ENGEL UND HIRTEN

die oft geheimnisvollen, manchmal als ... mit Männern und Frauen in der Bibel oft ..... gefährlichen Momenten: UÊEin Engel ... Josef im Traum und sprach: Steh ...
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ENGEL UND HIRTEN

Beten den neu geborenen König an INHALTSVERZEICHNIS Unterschiede und Gemeinsamkeiten................... 2 Die Antwort der Engel: Sie loben Gott......................... 4 Die Antwort der Hirten: Sie beten an ...........................17 Was ist unsere Antwort auf Weihnachten?..................31

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n der Art, wie Eltern, Ärzte oder Schwestern ein Neugeborenes halten, ansehen oder mit ihm reden, können wir viel über den Wert eines Lebens lernen. Ebenso können wir eine Menge über den Sohn Marias lernen, wenn wir uns einmal ansehen, wie zwei sehr unterschiedliche Gruppen sich bei seiner Geburt verhielten. Im folgenden Auszug aus einem Buch von Bill Crowder, Fenster zur Weihnacht, erklärt der Direktor der RBC-Gemeindearbeit, wie das Staunen und die Anbetung der Engel und Hirten uns helfen können, das Wunder und den unaussprechlichen Wert des wichtigsten Kindes zu erkennen, das je geboren wurde. Mart De Haan

Herausgeber: David Sper Übersetzung: Barbara M. Trebing Umschlagfoto: Gemälde von Gerard van Honhorst (1622) GERMAN Bibeltexte nach der Lutherbibel, revidierte Fassung von 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart © 2009 RBC Ministries, Grand Rapids, Michigan, USA Printed in Portugal

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UNTERSCHIEDE UND GEMEINSAMKEITEN

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aum etwas ist so faszinierend, wie die Unterschiede, die es im Leben gibt. Sie erinnern uns daran, dass wir in einer Welt der Extreme leben, die in Spannung zueinander stehen, sich aber auch ausbalancieren. Gegensätze ziehen sich an, Licht kämpft gegen Dunkelheit, Negatives gleicht Positives aus. Am Beispiel der beiden Top-Rockbands der frühen 60er Jahre — der Beatles und der Rolling Stones — ist das gut zu erkennen. Beide kamen aus England und beide machten revolutionäre Musik. Aber damit enden auch schon die Ähnlichkeiten. Die Beatles waren (in ihrer Anfangszeit) unter der umsichtigen Leitung von Manager Brian Epstein ziemlich brav. Sie trugen Anzüge und waren lustig. 2

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Die Stones dagegen wirkten dumpf und finster und sahen eher aus wie eine Straßenbande als wie ernsthafte Musiker. Die Beatles waren so lieb, dass sie als Vorlage für eine Comicserie dienten, die Stones dagegen wirkten aufreizend und versuchten den Anschein zu erwecken, als wären sie gefährlich. Während die Beatles unschuldig „Ich möchte deine Hand halten“ sangen, gingen die Stones mit „Lass uns die Nacht miteinander verbringen“ an die Grenzen des Anstands. Die beiden Bands waren so gegensätzlich, dass sich ihre Anhänger in zwei grundverschiedene Lager spalteten.

DIE UNTERSCHIEDE ZWISCHEN ENGELN UND HIRTEN In der Weihnachtsgeschichte begegnet uns ein ähnlich krasser Gegensatz — und zwar zwischen den

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beiden bekanntesten Personengruppen der Bibel: Engeln und Hirten. Der Unterschied zwischen beiden Gruppen könnte nicht größer sein: UÊ ˜}iÊȘ`Ê außerweltlichen Ursprungs. Die Hirten gehörten, menschlich gesprochen, zur untersten Unterschicht. UÊ ˆiÊ ˜}iÊÜ>Ài˜Ê…iÊ und leuchteten in himmlischem Licht. Die Hirten waren schmutzig und übten einen der unbeliebtesten Berufe ihrer Zeit aus. UÊ ˆiÊ ˜}iÊiLÌi˜Ê in der unmittelbaren Nähe Gottes. Die Hirten dagegen durften den Tempel nicht einmal betreten. UÊ iÀÊÕvÌÀˆÌÌÊ`iÀÊ ˜}iÊ war geräuschvoll, ihr Lobgesang so dynamisch, dass die armen Hirten vor Schreck verstummten.

ÄHNLICHE REAKTIONEN

Trotz dieser Unterschiede zeigten Engel und Hirten am entscheidenden Punkt erstaunliche Ähnlichkeit: Die Nachricht von der Geburt Christi war für beide Grund zum Feiern. Und die Feiern in der Nacht, als Jesus auf die Erde kam, sind der Vorläufer jener Festlichkeiten, die in den Jahrhunderten darauf folgten — bis zu uns. Die Erinnerung an das Kommen des Heilands und Erlösers löst tiefe Freude, Staunen und Anbetung aus. All das und mehr entdecken wir, wenn wir die Engel und Hirten betrachten. Ihre Reaktionen auf die Geburt des Königs können uns Anstoß geben, von ganzem Herzen mitzufeiern. Wie es schon im Weihnachtslied heißt: „O lasset uns anbeten den König!“ 3

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DIE ANTWORT DER ENGEL: SIE LOBEN GOTT

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indrücke aus der Kindheit lassen sich nur schwer abschütteln. Mein Vater liebte riesige Weihnachtsbäume und das Aufstellen war immer eine große Sache (eine Tendenz, die auch in meinem genetischen Code tief verwurzelt ist). Zuerst wurden die elektrischen Kerzen angebracht, danach der Baumschmuck und das Lametta. Schließlich sah ich zu, wie Papa am obersten Zweig den Engel befestigte — der letzte Akt des alljährlichen Rituals. Eine beeindruckende Geste. Kurz vorher hatte der Baum noch irgendwie unfertig ausgesehen. Doch wenn der Engel angebracht war, war auch das Haus bereit für Weihnachten. In meiner Erinnerung ist der Engel natürlich blond und weiblich, er hat Flügel

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und ein weißes glänzendes Kleid. Noch Jahre später hatte ich, wenn ich an Engel dachte, immer die Figur auf der Spitze unseres Weihnachtsbaums vor Augen. Was für ein Schock war es daher, als ich nach Jahren entdeckte, dass alle Engel, die in der Bibel vorkommen, Männernamen tragen und es auch höchst unwahrscheinlich ist, dass sie blond waren und glänzende Hemden trugen! Ja, es ist schwer, Kindheitseindrücke abzuschütteln. Dennoch in einem Punkt hatte ich Recht: Engelhafte Wesen spielten in den Ereignissen um Weihnachten eine wesentliche Rolle. Ohne ihr Mitwirken hätte die Geschichte eine Lücke, wäre sie so unvollkommen wie ein nicht fertig geschmückter Weihnachtsbaum. Damit wir ihre Aufgabe bei der Geburt Jesu besser verstehen, wollen wir uns diese himmlischen

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Wesen einmal etwas näher ansehen.

