Farbatlas Krankheiten, Schädlinge und ...

Bernhard Holz und Wendelin Uhl sind mit der zweiten Auflage folgende Perso- .... Julius Kühn-Institut (JKI; bewertet die. Aspekte Wirksamkeit, Pflanzenverträg-.
876KB Größe 3 Downloads 267 Ansichten
Horst Diedrich Mohr (Hrsg.)

Farbatlas

Krankheiten, Schädlinge und Nützlinge an der Weinrebe Unter Mitarbeit von Beate Berkelmann-Löhnertz, Joachim Eder, Michael Fischer, Josef V. Herrmann, Georg K. Hill, Roland Ipach, Ulrike Ipach, Walter K. Kast, Michael Maixner, Daniel Molitor, Bernd Prior, Karl-Josef Schirra, Werner Siegfried, Olivier Viret

2., überarbeitete und erweiterte Auflage 273 Abbildungen 14 Tabellen

2

Inhalt Grundlagen des Rebschutzes 6 Allgemeines (Mohr, Maixner) 7 Technik des Rebschutzes (R. Ipach) 9 Pflanzenschutz im ökologischen Weinbau (Kast) 25 Pflanzenschutz und Kulturführung im Tafeltraubenanbau (Herrmann, Kast) 32 Unterstützung des Rebschutzes durch Kulturmaßnahmen (Kast, Prior, Mohr) 35 Erzeugung gesunden Pflanzgutes (U. Ipach, Maixner) 48 Virus- und virusähnliche Krankheiten (U. Ipach) 52 Allgemeines 53 Komplex der Reisigkrankheit 55 Blattrollkrankheit 64 Komplex der Holzrunzeligkeit 66 Weitere, durch Viren und Viroide verursachte Krankheiten 69 Bakteriosen, Rebenmüdigkeit 71 Allgemeines (Maixner) 72 Mauke (U. Ipach) 73 Vergilbungskrankheiten (Maixner) 75 Rebenmüdigkeit in Rebschulen (U. Ipach, Eder) 88 Pilzkrankheiten 90 Allgemeines (Hill) 91 Echter Mehltau (Kast) 93 Falscher Mehltau (Hill) 100 Graufäule (Botrytis) (Berkelmann-Löhnertz) 110

Weitere Fäulniserreger an Trauben (Herrmann) 119 Roter Brenner (Herrmann, Siegfried) 123 Schwarzfleckenkrankheit (Phomopsis) (Kast) 127 Schwarzer Brenner (Anthraknose) (Viret, Siegfried) 131 Schwarzfäule (Molitor) 133 Weißfäule (Viret) 137 Alternaria (Fischer) 139 Eutypiose (Fischer) 141 Esca-Syndrom (Fischer) 144 Wurzelpilze (Siegfried, Viret) 149 Tierische Schädlinge 153 Allgemeines (Schirra) 154 Nematoden (U. Ipach) 156 Milben (Herrmann, Schirra) 162 Insekten (Schirra, Herrmann) 173 Schnecken (Herrmann) 219 Wirbeltiere (Herrmann) 220 Nützlinge (Schirra) 228 Allgemeines 229 Räuberische Nützlinge 231 Parasitische Nützlinge (Parasitoide) 245 Abiotische Schädigungen (Mohr, Prior) 250 Allgemeines 251 Extreme Witterung 253 Mangelhafte, unausgewogene oder überhöhte Nährstoffversorgung 266 Physiologische Störungen 286

3

Schäden durch Dünger und Pflanzenschutzmittel 301 Schadstoffeinträge in Weinberge 307 Mechanische Verletzungen 309 Schäden am Pflanzgut und im Jungfeld (Mohr, Eder) 310 Mutationen und andere Phänomene (Mohr) 314

Service 317 Glossar 318 Literaturverzeichnis 322 Adressen von Weinbaueinrichtungen im deutschsprachigen Raum 324 Verzeichnis der Mitarbeiter 326 Bildquellen 327 Register 329

