Entwurf eines Multi-touch-Systems für die ... - Semantic Scholar

04.10.2011 - Zudem werden externe Dienste wie Google Maps [26] eingebunden. .... SunSPOTWorld - Home, http://www.sunspotworld.com/. 29. Laufs, U.
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Entwurf eines Multi-touch-Systems für die organisationsübergreifende Zusammenarbeit in nichtoperativen Phasen des Notfallmanagement Uwe Laufs, Jan Zibuschka, Heiko Roßnagel, Wolf Engelbach Fraunhofer IAO Nobelstraße 12 70569 Stuttgart {vorname.nachname}@iao.fraunhofer.de Abstract: In diesem Beitrag wird der Entwurf eines Krisenmanagementsystems präsentiert, welches die in den frühen und späten Phasen des Krisenmanagementlebenszyklus benötigten Daten auf einem Multi-touch-Display interaktiv zur Verfügung stellt und durch mobile Endgeräte sowohl die Benachrichtigung von Betroffenen einer Krise erlaubt, als auch einen Rückkanal für die Betroffenen einer Krisensituation bereitstellt, über welche Informationen an die Krisenmanager gelangen.

1 Einleitung In Notfallsituationen ist es erforderlich, dass die Verantwortlichen für die Organisation und Durchführung des Krisenmanagements unter Zeitdruck komplexe Situationen durchschauen und adäquate Entscheidungen treffen. Notfallmanagement-Systeme haben das Ziel, die hierfür notwendigen Informationen bereitzustellen und beim Management von Krisensituationen zu unterstützen. Dies schließt auch die Erkennung und Analyse aufgetretener Ereignisse mit ein [1]. Katastrophen treten oft unerwartet auf und ihre Auswirkungen können vielschichtig und sehr langfristig sein. In der wissenschaftlichen Literatur existieren zahlreiche unterschiedliche Definitionen von Katastrophen. So definieren Keller und Al-Madhari [2] eine Katastrophe anhand von Schwellwerten für Anzahl der Todesopfer, den Schadenskosten und der Anzahl von evakuierten Personen. Andere Autoren haben versucht die essentiellen Charakteristika von Katastrophen herauszuarbeiten. Eine Synthese dieser Definitionen wird in [3] vorgestellt und im weiteren Text verwendet. Der Ablauf des Notfallmanagements unterteilt sich nach [4] in folgende Phasen: (1) Einer Phase vor dem Eintreten des auslösenden Ereignisses (pre-event stage), in der Strategien und Pläne für den Schadensfall vorbereitet werden können,

erschienen im Tagungsband der INFORMATIK 2011 Lecture Notes in Informatics, Band P192 ISBN 978-3-88579-286-4

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(2) einer Phase unmittelbar vor oder nach Auftreten des auslösenden Ereignisses (impact), in der die Strategien zum Umgang mit den Schadensfolgen umgesetzt werden müssen, (3) einer Phase die eine fortgesetzte Durchführung der Strategien erfordert (continued implementation), um das Ausmaß des Schadens zu kontrollieren oder zu reduzieren, und (4) einer langfristigen Erholungs- und Wiederherstellungsphase (resolution phase), in der die angewandten Konzepte und Strategien evaluiert und für die künftige Prävention verbessert werden können. Der vorliegende Artikel beschreibt den Systementwurf eines NotfallmanagementSystems, welches Multi-touch-Systeme zur Visualisierung beim Krisenmanagement benötigter Informationen einsetzt und mobile Endgeräte für die Informationsbeschaffung sowie für die Verbreitung von Notfallwarnungen verwendet. Im Rahmen des Projektes VeRSiert [5] wurde der Schwerpunkt auf Phase 1 mit dem Austausch von räumlich verorteten manuell redigierten Informationen gelegt, während im Rahmen des Projektes SECUR-ED [6] nun die Phase 4 mit der zeitlichen Analyse von automatisch anfallenden Daten im Mittelpunkt steht. Der verfolgte Ansatz beinhaltet die Kombination unterschiedlicher Endgeräte und Informationsquellen. Dieser Beitrag ist wie folgt gegliedert: Im anschließenden Kapitel 2 werden kurz verwandte Arbeiten vorgestellt. Kapitel 3 schildert den grundsätzlichen Ansatz zur Realisierung eines Multi-touch-Notfallmanagementsystems, während Kapitel 4 den gegenwärtigen Stand der Implementierung darstellt. Kapitel 5 fasst unsere Ergebnisse zusammen.

