FEG Essen Mitte Predigten/2017/2017 01 22 Predigt


142KB Größe 2 Downloads 312 Ansichten
Predigt Thema:

Gottesdienst Gemeinsam auf Kurs bleiben – Expedition zur Freiheit Teil 2 – Glaube

Bibeltext:

Psalm 23

Datum:

22.01.2017

Verfasser:

Pastor Lars Linder

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Gemeinde, „Expedition zur Freiheit“ Unter diesem Thema, mit diesem Titel, mit diesem Buch von Klaus Douglass sind wir gerade gemeinsam „auf Kurs“ und betrachten gemeinsam die Säulen der Reformation, dessen Jubiläumsfest wir 2017 feiern. Wir hatten begonnen in der ersten Woche unter dem Stichwort Gnade, allein aus Gnade - und nun die Woche, die hinter uns liegt, unter dem Stichwort Glaube: allein aus Glaube. Wir haben das Stichwort Glaube in den letzten Tagen durchbuchstabiert, vielleicht selber persönlich, beim Lesen, bei unserer eigenen Andacht; oder im Hauskreis oder im Gesprächskreis (hier im Gemeindehaus) oder Donnerstagnachmittag bei der GBS... indem wir vor allen Dingen auf den Psalm 23 gehört haben zum Stichwort „Glaube“. Was ist eigentlich Glaube? Und wie entsteht er?

[email protected]

Seite 1 von 14

22.01.2017

Predigt

www.gott-entdecken.de

Psalm 23

Im Deutschen – das ist ja interessant und das wissen Sie alle – wird das Wort Glaube mindestens doppeldeutig benutzt. Einmal eher im Sinne von: Vermuten, für wahr halten. Zum Beispiel: ich glaube, heute Nachmittag scheint weiter die Sonne... das ist ein Vermutungssatz, der aber einen hohen Wahrheitsgehalt enthält bei der heutigen Wetterlage. Oder, wenn Leute sagen – so war es in den letzten Tagen öfter zu lesen und zu hören: Ich glaube, dass der russische Geheimdienst die Wahl in den USA beeinflusst hat. Auch das ist eine Vermutung, die vielleicht einen hohen Wahrheitsgehalt in sich trägt. Also Glaube: für wahr halten, vermuten. Im Laufe der Kirschengeschichte hat dieser Ton des Begriffes Glaube – etwas für wahr halten, einen Tatbestand für richtig erachten – immer mehr zugenommen. Und zwar, weil in der alten Kirche der Glaube der ersten Christenheit gefährdet war durch Sekten und Irrlehren, und deshalb man ein Glaubensbekenntnis formuliert hat. Oder auch andere Glaubenssätze aufgeschrieben hat, um zu sagen: wer das für wahr hält, wer daran glaubt, der ist Kirche, der ist ein richtiger Christ. Glaube – Etwas für wahr halten. Der Ursprungsgedanke des Begriffes Glaube ist aber ein anderer. Glaube bedeutet nämlich Vertrauen – und dieser Ursprungssinn ist fast verloren gegangen. Und Martin Luther hat es neu entdeckt und hat es neu auf den Schild gehoben. Glauben heißt in erster Linie: Vertrauen! Und das merkt man schon, wenn man guckt, wo denn im Deutschen das Wort Glaube herkommt. Es ist nämlich entstanden aus dem Wort: sich geloben, sich verloben. Jemanden lieb haben, meine Existenz an jemanden binden. Und genauso im Lateinischen, wo das Fremdwort Kredit herkommt. Lateinisch heißt Glauben nämlich credere. Und das heißt Wörtlich: Jemanden das Herz geben; jemanden sein Herz schenken. Das heißt, Glaube ist also vor allen Dingen ein Beziehungswort. Ich vertraue jemanden, da ist jemand, dem schenke ich Glauben! Und so hat Martin Luther ganz kurz und knapp gesagt: Glaube ist, sich einfach in Gottes Gnade hinein fallen zu lassen. Glaube ist, sich einfach in Gottes Gnade hineinfallen zu lassen. Ist das so einfach?

