EINEWELT ohne Hunger ist möglich - Bundesministerium für

28.04.2017 - Anreize schaffen, damit sich die. Nahrungsmittel- und Agrarindus- trie im ländlichen Raum ansiedelt. Es sollten Verarbeitungszonen für. Anbauerzeugnisse – riesige Agra- rindustriezonen mit entsprechender. Infrastruktur – aufgebaut werden, um die Nahrungsmittelindustrie dabei zu unterstützen, sich auf ...
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EINEWELT ohne Hunger ist möglich Die Zukunft des ländlichen Raums Internationale G20-Konferenz, 27./28. April 2017, Berlin

EINEWELT ohne Hunger ist möglich Die Zukunft des ländlichen Raums Internationale G20-Konferenz, 27./28. April 2017, Berlin

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Vorwort

VORWORT Die Zukunft der Menschheit entscheidet sich im ländlichen Raum. Nur starke und zukunftsfähige ländliche Räume werden Hungerkrisen vorbeugen und der dort lebenden Bevölkerung eine echte Perspektive bieten können. Echte Perspektiven, das heißt insbesondere Jobs für junge Menschen. Alleine in Afrika werden bis zum Jahr 2030 etwa 440 Millionen zusätzliche junge Menschen auf den Arbeitsmarkt strömen. Sollte es nicht gelingen, diesen jungen Menschen eine Zukunft in ihrer Heimat zu bieten, werden soziale und politische Spannungen weltweit weiter zunehmen.

Im Rahmen der Konferenz „EINEWELT ohne Hunger ist möglich. Die Zukunft des ländlichen Raums“ haben mehr als 130 junge und im ländlichen Raum engagierte Menschen aus Afrika, den G20 und Deutschland stellvertretend für viele Millionen junge Menschen dieser Welt gesprochen. Zusammen mit rund 700 weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmern haben sie die „Charta von Berlin“ verabschiedet, die zu konkretem Handeln aufruft. Sie haben Initiativen diskutiert, die Jugendbeschäftigung und ländliche Räume bereits heute erfolgreich fördern. Und sie haben die G20 motiviert, sich beim G20-Gipfel im Hamburg ambitionierte Ziele zu setzen.

Mit dieser Dokumentation haben wir für Sie die interessantesten Momente und schönsten Schnappschüsse der Konferenz zusammengefasst. Sie soll als Erinnerung, aber in gewisser Weise auch als Mahnung dienen. Denn um unserem Ziel näher zu kommen, müssen wir uns gemeinsam noch mehr anstrengen und verstärkt an einem Strang ziehen. Lassen Sie uns die Energie, den Unternehmergeist und die Motivation, die uns die vielen jungen Menschen auf dieser Konferenz vorgelebt haben, nicht ungenutzt lassen. Denn diese EINEWELT ist auch unsere Verantwortung.

Dr. Gerd Müller Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

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Inhalt VORWORT 3

Dr. Gerd Müller, Bundesentwicklungsminister

EINEWELT OHNE HUNGER UND LEBENSPERSPEKTIVEN FÜR DIE NÄCHSTE GENERATION

Rede von Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller

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EINE WENDE ZUM BESSEREN FÜR ALLE

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„HIGH 5“ FÜR DIE ENTWICKLUNG AFRIKAS

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DER SCHLÜSSEL FÜR EINE WELTWEITE ERNÄHRUNGSSICHERUNG

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DIE STIMME DER JUGEND AUF DER G20-KONFERENZ

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LÄNDLICHE ZUKUNFT IN ZAHLEN

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„JUGENDBESCHÄFTIGUNG IM LÄNDLICHEN RAUM – EINE G20-PERSPEKTIVE“

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DIE „CHARTA VON BERLIN“

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„JOBS, JOBS, JOBS – ABER WER MACHT WAS?“

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DIE FACHPODIEN DER KONFERENZ

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„STIMMEN GEGEN DEN HUNGER“

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Rede von Peter Altmaier, Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramts Rede von Dr. Akinwumi A. Adesina, Präsident der Afrikanischen Entwicklungsbank Rede von Dr. Onko Aeikens, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Das Rural Future Lab