5

Vorwort zur zweiten Auflage Der „Farbatlas Krankheiten, Schädlinge und Nützlinge an der Weinrebe“ ist seit seinem Erscheinen im Frühjahr 2005 schnell zu einer festen Größe in der deutschsprachigen Weinbauliteratur geworden. Jetzt wird die zweite, überarbeitete und erweiterte Auflage vorgelegt. Das Buch ermöglicht dem Leser, Krankheiten, Schädlinge und Nützlinge an der Weinrebe zu erkennen, ihre Lebensweise und Auswirkungen auf die Rebe zu verstehen und Maßnahmen zur Vorbeugung und Behandlung zu ergreifen. Angesprochen werden Winzer, Berater, Studenten, Fachschüler und alle am Weinbau Interessierten. Zahlreiche prägnante Farbfotos, Grafiken und Tabellen erleichtern dem Leser Orientierung und Verständnis. Ein besonderer Fokus liegt auf der Diagnostik. Der Text ist wissenschaftlich fundiert und gleichzeitig allgemein verständlich, die Informationen sind durch viele Querverweise vernetzt. Den großen Kapiteln der Krankheiten, Schädlinge und Nützlinge ist jeweils eine Einleitung vorangestellt, die einen schnellen Überblick über das Sachgebiet ermöglicht. Krankheiten und Schädlinge werden nach folgendem Schema abgehandelt: Schadbild, Verwechslungsmöglichkeiten, Biologie/ Physiologie und Vorbeugung/Behandlung/Bekämpfung. Weitere Kapitel sind der Technik des Pflanzenschutzes, dem ökologischen Weinbau, den Kulturmaßnahmen im Weinberg und der Erzeugung gesunden Pflanzgutes gewidmet. Neu aufgenommen wurde ein Kapitel über Pflanzenschutz und Kulturführung im Tafeltraubenanbau. Eine Besonderheit

des Buches besteht auch darin, dass die abiotischen (nichtparasitären) Schädigungen der Rebe ausführlich dargestellt werden. Zahlreiche Fotos und Grafiken wurden ausgetauscht oder ganz neu aufgenommen. Am Schluss des Buches findet man ein Glossar zur Erläuterung von Fachausdrücken und Maßeinheiten, eine Literaturauswahl sowie Adressen von Weinbaueinrichtungen im deutschsprachigen Raum. Im Vorsatz werden die Entwicklungsstadien der Rebe (BBCH-Code) dargestellt; im Nachsatz findet man Größenvergleiche wichtiger Schaderreger und Nützlinge sowie die zurzeit im Internet verfügbaren Prognosesysteme. Mein besonderer Dank gilt dem engagierten Autorenteam, mit dem ich gern zusammengearbeitet habe. Nach dem altersbedingten Ausscheiden von Bernhard Holz und Wendelin Uhl sind mit der zweiten Auflage folgende Personen neu ins Team eingetreten: Beate Berkelmann-Löhnertz, Joachim Eder, Michael Fischer, Daniel Molitor und Bernd Prior. Schließlich danke ich allen, die Informationen oder Bildmaterial zum Buch beigetragen haben, insbesondere: Hellmut Düring/Annweiler, Josef Engelhart/Veitshöchheim, Astrid Forneck/Wien, Christoph Hoffmann/ Siebeldingen, Erhard Kührer/Krems, Monika Riedel/Freiburg und Bernd Ziegler/Neustadt. Dem Verlag, insbesondere dem Lektorat (Angelika Jansen, Birgit Schüller), danke ich für die aufmerksame Begleitung und die sorgfältige Ausstattung des Buches. Südpfalz, im Herbst 2011 Horst Diedrich Mohr