[email protected]

Seite 2 von 14

22.01.2017

Predigt

www.gott-entdecken.de

Psalm 23

Kann man das so einfach? Kann man das einfach so wollen, macht man das einfach so? Noch einmal Martin Luther: „Nicht durch unser Denken, durch unsere Weisheit, unseren Willen, entsteht in uns der Glaube Christi. Sondern durch ein unbegreifliches verborgen Wirken des Geistes.“ Also nicht, unser Wollen sondern Gottes Geist bewirkt Glaube. Da kann man fragen, wie passiert das denn? An dieser Stelle möchte ich Ihnen gerne einen Witz erzählen, den ich Ihnen mitgebracht habe. Da ist ein Pfarrer der in einer Nacht mit seinem Fahrrad unterwegs ist und dabei allerdings kein Licht an hat. Ein Polizist hält ihn an und sagt: „ Herr Pfarrer, sie sollten eigentlich wissen, wie gefährlich das ist, was sie hier machen... Ohne Licht mit dem Fahrrad auf den Straßen unterwegs zu sein. Ich muss ihnen leider eine Verwarnung erteilen, das kostet 5 Euro!“ Der Pfarrer ist ganz entrüstet und wehrt sich und sagt: „Herr Wachtmeister, mir kann doch gar nichts passieren, ich habe doch immer den Herrn bei mir!“ „Was, sie sind zu zweit unterwegs? Das kostet 10 Euro!“

Warum lachen Sie? Nicht, weil Sie vorher gedacht haben: wenn Pastor Linder einen Witz erzählt, dann muss ich jetzt lachen, das will ich jetzt... Sondern, der Witz bewirkt das Lachen. Oder anders gesagt, von außen werden Sie zum Lachen gebracht! Von außen werden Sie zum Lachen gebracht... Und genau das geschieht beim Glauben, von außen werde ich zum Glauben gebracht! Von außen werde ich zum Glauben gebracht. Weil, das Evangelium, also die gute Nachricht von der Gnade Gottes mich so trifft, dass ich dem Glauben schenken kann. Von außen werde ich zum Glauben gebracht. Anderes Bild: Wenn sie ins Theater gehen, ins Ballett, in die Oper, dann passiert das ja schon mal, dass sie da sitzen und denken: da ist eine Sängerin oder eine Tänzerin , die ist dermaßen anmutig, voller Charme, dass sie ganz hingerissen sind. Das sagt man hinterher auch schon mal: diese Tänzerin oder diese Sängerin, die reißt mich hin! Gott, in seiner Anmut, in seiner Grazie, in seinen Charme, in seiner Gnade reißt uns hin! So entsteht Glaube.

[email protected]

Seite 3 von 14

22.01.2017

www.gott-entdecken.de

Predigt

Psalm 23

Luther sagt: „ Der Christusglaube ist ein Herausgerissen oder Entrückt werden, hin auf Gott. Der Glaube lässt das Herz ganz und gar hingerissen werden.“ Also Gott in seiner Anmut, in seiner Gnade reißt uns heraus aus Misstrauen, aus Verzweiflung, aus Not. Gottes Gnade, die von außen kommt, die bringt uns zum Glauben, wie ein Witz uns zum Lachen bringt. Und von daher war das Luther so wichtig: der Glaube ist kein Werk, das wir leisten müssen, sondern ein Geschenk Gottes durch seinen guten Geist. Gott bewirkt Glauben! Auch und gerade durch Texte, wie den Psalm 23. Ich weiß nicht, ob Sie schon mal drüber nachgedacht haben, dass alle Texte im Alten wie im Neuen Testament Glaubenszeugnisse sind. Sie erzählen auf je ihre eigene Art – egal ob es ein Lied ist, oder ein Gedicht, oder ein Brief oder eine Geschichte, eine Novelle oder ein Gleichnis – sie erzählen auf je ihre Art von der Gnade Gottes. Das ist ihr Sinn. Genauso, wie auch jede Predigt das im Sinn hat, das sie von der Gnade Gottes schwärmt. Und genauso, wenn im Alltag Menschen Sie fragen: Warum gehen Sie in einen Gottesdienst? Oder: Wieso leben Sie als Christ? ... Das unsere Antwort immer das zum Sinn hat, dass wir von der Gnade Gottes schwärmen. Und Menschen, die so ein Glaubenszeugnis hören oder lesen, die geraten dadurch zum Glauben, werden dadurch zum Glauben gebracht. So auch die Biblische Texte - sie wollen Menschen zum Glauben bringen. Weil: das Evangelium, die gute Nachricht, kann man sich nicht selber sagen. Eine gute Nachricht wird mir erzählt. Und dann macht sie mich glücklich. Das Evangelium wird erzählt. Gepredigt, weiter gesagt, weiter gegeben... und macht Leute froh und bringt sie zum Glauben. So auch der Psalm 23, auf den wir jetzt noch mal hören wollen, nachdem wir diese Woche schon mal drüber nachdenken konnten. 1 Ein Psalm Davids. Der HERR ist mein Hirte,