WER SIND ENGEL?

Wenn mich das jemand im Alltag fragt, dann würde ich wahrscheinlich aus dem Bauch heraus antworten: „Meine BaseballLieblingsmannschaft und sie spielen in Anaheim in Kalifornien. Übrigens haben sie 2002 die Meisterschaft gegen San Francisco gewonnen.“ Leider ist vieles, was in unserer Kultur heute über Engel gesagt wird, biblisch gesehen nicht unbedingt korrekter. Von Gemälden über Gedichte, Filme und Fernsehshows — überall, so scheint es, könnten die Engel einen neuen Pressesprecher brauchen. Sie werden einfach nicht richtig dargestellt. Und natürlich ist es gut, sich daran zu erinnern, dass wir die besten und zutreffendsten Schilderungen auf den Seiten der Bibel finden.

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Von Gemälden über Gedichte, Filme und Fernsehshows — überall, so scheint es, könnten die Engel einen neuen Pressesprecher brauchen. Engel tauchen in der gesamten Heiligen Schrift und unter verschiedenen Bezeichnungen auf, darunter Cherubim, Seraphim und lebendige Wesen. Manchmal werden sie als Männer dargestellt, oft in glänzenden Kleidern. Man sieht sie den Garten Eden bewachen, Krieg führen, Petrus aus dem Gefängnis befreien, in Gottes Gegenwart anbeten und im Fall mancher Engel, so traurig es ist, gegen Gott rebellieren. Sie tragen Namen wie Michael („Wer ist wie Gott?“),

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Gabriel („Kraft Gottes“) und Luzifer („Lichtträger“, bevor er Satan wurde — der Widersacher). Sie sind die oft geheimnisvollen, manchmal als Boten fungierenden Diener Gottes, die bei der Begegnung mit Männern und Frauen in der Bibel oft eine ganz wesentliche Rolle spielen. Das Wort Engel selbst kommt vom griechischen angelos und bedeutet „Bote, Verkündiger, Bekanntmacher, Gesandter, Engel, Botschafter von Gott“. Seine Hauptbedeutung ist Bote und genau als das begegnen Engel uns auch oft auf den Seiten der Bibel: UÊ >˜V…“>ÊØLiÀLÀˆ˜}i˜Ê sie eine Warnung, wie für Sodom und Gomorrha (1.Mose 19). UÊ >˜V…“>ÊÛiÀŽØ˜`i˜Ê sie die Rettung, wie bei Schadrach, Meschach und Abed-Nego in Nebukadnezars Feuerofen (Dan. 3). UÊ >˜V…“>ÊLÀˆ˜}i˜ÊÈiÊ eine Anweisung, wie 6

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bei Hagar, Saras Magd (1.Mose 16). In allen Fällen, in denen wir Engel auf der Erde aktiv sehen, überbringen sie eine Botschaft von Gott.

Und auch wenn sie fraglos mehr tun, als einfach Nachrichten zu übermitteln, sollten wir ihre Rolle als Botschafter zwischen Himmel und Erde nicht unterschätzen. Und auch wenn sie fraglos mehr tun, als einfach Nachrichten zu übermitteln, sollten wir ihre Rolle als Botschafter zwischen Himmel und Erde nicht unterschätzen. Vielleicht heißt das neutestamentliche Wort für „das Evangelium predigen“ (Gottes Botschaft

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zu den Menschen bringen) deshalb euangelizo, was denselben Wortstamm hat wie „Engel“. Die „frohe Botschaft“ wurde der Welt im Zusammenhang mit der Geburt des Heilands zunächst von Engelsboten überbracht.

DIE ENGEL ALS TEIL DER WEIHNACHTSGESCHICHTE

Doch zurück zum Weihnachtsbaum meiner Kindheit. Warum brachten wir an seiner Spitze einen Engel an? Manche nehmen einen Stern, aber viele haben, wie meine Familie, einen Engel. Warum? Weil die Weihnachtsgeschichte voll von Engeln ist, die den Hauptpersonen geschäftig ihre Botschaften überbringen. Der erste Engel, der uns in der Weihnachtsgeschichte begegnet, ist Gabriel, ein Erzengel — anscheinend der oberste Rang in der Hierarchie der Engelwelt. Gabriel besuchte den

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Planeten Erde, um den Hauptfiguren, und letztlich der gesamten Welt, mitzuteilen, dass „die Zeit erfüllt war“ — jener lang ersehnte Moment in der Geschichte, in dem der Messias kommen sollte (Gal. 4,4). Er brachte verschiedene Ankündigungen: Ankündigung 1. In der ersten Ankündigung ging es um das Kommen von Johannes dem Täufer, dem Vorläufer des Messias (Luk. 1,5-22). Gabriel erschien Zacharias, einem alten, kinderlosen Priester, als er im Tempel seinen Priesterdienst verrichtete. Der alte Mann erschrak zunächst über die Erscheinung, aber der Schrecken wandelte sich in Belustigung, als er die Botschaft des Engels hörte. Gabriel erklärte Zacharias, dass er und seine Frau Elisabeth einen Sohn bekommen sollten, mit dem die Prophezeiung von Maleachi in Erfüllung gehen

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würde. (Maleachi hatte angekündigt, dass Gott eine Elia ähnliche Figur schicken würde, die dem Erlöser den Weg bahnen sollte.) Als Zacharias, dem die tatsächlichen Gegebenheiten im Blick auf sich selbst und seiner alten Frau durchaus bewusst waren, die späte Geburt anzweifelte, teilte Gabriel ihm mit, dass er stumm sein werde, bis das Kind, das er Johannes nennen sollte, geboren sei. Gabriels Ankündigung trat ein und Johannes der Täufer kam, um dem Herrn den Weg zu bereiten — der erste Schritt, um Christus in die Welt zu bringen. Ankündigung 2. Sechs Monate später kam Gabriel in das Dorf Nazareth, um einer jungen Frau namens Maria eine Botschaft von Gott zu bringen (Luk. 1,2638). Er teilte ihr mit, dass sie für die Rolle ausersehen sei, die sich jüdische Frauen schon lange wünschten — nämlich den 8