Ergebnisse der SMS-Befragung von 10.000 jungen Menschen in Subsahara-Afrika

Podiumsdiskussion

Entstehungsprozess Podiumsdiskussion

Programm und Podiumsgäste

Buchvorstellung und Podiumsdiskussion

ANHANG 91

Das Konferenzprogramm, Charta von Berlin - Handlungsaufruf, Partner „EINEWELT ohne Hunger“

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„Es geht um die größten Herausforderungen der Welt: EINEWELT ohne Hunger und Lebensperspektiven für die nächste Generation. Wir haben „Jugendbeschäftigung im ländlichen Raum“ auf die Agenda der G20 gesetzt. Jetzt müssen wir handeln.“ Dr. Gerd Müller, Bundesentwicklungsminister

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | EINEWELT ohne Hunger und Lebensperspektiven für die nächste Generation

EINEWELT OHNE HUNGER UND LEBENSPERSPEKTIVEN FÜR DIE NÄCHSTE GENERATION Rede von Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller bei der G20-Konferenz „EINEWELT ohne Hunger ist möglich. Die Zukunft des ländlichen Raums“ am 27. April 2017 in Berlin

Sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich, dass Sie alle hier sind: Vertreter der Nichtregierungsorganisationen, der Wissenschaft, der Wirtschaft, die Vertreter der Jugend. Ich begrüße Sie sehr herzlich zu dieser G20-Konferenz. Eine Welt ohne Hunger ist möglich. Ich sage dies auch angesichts der aktuellen Krise. Der Blick zum Horn von Afrika, nach Südsudan, in den Jemen ist bedrückend und beschämend zugleich. Dort geht es um das nackte Überleben. Aber nicht nur dort wird gehungert – und an Hunger gestorben. Weltweit hungern 800 Millionen Menschen. Zwei Milliarden sind mangelernährt, sie bekommen zwar genug Kalorien, aber zu wenig Nährstoffe. Alle zehn Sekunden stirbt ein Kind an Hunger oder Mangelernährung: 8.500 Kinder pro Tag.

Wir dürfen das nicht zulassen. Wir können und müssen das verhindern. Hunger ist Mord, denn wir haben die Mittel und Möglichkeiten, eine Welt ohne Hunger zu verwirklichen. Ich fordere die Weltgemeinschaft auf, nicht länger tatenlos zuzusehen. Wir brauchen eine bessere Landwirtschaft und eine höhere Wertschätzung des ländlichen Raumes. Die Zukunft der Menschheit entscheidet sich im ländlichen Raum, denn: 1. Dort wird der Kampf um aus reichende und gesunde Ernährung geführt. 2. Dort müssen Arbeits- und Lebens perspektiven für junge Menschen geschaffen werden. 3. Dort müssen die wichtigsten Ressourcen geschützt werden: Wasser, Böden, Wälder. 4. Dort ist eine globale Energiewende möglich: Windenergie, Solarenergie, Biomasse.

Welternährung, Arbeitsplätze, Erhalt der natürlichen Ressourcen und der Klimawandel – dies sind die großen globalen Herausforderungen, und die Lösung heißt: nachhaltige ländliche Entwicklung! Aber der ländliche Raum hat noch viel zu wenig politische Aufmerksamkeit und viel zu wenig wirtschaftliche Investition. Die Staaten der Welt müssen Verantwortung übernehmen für den ländlichen Raum. Wir brauchen eine Entwicklung von Stadt und Land – Hand in Hand. Die heranwachsende Generation auf dem Land darf nicht zum Verlierer der Globalisierung werden. Wir als deutsche G20-Präsidentschaft haben daher das Thema „Jugendbeschäftigung im ländlichen Raum“ auf die Agenda gesetzt.

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Zehn Punkte möchte ich besonders herausstellen. Erstens: Wir müssen bis 2030 Hunger und jede Form von Fehlernährung überwinden. Wir müssen beides tun, den Hunger kurzfristig stillen und ihn langfristig überwinden. Ausreichende und gesunde Ernährung ist Grundlage jeder Entwicklung. Kinder, die mangelernährt sind, können nicht richtig lernen und werden um ihre Lebensperspektiven betrogen. Investition in Ernährung ist wirk-

samste Zukunftsinvestition überhaupt. Sie ist machbar und bezahlbar – schauen wir uns nur die weltweiten Ausgaben für Rüstung an! Zweitens: Die Welt braucht eine innovative und klimaintelligente Landwirtschaft. Dürre in Ostafrika gibt einen bitteren Vorgeschmack, was der Klimawandel mit sich bringt. Und diesen Klimawandel haben die reichen Länder verursacht! Kein anderer Wirtschaftszweig ist so vom Klimawandel abhängig wie die