[email protected]

Seite 4 von 14

22.01.2017

www.gott-entdecken.de

Predigt

Psalm 23

mir wird nichts mangeln. 2 Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. 3 Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. 4 Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. 5 Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. 6 Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.

Lasst uns gemeinsam diesen Psalm ein bisschen durchbuchstabieren. Der Herr ist mein Hirte. Klaus Douglass hat in seinem Buch darauf aufmerksam gemacht, dass bei „der Herr“ im Hebräischen der Gottesname steht: „Jahwe“. Jahwe ist mein Hirte; und diesen Name „Jahwe“ kann man nicht einfach so übersetzen; man kann ihn z.B. so wiedergeben: „Ich bin da, wo du bist“. Oder: „Ich bin für dich da, ich bin im Blick auf Dich.“ Und dann bekommt das noch einmal einen ganz anderen Ton: „Der ich bin da, wo Du bist“ ist mein Hirte. Der “ich bin im Blick auf Dich“ ist mein Hirte.

[email protected]

Seite 5 von 14

22.01.2017

www.gott-entdecken.de

Predigt

Psalm 23

Luther sagt, diesen guten Hirten kann man sich getrost überlassen, denn er ist nicht irgendwo, sondern genau da, wo der Mensch ist. Deshalb kann man sich diesem Gott überlassen. Er ist mein Hirte. Also es steht nicht da, er ein Hirte. Das wäre dann eher der Ton von: „für wahr halten“. Ich glaube, da gibt es irgendwo einen guten Gott, der ist ein Hirte... Nein! Es geht darum, dass er mein Hirte ist. Also, dass da eine Beziehung vorhanden ist, dieser Gott hat mich zu meinem Eigentum gemacht. Er ist mein Gott. Und Hirte ist im alten Orient nicht so etwas gemütliches, romantisches; sondern hat eher etwas zu tun mit dramatischem Überlebenskampf: Wilde Tiere, gegen die der Hirte sich und auch seine Schafe schützen muss. Eine karge Steppenlandschaft, wo er unter großer Not irgendwelche Weideflächen und Quellen ausfindig machen muss für seine Schafe. Und natürlich ein Gebiet, wo Räuber ihr Unwesen treiben. Also, Überlebenskampf! Wir, keine Schafe, sondern Menschen: Wir leben auch in der Tat nicht im Wolkenkuckucksheim, sondern stehen im Leben. Haben zu tun mit Anfechtungen, mit Nöten, mit Auseinandersetzungen, mit inneren oder äußeren Schwierigkeiten. Und da drin, in diesen kleinen oder auch großen Überlebenskampf, ist der lebendige Gott da. Ich bin da, wo Du bist! Darum: Mir wird nichts mangeln. – „Moment!“ müsste man sagen: Du Psalmbeter sagst doch in Vers 4, dass du ein finsteres Tal kennst, wo es dunkel ist und finster; wieso kannst du sagen, dir wird nichts mangeln, du hast doch selber Mangel erlebt? Ja, in der Tat. Der Psalmbeter kennt selber Mangel, aber hier meint er etwas Grundsätzliches. Etwas entscheidendes, was ihm nie fehlen wird: Was ist das Entscheidende, das nie fehlen wird? Der Heidelberger Katechismus, der auch in der Reformationszeit entstanden ist, der versucht die wesentlichen Glaubensfragen zusammen zu fassen. Und er startet so: „Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben? Das ich mit Leib und Seele, beides, im Leben und im Sterben nicht mein, sondern meines getreuen Heiland Jesu Christi sein eigen bin.“

