wie schon der Titel (Genethliacus) zeigt, dürfte letztere Rede eher am Geburtstag Maximians (dies natalis) als an seinem zweiten Geburtstag, das heißt am Tag seines Herrschaftsantritts (dies imperii), erklungen sein, und zwar im Jahr 291. Die Rede enthält mehrere Hinweise zu den sarmatischen und anderen donauländischen Feldzügen der beiden zurückliegenden Jahre. VIII (V) Incerti panegyricus Constantio Caesari dictus 5.1. Adoratae sunt igitur mihi Sarmaticae expedtiones quibus illa gens prope omnis extincta est et [cum] paene cum solo nomine relicta quo serviat. Reverenz sei also von mir den Zügen gegen die Sarmaten erwiesen, in denen jenes Volk fast gänzlich ausgelöscht worden und beinahe nur noch mit seinem Namen erhalten ist, um unter ihm Sklavendienst zu verrichten. (Übers.: B. Müller-Rettig)

Hier zielt der Autor auf den Erfolg der Feldzüge gegen die Sarmaten ab, welche schon eindeutig auf die in der ersten Hälfte der 290 er Jahre bestrittenen langwierigen Feldzüge hindeuten, an deren Ende erst, im Jahr 294 n. Chr., die Herrscher den Titel Sarmaticus annahmen: Diokletianus III, Maximianus II, Galerius und Constantius I: Barnes 1982, 255. Bibliographie: Nixon – Saylor Rodgers 1994, 104–105; – n. 15, Müller-Rettig 2008, 231.

10.4. … totiens obstricta Sarmatia, Iuthungi Quadi Carpi totiens profligati, summittente se Gotho pace poscenda … … so viele male das Sarmatenland in Fesseln geraten, die Juthungen, die Quaden und die Karpen so viele male niedergeworfen waren, da sich der Gote, Friede heischend, unterwarf … (Übers.: B. Müller-Rettig)

Von Aurelius Victor wissen wir, dass schon Aurelianus im Gebiet der Provinz Dacia ripensis Karpen angesiedelt hat (das mag die frühere erste Welle gewesen sein), während durch Ammianus bekannt ist, dass die tetrarchiezeitliche Ansiedlung auch Pannonien, insbesondere aber die Umgebung von Sopianae betraf. Bibliographie: Nixon – Saylor Rodgers 1994, 116–117, n. 17, 124–125, n. 35; – Müller-Rettig 2008, 232. Germanen: Chron. Min. I p. 230; – Aur. Vict. 39. 43. Karpen: Lact. de mort. pers. 9.2,38.6; – Pan. Lat. VIII (V) 5.2; – Aur. Vict. 39.43; – Eutr. IX 25.2; – Hier. Chron. 226 b (Helm); – Amm. Marc. XXVIII 1.5; – Oros. VII 25.12; – Chron. min. I p. 230; – Jord. Rom. 299; – Get. XVI 91.

Der Rhetor-Verfasser der letzteren, 297 n. Chr. für Caesar Constantius (vielleicht in Trier) gehaltenen Lobrede ist unbekannt (vielleicht Eumenius, ähnlich wie bei Nr. IX). Haupttenor der Rede war die Lobpreisung des erst unlängst die britannischen Gegenherrscher bezwingenden, den fünften Jahrestag seiner Thronbesteigung feiernden Constantius. In Fortsetzung des schon früher zitierten Kapitels (FPA 5, 24) schildert der Rhetor im Gegensatz zur vorher hoffnungslosen hier die stabile Lage des Reiches unter Diokletian und die Niederringung sämtlicher, so auch der illyrischen Gegner des Imperiums. Unter den zahlreichen, nach griechischem Vorbild den römischen Herrschern gewidmeten Lobreden (panegyrici) blieben zwölf in dem Ende des 4. Jahrhunderts zusammengestellten sog. Gallischen Corpus erhalten, die von der im Jahr 100 n. Chr. dem jüngeren Plinius Traianus gehaltenen Rede bis hin zu dem 389 von Pacatus zur Lobpreisung des Theodosius vorgetragenen Werk reichen. Die Mehrzahl der Reden entstammt dem Zeitalter der Tetrarchie. Bibliographie: PWRE XVIII (1949) col. 573–576; – GLQFM III 376–384, 637–639; – Duval 1971, 526–528 Nr. 219; – W. Portman, Geschichte in der spätantiken Panegyrik. Bern 1988; – Nixon – Saylor Rodgers

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Auctores – Antike Autoren 1994; – Ronning 2007; – Müller-Rettig 2008; – R. Rees (Ed.), Latin panegyric. Oxford 2012; – FPA 5, 24.