Landwirtschaft. Das Gute ist: Wichtige Lösungsansätze sind bekannt, kostengünstig und praxistauglich. Wälder speichern Wasser. Klimaresilientes Saatgut ist zumindest teilweise verfügbar und muss nun verbessert werden. Bessere Lagerung und Konservierung machen weniger anfällig für Krisen. In der Vergangenheit wurden Fehler gemacht. Die Grüne Revolution hatte ihre Schattenseiten. Oft ging Fortschritt zulasten von Umwelt und sozialer Gerechtigkeit. Wir können aber aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Wir haben jetzt die Möglichkeit einer neuen Grünen Revolution. Grüne Revolution 2.0, das heißt: Innovation durch moderne angepasste Technik zum Wohle der Kleinbauern, effiziente Organisation und faire internationale Regeln im Agrarhandel. Wir brauchen eine „Ernte von unten“: Mehr Produktivität, aber mit nachhaltigen Methoden, die den Kleinbauern in den Mittelpunkt stellen!

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Wir brauchen eine Innovationsoffensive. Mit unseren Grünen Innovationszentren zeigen wir: Seht her, es geht! Wir können Erträge vervielfachen. Nicht mit mehr Flächen und mehr Dünger, sondern mit modernem Wissen und besserer Organisation. Aber Innovation braucht Investitionen. 70 Prozent der Investitionen in die Landwirtschaft stammen von Kleinbauern. Wir ebnen den Weg für Mikrokredite und neue Formen der Agrarfinanzierung Drittens: Wir brauchen nicht nur Landwirtschaft, sondern eine umfassende Entwicklung des ländlichen Raumes. Die Menschen auf dem Land brauchen die gleichen Lebensperspektiven und Rechte wie Stadtbewohner. Das ist nicht immer selbstverständlich. Der ländliche Raum braucht Infrastruktur, Energieversorgung, Krankenhäuser und Schulen. Menschen haben ein Recht auf Bildung und Gesundheit, egal, wo sie wohnen.

Und der ländliche Raum braucht eine Job-Offensive für mehr Beschäftigung, nicht nur in der Landwirtschaft, sondern in vielen kleinen und mittleren Unternehmen. Gut, dass dieses Thema jetzt auf der G20-Agenda steht! Eine moderne Agrar- und Ernährungswirtschaft schafft Jobs: Pro investiertem Dollar zwei- bis viermal mehr als andere Branchen! Allein in Afrika werden bis 2030 etwa 440 Millionen junge Menschen zusätzlich auf den Arbeitsmarkt kommen, die Mehrzahl von ihnen auf dem Land.

Unser Ziel: Neue Jobs durch mehr Wertschöpfung! Dafür steht mein Marshallplan mit Afrika: Private Investitionen für mehr Wertschöpfung „made in Africa“! Auch Entwicklungsländer müssen mehr tun. Nur drei Prozent der staatlichen Ausgaben fließen in den Landwirtschaftssektor, von dem 70 Prozent der Bevölkerung leben. Afrikanische Länder haben sich zehn Prozent vorgenommen – das ist gut!

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Viertens: Menschen benötigen sichere Landrechte. Über eine Milliarde Menschen leben vom Land und haben keine sicheren Landrechte. Ihnen droht Vertreibung von ihrer Lebensbasis. Sie haben so kaum Möglichkeiten, Kredite zu bekommen. Sie haben wenig Anreiz, in den Bodenerhalt zu investieren. Staaten haben die Verantwortung, die Rechte der Schwachen zu schützen. Aber auch Inves-

toren haben eine Verantwortung: Kein Land Grabbing! Daher fordern wir: keine öffentliche Förderung von Investitionen ohne Einhaltung hoher Standards! Fünftens: Wir müssen für die Gleichberechtigung der Frauen kämpfen. Das Thema war vorgestern auf der G20-Agenda! Frauen haben oft – immer noch! – geringere Bildungs-