[email protected]

Seite 6 von 14

22.01.2017

www.gott-entdecken.de

Predigt

Psalm 23

Ich bin sein Eigen! Gott sagt: das ist meine Tochter, das ist mein Sohn! Und diese Liebe und diese Gnade, gilt immer und überall. Wenn es also hier heißt, mir wird nichts mangeln, dann nicht in dem Sinne von: ich bin immer reich, erfolgreich und gesund... Sondern im Sinne von: Ich bin immer begnadet, immer geliebt, immer Kind Gottes! Deshalb mangelt mir nichts. Und das kann ich auch erleben, so setzt der Psalmbeter fort, wenn ich Gott erlebe: denn dieser Gott sorgt für mich, großzügig und herzlich: „Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser, er erquickt meine Seele.“ Wenn man das in Ruhe liest, dann entstehen innere Bilder vor meinem Auge: Eine saftige Wiese, man hört eine Quelle sprudeln, die Vögel singen, man hat so richtig das Gefühl: hier ist es sauschön, hier ist es richtig lecker, hier geht es einem richtig gut! So versorgt Gott seine Kinder. Es geht hier nicht so sehr darum, was ich gerade schon gesagt habe: Reich, Gesund, Erfolgreich.... sondern es geht darum, dass Gott immer wieder Orte schenkt, wo wir auftanken können. Wo unsere Seele zur Ruhe kommt, wo wir neue Kraft bekommen. Was sind das für Orte? Wenn man Martin Luther danach fragen würde, würde er folgende vier Antworten geben: So ein Ort ist da, wo ich die Heilige Schrift bedenke. Immer wieder widerkäue, immer wieder diese Heilige Schrift durchkaue. Wir werden in der vorletzten Woche, wo es um Bibel geht, nochmal näher darauf eingehen, weil ich glaube, dass wir miteinander das Bibellesen immer wieder neu üben müssen. Damit wir entdecken: wenn ich das kaue, dann tut mir das richtig gut, dann atmet die Seele auf. Wie das gehen könnte, werden wir in drei Wochen hören. Das zweite, was Luther sagt: der Ort, wo ich zur Ruhe kommen und auftanken kann, ist der Gottesdienst, ist das Hören der Predigt. Der dritte Ort, sagt Luther, ist beim Empfang des Abendmahls: wo ich Brot und Kelch schmecke und sehe, wie freundlich dieser Gott ist. Und der vierte Ort, sagt Luther: da wo ich mit anderen Menschen zusammen bin, die mich aufrichten, stärken und trösten. Vier Orte, wo ich Gottes Gnade und seine Großzügigkeit schmecken und erleben kann. Das gönnt und gibt Gott. Denn er jagt seine Leute nicht durch die Gegend, sondern der Seele soll es gut gehen, deshalb immer wieder Orte, wo er sie erquickt.

[email protected]