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verheißenen Messias zu gebären. Maria reagierte verwirrt und unterwürfig. Sie war bereit, zu tun, was der Herr wollte, aber es war ihr auch ein Rätsel, wie das zugehen sollte. Sie war Jungfrau, ihrem Verlobten Josef versprochen, und hatte nicht die Absicht, ihr Keuschheitsgelübde zu brechen. Der Engel versicherte ihr, dass sie das auch nicht brauchte und das Kind durch das wundersame Wirken des Heiligen Geistes zustande kommen würde. Wenn es geboren war, sollte sie es außerdem „Jesus“ („Gott ist Heil“) nennen — womit sowohl sein Wesen (als Sohn Gottes) wie sein Auftrag (als Erlöser) definiert waren. An diesem Punkt erklärte Maria sich einfach zum Gehorsam bereit: „Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast“ (Luk. 1,38). Nach dem Besuch bei Maria ging Gabriel auch

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noch zu Josef, ihrem zukünftigen Ehemann, und brachte ihm dieselbe Nachricht — Marias Kind war von Gott, nicht einem Mann (Matth. 1,20-25). Josef konnte Maria in vollem Vertrauen auf ihre Keuschheit zur Frau nehmen. Neun Monate später erschien Gabriel erneut mit einer weiteren Botschaft — diesmal nicht mit einer Vorankündigung, sondern mit ihrer Erfüllung. Ankündigung 3. Der Engel des Herrn (vermutlich Gabriel) erschien am judäischen Himmel über den Hirtenfeldern Bethlehems (Luk. 2,9-14). Die Hirten von Bethlehem waren in einer kalten Nacht draußen bei ihren Herden, als sie plötzlich ein himmlisches Feuerwerk erlebten! Diesmal wurde die Botschaft des Engels von der Herrlichkeit des Herrn begleitet und die Hirten erschraken bei dem Anblick. Auch die

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Botschaft selbst hätte nicht dramatischer sein können: Der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen“ (Luk. 2,10-12). Das war für die einfachen Schafhüter natürlich eine Nummer zu groß! Engel erschienen Priestern, aber doch keinen Hirten. Sie hätten sich an die Manager im Tempel von Jerusalem wenden sollen, aber nicht an Männer und Jugendliche, die am untersten Ende der jüdischen Gesellschaftsleiter standen. Wir haben diese Geschichte schon so oft gehört, dass wir immun

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sind gegen ihre Macht und Majestät. Wir sprechen von der Erscheinung der Engel, als wäre es ein alltägliches Geschehen — aber das war es nicht, weder damals noch heute.

Engel erschienen Priestern, aber doch keinen Hirten. Sie hätten sich an die Manager im Tempel von Jerusalem wenden sollen, aber nicht an Männer und Jugendliche, die am untersten Ende der jüdischen Gesellschaftsleiter standen. Niemand hätte vorhersagen können, dass dies die ersten Zuhörer sein würden, denen die Engel das euangelion brachten

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— die gute Nachricht von der Ankunft des Erlösers!

WARUM ANTWORTETEN DIE ENGEL MIT EINEM LOBGESANG? Bis zu diesem Punkt dienten die Engel in der Weihnachtsgeschichte als Gottes Boten. Aber das Überbringen von Nachrichten war nicht ihre einzige Aufgabe. Ja, vielleicht ist es sogar nur von untergeordneter Bedeutung neben ihrer Hauptbeschäftigung im Himmel — dem Lob und der Anbetung. Beides wird sowohl im Alten wie im Neuen Testament beschrieben: Im Alten Testament wurde der Prophet Jesaja in den Thronsaal Gottes versetzt und sah dort, wie die Engel Gott lobten und Serafim mit sechs Flügeln seine Größe und Herrlichkeit verkündeten: Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth,

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alle Lande sind seiner Ehre voll (Jes. 6,3). Aufgabe der Serafim ist die ständige Anbetung Gottes und das Preisen seiner Heiligkeit. Im Neuen Testament wurde dem Apostel Johannes ein Blick in den Himmel gewährt (Offb. 4-5). Er sah „Gestalten“ (ein anderer Ausdruck für Engel), welche die Heiligkeit Gottes verkündeten und die Erlösten dazu aufriefen, Gott anzubeten für das Wunder der Schöpfung und Christus für die Gnade seiner Erlösung (Offb. 4,11; 5,12). Alle Bewohner des Himmels stimmten darauf in das Loblied ein und lobten den Vater und den Sohn für ihr mächtiges Handeln in der gefallenen Welt. In Offenbarung 4 und 5 feiern die Engel Gottes Schöpfungs- und Christi Erlösungswerk. In der Weihnachtsgeschichte hingegen tun sie sich

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zusammen zu einem riesigen Chor, um sein Kommen in diese kaputte Welt zu feiern, die Gegenstand seiner ewigen Liebe ist (Luk. 2). Als die Engel die Ankunft des Gottessohnes in menschlicher Gestalt verkündeten, da konnten die himmlischen Heere nicht still schweigen. Sie erhoben ihre Stimme, um Gott für seine Herrlichkeit und seinen Sohn zu preisen und für seinen Plan, die müde und verlorene Menschheit zu retten, die schon seit langem umherirrte wie die Schafe, welche ihre Zuhörer auf den Beduinenfeldern hüteten. Dieses Gotteslob wird zum roten Faden, der sich seit jener ersten Weihnacht durch alle Anbetung hindurchzieht bis in die Gottesdienste, die wir heute feiern. Seine Botschaft ist gewaltig: Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen

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Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens (Luk. 2,13-14). Was Jesaja und Johannes im Himmel sahen, das erlebten die Hirten auf den Hügeln bei Bethlehem. Sie hörten die Engel Gottes Ehre bezeugen und verkünden, dass Christus gekommen ist, um Frieden zu schaffen zwischen Gott und den Menschen, die sich gegen ihn aufgelehnt haben. Die Versöhnung zwischen Gott und Mensch — die Lösung für das Problem mit der Sünde — ist in diesem einen Wort zusammengefasst: Frieden. Wir müssen uns allerdings bewusst machen, dass dieser Friede nicht einfach die Abwesenheit von Konflikten ist — er ist die Gegenwart des Christus, der vom Propheten Jesaja als „Friedefürst“ (Jes. 9,6)

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bezeichnet wird. Er besteht, durch Christus, in einer lebendigen Beziehung mit dem Gott des Friedens (Phil. 4,9). Das hebräische Wort für Frieden, Schalom, enthält diesen Gedanken, denn es bedeutet auch Vollständigkeit, Gesundheit und Zufriedenheit. Frieden.