chancen, kein Recht auf Landbesitz, schlechten Zugang zu Krediten. Allein durch Überwindung dieser Benachteiligung könnte die Landwirtschaft 15 Prozent der Hungernden ernähren. Regierungen müssen vor allem an der Verbesserung der Bildungschancen für Mädchen und Frauen arbeiten. Aber auch der Privatsektor, die Zivilgesellschaft und Religionsgemeinschaften sind gefordert, wenn es um gleiche Rechte für Mädchen und Frauen geht! Sechstens: Die Welt braucht faire Agrarlieferketten und fairen Einkauf. Kleinbauern und Plantagenarbeiter profitieren noch nicht von der Globalisierung. Viele leben immer noch deutlich unter der Armutsgrenze. Bei vielen Agrarprodukten wie zum Beispiel Kakao, Kaffee und Baumwolle fehlt eine lokale Wertschöpfung. Exportiert wird nur das Rohprodukt, die Profite werden anderswo gemacht. Aber: Ob der Kakaobauer von seiner Arbeit überleben kann – das liegt auch an uns! Mit nachhaltig und fair gehandelten Produkten für existenzsichernde Löhne.

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Tomatenbauern könnten jährlich 300.000 Tonnen Tomaten in die EU exportieren und damit zusätzliche 300 Millionen Euro einnehmen. Die effektivste Entwicklungspolitik der EU wäre: ein gemeinsamer Wirtschaftsraum mit Tunesien, Marokko, Algerien und Ägypten – eine echte Partnerschaft. Achtens: Die Welt muss die natürlichen Ressourcen des ländlichen Raumes schützen. Fruchtbarer Boden, sauberes Wasser und biologische Vielfalt sind die Grundlage der Welternährung. Dennoch gehen jedes Jahr weltweit 10 Millionen

Hektar fruchtbaren Bodens verloren. Das entspricht einem Drittel der Fläche Deutschlands. Unsere Partnerregierungen sollten alle Ansätze und Technologien eines nachhaltigen Ressourcenmanagements nutzen. Neuntens: Wir müssen die Wälder schützen und nachhaltig nutzen. Die globale Entwaldung schreitet voran, insbesondere durch Anbau von Soja und Palmöl und durch Rinderzucht. Alle vier Sekunden verschwindet Wald in der Größe eines Fußballfeldes, jährlich etwa 7,6 Millionen Hektar. Wir engagieren uns dafür, Entwaldung zu stoppen und Wälder

Siebtens: Der weltweite Agrarhandel muss entwicklungskompatibel werden. Die Spielregeln müssen stimmen. Wir brauchen eine Fairness-Offensive im Agrarhandel. Handelsverzerrende Agrarsubventionen beeinträchtigen die Entwicklung der Landwirtschaft in Entwicklungsländern. Sie brauchen offene Märkte. Zum Beispiel ist der Zugang Nordafrikas zum EU-Markt für Obst und Gemüse über Zollschranken und Quoten eingeschränkt. Tunesische 11

EINEWELT ohne Hunger ist möglich | EINEWELT ohne Hunger und Lebensperspektiven für die nächste Generation

Meine Damen und Herren, heute Nachmittag wird diese Konferenz die Charta von Berlin vorlegen. Sie ist nicht einfach bedrucktes Papier, sondern Vision und Forderung aus der Mitte der Gesellschaft. Sie wurde gemeinsam von Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und vielen jungen Menschen erarbeitet. Vielen Dank an alle!

nachhaltig zu nutzen. Wo Wälder bereits zerstört wurden, müssen sie wiederaufgebaut werden. Wälder sind Lebensgrundlage für mehr als 1,6 Milliarden Menschen! Und sie sind wichtige Kohlenstoffspeicher.

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Zehntens: Wir müssen die Meere schützen und Fischerei nachhaltig betreiben. Die weltweiten Fischbestände sind bedroht. Die FAO schätzt, dass ein Drittel aller erfassten Bestände überfischt ist. Fast zwei Drittel sind bis an die Grenzen der Nachhaltigkeit ausgeschöpft. Ich setze mich für faire Fischerei-Abkommen, den Abbau von Subventionen und gegen illegale Fischerei ein.