Seite 7 von 14

22.01.2017

www.gott-entdecken.de

Predigt

Psalm 23

Damit wir dann auch die nächste Etappe, den nächsten Wegabschnitt gut hinter uns bringen können: „Er führt uns dann auf rechter Straße.“ Rechte Straße meint nicht moralisch richtig, sondern das ist die Straße, die zum Ziel führt. Die Straße, die dahin geht, wo das Leben wirklich Sinn macht und zielführend gestaltet werden kann. Das heißt: Der Psalmist erlebt dieses Wechselspiel von Ruhe und Aktion, von ausruhen und engagiert weiter gehen. Die Mönche haben später gesagt, beten und arbeiten; oder: Stille/Arbeit/Fest, wie auch immer... Und jetzt, in so einem Nebensatz, sagt der Psalmist, das alles geschieht „um seines Namens willen“. Es geschieht um Gottes Namens willen. Das kann man schnell überlesen und denken, ist nicht wichtig. Doch, das ist ganz wichtig. Denn: Es geschieht nicht um meines Namen willen; nicht ich muss mir einen guten Namen machen, nicht ich muss mir einen guten Ruf erarbeiten, damit Gott irgendetwas tut. Er macht das um seines Namens willen. Dieser Name Jahwe – „ich bin da wo du bist“, „ich bin im Blick auf dich“ – der ist seine Zusage und seine Verheißung, an die er sich bindet: Weil ich das bin, tu ich das. Um meines Namens willen. Und das ist Gnade. Wir müssen keinen guten Namen uns machen, keinen guten Ruf erwerben. Gott macht das von sich aus, was für ein Geschenk! Besonders wichtig ist dass, wenn wir im finsteren Tal hocken. Davon werden wir alle nicht verschont, von Lebensphasen, die sind unglaublich schwierig. Bis dahin, dass sie uns überfordern. Wolfgang Vorländer beschreibt solche Zeiten so: „Jetzt sitzt du da gelähmt, ausgehöhlt, zur Strecke gebracht. Ein Nervenbündel, weidwund. Du kannst nicht mehr essen, du kannst nicht mehr schlafen, Gedanken kreisen ohne Punkt und Komma. Man glaubt dir nicht mehr, man geht dir aus dem Weg, man bewirft dich mit Besserwisserei, wie mit Steinen. Man schlägt Dich mit ungebetenem Rat. Du bist dir selbst ein fremder, deine Seele blutet, deine Tränen sind gefroren. Du bist nur noch verletzt, du möchtest nicht mehr leben, du kannst nicht mehr beten, du fühlst dich wie lebendig begraben, das ist wie ein Abgrund für dich.“

[email protected]

Seite 8 von 14

22.01.2017

Predigt

www.gott-entdecken.de

Psalm 23

Ja, das gibt es. Und auch Menschen, gerade auch Menschen, die mit Christus unterwegs sind erleben solche Zeiten. Und liebe Gemeinde, da helfen keine Sätze wie: „ Du musst nur mehr glauben!“ Oder: „Wenn du nur fest genug glaubst, dann geht das auch schnell wieder weg:“ Nein. Was dann tröstet, ist etwas anderes: „Du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich!“ Trost kommt von außen. Den mach nicht ich. Den muss ich auch nicht herstellen durch meinen Glauben. Sondern da ist ein Gegenüber, was mir in solchen dunklen Zeiten das gibt, was ich dann brauche. Das macht er und nicht ich. Du tröstest mich. Von außen ist jemand da, der mich dann hält. Nicht mein Glaube hält mich, ER hält mich. Gerade dann, wenn ich selber nicht mehr glauben kann. Wie macht Gott das? Das Alte und Neue Testament geben so ein paar Hinweise dazu, zum Beispiel: Dass Gottes Geist in seinen Kindern wohnt und das dieser Geist dann selbständig das Beten anfängt, wenn ich gar nicht mehr beten kann, Zum Beispiel Gebetstexte wie: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!“ Oder „ Herr ich glaube, hilf meinem Unglauben!“ Oder noch anders: Gott sorgt durch seinen Geist dafür, dass auf einmal in mir drin ein Wort Gottes hoch kommt. Dass er in mir drin eins seiner Worte entstehen lässt, dass ich auf der grünen Aue irgendwann einmal durchgekaut habe. So dass in so tiefen Tälern auf einmal ein Wort Gottes, eine Zusage, eine Verheißung aufleuchtet, die ich irgendwann mal verinnerlicht habe, vielleicht sogar auswendig gelernt habe. In dem Buch von Klaus Douglass wird ja empfohlen, dass wir diese sechs Merkverse pro Woche auswendig lernen sollen. Es geht nicht darum, dass man da als braver Schüler das tut; sondern: wenn wir etwas auswendig lernen, dann sitzt das hier drin, in unserem Innersten – und in Notzeiten ist das wie so eine Notration, von der ich mich dann ernähren kann. Gott tröstet durch seine Zusage, die in Notzeiten aufsteigt. Und er tröstet durch Schwestern und Brüder. Bonhoeffer hat einmal geschrieben: „ Der Christus im Bruder und der Christus in der Schwester ist stärker, als der Christus in mir.“ Und gerade in Notzeiten, wo ich selber nicht mehr glauben oder beten kann, sind Geschwister da, die für mich glauben und für mich beten. So ist das. So tröstet Gott.