Die Engel konnten den Hirten (und uns) diesen Frieden verheißen, weil der Christus, der uns diesen Frieden zugänglich macht, gerade auf dem Planeten Erde angekommen war! Die Engel konnten den Hirten (und uns) diesen Frieden verheißen, weil der Christus, der uns diesen Frieden zugänglich macht, gerade auf dem

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Planeten Erde angekommen war! Die Stimmen der Engel, die sich zum Lob des lebendigen Gottes erhoben, klingen in unseren heutigen Feiern fort. Die Hoffnung auf Frieden, die Sehnsucht nach Herrlichkeit, das Geschenk Jesu. All das, was, die in den Herzen jener Hirten widerhallte, bewegt auch heute, zweitausend Jahre später, unsere eigenen Herzen.

DIE ENGEL DIENEN JESUS

Wie enttäuscht mögen die Hirten gewesen sein, als die strahlende Engelschar sie verließ und der Himmel wieder kalt und dunkel wurde. Aber die Aufgabe der Engel war noch nicht beendet. In den nächsten etwas mehr als dreißig Jahren nahmen sie Anteil an Jesu Dienst, vor allem in entscheidenden oder gefährlichen Momenten: UÊ Ein Engel befahl Josef, das Jesuskind aus

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dem Einflussbereich von Herodes zu schaffen: „Als sie aber hinweggezogen waren, siehe, da erschien der Engel des Herrn dem Josef im Traum und sprach: Steh auf, nimm das Kindlein und seine Mutter mit dir und flieh nach Ägypten und bleib dort, bis ich dir’s sage; denn Herodes hat vor, das Kindlein zu suchen, um es umzubringen“ (Matth. 2,13). UÊ Engel dienten Jesus, nachdem er in der Wüste versucht worden war: „Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel zu ihm und dienten ihm“ (Matth. 4,11). U Ein Engel diente Jesus, als er in Gethsemane mit dem Tode rang: „Es erschien ihm aber ein Engel vom Himmel und stärkte ihn“ (Luk. 22.43). UÊ Ein Engel öffnete am Auferstehungstag

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das Grab: „Und siehe, es geschah ein großes Erdbeben. Denn der Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat hinzu und wälzte den Stein weg und setzte sich darauf“ (Matth. 28,2). UÊ Engel verkündeten die Auferstehung Jesu: „Aber der Engel sprach zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, dass ihr Jesus, den Gekreuzigten, sucht“ (Matth. 28,5). „Und [Maria] sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo sie den Leichnam Jesu hingelegt hatten“ (Joh. 20,12). UÊ ˜}iÊÜ>Ài˜ÊLiˆÊ`iÀÊ Auffahrt Jesu in den Himmel dabei: „Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da

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und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen“ (Apg. 1,10-11). Paulus mag eine ähnliche Liste vom Wirken der Engel im und um den irdischen Dienst von Jesus herum im Sinn gehabt haben, als er einem seiner jungen Mitarbeiter in 1.Timotheus 3,16 schrieb: Und groß ist, wie jedermann bekennen muss, das Geheimnis des Glaubens: Er ist offenbart im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, erschienen den Engeln, gepredigt den Heiden, geglaubt in der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit. Die himmlischen Heerscharen hatten ein großes Interesse am irdischen Wirken des Herrn der Herrlichkeit. Jesus ist nicht nur im Fleisch „erschienen den Engeln“,

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sie blickten auch mit großer Anteilnahme auf sein Tun. Mit anderen Worten, Jesu Erlösungswerk war, und ist, für die Engel eine ständige Quelle der Faszination. Der Apostel Petrus schreibt dazu: Ihnen ist offenbart worden, dass sie nicht sich selbst, sondern euch dienen sollten mit dem, was euch nun verkündigt ist durch die, die euch das Evangelium verkündigt haben durch den Heiligen Geist, der vom Himmel gesandt ist, - was auch die Engel begehren zu schauen (1.Petr. 1,12).

Jesu Erlösungswerk war, und ist, für die Engel eine ständige Quelle der Faszination. Was bedeutet dieser Ausdruck: „Was auch

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die Engel begehren zu schauen“? Bibellehrer und Ausleger Adam Clarke erklärt ihn so: [Der griechische Ausdruck bedeutet] sich hinabbeugen — die Haltung eines Menschen, der sich ernsthaft bemüht, etwas herauszufinden, besonders eine Schrift zu entziffern, die schwer zu lesen ist. Er bringt sie ans Licht, legt sie so hin, dass die Strahlen gebündelt auf sie fallen, und beugt sich dann darüber, um alle Teile zu untersuchen, damit er daraus ein Ganzes machen kann. Wir finden hier offenbar eine Anspielung auf die Cherubim, die im Allerheiligsten über die Bundeslade gebeugt standen, mit dem Blick auf den Gnadenthron, als würden sie dort etwas beobachten oder über etwas brüten.

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Sogar die heiligen Engel staunen über den Erlösungsplan für die Menschen und staunen zu Recht über die Menschwerdung jenes unendlichen Objekts ihrer Anbetung. Wenn dies alles nun selbst für Engel Gottes Grund tiefsinniger Betrachtung ist, wie vielmehr dann für uns, denn Engel in sich können daran kein solches Interesse haben wie der Mensch. Warum? Weil es um „die Menschwerdung jenes unendlichen Objekts ihrer Anbetung“ geht — des Gottessohnes Jesus Christus. Die Engel loben Christus für das, was er ist und was er getan hat. Sie lobten ihn bei seiner Geburt, unterstützten ihn in seiner Todesnot, verkündeten ihn in seiner Auferstehung — alles, weil er der Christus ist. Weil er dies aus freien Stücken für von der Sünde verdorbene Menschen

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tat, die das nicht verdient haben. Weil er bereit war, seine unaussprechliche Liebe auf so geheimnisvolle und wunderbare Weise zu zeigen — und über seine verirrte Schöpfung auszugießen.