Es geht um die größten Herausforderungen der Welt: EINEWELT ohne Hunger und Lebensperspektiven für die nächste Generation. Wir haben „Jugendbeschäftigung im ländlichen Raum“ auf die Agenda der G20 gesetzt. – Jetzt müssen wir handeln. Gemeinsam mit unseren starken Partnern aus der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer.

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Wir wollen konkrete Aktivitäten vereinbaren, um die Lebensperspektiven der „nächsten Generation“ auf dem Land zu verbessern. Dazu gehören Reformanstrengungen in Afrika, Ausbildung, Zugang zu Land und auch Investitionen. Es sind viele junge Menschen im Publikum. Denn wir wollen mit Euch und nicht über Euch sprechen. In den letzten drei Tagen hattet Ihr einen Jugendkongress. Ich habe Euch zugehört: Ihr wollt Eure Zukunft in die Hand nehmen. Ihr wollt vorangehen – kreativ, innovativ, als Gründer von Unternehmen, Initiativen, NROs. Mit Euch wird eine Grüne Revolution 2.0 gelingen. Wir wollen alle heute die Botschaft senden: EINEWELT ohne Hunger ist möglich. Wenn alle dazu beitragen.

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„Wir müssen es möglich machen, dass die ländlichen Regionen mit den boomenden Städten besser verbunden werden. Wir müssen es möglich machen, dass es in den ländlichen Regionen nicht nur Nahrungsmittel und Jobs, sondern auch alles andere gibt, was mit kultureller Betätigung und Erfüllung zu tun hat.“ Peter Altmaier, Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramts

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Eine Wende zum Besseren für Alle

EINE WENDE ZUM BESSEREN FÜR ALLE Rede von Peter Altmaier, Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramts, bei der G20-Konferenz „EINEWELT ohne Hunger ist möglich. Die Zukunft des ländlichen Raums“ am 27. April 2017 in Berlin

„Sehr geehrter Herr Minister, lieber Kollege Gerd Müller, Exzellenzen und vor allen Dingen auch guten Morgen an Sie alle, die Sie heute hier sind, um über ein Thema zu diskutieren, das für uns alle in der Welt von ganz großer Bedeutung ist. Ich habe die große Ehre und Freude, Sie ausdrücklich auch im Namen von Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel zu grüßen. Sie lässt Ihnen ausrichten, dass das Thema, das heute hier von Ihnen diskutiert wird, für uns alle, nicht nur im Rahmen der deutschen G20 Präsidentschaft, sondern dauerhaft, auf der Tagesordnung bleiben wird. Genauso wie Gerd Müller kann auch ich mich erinnern, wie es war, als in den 70er und 80er Jahren die Themen Hunger und Unterentwicklung, insbesondere in afrikanischen aber auch in asiatischen Ländern in den westeuropäischen Ländern zum ersten Mal auf der Tagesordnung standen. Damals gab es sehr viel Bereitschaft zu helfen und Not zu lindern. Es hat sich seither auch einiges verändert. Es gibt in Afrika viele Länder mit eindrucksvollem Wirtschaftswachstum. Es gibt Regionen und Städte, wo

junge Menschen eine Chance haben. Aber es haben sich gleichzeitig viele Probleme weiter verfestigt und es sind auch neue Probleme entstanden. Die Bevölkerungsentwicklung, die wir in vielen afrikanischen Ländern beobachten, hat das Potenzial, fast alle Fortschritte, die erreicht worden sind, nach und nach wieder in Frage zu stellen. Als die Bundeskanzlerin kürzlich in Mali und im Niger war, wurde ihr berichtet, dass heute im Niger etwa 18 Millionen Menschen leben. Das Durchschnittsalter beträgt 14 Jahre. Am Ende des Jahrhunderts werden es 100 Millionen Menschen sein. Noch niemand hat eine genaue Vorstellung, wie es möglich sein wird, diesen Menschen die Perspektive auf ein menschenwürdiges Leben, auf Teilhabe an Wohlstand und Bildung zu geben, wie wir dies in Europa, in den USA und anderswo gewohnt sind. Und deshalb ist diese Konferenz heute Teil unseres offiziellen deutschen G20-Programms.