Lactantius, De mortibus persecutorum Edition: PL 7 (1844) 189–276.

13.2. Quod edictum quidam etsi non recte, magno tamen animo deripuit et conscidit, cum irridens diceret victorias Gothorum et Sarmatarum propositas. Dieses Edikt riss einer (Christ), zwar nicht ordnungsgemäß, aber mit großem Mute herab und zerriss es, indem er spöttisch bemerkte, Siege über Goten und Sarmaten seien angeschlagen. (Übers.: A. Hartl)

Letzteres Ereignis gehört in die Zeit der von Diokletian gegen die Christen erlassenen Edikte, als im Februar 303 ein für seine Tat den Märtyrertod erleidender Christ eines der Edikte mit ähnlichen Worten vernichtet haben soll. Die Siege dürften sich auf Ereignisse des vorangegangenen Jahres 302 beziehen, nach welchen Galerius sowohl den Titel Sarmaticus als auch Carpicus erneut annahm: Barnes 1982, 64, 255, man kann aber auch nicht ausschließen, dass er nur ganz allgemein auf die vielen Kämpfe gegen Goten und Sarmaten beziehungsweise die Siegesmeldungen hindeutete. 17.4. Sic aestate transacta per circuitum ripae Istricae Nicomediam venit, morbo iam gravi insurgente … So verging der ganze Sommer, bis er auf dem Umwege über das untere Donauufer nach Nicomedia kam, während bereits eine schwere Erkrankung im Anzuge war. (Übers.: A. Hartl)

Lactantius erwähnt an dieser Stelle die letzte, auch Pannonien berührende Reise Diokletians (17.1–4). Im Juni 303 weilte der Imperator noch in Durosturum (Cod. Iust. 5.73.4), den Sommer verbrachte er wahrscheinlich in Sirmium, im November traf er zur Feier der Vicennalien in Rom ein. Zum Jahresende weilte er in Ravenna, und traf dann auf dem Weg über Pannonien erst Ende August des nächsten Jahres wieder an seinem Sitz in Nicomedia ein. Auch seine Rückreise führte ihn, laut Zeugnis des Geschichtsschreibers, durch die Donauprovinzen, so auch durch Pannonien. Dabei dürfte er vorübergehend erneut in Sirmium Quartier genommen haben. Grund für seinen Aufenthalt in diesem Raum könnte auch die gerade im Gange befindliche Umsiedlung der Karpen gewesen sein. Ebenso könnte die Geschichte Sancti Quattuor Coronati mit seiner Reise im Jahr 303 zusammenhängen: Ensslin 1948, 2847–2849; – Barnes 1982, 56; – Kienast 1996, 267; – Bratož 2004 a, 125. 18.6. Iam fluxisse annos quindecim in Illyricum id est ad ripam Danuvii relegatus cum gentibus barbaris luctaretur, cum alii intra laxiores et quietiores terras delicate imperarent. Bereits seien fünfzehn Jahre dahingegangen, seitdem er (Galerius) nach Illyrikum und ans Ufer der Donau verbannt mit barbarischen Völkerschaften sich herumschlage, während andere inmitten ausgedehnter und friedlicher Länder gemächlich herrschten. (Übers.: A. Hartl)

Im letzteren, die Abdankung Diokletians behandelnden Kapitel hört man diesen Vorwurf aus dem Munde des Galerius, er entspricht allerdings nicht in jeder Hinsicht der Wahrheit, weilte dieser doch tatsächlich erst ab 299–300 in dem Raum: Barnes 1982, 63–64. Cf. Aur. Vict. 39.30; – Praxagoras FGrH 219 F 1; – Barnes 1976, 187; – Barnes 1982, 61, n. 70; – Leadbetter 2009, 68–69, 97–102.

38.6. Nam fere nullus stipator in latere ei nisi ex gente eorum qui a Gothis tempore vicennalium terris suis pulsi Maximiano se tradiderant malo generis humani, ut illi barbarum servitutem fugientes in Romanos dominarentur.