2 Verwandte Arbeiten In einigen Arbeiten wurden bereits in Einsatzzentralen interaktive, großflächige Displays zur Informationsvisualisierung bei der kollaborativen Bewältigung von Notfällen eingesetzt, z.B. [7] [8], eine diesbezügliche Multi-touch-Lösung wird in [9] beschrieben. Multi-touch-Screens kommen ebenso in anderen Disziplinen zum Einsatz, etwa in der IT-Sicherheit zur Visualisierung der Ausgabedaten von Intrusion-Detection-Systemen [10], als Nutzungsschnittstellentechnologie in der astrophysikalischen Simulation [11] oder als Front End für Sensor-Netzwerke [12]. Im von Micire et al. [13] beschriebenen System zum Reaktion auf Krisensituationen werden diverse Technologien in einer Multi-touch Benutzungsschnittstelle integriert. Ein ähnlicher, wenn auch weiter gefasster Ansatz wird auch im Projekt SoKNOS [14],[15] verfolgt.

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Zibuschka et al. [16] präsentieren einen Entwurf eines Multi-touch-Systems, dessen Schwerpunkt auf der Planungsphase des Krisenmanagements liegt. Der Entwurf sieht die Integration von durch die Beteiligten eingepflegten Planungsinformationen für Großveranstaltungen vor. Wir erweitern diesen Ansatz um eine Unterstützung für die Erholungs- und Wiederherstellungsphase und integrieren weitere Datenquellen wie etwa mobile Dienste. Keines der vorgestellten Systeme bietet eine vollständige Unterstützung des gesamten Lebenszyklus des Notfallmanagements. Der Fokus existierender Systeme liegt meist auf der Unterstützung der akuten Krisenbewältigung, insbesondere während des impact. Der in diesem Beitrag verfolgte Ansatz konzentriert sich auf die frühen und späten Phasen, insbesondere die resolution phase.

3 Ansatz 3.1 Grundidee Der in diesem Beitrag vorgestellte Ansatz beruht auf drei Hauptideen: (1) Für das Krisenmanagement sind eine Vielzahl, häufig auch ortsbezogener Informationen notwendig. Zudem sind viele Informationen situationsabhängig nur innerhalb eines gewissen Zeitfensters und des jeweiligen Kontexts von Bedeutung. Zur Beherrschung der Vielzahl und Unterschiedlichkeit der Informationen ist ein übergreifendes Framework zur Informationsintegration sinnvoll [17], welches die einheitliche Repräsentation sowie die Propagierung und Bereitstellung der Informationen für die am Krisenmanagement beteiligten Institutionen und Personen ermöglicht [18]. (2) Multi-touch Benutzungsschnittstellen sind für die Visualisierung und Interaktion mit ortsbezogenen Informationen [19] sowie mit temporären Informationen geeignet. (3) In der informationstechnischen Unterstützung des Krisenmanagements sind die frühen und späten Phasen im Krisenmanagement von besonderer Bedeutung [4], da während einer Katastrophe auch die relevante Infrastruktur eines Notfallmanagement-Systems ganz oder teilweise betroffen sein kann [20]. Die mit diesem Blickwinkel entwickelten Visualisierungs- und Interaktionskonzepte unterstützen darüber hinaus aber auch die Phasen während einer kritischen Situation. Zur Beschaffung der in den frühen und späten Phasen des Krisenmanagements benötigten Informationen werden diverse Datenquellen herangezogen. Mobile Dienste stellen per GPS-Ortung und den in den Mobilgeräten verbauten Kameras ortbezogene Bilder von Situationen vor Ort bereit. Weitere Informationen können von den Nutzern über ihr Endgerät textuell kommuniziert werden.