Die Engel wissen, was wir leicht vergessen: dass der Herr Jesus Christus immer und überall das höchste Lob verdient. Die Engel wissen, was wir leicht vergessen: dass der Herr Jesus Christus immer und überall das höchste Lob verdient. Und wenn, wie Clarke sagt, die Engel, die erlösende Liebe nur beobachten, aber nie erleben können, Christus schon für seine Gnade preisen, wie viel mehr sollte die Anbetung des Erlösers

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dann die Herzen und Sinne der Männer und Frauen beherrschen, denen diese Gnade zuteil wurde! Diese Vereinigung von Ehrfurcht und Anbetung von den zuschauenden Engeln und der erlösten Menschheit kommt in einem der bekannten Weihnachtslieder wunderbar zum Ausdruck: Herbei, o ihr Gläubigen, fröhlich triumphierend, o kommet, o kommet nach Bethlehem! Sehet das Kindlein, uns zum Heil geboren! O lasset uns anbeten den König! Kommt, singet dem Herren, o singt, ihr Engelchöre! Frohlocket, frohlocket, ihr Seligen! Ehre sei Gott im Himmel und auf Erden! O lasset uns anbeten den König! Dass wir doch mit dankbarem Herzen in das Lob über die Geburt Christi einstimmen, Gottes herrliches Geschenk an uns!

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DIE ANTWORT DER HIRTEN: SIE BETEN AN

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aria war bestimmt sehr überrascht, als plötzlich eine Horde wild aussehender Hirten im Stall erschien und etwas von himmlischen Heerscharen und einem „Stern“ faselte — welche die Geburt ihres Sohnes verkündeten! Noch erschöpft von der Geburt, wunderte sie sich sicher, als die einfachen Männer anbetend vor ihrem Sohn niederknieten und dann loszogen, um jedem, dem sie begegneten, von dem Kind zu erzählen, was sie gesehen hatten (Luk. 2,16-18). Die Hirten waren die ersten, die an der Krippe knieten, was angesichts ihres Status wirklich erstaunlich sein mag. Aber da waren sie — und beteten den neugeborenen Erlöser an! Wir wollen auch sie einmal etwas genauer

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ansehen. Dann können wir ihr Verhalten in jener kalten Nacht vor den Toren Bethlehems und ihre Reaktion vielleicht besser verstehen und würdigen. Das wiederum kann uns helfen, über die historischen Fakten und alten Lieder hinauszublicken, Anteil zu nehmen an dem, was sie erlebten, und mit ihnen zu loben.

Ich kann mir für die Hirten kaum eine bessere Beschreibung vorstellen als die, dass sie „einfach Männer mit einem einfachen Leben“ waren. EINFACHE MÄNNER MIT EINEM EINFACHEN LEBEN Ich kann mir für die Hirten kaum eine bessere 18

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Beschreibung vorstellen als die, dass sie „einfach Männer mit einem einfachen Leben“ waren. Die kurze Schilderung von Lukas unterstreicht das: „Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde“ (Luk. 2,8). Nur ein Satz — und doch spricht er Bände.

„Es waren Hirten in derselben Gegend …“

Schon in den allerersten Berichten, die von Bethlehem überliefert sind, galt die Umgebung des Ortes als Hirtengebiet. Hier hütete David die Herden seines Vaters Jesse. Um Bethlehem herum gab es Weiden, auf denen die Herden grasen konnten. Es lag nahe dem „Turm von Eder“ (Migdal Eder) oder dem „Turm der Herde“ (1.Mose 35,21; Micha 4,8), obwohl nicht ganz klar ist, was damit gemeint ist. Manche sehen diese Bezeichnungen als

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Anspielung auf Jerusalem allgemein und das Schaftor (durch das die Opferlämmer zum Tempel gebracht wurden) im Besonderen, den festen Turm des Landes Juda. Andere sehen darin eine Anspielung auf Bethlehem, den Geburtsort von Israels Hirtenkönig David. Wieder andere nehmen den „Turm der Herde“ wörtlich und glauben, es handele sich um einen konkreten Ort in den judäischen Bergen, von dem aus die Hirten Israels über ihre Herden wachten — genau das, was sie in jener Nacht taten, als die Engel ihre Botschaft verkündeten. Diese „Hirtenberge“ vor Bethlehem waren ein Land der Hirten und Herden, ein geeignetes Weidegebiet. Vielleicht noch wichtiger aber ist die Tatsache, dass die Schafe, die dort weideten, keine normalen Tiere waren. Wegen ihrer Nähe zum Tempel

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in Jerusalem waren die Felder von Bethlehem vor allem den Tempelschafen vorbehalten — den Tieren, die im Tempel geopfert wurden. Im ersten Jahrhundert wurden allein beim Passafest jährlich über 250 000 Schafe als Opfer dargebracht! Es war darum Aufgabe der Hirten von Bethlehem, gesunde, makellose Schafe abzuliefern, die auf dem Altar als Sündopfer dargebracht werden konnten.

Es war Aufgabe der Hirten von Bethlehem, gesunde, makellose Schafe abzuliefern, die auf dem Altar als Sündopfer dargebracht werden konnten. 19

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„… auf dem Felde bei den Herden, die hüteten des Nachts ihre Herde.“ „Die Nacht war

in vier Wachen unterteilt“, sagt Bibelausleger John Gill, „Abend, Mitternacht, Hahnenschrei und Morgen, bei denen sie sich abwechselten. Während einige die Herde bewachten, schliefen die anderen im Zelt oder dem Turm, der dafür auf dem Feld errichtet war.“ Und Kommentator Adam Clarke ergänzt: „Der Grund, warum sie auf dem Feld bewacht wurden, war wohl entweder, um die Schafe vor reißenden Tieren wie Wölfen [und] Füchsen zu schützen, oder vor Freibeutern [Banditen], die in jener Zeit in ganz Judäa ihr Unwesen trieben.“ Das Leben des Hirten war einsam und arbeitsreich, ein Leben der Gefahr und der Armut. Doch das waren nicht einmal die größten Probleme. 20

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Aufgrund ihres Berufs galten Hirten als kultisch unrein. Bei ihrer Arbeit mussten sie, unter anderem, mit ihren eigenen Händen den Lämmern bei der Geburt helfen (wodurch sie mit Blut in Kontakt kamen) und tote Lämmer entsorgen (wodurch sie mit einer Leiche in Kontakt kamen) — beides machte sie zeremoniell unrein, so dass sie vom geistlichen Leben ausgeschlossen blieben. Wie tragisch, dass gerade die Menschen, deren Aufgabe es war, die Opferlämmer für den Tempel in Jerusalem aufzuziehen, selbst vom Tempel ausgeschlossen waren. Dabei hatten sie noch ein weiteres Problem. Sie waren nicht nur durch die Art ihrer Arbeit unrein, sie mussten auch ständig bei ihren Herden bleiben. Das bedeutet, dass sie ihre Arbeit oft wochenlang nicht verlassen konnten und dadurch keine Möglichkeit hatten, zum Tempel zu

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gehen und sich dort zu reinigen. Sie befanden sich in einer regelrechten Zwickmühle, wie sie häufig entstehen, wo geistliche Enge und Gesetzlichkeit herrschen.