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Erster Teil Denn fast seine ganze Leibwache bestand aus Barbaren, und zwar gehörten sie zum Stamme der Barbaren, die, von den Goten zur Zeit des Regierungsfestes Diokletians (303 n. Chr.) aus ihren Wohnsitzen verdrängt, sich dem Galerius ergeben hatten, zum Unheil für das menschliche Geschlecht, denn jetzt führten die, welche vor der Knechtschaft der Barbaren geflohen waren, die Herrschaft über die Römer. (Übers.: A. Hartl)

Auch die letztere Stelle ist ein Hinweis darauf, selbst ohne konkreten Namen, dass Galerius Karpen auf römischen Boden, so auch nach Pannonien, umgesiedelt hat. Cf. 9.2, 17.3; – Pan. Lat. VIII (V) 5.2, 10.4; – Aur. Vict. 39.43; – Eutr. IX 25.2; – Hier. Chron. 226 b (Helm); – Amm. Marc. XXVIII 1.5; – Oros. VII 25.12; – Chron. min. I. p. 230; – Jord. Rom. 299; – Get. XVI 91.

L. Caecilius Lactantius war ein aus Africa stammender Rhetoriklehrer (gest. gegen 320 n. Chr.) und christlicher Apologet. Im Jahre 303 unter den diokletianischen Christenverfolgungen musste er sein Lehramt niederlegen. Nach 315 war er der Lehrer von Crispus in Trier. In seinem Hauptwerk (Institutiones Divinae) bietet er eine umfassende Darstellung der antiken Philosophie und Religion aus christlicher Sicht. Viel bekannter ist seine kleine historische Schrift De mortibus persecutorum („Von den Todesarten der Verfolger“), in der er die Tode zehn (Christen verfolgender) römischer Kaiser von Decius bis Maximinus Daia erzählte. Bibliographie: PWRE (1924) 351–356; – GLQFM III 402–403, 646–647; – Duval 1971; – Lactance, de la mort des persécuteurs. Sources Chrétiennes 39. Ed. J. Moreau. Paris 1954, 280, n. 8, 311, n. 27–28, 411–412, n. 26; – E. De Palma Digeser, The making of a Christian empire. Lactantius & Rome. Ithaca – London 2000; – Lactantius, De mortibus persecutorum. Ed. J. L. Creed. Oxford 1984, 95, n. 4, 97–98, n. 5, 114, n. 2; – A. Søby Christensen, Lactantius, the historian. Copenhagen 1980; – Barnes 1982, 56, n. 43; – Leadbetter 2009, 20–21, 98–99, 100, 101–102; – Des Lucius Caelius Firmianus Lactantius Schriften. Aus dem Lateinischen übersetzt von Aloys Hartl. Bibliothek der Kirchenväter 1. Reihe, Band 36. München 1919; – Laktanz: De mortibus persecutorum – Die Todesarten der Verfolger. Übersetzt und eingeleitet von Alfons Städele. Fontes Christiani 43. Turnhout 2003.

Eusebios Chronicon Edition: Eusebi Chronicorum libri duo II. Ed. A. Schoene. Berolini 1866, 186; – J. Karst, Eusebios’ Werke 5: Die Chronik aus dem Armenischen übersetzt mit textkritischem Kommentar. GCS 20, 1911.

Chron. 227 (Karst) Caro in Mesopotamia exstincto, Numeriano quoque interea contigit occidi in Thracia, pariter et Carino in Cornacis praelio (H. Petermann, var. aduersum cornacum). Nach des Karos Tode im Zwischenstromland erfolgte unterdessen auch die Tötung des Numerianos in Thrakien und ebenso die des Karinos in dem Kriege des Kornakos (Karst).

Über letzteren Quellenauszug ausführlicher im Nachwort ! Cf. Chron. 724 127, 12–13/99, 20–21; – Pseudo-Dion. 110, 30–31/147, 27–28; – Mich. Syr. 6.9 p. 198/118 a 11– 14; – Samuel Aniensis Sum. temp. 40/661–662; – Moses Khorenats’ï 2.79. Margum: Auf die EKG zurückgehende Quellen: Chron. Urbis Romae p. 148; – Aur. Vict. 39,11; – Eutr. 9.20.2; – Hier. Chron. 225 b; – HA v. Car. 18.2. Weiters: Oros. VII 25.1; – Ioann. Ant. Frag. 163; – Sync. 472,24–25. Viminacium: It. Burd. 564. 8–9. Perser: Chron. Pasch. 510,9–12 (Numerianus später in Perinthus: 510,17–18). Burgess 1999, 49, 85–86, 99.

Aurelius Victor Liber de Caesaribus Edition: Sexti Aurelii Victoris liber de Caesaribus. Praecedunt Origo gentis Romanae et Liber de viris illustribus urbis Ro-

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Auctores – Antike Autoren mae, subsequitur Epitome de Caesaribus. Ed. Fr. Pichmayr. Editio stereotypa correctior editionis primae, addenda et corrigenda iterum collegit et adiecit R. Gruendel. Leipzig 1966.