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In manchen Umgebungen wie Bahnhöfen, Flughäfen oder Messehallen befinden sich darüber hinaus zahlreiche fest installierte Sensornetzwerke im Einsatz, angefangen von Brandmeldeanlagen bis hin zu Funktionsfähigkeitsmeldern von Rolltreppen oder Personenzählstellen. Derzeit werden diverse Sensoren verwendet, um beispielsweise Temperatur, Rauch oder den Belegungsgrad einzelner Räume der Gebäude zu erfassen. Die anfallenden Daten werden z.B. über Feldbus-Systeme an Gebäudeleitzentralen weitergeleitet, dort ggf. in Gebäudemanagementsysteme integriert und teilweise regelbasiert, oft aber durch individuelle Interpretation zur Ableitung von Maßnahmen genutzt. Meistens sind diese Maßnahmen begrenzt auf einen bestimmten Sicherungsaspekt, wie z.B. Einbruch-, Brand- oder Videoüberwachung. Im Rahmen einer vernetzten Sicherheitsarchitektur könnten diese Daten jedoch auch weitergehend dazu verwendet werden, um durch eine kombinierte Auswertung aller Sensordaten (Datenfusion) unmittelbar Einfluss auf kritische Situationen z.B. bei Bränden, Anschlägen oder ähnlichen Szenarien nehmen zu können. Aber auch nach der Bewältigung unübersichtlicher Lagen können diese Daten zum Verständnis des Ablaufes und zur Ableitung von Konsequenzen verwendet werden. Die ins System eingehenden Informationen werden im Backend des Systems in vereinheitlichter Form gehalten. Die Visualisierung erfolgt auf einem interaktiven Multitouch-Display.

Abbildung 1: Überblick zur Systemarchitektur

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3.2 Fachliches Konzept Aufgrund der vielen Beteiligten und der oft unstrukturierten Informationsflüsse in der impact-Phase ist nicht immer ein gemeinsamer und konsistenter Zugriff auf die vielfältigen räumlich verorteten relevanten Informationen gewährleistet, die den Rettungskräften zur Verfügung stehen. Wesentlich ist dabei das Anliegen einer einfachen Interaktion, die ohne Schulungsaufwand verständlich ist und keine Installation komplexer Geoinformationssysteme verlangt. Zudem sollten sowohl Akteure mit als auch ohne hoheitliche Aufgaben einbezogen werden. Im Mittelpunkt steht dabei das nachvollziehbare Zusammenführen von Informationen der Organisationen. Durch „Drag-and-Drop“ lassen sich vom Desktop, aus dem Dateisystem oder auch aus dem Internet-Browser Dokumente auf die Kartenanwendung ziehen und sind dort dadurch räumlich verortet abgelegt. So lassen sich beispielsweise Pläne für die Genehmigung hinterlegen. Auch nach Ortsbesichtigungen können Fotos ortsgenau abgelegt und gemeinsam kommentiert werden. Darüber hinaus können veranstaltungsunabhängig für wichtige Gebäude Evakuierungspläne und 3D-Modelle hinterlegt sein. Die Akzeptanz des Ansatzes ist dadurch besonders hoch, dass auch räumlich getrennt der autonome Zugriff auf verschiedenen Gerätearten möglich ist. Die Informationen sind in einer Datenbank abgelegt, die sich von einem auf den anderen Client übertragen lässt. So kann jede Institution mit gemeinsam zusammengetragenen Dokumenten auch selbständig weiterarbeiten. Zudem lassen sich die Datenbanken einfach zusammenführen, wodurch dezentral für die gemeinsame Arbeit zusammengestellte Materialen ausgetauscht werden können. Der autonome Zugriff ist vielen Institutionen ein Anliegen, da gerade in kritischen Situationen die Abhängigkeit von zentralen Servern als unsicher eingestuft wird. Wenn in Besprechungen mehrere Personen gleichzeitig auf einer interaktiven Karte agieren, lassen sich dabei gezielt bestimmte Bereiche durch ein Polygon markieren und abspeichern. Einsatzleiter können so vorab markieren, an welchen Standorten sie ihre Einsatzkräfte positionieren wollen. Bei Lagebesprechungen lässt sich gemeinsam vermerken, wo besondere Sicherheitsherausforderungen erwartet werden, aber auch in der Nachbereitung können kritische Bereiche markiert werden. Diese flexible Darstellung ist besonders wichtig, da jede Institution in ihren eigenen räumlichen Kategorien denkt: während für den einen der Bahnhof nur das Hauptgebäude bezeichnet, interpretiert ein anderer den Bahnhofsvorplatz und der dritte das Gleisfeld mit hinein.