Die G20 sind vor dem Hintergrund der großen internationalen Bankenund Börsenkrise entstanden. Sie sind entstanden, vor dem Hintergrund von Finanzmärkten, die zum Teil entfesselt waren, zum Teil nicht mehr funktioniert haben und die damit die Stabilität weltweit bedrohten. Wir haben in den G20 über einen Zeitraum von fast einem Jahrzehnt immer wieder über Finanzmärkte, über die sogenannten „harten Themen“ der internationalen Beziehungen, gesprochen. Für dieses Jahr haben wir uns ganz bewusst entschieden, im Rahmen der deutschen G20-Präsidentschaft auch über andere Themen zu sprechen. Wir wollen dabei insbesondere die Entwicklungsperspektiven junger Menschen in ländlichen Gebieten in den Vordergrund zu stellen. Es ist oft gesagt worden, dies seien sogenannte ‚weiche Themen‘, ‚soft issues‘. Das ist eine Frage der Perspektive: Wenn man betroffen ist, wenn man in den Ländern lebt, wo die Probleme überhand nehmen, dann sind es keine ‚soft issues‘. Dann sind es lebenswichtige, überlebenswichtige Herausforderungen. Und deshalb ist 15

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es Zeit, dass sich die G20 damit viel intensiver beschäftigt, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Wir sind uns deshalb dieser Verantwortung sehr bewusst. Acht Jahre nach der Weltwirtschaftskrise ist die Weltwirtschaft wieder auf dem Wachstumspfad. Aber, die Erholung ist sehr fragil. Und wir haben Phänomene, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen: Terror, Migration, Armut, Klimawandel. Hinzu kommen in vielen Ländern weltweit ein zunehmender Populismus, Nationalismus, Protektionismus und in manchen Fällen auch eine deutliche Zunahme von Gewalt zwischen Staaten und innerhalb von Staaten.

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Unsere Bürgerinnen und Bürger fragen die politischen Entscheider, ob sie im Stande sind, Globalisierung zu gestalten. Sie fragen, ob sie in der Lage sind, dafür zu sorgen, dass Digitalisierung nicht nur dazu führt, dass Wirtschaftswachstum entsteht und dass die Produktivität zunimmt, sondern dass Digitalisierung auch einen Beitrag leisten kann zur Lösung der Probleme, die ich vorhin erwähnt habe. Sie fragen, welchen Beitrag die Digitalisierung zur Schaffung neuer Perspektiven in Entwicklungsländern leisten kann. Globale Probleme, Minister Müller hat es ganz sicher schon gesagt, können nur durch globale Lösun-

gen bewältigt werden. Kein einziges Land auf der Welt, weder Entwicklungs-, Schwellen- oder Industrieländer sind im Stande, dies alleine zu leisten. Nur gemeinsam können wir die Probleme lösen. Aber es ist nicht automatisch sichergestellt, dass wir die Herausforderungen lösen. Wir werden sie nur dann lösen, wenn wir die notwendigen Konsequenzen ziehen: innerstaatlich, in unserer Prioritätensetzung, aber auch bei der Neujustierung unserer internationalen Zusammenarbeit. Hier müssen wir den Fokus auf diejenigen Themen lenken, die in der Vergangenheit häufig genug vergessen oder übersehen worden sind.

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Wir leben in sehr besonderen, in schwierigen Zeiten. Deshalb glaube ich, dass dieser G20-Gipfel wichtiger ist, als mancher andere Gipfel in den Jahren zuvor. Das hat etwas damit zu tun, dass wir durch die internationale Flüchtlingssituation gefordert sind wie selten zuvor in jüngerer Zeit. 60 Millionen Menschen sind derzeit weltweit auf der Flucht. Allein in einem Land wie Syrien ist die Hälfte der Bevölkerung auf der Flucht. Auch in vielen anderen Ländern in Afrika, in Asien, in Südame-

rika existieren lokale und regionale Fluchtbewegungen, die Lösungen erfordern. Aber ich glaube, dass es auch ein ‚window of opportunity‘ gibt, die Weichen in der notwendigen Richtung zu stellen. Und deshalb wiederhole ich, was ich bereits angekündigt haben: Wir brauchen eine „interconnected world“, eine Welt, die miteinander verbunden ist, eine Welt, die arbeitsteilig verbunden ist, eine Welt, mit einer guten Regierungsführung. Deshalb ist auch der Slogan „to shape an interconnected

world“ das Motto unserer deutschen G20-Präsidentschaft. Wir haben ihn bewusst gewählt, weil wir glauben, dass dies für alle Länder gilt. Wir glauben, dass wir auf jedem Kontinent und über die Kontinente hinaus versuchen müssen, das Trennende zurückzustellen und die internationaler Zusammenarbeit in den Vordergrund zu stellen.