6

Grundlagen des Rebschutzes

7

Allgemeines Der Anbau der alten europäischen Kulturrebsorten (Vitis vinifera L.), die Weine höchster Qualität hervorbringen, ist ohne Pflanzenschutz nicht möglich. Dies gilt vor allem, seit zwischen 1850 und 1880 mit dem Echten und Falschen Mehltau und der Reblaus drei äußerst gefährliche Schadorganismen aus Amerika eingeschleppt wurden. Damals waren die Entdeckung von Schwefel und Kupfer sowie die Pfropfung von Europäerreben auf reblausfeste Unterlagen Meilensteine des chemischen und biotechnischen Pflanzenschutzes, die den europäischen Weinbau vor dem Zusammenbruch bewahrt haben. Seitdem haben sich Weinbau und Rebschutz kontinuierlich weiterentwickelt, wobei die letzten 30 Jahre besonders innovativ waren. Aus dem „konventionellen“ Weinbau gingen in Deutschland ab Ende der 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts der „ökologische g ” und der „Integrierte g Weinbau“ hervor, Letzterer wurde Ende der 80er-Jahre zum „Kontrolliert umweltschonenden Weinbau“ weiterentwickelt. Pflanzenschutz darf nur nach „guter fachlicher Praxis“ durchgeführt werden (§ 2 des neuen Pflanzenschutzgesetzes, Entwurfsvorlage der Bundesregierung vom November 2011). Dazu gehört, dass die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes berücksichtigt werden. Darunter versteht man eine Kombination von Verfahren, bei denen unter vorrangiger Berücksichtigung biologischer, biotechnischer, pflanzenzüchterischer sowie anbauund kulturtechnischer Maßnahmen die Anwendung chemischer Pflanzen-

schutzmittel auf das notwendige Maß beschränkt wird. Der Anbau von pilzp widerstandsfähigen g Rebsorten („Pi(„ wis”) gewinnt vor diesem Hintergrund eine besondere Bedeutung. Schadorganismen sollen unter der wirtschaftlichen Schadensschwelle gehalten werden. Durch Prognosesysteme, die z. B. bei der Bekämpfung der Mehltauarten eingesetzt werden, versucht man, Behandlungen möglichst termingerecht durchzuführen beziehungsweise einzusparen. Durch den weitgehenden Verzicht auf Insektizide und Akarizide und die Wahl geeigneter Spritzfolgen werden Nützlinge, vor allem Raubmilben, geschont. Indem Wirkstoffe gewechselt oder seltener eingesetzt werden, beugt man einer Resistenzbildung bei Schadorganismen vor. Die mineralische und organische Düngung erfolgt auf der Grundlage regelmäßig durchgeführter Bodenuntersuchungen. Der Boden soll zumindest zeitweise begrünt sein, der natürliche oder eingesäte Aufwuchs wird mechanisch und durch Herbizide reguliert. Pflanzenschutzgeräte müssen nach jeweils vier Kalenderhalbjahren geprüft werden. Der Kontrolliert umweltschonende Weinbau fordert unter anderem eine möglichst ganzjährige Begrünung, lässt aber begrenzt Blattherbizide zu. Am weitesten in seinen Forderungen geht der ökologische g Weinbau (siehe Kap. „Pflanzenschutz im ökologischen Weinbau“, S. 25). Als Pflanzenschutzmittel gelten Stoffe, die dazu bestimmt sind, Pflanzen vor Schadorganismen zu schützen. Ziel des Pflanzenschutzgesetzes ist es unter anderem, Kulturpflanzen vor Schadorganismen und nichtparasitären Beeinträchtigungen zu schützen