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Im Nachgang zu kritischen Situationen stellt sich oft die Frage, wie sich die Lage entwickelt hat. Das Erschließen einer gemeinsamen Datengrundlage für die Beurteilung stellt sich derzeit jedoch oft sehr mühsam dar und unterbleibt daher leicht. Für diese Art einer „forensischen“ Betrachtung ist das folgende zeitanalytische Konzept im Rahmen des EU-Sicherheitsforschungsprojektes SECUR-ED ausgelegt, basierend auf dem vorhergehend geschilderten räumlichen Ansatz. Dieser zeitorientierte Ansatz ist insbesondere für die Nachbereitung kritischer Situationen ausgelegt. Er eignet sich aber auch zum besseren Verständnis während einer größeren unübersichtlichen Situation und als flexibler Informationszugang im Normalbetrieb. Vorausgesetzt wird dabei, dass die verschiedenen vorhandenen Sensornetzwerke, beispielsweise an einem Bahnhofsknotenpunkt, ihre Daten in einer einheitlichen Struktur über klare Schnittstellen bereit stellen. Dies kann sowohl über direkte Web Services als auch über einen zentralen Enterprise Service Bus erfolgen. Da leicht vorstellbar ist, dass die Menge der vorhandenen Sensornetzwerke schnell sehr groß wird, sind hier entsprechende Filtermechanismen erforderlich (Auswahl von Sensornetzen, nur Anzeige kritischer Werte, nur Sensornetze bestimmter Organisationen, nur Informationen mit Bildmaterial, nur Alarm von Mitarbeitern oder nur von Bürgern etc.). Dabei müssen die Daten so aufbereitet sein, dass ihr örtlicher und zeitlicher Bezug eindeutig ist. Als örtliche Referenz können z.B. GPS-Koordinaten mit Höhenangabe dienen, u.a. um mehrere Ebenen in Gebäudekomplexen abbilden zu können. Dies ist allerdings für einen Brandmeldesensor eindeutiger interpretierbar als für eine Kamera, bei der je nach Verwendungszweck eher die betrachtete Fläche als der eigene Standort von Relevanz sein könnte. Die temporale Referenz kann z.B. den Messzeitpunkt und die Messdauer umfassen, beispielsweise die Anzahl der Personen, die während einer Minute in eine bestimmte Richtung eine Treppe benutzten. An dem zuletzt genannten Beispiel wird auch deutlich, dass die Übermittlung reiner Zahlenwerte (35) wenig aussagekräftig ist. Während 35 Personen an dieser Stelle im Berufsverkehr beispielsweise ungewöhnlich wenig sein können, würde der gleiche Wert nachts um 3 Uhr auch von der selben Organisation als alarmierend hoch eingeschätzt werden. Zur Lösung dieser Herausforderung gibt es mehrere prinzipielle Ansätze: − Über langfristige Vergleichswerte werden Abweichungen vom Normalzustand ermittelt. Dies ist jedoch in vielen Fällen aufgrund der zahlreichen Einflussfaktoren kaum vernünftig abbildbar (am Bahnhof wirken sich z.B. Feiertag, Großdemonstration oder Bahnstreik gravierend aus). − Die Logik wird dem Sensornetzwerk überlassen. Dieses entscheidet, ob ein Wert als grün (normal), gelb (auffällig) oder rot (kritisch) einzustufen ist. Während dies für sensorspezifische Werte attraktiv ist (z.B. Temperatur¬sensoren zur Brandmeldungen), gibt es jedoch andere Verwendungs¬zwecke, bei denen dieselben Angaben anders interpretiert würden (z.B. die Temperaturangabe unter dem Gesichtspunkt des Reisendenkomforts oder als Stressfaktor).