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Wir wollen dafür sorgen, dass junge Menschen eine Perspektive haben. Und dass es eine Perspektive ist, die nicht nur darin besteht, dass man sich auf den Weg macht und versucht, über Schlepper und Schleuser in andere Länder zu gelangen, wo man vielleicht eine bessere Perspektive für sich und seine Familie erhofft. Vielmehr wollen wir auch all denen eine Perspektive bieten,

für die Flucht keine Alternative ist, schon mangels der verfügbaren Ressourcen. Wir leben in einer Welt, in der Migration ein Phänomen ist, das dauerhaft uns begleiten wird. Die Menschen werden nicht irgendwann aufhören, ihre Interessen und ihre Pläne auf fremde Länder zu richten und zu überlegen, ob sie anderswo

studieren können, ob sie anderswo arbeiten können, ob sie anderswo glücklich werden können. Es gibt auch viele deutsche Studentinnen und Studenten, die davon träumen, in anderen Ländern, auch in Afrika, zu arbeiten und dort ihr Leben zu gestalten. Aber, Migration wird niemals eine Lösung sein für 500 Millionen, für eine Milliarde, für zwei, drei, vier Milliarden Menschen, die nach einer Perspektive Ausschau halten. Und deshalb müssen wir uns den Aspekten widmen, die notwendig sind, damit faire Chancen überall möglich werden. Wir müssen zunächst einmal die Widerstandsfähigkeit unserer Weltwirtschaft verstärken. Das bedeutet, wir müssen die Risiken, die unsere Weltwirtschaft bedrohen, minimieren. Das wird nur funktionieren, wenn wir den Prozess, den wir im Hinblick auf die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte eingeleitet haben, nicht zurückdrehen. Und ich sage das im Hinblick auf manche Vorschläge und Debatten, die wir in den letzten Wochen und Monaten gehört haben: Wir glauben, dass es wichtig ist, das ein solches Ereignis wie die Weltwirtschaftskrise von 2008/ 2009 sich nicht

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wiederholt. Denn wenn sie sich wiederholt, mit der Folge eines weltweiten Einbruchs von Wirtschaftswachstum, dann werden die Auswirkungen nicht auf die Länder begrenzt sein, denen es heute gut geht, wo heute Wohlstand herrscht. Es wird insbesondere die Schwellenländer und die ärmsten Länder der Welt treffen. Deshalb haben wir ein hohes Interesse daran, eine solche Situation in der Zukunft ein für alle Mal zu vermeiden. Wir möchten ein klares Signal gegen Protektionismus aussenden. Wir glauben, dass die Vorteile des offenen Marktes für unsere Bürger besser erklärt werden müssen. Natürlich wissen wir auch, dass offene Märkte alleine für viele junge und in der Entwicklung sich befindliche Volkswirtschaften alleine nicht die Lösung sind. Aber auch hier müssen wir Handelsbarrieren weiter reduzieren und erkennen, dass am Ende Europa und Afrika profitieren, wenn auch die afrikanischen Länder eine Chance haben, ihre Waren und Güter zu fairen Preisen verstärkt in die Länder der Europäischen Union zu exportieren. Das ist das Prinzip der internationalen Arbeitsteilung und es wirkt in beide Richtungen. Deshalb haben

wir uns im Rahmen der Europäischen Union immer dafür eingesetzt, dass auch wir überlegen, was wir tun können, um den Export von Gütern aus den jungen Volkswirtschaften in Afrika und Asien zu erleichtern. Wir müssen die Nachhaltigkeit verbessern. Nicht nur das quantitative, auch das qualitative Wachstum ist von Bedeutung. Wir müssen dafür sorgen, dass der Kampf gegen Klimawandel verstärkt wird. Wir alle wissen, dass Klimawandel in allererster Linie die Länder im südlichen Afrika bedroht. Wir werden durch den Klimawandel immer stärkere weltweite Veränderungen erleben. Die Veränderungen werden aber am frühesten, am deutlichsten und am negativsten in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara zu Buche schlagen. Und deshalb haben wir ein Interesse daran, dass nicht im großen Umfang landwirtschaftliche Flächen nicht mehr genutzt werden können, das nicht im großen Umfang Menschen ihre Lebensgrundlagen verlieren und es zu Klima-Migration kommt, die möglicherweise manches von dem in den Schatten stellt, was wir in der Vergangenheit an Migrationsbewegungen erlebt haben.