8 Grundlagen des Rebschutzes

und Gefahren abzuwenden, die durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln insbesondere für die Gesundheit von Mensch und Tier und für den Naturhaushalt entstehen können. Man unterscheidet Mittel, die an der Pflanzenoberfläche haften (Kontaktmittel), tiefenwirksame Mittel, die lokal in das Pflanzengewebe eindringen, und systemische Mittel, die auch in nicht behandelte Pflanzenteile transportiert werden. Bei den Insektiziden und Akariziden unterscheidet man Kontaktgifte (z. B. über Füße oder Mundwerkzeuge aufgenommen), Atemgifte und Fraßgifte. Die „Verwirrungstechnik“, bei der artspezifische Sexualpheromone aus Dispensern gasförmig diffundieren, ist eine neuere, besonders umweltfreundliche Methode der Traubenwicklerbekämpfung. Die Zulassung g eines Pflanzenschutzmittels kann nur erfolgen, wenn es hinreichend wirksam ist und keine nicht vertretbaren Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier, das Grundwasser und den Naturhaushalt hat. Zulassungsbehörde ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Es entscheidet im Rahmen der Zulassung über die Anwendungsgebiete („Indikationen“) des Pflanzenschutzmittels und über Anwendungsbestimmungen (z. B. Anwenderschutz, Anwendungstechnik, Aufwandmenge, Wartezeit, Abstand zu Gewässern und angrenzenden Flächen, Wirkung auf Bienen). Die bisherige „Lückenindikation“ zur Schließung von Bekämpfungslücken wird im neuen Pflanzenschutzgesetz durch die Ausweitung von Zulassungen auf „geringfügige Verwendungen“ geregelt. Die Zulassung erfolgt im Einver-

nehmen mit dem Umweltbundesamt (UBA; bewertet die umweltrelevanten Aspekte) sowie im Benehmen mit dem Julius Kühn-Institut (JKI; bewertet die Aspekte Wirksamkeit, Pflanzenverträglichkeit und Nutzen) und dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR; bewertet das gesundheitliche Risiko für Mensch und Tier). Die Bundesländer können die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf Freilandflächen, die weder landwirtschaftlich noch gärtnerisch noch forstwirtschaftlich genutzt werden, genehmigen. Im ökologischen Weinbau spielen Pflanzenstärkungsmittel g eine wichtige Rolle. Sie dienen allgemein der Gesunderhaltung von Pflanzen und ihrem Schutz vor nichtparasitären Beeinträchtigungen. Im Gegensatz zu Pflanzenschutzmitteln unterliegen Pflanzenstärkungsmittel keiner Zulassung, sondern lediglich einer Listung beim BVL. Verlangt wird keine Wirksamkeitsprüfung, sondern eine Erklärung der Antragsteller, dass die Mittel bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier, das Grundwasser und den Naturhaushalt haben.

Technik des Rebschutzes 9

Technik des Rebschutzes Neben den indirekten Maßnahmen zur Regulierung von Schädlingen und Krankheiten der Weinrebe hat der chemische Pflanzenschutz einen hohen Stellenwert. Betrachtet man die Technik des Pflanzenschutzes, so steht zunächst die optimale Anlagerung der Wirkstoffe im Vordergrund. Pflanzenschutzmittel können nur dann sicher wirken, wenn sie auf der Pflanze in ausreichender Menge, möglichst gleichmäßig verteilt und zum richtigen Zeitpunkt vorliegen. Gleichzeitig sollen aber auch der Anwender, der Verbraucher und die Umwelt geschützt werden. Um diese Ziele zu erreichen, sind die Zulassung und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sowie der Einsatz von Pflanzenschutzgeräten mit zahlreichen Anwendungsvorschriften und Auflagen verbunden.

Rechtliche Grundlagen Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und -geräten wird unter anderem durch das Pflanzenschutzgesetz, die Pflanzenschutzmittelverordnung und die Grundsätze zur „guten fachlichen Praxis“ geregelt. Nach dem neuen Pflanzenschutzgesetz dürfen Pflanzenschutzgeräte in Deutschland nur in den Verkehr gebracht werden, wenn bei ihrem bestimmungsgemäßen und sachgerechten Einsatz keine schädlichen, nach dem Stand der Technik vermeidbaren Auswirkungen entstehen. Dabei werden vom Gesetzgeber die Gesundheit von Mensch und Tier, das Grundwasser und der Naturhaushalt gleichrangig bewertet. Hersteller von Pflanzenschutzgeräten haben die Möglichkeit, ihre Geräte