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− Die Einstellung von Kritikalitätsgrenzen wird dem Betrachter überlassen. Das Sensornetzwerk definiert dann einen Default-Interpretationsrahmen, der jedoch individuell verändert werden kann. Dies ermöglicht je nach Erkenntnisinteresse einen anderen Zugang zu den vorhandenen Informationen. Damit wird dieser Ansatz auch der Besonderheit im Krisenmanagement gerecht, dass jede Situation anders ist und daher einer besonderen Betrachtung bedarf. Das räumliche Zoomen auf Basis von Multi-touch ist ein gängiges Konzept. Für die forensische Analyse ist darüber hinaus das zeitliche Zoomen eine zentrale Komponente. Hierfür sollen folgende Ansätze verfolgt werden: − Auswahl eines Zeitpunktes und Anzeige der damals vorhandenen Werte (z.B. Temperaturangaben). − Auswahl eines Zeitraumes und Anzeige der in dieser Periode eingegangenen Informationen (z.B. Alarmmeldungen, Videosequenzen). Hierbei sind Anfang und Ende des Zeitraumes anzugeben. − Widergabe von Anzeigen zu einem Zeitpunkt oder einem Zeitraum in fortlaufender Folge in Zeitraffer oder Zeitlupe (z.B. um die Entwicklung einer kritischen Situation nachvollziehen zu können). Hierbei ist also ergänzend die Geschwindigkeit der Widergabe anzugeben. Diese Funktionalitäten sollen dabei ähnlich flexibel gehandhabt werden können wie das räumliche Zoomen. In erster Linie soll die Visualisierung der Informationen weiterhin auf der Basis von Kartenmaterial erfolgen, so dass das räumliche Zoomen weiterhin parallel und ergänzend zum zeitlichen Zoomen möglich sein ist. Ergänzend dazu sind weitere Visualisierungskonzepte denkbar. Beispielsweise können bei der Zeitrafferfunktionalität die neu erscheinenden Alarmmeldungen hervorgehoben sein und die älteren allmählich verblassen. Zudem können Gebiete, in denen mehrere Alarmmeldungen verschiedener Sensornetzwerke erscheinen, automatisch markiert werden. Eine weitere Herausforderung dabei ist die verständliche Darstellung von Informationen in der Übersicht, über die dann auf weitere Details im Einzelfall zugegriffen werden kann. Dabei könnte die Art des Sensors, die Priorität, die sendende Organisation oder ähnliches im Vordergrund stehen. Im Detail sollten dann Informationen zum Sender (Typ, Nummer, Organisation), des Kontextes der Nachricht (Sendezeitpunkt, Standort) und der Inhalt der Nachricht (was, wann, wo) in einer strukturierten und auch für Organisationsfremde verständlichen Art abrufbar sein. Gegebenenfalls muss sich wie bei der räumlichen Darstellung die Informationstiefe mit dem zeitlichen Detailgrand verändern.

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4 Implementierung Zur Realisierung des in Abschnitt 3 präsentierten Ansatzes verwenden wir Komponenten, die (isoliert) bereits in vergangenen Projekten erprobt wurden. Frühere Versionen der Multi-touch-Benutzungsschnittstelle sowie der mobilen Dienste wurden im Rahmen des Projekts VeRSiert [5] implementiert und werden im vorgestellten System in rekontextualisierter und weiterentwickelter Form eingesetzt [16] [21]. 4.1 Mobile Dienste Die Systemkomponente der mobilen Dienste stellt diverse Basisfunktionalitäten bereit, die sowohl für das Krisenmanagement als auch zum Anbieten von Mehrwertdiensten von Bedeutung sind [21]. Hierbei handelt es sich insbesondere um die Dienste: −