[email protected]

Seite 9 von 14

22.01.2017

www.gott-entdecken.de

Predigt

Psalm 23

Mit Stecken und Stab – Nicht mit Keule oder Peitsche. Stecken ist der Schutz, mit dem der Hirte Gefahren abwehrt und seine Schafe in Sicherheit bringt. Und der Stab ist dazu da, um den Schafen aufzuhelfen, wenn sie nicht mehr weiter gehen können. Und die Richtung zu weisen. Also, du tröstest mich durch dein Stecken und dein Stab, darum fürchte ich kein Unglück. Moment! Ein Merkvers dieser Woche war doch: Jesus sagt: „ In der Welt habt ihr Angst.“ Genau! Natürlich haben Christen Angst. Natürlich sind auch Menschen, die an Gott glauben, Menschen, die mit Ängsten zu tun haben. Was meint dann der Beter hier, wenn er sagt: „Ich fürchte kein Unglück!“? Der Beter fürchtet „das“ Unglück nicht, nämlich das Unglück, von Gott getrennt zu sein. Der Beter weiß: auch im tiefen Tal ist dieser gute Hirte da. Es ist ja ein Tal – so müsste man übersetzten – des Todesschatten. Und da wo Schatten ist, ist auch immer Licht. Aus der Perspektive des Neuen Testamentes kann man sagen: das Licht der Auferstehung wirft Schatten im dunklen Tal. Im Römerbrief schreibt Paulus deshalb: Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes? Gefahr oder Tod oder Schwert oder Hunger oder Blöße oder,oder,oder. Oder irgendwelche anderen finsteren Täler? Nicht. Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes. Darum schreibt Wolfgang Vorländer: Du bist die Hand, die mich leitet, das Licht, das mir scheint, das Wort, das mich trägt und mich meint.

Meines Herzens Glück und im Finsteren Trost, Herr in jedem Geschick, der mich kennt und erlöst.

[email protected]

Seite 10 von 14

22.01.2017

www.gott-entdecken.de

Predigt

Psalm 23

Meiner Zukunft Garant und im Wagnis mein Mut, im Zerbruch festes Land; tiefster Sinn, höchstes Gut.

Meinen Fehlern nicht feind und in Ängsten mein Hort, selbst dem Sünder ein Freund und ein bergender Ort.

Stehst im Dunkel mir bei und lässt Zweifel verwehn. Deine Gnade macht frei, deine Herrlichkeit schön.

Deine Gnade macht frei und deine Herrlichkeit schön. So endet der Psalm 23 in seinen letzten beiden Versen: „Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.“ – Der Psalmbeter hat mittlerweile gewechselt, von „ER“ nach „DU“; von einem Allgemeinbekenntnis „der Herr“, „Er“ usw. wird ab Vers 4 „Du“. Du bereitest mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Im Orient war der Gastgeber nicht nur zuständig für Essen und Trinken, sondern er war auch der, der dem Gast zusagte: In meinem Haus bist du geschützt. Ich trete ein für deine Sicherheit. Gott als Gastgeber schützt seine Kinder. Hier bist du sicher. Und Gott als Gastgeber salbt mein Haupt mit Öl. Eine Geste, die uns heute fremd ist, damals ungeheure Wertschätzung besagte. Mit Öl gesalbt wurde ein Gast, um ihm eine besondere Ehre zuteilwerden zu lassen. Oder um ihm besonders Gottes Berufung zu zusprechen.