beim Julius Kühn-Institut (JKI, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen) freiwillig prüfen zu lassen. Sie werden auf dem Prüfstand und im Praxiseinsatz getestet. Nach erfolgreicher Prüfung dürfen diese Geräte als amtlich geprüft und anerkannt gekennzeichnet werden. Den Besitzern von Pflanzenschutzgeräten wurde seit vielen Jahren die Teilnahme an der Gerätekontrolle auf freiwilliger Basis angeboten. Seit dem 30.04.2004 ist die Teilnahme für alle im deutschen Weinbau eingesetzten Pflanzenschutzgeräte Pflicht. Die Kontrollen werden von geschultem Personal in Fachwerkstätten durchgeführt. Überprüft wird der technische Gerätezustand aller relevanten Bauteile nach bestimmten Kriterien. Als Bestätigung der bestandenen Kontrolle wird das Gerät mit einer Plakette versehen und ein Kontrollbericht ausgestellt. Die Kontrollen sind nach vier Kalenderhalbjahren zu wiederholen. Insgesamt haben die rechtlichen Bestimmungen dazu geführt, dass die Geräte hinsichtlich Funktion, Anlagerungsverhalten und Umweltschonung erheblich verbessert wurden.

Gerätetechnik Applikationstechnik Pflanzenschutzmittel werden im Weinbau im Spritz- oder Sprühverfahren ausgebracht. Dazu werden sie in Wasser eingerührt, das dabei als Trägerstoff dient. Zur gleichmäßigen Verteilung der Spritzflüssigkeit auf der Zielfläche muss sie in kleine Tropfen zerstäubt werden. Unter der Zielfläche versteht man bei der Winter- und Austriebsbehandlung das Altholz und

10 Grundlagen des Rebschutzes

Tropfendurchmesser [μm]

Tropfenvolumen [mm3]

Größe und Anzahl der Tropfen

Anzahl der Tropfen je 1 Liter Wasser

500

0,0655

15 267 000

250

0,00819

122 136 000

124

0,00102

977 088 000

1 die Bogreben, bei den Sommerbehandlungen (nach dem Austrieb) alle grünen Rebteile. Der Unterschied zwischen dem Spritzp und Sprühverfahren p ist im Wesentlichen folgender: Beim Spritzen wird der Tropfen ausschließlich durch die Energie des Spritzdrucks zur Zielfläche transportiert, während beim Sprühen der Transport durch einen Gebläseluftstrom unterstützt wird. Die Tropfengröße ist hierbei von zentraler Bedeutung, denn durch sie werden die Qualität der Applikation sowie die dabei auftretenden Verluste durch Abdrift und Bodensedimentation ganz wesentlich mitbestimmt. Mit abnehmender Tropfengröße steigt die Zahl der Tropfen, die aus einer bestimmten Wassermenge erzeugt werden können, sehr stark an (Abb. 1). Mit dieser vielfachen Menge kleinerer Tropfen können die Zielflächen besser benetzt werden. Die Anlagerung der Tropfen wird allerdings mit kleiner werdendem

Durchmesser immer schwieriger, weil sie mit der Luft über vorhandene Hindernisse weggetragen werden können und dadurch die Abdriftgefahr steigt. Größere Tropfen besitzen dagegen eine höhere Massenträgheit. Dadurch können sie einer Luftströmung, die eine Laubwand durchströmt, nicht vollständig folgen und treffen stattdessen auf den verschiedenen Zielflächen (z. B. Blättern, Trauben) auf. Die Applikation von Pflanzenschutzmitteln im Stäubeverfahren ist in Deutschland aus Gründen des Umweltund Anwenderschutzes nicht mehr zugelassen.

Aufbau und Funktion eines Pflanzenschutzgerätes Pflanzenschutzgeräte bestehen im Wesentlichen aus folgenden Bauteilen (Abb. 2): – Behälter und Rührwerk, – Pumpe,

Technik des Rebschutzes 11

2 – – – – –

Leitungen, Bedienungsarmatur, Filtereinrichtungen, Düsengestänge mit Düsen, Gebläse (bei Sprühgeräten).