Instant Messaging und Chat



Micro-Blogging



Ortung von Benutzern



Benachrichtigung von Nutzern per Multicast and Broadcast

Der Realisierte Prototyp baut auf serverseitig auf zum Teil angepassten Open Source Komponenten auf. Die Client-Anwendung wurde für Googles Android [22] Plattform implementiert [21]. Serverseitig wird für die Bereitstellung der Micro-Blogging-Funktionalitäten den Laconica-Dienst von StatusNet [23] verwendet, welcher persistente, asynchrone und bidirektionale Kommunikation zwischen Stakeholdern wie Endbenutzern und Notfallmanagern erlaubt. Serverseitige Funktionalität zur synchronen Kommunikation wird über das Protokoll XMPP [24] von einem OpenFire-Server [25] bereitgestellt. Auf Seiten des mobilen Endgeräts werden die Funktionalitäten auf Basis des AndroidSDK bereitgestellt [22]. Zudem werden externe Dienste wie Google Maps [26] eingebunden. Weitere Basisdienste sind als zusätzliche Module implementiert. Bei der Realisierung wurde auch auf die Möglichkeit eines veränderbaren optischen Erscheinungsbilds wertgelegt, um die Anwendung für bestimmte Einsatzszenarien optisch anpassen zu können [21] [27].

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Abbildung 2: Screenshot: Android-Applikation mit Fussball-Branding

4.2 Simulation von Sensordaten Da zum derzeitigen Stand noch kein Zugriff auf reale Sensordaten möglich ist, wird für die Simulation dieser Daten auf Sun SPOT-Geräte [28] zurückgegriffen. Sun SPOTs sind in der Lage, über Funk oder USB zu kommunizieren und erlaubt über eine entsprechende Schnittstelle das Anschließen externer Sensoren. Zudem sind im Gerät bereits einige einfache Sensoren enthalten.

Abbildung 3: Sun SPOTs als mobile Sensoren

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4.3 Multi-touch Benutzungsschnittstelle Die Multi-touch Benutzungsschnittstelle stellt eine Integrierte Sicht auf die im Krisenmanagement benötigten Informationen dar und kann im Rahmen der Planung oder auch bei Lagebesprechungen während der Veranstaltung eingesetzt werden, um die interaktive Abstimmung sowie den Austausch von verschiedenen Informationen zwischen den Akteuren zu vereinfachen. Einzelne Akteure können eine verteilte Datenbankstruktur nutzen, um die Daten sowohl auf einem kollaborativen Multi-touchTisch als auch auf anderen Multi-touch-Endgeräten (etwa Notebooks mit dem Betriebssystem Windows 7) zu manipulieren. Darüber hinaus ist auch die Nutzung auch auf PC-Endgeräten ohne Multi-touch-Fähigkeiten möglich.

Abbildung 4: Screenshot: Informationsvisualisierung in der Multi-touch Benutzungsschnittstelle

So können etwa von der Polizei vorgesehene Absperrungen oder vorhandene Baustellen in einer einheitlichen Sicht dargestellt und kollaborativ diskutiert werden, um so Brennpunkte zu identifizieren und vorbeugende Maßnahmen gegen eventuell eintretende Notfälle vorzusehen. Eigene Interessenbereiche und kritische Punkte können markiert und gespeichert, die Eintragungen anderer Parteien durchsucht, und auch auf spezifische Informationen über den Verlauf vergangener Notfälle kann zugegriffen werden [16].

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Die Multi-touch-Benutzungsschnittstelle des Systems wurde unter Verwendung des Open Source Frameworks MT4j realisiert [29]. MT4j-basierte Anwendungen sind auf PC-Systemen unter Windows, Linux und Mac OSX lauffähig. Mittlerweile existiert auch eine erste Android-Version von MT4j, sodass zukünftig mit entsprechenden Anpassungen auch Versionen des Systems für Tablets oder Smartphones denkbar sind. Vom Framework bereits bereitgestellt wird die Unterstützung der Protokolle/Schnittstellen WM_TOUCH [30] für Windows 7 und des plattformunabhängigen TUIO-Protokolls [31], über welche die Anbindung an die Multitouch-Hardware erfolgt.

5 Zusammenfassung In diesem Beitrag wurde der Entwurf eines Krisenmanagementsystems präsentiert, welches die in den frühen und späten Phasen des Krisenmanagementlebenszyklus benötigten Daten auf einem Multi-touch-Display interaktiv zur Verfügung stellt und durch mobile Endgeräte sowohl die Benachrichtigung von Betroffenen einer Krise erlaubt, als auch einen Rückkanal für die Betroffenen einer Krisensituation bereitstellt, über welche Informationen an die Krisenmanager gelangen.

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