Wie tragisch, dass gerade die Menschen, deren Aufgabe es war, die Opferlämmer für den Tempel in Jerusalem aufzuziehen, selbst vom Tempel ausgeschlossen waren. MOMENTE DES HIMMLISCHEN GLANZES

Das Leben ist voller „Momente“, die Herz und Gedächtnis prägen. Manche sind dunkel und bedrohlich, wie der, als

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der Anruf kam, dass mein Vater gerade an einem Herzinfarkt gestorben war. Wenn ich an jenen Moment vor 26 Jahren zurückdenke, kommen der Schmerz und die Trauer zurück und ich spüre noch heute die Leere, die mich damals ergriff. Andere Momente begeistern uns, wie jener, als ich (zum ersten und einzigen Mal) beim Golf 80 Par schlug. Bis heute kann ich in Gedanken noch jeden einzelnen Zug nachspielen und ende vor dem letzten Loch mit einem brillanten Birdie und beeindruckenden 76. (Wenn man nur einen solchen Moment erlebt hat, muss man davon zehren, solange es geht.) Und dann gibt es jene seltenen Momente, die geradezu unbegreiflich sind. Einen von ihnen erlebte ich an meinem Hochzeitstag. Ich stand mit dem Pastor und meinem Vater am Altar. Die Musik spielte und die Braut kam. Die

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Kirchentüren wurden noch einmal für einen Augenblick geschlossen, der wie eine Ewigkeit schien. Dann änderte der Takt, die Türen gingen auf — und Marlene kam am Arm ihres Vaters herein. Selbst heute sitzt mir noch ein Kloß im Hals, wenn ich daran denke. Der Anblick der Frau, die ich liebte, strahlend und schön in ihrem Hochzeitskleid, wie sie da durchs Kirchenschiff kam, um mich zu heiraten — mich! Es war atemberaubend und spektakulär und herrlich und beschämend und überwältigend. Ein glanzvoller Augenblick. Gegen das, was die Hirten damals auf den Hügeln von Judäa sahen, klingt das allerdings ziemlich blass. Doch was ich damals empfand, war sicher nicht viel anders als das, was die Hirten fühlten — atemberaubend, spektakulär, herrlich, beschämend und 22

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überwältigend glanzvoll. Lukas’ Schilderung regt unsere Phantasie an und erwärmt unser Herz: Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens (Luk. 2,9-14).

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Wie kann man sich so etwas überhaupt vorstellen? Als Ganzes kann man es kaum begreifen, darum wollen wir es uns schrittweise anschauen.

Der Moment des Botschafters. Der

Engelsbote wird beschrieben als „der Engel des Herrn“. Er war umgeben von der „Klarheit des Herrn“, die so „leuchtete“, dass die Hirten sich fürchteten (Luk. 2,9). Wie so viele, die in das Weihnachtsgeschehen einbezogen waren, waren die Hirten auf diesen Anblick absolut nicht vorbereitet. Die Klarheit des Herrn wird als „Schekina“ bezeichnet, die leuchtende Vollkommenheit eines Gottes, der sich selbst genügt. Sie wird theologisch als die Summe aller Eigenschaften Gottes beschrieben, die zusammengenommen ein vollkommenes, strahlendes Licht ergibt. Die Hirten sahen diese Herrlichkeit

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des Herrn auf den Hügeln vor Bethlehem. Im Alten Testament war die Herrlichkeit des Herrn Zeichen von Gottes Gegenwart bei seinem Volk. Ein erstes Mal sehen wir sie in 2.Mose 24,16: „Und die Herrlichkeit des Herrn ließ sich nieder auf dem Berg Sinai, und die Wolke bedeckte ihn sechs Tage; und am siebenten Tage erging der Ruf des Herrn an Mose aus der Wolke.“ Gottes Volk hatte sich am Sinai versammelt, um seine Herrschaft anzunehmen oder abzulehnen. Gottes Herrlichkeit zeigte seine Kraft und Macht. Wir sehen sie erneut bei der Einweihung der Stiftshütte, dem Ort der Anbetung für das wandernde Gottesvolk: „Und Korach versammelte gegen sie die ganze Gemeinde vor der Tür der Stiftshütte. Da erschien die Herrlichkeit des Herrn vor der ganzen Gemeinde“ (4.Mose 16,19).

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Und wir sehen sie bei der Einweihung des Tempels in Jerusalem, wo mit dem herrlichen Bau Salomos für die Kinder Israel ein Zentrum des nationalen Lebens und Gottesdienstes errichtet worden war: „Als aber die Priester aus dem Heiligen gingen, erfüllte die Wolke das Haus des Herrn, sodass die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten wegen der Wolke, denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus des Herrn“ (1.Kön. 8,10-11). Das Volk Israel freute sich an der Gegenwart Gottes in seiner Mitte — bis es sich von ihm ab und zu Götzendienst und Hurerei hinwandte. Es schändete Gottes Haus mit heidnischen Götzenbildern und entehrte seinen Namen, so dass Gott ihm durch den Propheten Hesekiel ernüchternde Worte sagen ließ. Nach einer Reihe von Ereignissen, in denen Gott die geistliche Hurerei

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seines Volkes aufdeckte, sah Hesekiel, wie die Herrlichkeit des Herrn nach und nach aus dem Tempel wich, dann aus Jerusalem und schließlich aus dem gesamten Volk. Den Höhepunkt dieser Entwicklung sehen wir in Hesekiel 11,23, wo wir lesen: „Und die Herrlichkeit des Herrn erhob sich aus der Stadt und stellte sich auf den Berg, der im Osten vor der Stadt liegt.“ Die wenigen Hinweise auf die Herrlichkeit des Herrn, die wir nach Hesekiels ernsten Worten im Alten Testament finden, weisen in die Zukunft. Bis zu jener Nacht 600 Jahre später wird Gottes Gegenwart unter seinem Volk nicht mehr erwähnt. Doch dort, mit dem Engel des Herrn, kam die Herrlichkeit zurück! Sie kam, um zu verkünden, dass Gott in der Person Jesu wieder unter seinem Volk wohnen wollte, den Johannes so beschreibt:

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„Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit“ (Joh. 1,14).