Alle Bauteile sind möglichst kompakt auf einer Trägerkonstruktion aufgebaut. Kleinere Geräte (bis ca. 400 l Behälterinhalt) werden über die Dreipunktaufhängung am Schlepper befestigt (Anbaugeräte). Größere Geräte (ab ca. 500 l Behälterinhalt) sind als sogenannte Nachläufer gefertigt. Alle Bauteile müssen so beschaffen sein, dass auch aggressive Spritzflüssigkeiten (z. B. Mischungen aus Pflanzenschutzmitteln und Blattdüngern) keine Korrosionen verursachen können. Behälter und Rührwerk: Der Spritzflüssigkeitsbehälter muss mehrere technische Merkmale erfüllen. So darf z. B. die technische Restmenge bei Geräten bis zu 400 l Fassungsvermögen nicht

mehr als 4 %, bei größeren Behältern nicht mehr als 3 % des Behälterinhaltes betragen. Unter der technischen Restmenge versteht man diejenige Brühemenge, die sich noch im Gerät befindet, wenn am Manometer ein Druckabfall sichtbar wird, die Pumpe also Luft ansaugt. Um im Behälter eine homogene Spritzflüssigkeit herzustellen und ein Absetzen der festen Bestandteile (wasserdispergierbare Pulver, Granulate, Suspensionskonzentrate) zu vermeiden, muss im Behälter eine Rühreinrichtung vorhanden sein. Bei den im Weinbau üblichen Behältergrößen bis 1000 l handelt es sich fast ausnahmslos um hydraulische Rührwerke. Ein Teil des Volumenstroms der Pumpe wird über Düsenrohre in den Behälter zurückgeführt und setzt den Behälterinhalt in Bewegung. Eine noch intensivere Durchmischung der Spritzflüssigkeit wird durch zusätzliche In-

12 Grundlagen des Rebschutzes

jektordüsen erreicht, die vermehrt in neuen Geräten eingebaut sind. Zum problemlosen und anwenderfreundlichen Einfüllen der Pflanzenschutzmittel in den Gerätetank bieten sich Einspülvorrichtungen oder Einfüllschleusen an. Damit können auch pulverförmige Pflanzenschutzmittel eingespült werden, ohne dass der Anwender dabei durch entstehenden Staub belastet wird. Die einfachste Möglichkeit ist eine Einspülvorrichtung im Einfüllsieb, mit der die Mittel beim Umpumpen der Spritzflüssigkeit in den Behälter gespült werden. Größere Geräte sind des Öfteren mit komfortablen Einfüllschleusen ausgestattet, die zusätzlich ein Ausspülen der leeren Pflanzenschutzmittel-Verpackungen ermöglichen. Frischwasserbehälter: Neben den Anforderungen an das Einfüllsieb und die Genauigkeit der Behälter-Füllstandsanzeige ist bei Geräten ab 400 l Fassungsvermögen auch ein Frischwasserbehälter gesetzlich vorgeschrieben. Der Frischwasservorrat muss mindestens 10 % des Behälterinhaltes oder das Zehnfache der technischen Restmenge betragen. Das Frischwasser dient zum Verdünnen der Restmenge und zur Geräteinnen- und -außenreinigung. Zur wirkungsvolleren Reinigung der Behälterinnenwände werden zunehmend Innenreinigungsdüsen in die Behälter eingebaut, die mit Wasser aus dem Frischwasserbehälter durch die geräteeigene Pumpe betrieben werden. Außerdem können damit Pumpe, Bedienungsarmatur, Leitungen und Düsen unabhängig vom Behälterfüllstand gespült werden. Pumpe: In weinbaulichen Pflanzenschutzgeräten werden verschiedene