[email protected]

Seite 11 von 14

22.01.2017

Predigt

www.gott-entdecken.de

Psalm 23

Du bist auserwählt, meine Tochter / mein Sohn. Dich ehre ich. Deine Gnade macht frei, deine Herrlichkeit schön. Wie schön geht Gott mit uns um! Und „du schenkst mir voll ein“ – Da kann man so ein Buffet sehen, wo es wunderbar ist, so wie gestern Abend, herrlich lecker; und der Becher fließt über! Ja, also da wird nicht nur mickrig eingeschenkt, bis zum Strich; sondern das Glas, der Becher läuft über. Was für ein großzügiger Gott. Genau den hat der Beter kennen gelernt. So malt er ein herrliches Bild vom Festmahl, was ja immer wieder im Alten wie im Neuen Testament vorkommt. Beim Propheten Jesaja heißt es, dass Gott einlädt zu einem fetten Mahl. Oder Jesus kriegt ja den Spitznamen: Er sei ein Fresser und Weinsäufer. Dahinter steckt ja die Erfahrung: da, wo man mit Jesus am Tisch sitzt, gibt es mehr als genug. Da geht es zur Sache, da wird gefeiert! Und so schließt der Psalm 23 mit einem etwas merkwürdigen Satz: „Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang.“ Wieso folgen die? Wieso folgen Barmherzigkeit und Güte? Weil der lebendige Gott hinter uns aufräumt. Es ist ja so, dass unser Leben nicht nur eine Segensspur hinterlässt. Unser Leben hinterlässt auch Schmerzen. Und Scherben. Und Scheitern. Und der lebendige Gott geht hinterher und wandelt auch das um. In seiner Gnade und Barmherzigkeit. Er geht hinter uns her mit einer Spur, die dann eine Spur von Güte nach sich zieht. Ein Ausleger schreibt: „Man könnte diesen Vers auch so übersetzten. Gottes Wohlwollen jagt uns nach.“ Also, da wo sie merken: Mensch da ist in meinem Leben auch etwas kaputt gegangen, das kann ich nicht reparieren; das ist wahrlich keine Segensspur, sondern eher eine Spur des Zerbruchs... Gerade da folgt meinem Leben Gottes Barmherzigkeit und seine Gnade nach. Die entlastet. Darum, schließt der Beter ab: „Und ich bleibe im Hause des Herrn, immerdar.“ Der Psalmist hatte den Tempel vor Augen; die Gottesdienste, seiner Gemeinde im Alten Testament. Im neuen Testament wird hier noch viel weiter gedacht: wir werden bleiben im Hause des Herrn bis zum Ende der Zeiten – immerdar.

[email protected]

Seite 12 von 14

22.01.2017

www.gott-entdecken.de

Predigt

Psalm 23

Liebe Gemeinde, was für ein Gottes Wort. Was für ein Gott. Von dem ich zum Glauben und zum Staunen und zum Hoffen gebracht werde. Darum hören Sie am Ende, höre am Ende dieser Predigt, diesen Psalm als Zusage für Dich:

1 Der HERR/Jahwe ist Dein Hirte,

Dir wird nichts mangeln.

2 Er weidet Dich auf einer grünen Aue

und führet Dich zum frischen Wasser.

3 Er erquicket Deine Seele.

Er führet Dich auf rechter Straße um seines Namens willen.

4 Und ob Du schon wanderst im finstern Tal,

fürchte kein Unglück; denn der HERR/Jahwe ist bei Dir, sein Stecken und Stab trösten Dich.

5 Er bereitet vor Dir einen Tisch im Angesicht Deiner Feinde.

Er salbt Dein Haupt mit Öl und schenket Dir voll ein.

[email protected]

Seite 13 von 14

22.01.2017

www.gott-entdecken.de

Predigt

Psalm 23

6 Gutes und Barmherzigkeit werden Dir folgen Dein Leben lang,

und Du wirst bleiben im Hause des HERRN immerdar.

Amen.

[email protected]

Seite 14 von 14

22.01.2017