39.26. his sane omnibus Illyricum patria fuit, qui quanquam humanitatis parum, ruris tamen ac militiae miseriis imbuti satis optimi rei publici fuere. Sie waren allesamt in Illyrien beheimatet, sie eigneten sich, mit Bildung zwar wenig, mit den Mühsalen der Landwirtschaft und des Kriegsdienstes jedoch hinlänglich vertraut, vorzüglich für die Staatsverwaltung. (Übers.: M. Fuhrmann) Cf. X (II) 2.2, 2.4, XI (III) 3.9; – Epit. de Caes. 40.10. Bibliographie: Pasqualini 1979, 13; – Barnes 1982, 33; – Bird 1984, 28–29, 67–69, n. 69; – Bird 1994, 169, n. 20.

39.30. Illyrici ora adusque Ponti fretum Galerio (sc. commissa) … … die illyrische Küste und das Gebiet bis zum Ufer des Schwarzen Meeres dem Galerius anvertraut … (Übers.: M. Fuhrmann) Cf. Lact. De mort. pers 18.6; – Praxagoras FGrH 219 F 1; – Barnes 1976, 187; – Barnes 1982, 61, n. 70; – Leadbetter 2009, 68–69, 97–102.

39.43. Et interea caesi Marcomanni Carporumque natio translata omnis in nostrum solum, cuius fere pars iam tum ab Aureliano erat. Und unterdessen wurden die Markomannen geschlagen und das ganze Karpervolk, von dem bereits Aurelian einen Teil verjagt hatte, auf unser Territorium umgesiedelt. (Übers.: M. Fuhrmann)

Von Aurelius Victor wissen wir, dass schon Aurelianus die Karpen im Gebiet der Reiches angesiedelt hat (das mag die frühere erste Welle gewesen sein), während durch Ammianus bekannt ist, dass die tetrarchiezeitliche Ansiedlung auch Pannonien, insbesondere aber die Umgebung von Sopianae betraf. Bibliographie: Dufraigne 1975, 188, n. 43; – Bird 1994, 173, n. 28. Markomannen: Pan. Lat. VIII (V) 10.4; – Chron. Min. I p. 230. Karpen: Lact. de mort. pers. 9.2,38.6; – Pan. Lat. VIII (V) 5.2, 10.4; – Eutr. IX 25.2; – Hier. Chron. 226 b (Helm); – Amm. Marc. XXVIII 1.5; – Oros. VII 25.12; – Chron. min. I p. 230; – Jord. Rom. 299; – Get. XVI 91.

40.9. cum agrum satis reipublicae commodantem caesis immanibus silvis atque emisso in Danubium lacu Pelsone apud Pannonios fecisset. 10 Cuius gratia provinciam uxoris nomine Valeriam appellavit. Er hatte durch die Beseitigung riesiger Wälder und die Ableitung des Pelso-Sees in die Donau Ackerland geschaffen, das durch seine Fruchtbarkeit Gewinne für die Allgemeinheit abwarf. Deswegen nannte er die Provinz nach dem Namen seiner Frau die Valerische. (Übers.: M. Fuhrmann)

Letzteres Ereignis ist einzig bei Aurelius Victor überliefert, der das Ausheben des die Verbindung zwischen Pelso-See (Balaton) und Donau herstellenden Kanals (eines antiken Voläufers des heutigen Sió-Kanals) irrtümlich zwischen Galerius erfolglosen Italienfeldzug im Jahr 307 und seinen Tod 311 platzierte. Der lacus Pelso lässt sich nur mit dem Balaton identifizieren (cf. AÉp 1994, 1921). Bibliographie: B. Kuzsinszky, A Balaton környékének archaeologiája. Lelőhelyek és leletek. Budapest 1920, 1–2; – Ennslin 1930, 2521; – Graf 1936, 27; – Alföldi 1941, 54; – A. Radnóti – L. Gerő, A Balaton régészeti és történeti emlékei. Budapest 1952, 48; – Mócsy 1962, 525; – Nagy 1962, 58 Anm. 377; – Syme 1971, 226– 227; – Mócsy 1974, 266, 272; – Dufraigne 1975, 192, n. 14–15; – K. Póczy, Közművek a római kori Magyarországon. Budapest 1980, 95; – Bird 1984, 110, Régészeti kézikönyv, 127; – Bird 1994, 181, n. 9; – Leadbetter 2009, 227. Cf. Amm. XXIX 11.4.

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