Pumpensysteme eingesetzt. Für Spritzund Sprühgeräte hat sich die Kolbenmembranpumpe bewährt. Gegenüber der klassischen Kolbenpumpe hat sie den Vorteil einer wirkungsvollen Abdichtung zwischen Kolben und Spritzflüssigkeit. Hinsichtlich Fördervolumen (l/min) und Druckleistung (bar) steht ein breites Angebot zur Verfügung. Die erforderliche Pumpenleistung richtet sich nach der Ausstoßmenge der größten am Gerät vorhandenen Düsen und der für den Betrieb des Rührwerks notwendigen Flüssigkeitsmenge. Für Sprühgeräte ist normalerweise eine Druckleistung von ca. 15 bar ausreichend. Leitungen: Die Zuführung der Spritzflüssigkeit vom Behälter über die Pumpe zu den Düsen erfolgt über Leitungen, die aus Metall, Kunststoff oder gewebeverstärkten Schläuchen bestehen können. Alle Leitungen, Anschlüsse und Verschraubungen müssen dicht und auf den maximalen Druck der Pumpe ausgelegt sein. Bedienungsarmatur: Die Bedienungsarmatur erfüllt wichtige Funktionen und umfasst folgende Bauteile: Druckeinstelleinrichtung, Druckanzeige (Manometer), zentrales Ein- und Ausschaltventil sowie Ventile zur Teilbreitenschaltung (links/rechts). Außerdem können Rücksaugeinrichtung, Druckfilter und weitere Schaltventile (z. B. für die Innen- und Außenreinigung, Einspülvorrichtung) in die Armatur eingebaut sein. Um die gewünschte Ausstoßmenge der Düsen zu gewährleisten, ist eine exakte Einstellung des Betriebsdruckes notwendig. Deshalb sind die Geräte mit Druckeinstelleinrichtungen ausgestattet. Für die Einstellung und Überwa-

Technik des Rebschutzes 13

chung des Betriebsdrucks werden fast ausschließlich mechanische Manometer verwendet. Diese müssen bezüglich der Genauigkeit und der Skalierung bestimmte Anforderungen erfüllen. Zum Ein- und Ausschalten des Gerätes oder zur Teilbreitenschaltung für Randzeilen ist die Bedienungsarmatur mit Schaltventilen ausgestattet. Die Teilbreitenschaltung ist notwendig, um auch einseitige oder einreihige Behandlungen durchführen zu können. Weitere Ventile können zur Bedienung eines Rührwerks, einer zentralen Einfüllvorrichtung oder Einspülschleuse, einer Injektorrücksaugeinrichtung oder der Außenreinigung vorhanden sein. Zur Betätigung des Pflanzenschutzgerätes vom Fahrersitz aus werden von den Geräteherstellern auch Fernbedienungen angeboten. Sie sind mechanisch (über Bowdenzüge), bei aufwendigerer Ausführung auch elektrisch (durch Stellmotoren oder Magnetventile) zu bedienen. Für die Verlegung der Bedienungsarmatur in die Schlepperkabine ist eine elektrische Steuerung vorteilhaft. Zur Unterstützung der Tropfstoppeinrichtung an den Düsen, die ein Nachtropfen verhindert, haben sich Rücksaugeinrichtungen bewährt. Die in der Feldspritztechnik seit Jahren bewährten automatischen Regeleinrichtungen sind nun auch für Weinbau-Sprühgeräte in unterschiedlichen Ausbaustufen erhältlich. Mit diesen Regeleinrichtungen ist es möglich, die auf die Fläche bezogene Aufwandmenge (l/ha) auch bei Schwankungen der Fahrtgeschwindigkeit konstant zu halten. Die aufwendigste Lösung besteht in der rechnergesteuerten, vollautomatischen Regelung des Flüssigkeitsaufwandes (l/ha). Der Schlepperfahrer