Mehrere hundert Jahre war die Herrlichkeit des Herrn in Israel nicht gesehen worden — bis sie vor den Augen der Hirten zurückkehrte! Es ist die „Herrlichkeit des Herrn“, die Staunen und Anbetung hervorruft — und, im Fall der Hirten, Furcht. Mehrere hundert Jahre war die Herrlichkeit des Herrn in Israel nicht gesehen worden — bis sie vor den Augen der Hirten zurückkehrte!

Der Moment der Botschaft. Vom religiösen

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System, das sie mit ihrer Arbeit nährten, ausgeschlossen, mussten die Hirten ihre Hoffnung anderswo suchen. In jener Nacht fanden sie sie in der Botschaft des Engels, sagt Ausleger John Gill: Den Hirten wurde die Geburt Christi als erstes verkündet; nicht den Prinzen oder Hohenpriestern oder Gelehrten in Jerusalem, sondern schwachen, gewöhnlichen, ungebildeten Männern; die Gott gern erwählt und beruft und ihnen seine Geheimnisse offenbart, die er vor den Weisen und Vernünftigen, zu ihrer Verwirrung, verbirgt, und die Herrlichkeit seiner Gnade. Dies war ein Hinweis darauf, wie das Reich Gottes sein und wodurch und wem das Evangelium gepredigt werden sollte. Dr. Larry Richards, Autor und Lehrer, erinnert

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uns daran, dass gerade die Hirten besonders dafür geeignet waren, Empfänger dieses Vorrechts zu sein: Der Erlöser, der nun geboren war und in der stillen Krippe lag, sollte das Lamm Gottes sein. Und als Lamm war er dazu bestimmt, für die Sünde der Welt zu sterben. Als Erlöser für diese Hirten zu sterben. Vielleicht konnten gerade die Hirten, die junge Lämmer hüteten, die in kalter, dunkler Nacht auf den Feldern wachten, um ihre Herde zu beschützen, das Hirtenherz des Vaters besonders gut verstehen, etwas davon erahnen, was es für ihn bedeuten musste, sein Lamm für alle zu geben. Rein menschlich gesehen ist es erstaunlich, dass der Sohn Gottes sich mit Hirten identifiziert, den niedrigsten Mitgliedern der damaligen Kultur und Gesellschaft 26

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(Joh. 10). Und doch beschreibt er sich selbst als Hirten und Beschützer seiner Herde.

Stellen wir uns die Hirten doch einmal vor — abgesondert von ihrem Volk, ihrem Tempel und ihrer Hoffnung — wie sie aus dem Mund der Engel hören, dass sie von Gott nicht verstoßen und vergessen sind. Stellen wir uns die Hirten doch einmal vor — abgesondert von ihrem Volk, ihrem Tempel und ihrer Hoffnung — wie sie aus dem Mund der Engel hören, dass sie von Gott nicht verstoßen und

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vergessen sind, was er dadurch bewies, dass sie die ersten waren, welche die Botschaft der Hoffnung hörten: „Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids“ (Luk. 2,11). Die Botschaft der Hoffnung an die Hirten war eine Botschaft der Hoffnung für die ganze Welt. Denn dies Kind, das in Bethlehem geboren war, sollte: UÊ `iÀÊ}ÕÌiʈÀÌiÊÜiÀ`i˜]Ê der sein Leben für die Schafe ließ (Joh. 10,11). UÊ `iÀÊ}Àœ~iʈÀÌiÊÜiÀ`i˜]Ê der durch das Blut des ewigen Bundes seine Schafe erwarb (Hebr. 13,20). UÊ `iÀʈÀÌiÊ՘`Ê ˆÃV…œvÊ unserer Seelen werden (1.Petr. 2,25). UÊ `iÀÊ ÀⅈÀÌiÊÜiÀ`i˜]Ê der für die Seinen wiederkommen wird, damit sie die unvergängliche Krone der Herrlichkeit empfangen (1.Petr. 5,4).

DEMÜTIGE ANBETUNG AN UNGEWOHNTEM ORT

Wo gehen wir gern in den Gottesdienst? Manche mögen majestätische Kathedralen, andere lieben schlichte Kapellen. Aber wer würde einen Stall wählen? Die Hirten machten sich, nachdem sie die Botschaft der Engel gehört hatten, sofort auf, um den Stall zu suchen, in dem Maria den Erlöser geboren hatte.

Unser Gott liebt das Unerwartete. Und kaum etwas hätten wir weniger erwartet, als dass der Herr des Himmels in einem Stall geboren wird. Für mich ist das einfach eine Bestätigung, dass

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unser Gott das Unerwartete liebt. Und kaum etwas hätten wir weniger erwartet, als dass der Herr des Himmels in einem Stall geboren wird. Und als die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: lasst uns nun gehen nach Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen (Luk. 2,15-16). Ich habe schon oft gehört, dass Leute sagen: „Nicht, was dir geschieht, ist entscheidend, sondern wie du auf das reagierst, was dir geschieht.“ Das trifft, so vermute ich, sowohl auf Gutes wie auf Böses zu, auf schöne und traurige Ereignisse, auf Interessantes und Angst machendes. Wie wir auf 28

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die Dinge reagieren, macht uns aus, wie Worte es kaum ausdrücken können. Die Reaktion der Hirten war zunächst Anbetung. Und dann sagten sie weiter, was sie gesehen hatten! Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das, was ihnen die Hirten gesagt hatten (Luk. 2,17-18). Hirten waren nicht nur die ersten, die die Botschaft hörten. Sie waren auch die ersten, die die Weihnachtsbotschaft weitersagten. Ihr Herz war voll von dem, was sie erlebt hatten, deshalb strömte ihr Mund über und sie mussten anderen die wunderbare Geschichte über die Engel und die Herrlichkeit und das Kind weitersagen. Das ist wahre Anbetung — vor Christus knien, damit man dann bereit ist, vor anderen zu stehen,

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um seine Herrlichkeit und Erlösung zu verkünden. Wenn wir in der Gegenwart des Königs erst einmal demütig schweigen können, dann können wir mutig mit allen reden, die es hören müssen. Und all das, weil an einem Ort, an dem man es kaum erwartet hätte, in einer Nacht, in der niemand damit rechnete, und vor Menschen, an die kaum jemand gedacht hätte, Gott gepriesen wurde.