gibt dazu am Bordrechner die Soll-Aufwandmenge und die Arbeitsbreite ein. Während des Geräteeinsatzes wird die jeweilige Fahrgeschwindigkeit erfasst und der Düsenausstoß der vorgegebenen Aufwandmenge angepasst. Filtereinrichtungen: Um Abweichungen in der Aufwandmenge und Arbeitsunterbrechungen durch teilweise oder ganz verstopfte Düsen zu vermeiden, müssen die Geräte mit mehreren Filtereinrichtungen ausgestattet sein. Dazu gehören das Einfüllsieb, der Saugfilter vor der Pumpe, ein Druckfilter auf der Druckseite des Leitungssystems (vor, in oder nach der Armatur) und die Düsenfilter. Die Maschenweiten bzw. Durchgangsöffnungen der Filterflächen werden durch die Anzahl der Maschen pro Zoll (Mash = M) angegeben. Die gebräuchlichsten Filter im Druck- und Düsenfilterbereich sind die Größen 50 M mit 0,3 mm und 80 M mit 0,2 mm Durchgangsöffnung. Dabei muss die Maschenweite im Düsenfilter kleiner sein als die Düsenöffnung, um ein Verstopfen der Düsen zu verhindern. Düsengestänge mit Düsen: Bei allen Spritz- und Sprühverfahren des Pflanzenschutzes dient Wasser als Trägerstoff für die Pflanzenschutzmittel. Um die Spritzflüssigkeit zu zerstäuben, sind drei Systeme bekannt: die hydrauy lische, pneumatische p und mechanische Tropfenaufbereitung p g. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern werden im deutschen Weinbau fast ausschließlich Geräte mit hydraulischer y Tropfenaufbereitung p g verwendet. Dazu wird die Spritzflüssigkeit durch eine Düsenöffnung gepresst. Durch die spezielle Ausformung der Querschnittsverengung an der Düse entstehen Tropfen in einem bestimm-

14 Grundlagen des Rebschutzes

3 ten Größenbereich. Das Tropfenspektrum der im Weinbau meist eingesetzten Düsen liegt zwischen 100 und 200 μm (Mittlerer Volumetrischer Durchmesser, MVD). Vielfach werden in Sprühgeräg ) ten noch Dralldüsen (Hohlkegeldüsen eingesetzt. Diese Düsen bilden einen Spritzkegel aus, der innen hohl ist und, bedingt durch den eingebauten Drallkörper, eine starke Verwirbelung aufweist. Zunehmend werden jedoch bei Sprühgeräten auch Flachstrahldüsen verwendet. Bei dieser Bauart entsteht durch die spezielle Form der Düsenöffnung (geschlitzte Bohrung) ein Spritzfächer. Flachstrahldüsen zeichnen sich

bei gleicher Ausstoßmenge durch ein gleichmäßigeres und etwas gröberes Tropfenspektrum aus, das weniger abdriftgefährdet ist. Moderne Düsen bestehen aus einem Düsenmundstück aus verschleißfester Keramik, das in einen Kunststoffkörper eingepresst ist. Zur besseren Unterscheidung der Düsengrößen werden die Düsen neben einer firmenspezifischen Bezeichnung neuerdings mit einer einheitlichen Farbcodierung nach ISO versehen. Seit mehreren Jahren werden im j Pflanzenschutz sogenannte Injektordüsen (größere Baulänge) eingesetzt. Dabei wird der Spritzflüssigkeit über Luftansaugöffnungen vor der Tropfenbildung Luft zugeführt (Venturi-Prinzip), wodurch im Mischbereich der Düse ein Flüssigkeits-Luft-Gemisch entsteht (Abb. 3). Hierbei wird die Bildung kleiner und kleinster Tröpfchen vermieden und die so erzeugten Tropfen sind teilweise mit Luftblasen gefüllt. Beim Auftreffen dieser Tropfen auf die Zielfläche entstehen teilweise kleinere Tropfen, die eine größere Bedeckung zur Folge haben können. Der Anteil der in den Tropfen eingeschlossenen Luft ist jedoch stark von der Formulierung des Pflanzenschutzmittels (Netzmittelanteil) abhängig. Antidriftdüsen (übliche Baulänge) unterscheiden sich äußerlich kaum von den üblichen Flachstrahldüsen. Durch eine eingebaute Dosierblende erzeugen sie jedoch ein ähnlich grobes Tropfenspektrum wie Injektordüsen. Gemeinsam ist diesen Düsen, dass mit bestimmten Geräten und unter definierten Verwendungsbestimmungen die Abdrift um bis zu 90 % vermindert werden kann. Die aktuellen Eintragungen in das Verzeichnis „Verlustmindernde Geräte für