VON HERZEN FEIERN

Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war (Luk. 2,20). „Diese einfachen Männer“, schreibt Adam Clarke, „hatten genügend Beweise für die Wahrheit der guten Nachricht. Sie spürten den göttlichen Einfluss auf ihr Inneres

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und so kehrten sie zurück zu ihren Herden und priesen Gott für das, was er ihnen gezeigt hatte, und das Glück, das sie empfanden … Sie hatten Grund zum Nachdenken! Sie hatten Grund zum Loben!“ Einst ausgestoßen, gehörten die Hirten jetzt dazu. Einst unwürdig für den Tempel, standen sie nun neben Priestern und Propheten, um die Ankunft der Hoffnung aller Zeiten zu feiern. Hirten, die die Geburt eines Lammes feiern — was könnte passender sein? Vor einigen Jahren leitete ich eine Studienreise nach Israel. Natürlich machten wir auch in Bethlehem Halt. Wir hatten eine Bibelarbeit an einer Stelle, an der man die sogenannten „Hirtenfelder“ überblicken konnte. Danach hatte die Gruppe Zeit für einen Einkaufsbummel in Bethlehems weltbekannten Souvenirläden. Auch ich kaufte, wie viele andere,

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eine kleine Krippenszene aus Olivenholz. Der Preis der Krippen hing davon ab, wie fein sie geschnitzt waren. Manche waren so grob geschnitten, dass sie schon fast als abstrakte Kunst gelten konnten, während andere so wirklichkeitsgetreu herausgearbeitet waren, dass man meinte, die Figuren lebten. Als der Bus uns später nach Jerusalem zurückbrachte, kamen wir noch einmal durch die Hirtenfelder. Mit meiner hölzernen Krippe in der Hand dachte ich an die Ereignisse des Tages und das, was an jener ersten Weihnacht geschah. Wir fuhren durch die Gegend, in der die Engel den Hirten die Ankunft des Königs verkündet hatten, und mir vielen die Worte meines liebsten Weihnachtsliedes ein: Im kleinen Dörfchen Bethlehem lag eines Tags ein Kind. 30

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Und der Himmel strahlte in heiligem Licht über dem Ort, an dem Jesus lag. Es war ein armer Ort, aber wie viel schenkte uns Gott an jenem Tag. Vom Krippenbett wurde ein Weg gelegt, ein vollkommener, heiliger Weg. Halleluja, klang der Engel Lied. Halleluja, schallte es laut! Und der Himmel strahlte in heiligem Licht am Geburtstag des Königs. Bei der Fahrt durch die mit Felsbrocken übersäten Hügel, raues Gelände, in dem heute noch Schafe weiden, bekamen die bekannten Worte eine neue, tiefere Bedeutung. Und während ich über die Berge blickte und versuchte, mir die heilige Nacht vor so langer Zeit vorzustellen, bat unser Führer den Busfahrer, anzuhalten. Am Straßenrand standen zwei Jungen, nicht älter als zwölf oder dreizehn,

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mit einem kleinen Lamm. Hirten aus Bethlehem. Zweitausend Jahre nachdem armen, ausgeschlossenen und vergessenen Hirten die Geburt des Gottessohnes verkündet wurde, waren sie noch immer auf den Feldern und „hüteten ihre Herde“. Als die Jungen durch den Bus gingen, versuchte fast jeder, das Lämmchen zu streicheln. Es war ein schöner Moment. Hirten von den Hirtenfeldern mit einem Lamm. Zweitausend Jahre später feiern wir noch immer das Lamm, und wir tun das gemeinsam mit den Hirten, die damals die ersten waren, die seine Geburt feierten.

WAS IST UNSERE ANTWORT AUF WEIHNACHTEN?

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ie Engel und die Hirten, welche Zeugen der Ereignisse rund um die Geburt Jesu waren, haben uns mit ihrer Antwort ein Beispiel gegeben. Intensiv und leidenschaftlich schauten sie auf das Christuskind und verherrlichten seinen himmlischen Vater. Die große Herausforderung für uns besteht, so denke ich, darin, dass all unser Feiern an Weihnachten Spuren oder Anklänge von ihrem Lob und ihrer Anbetung enthalten sollte. Dann werden wir uns nicht von dem äußeren Glanz dieser Zeit blenden lassen, die immer mehr von weltlicher Geschäftemacherei geprägt wird, sondern uns an die Schönheit des Einen erinnern, der Weihnachten ist.

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Die große Herausforderung für uns besteht darin, uns nicht von dem äußeren Glanz dieser Zeit blenden zu lassen, sondern uns an die Schönheit des Einen zu erinnern, der Weihnachten ist. Wir staunen und freuen uns über Weihnachten — aber er ist Weihnacht. Wir freuen uns an den vergänglichen Geschenken — aber er ist der Ewige, der wahre Freude und ewiges Leben bringt. Wir können uns gefangen nehmen lassen von Geschenkpapieren und Verpackungen — aber der Eine, der bei seiner Geburt in Windeln gewickelt

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wurde, ist das „größte Geschenk“. Mögen wir ihn sehen und lieben und mit einstimmen: Jauchzet, ihr Himmel, frohlocket ihr Engel in Chören. Singet dem Herren, dem Heiland der Menschen zu Ehren. Friede und Freud wird uns verkündiget heut: Freuet euch, Hirten und Herden. An dieser und an jeder Weihnacht … lasset uns anbeten, o lasset uns anbeten den König!

Bei diesem Büchlein handelt es sich um einen Auszug aus Windows On Christmas von Bill Crowder, erschienen bei Discovery House Publishers, einem Zweig der RBC-Ministries. Bill Crowder war 20 Jahre im Gemeindedienst tätig und ist heute Direktor der RBC-Gemeindearbeit. Er und seine Frau Marlene haben fünf Kinder.

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