Auch die Digitalisierung kann einen Beitrag zur Entwicklung in Ländern leisten, die bis heute von fairen Entwicklungschancen abgeschnitten sind. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Entwicklung, die stattfinden muss, sich in der gleichen Geschwindigkeit vollzieht, wie dies beispielsweise nach dem Krieg in Westeuropa und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs in Osteuropa geschehen ist. Wir müssen versuchen, „Bypässe“ zu legen. Wir müssen den Menschen eine Chance zu geben, die Entwicklung abzukürzen. Dazu gehört, dass wir die digitalen Möglichkeiten 19

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nutzen. Dazu gehört auch, dass wir eine internationale Öffentlichkeit begünstigen, wo auch Vertreter aus Entwicklungsländern stärker die Möglichkeit haben, sich an internationalen Debatten zu beteiligen. Wenn wir sehen, wie technikaffin junge Menschen in Afrika sind, dass es in Afrika Hunderte von Millionen von Smart Phones gibt, auch in Gegenden, die nicht mit der industriellen und handelspolitischen Entwicklung Schritt halten, dann ist dies eine große Chance.

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Wir werden unsere Verantwortung als Industrieländer wahrnehmen müssen, indem wir die Herausforderungen, von denen ich gesprochen habe, gemeinsam angehen. Deshalb wird die G20 ihre Partnerschaft mit Afrika verstärken. Das bedeutet, dass wir mehr Verantwortung für Frieden und Sicherheit übernehmen. Es bedeutet, dass wir mehr Verantwortung für wirtschaftliche Entwicklung übernehmen, auch in bisher weniger vertrauten Ländern und Regionen. Wir müssen erkennen, dass jeder Mensch das gleiche Recht hat, von der Geburt an bis hin zur Vollendung seines Lebens. Leider sind viele Menschen von der Wahrnehmung dieser Rechte ausgeschlossen. Das werden wir ändern müssen. Wir werden es gemeinsam ändern müssen. Und es liegt auch im deutschen und im europäischen Interesse, dass es gelingt.

Es wird übrigens nicht nur durch staatliche Leistungen gelingen. Gerd Müller hat dem Bundeskabinett gestern erklärt, wie hoch der Kapitalbedarf, beispielsweise in Afrika, ist, um die notwendigen Investitionen in Infrastruktur und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu tätigen. Dies wird nicht durch staatliche Entwicklungsmittel alleine geschehen können. Es wird nur gelingen, wenn wir den privaten Sektor motivieren, Investitionen vorzunehmen: Investitionen in die Infrastruktur und in wirtschaftliches Wachstum. Deshalb werden wir auch als G20 versuchen, Afrika bei der Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen, gerade auch für die junge Generation, zu unterstützen. Gerd Müller hat gesagt, dass wir insbesondere auch einen Schwerpunkt auf das Thema „Berufliche Bildung für Frauen“ und die stärkere Wahrnehmung von Rechten von Frauen setzen. Wir tun dies nicht nur, weil wir seit der französischen Revolution wissen, dass die Menschen frei und gleich geboren sind. Wir tun es auch deshalb, weil wir überzeugt sind, dass wir den Prozess der

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Emanzipation, der in Europa über 100 Jahre gedauert hat, in Afrika nicht die nächsten 100 Jahre durchführen können. Vielmehr können wir das Entwicklungspotenzial, das Produktivitätspotenzial, das Potenzial für Frieden und für Nachhaltigkeit in Afrika am besten dann erschließen, wenn wir innerhalb der nächsten Jahre den Frauen die gleichberechtigte Teilnahme an den wirtschaftlichen Prozessen ermöglichen. Und deshalb ist dies nicht irgendein Punkt, es ist ein entscheidender Punkt in unseren Anstrengungen für die nächsten Jahre.

Es leben heute so viele junge Menschen auf diesem Planeten wie nie zuvor: 1,2 Milliarden junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren. Das sind mehr als 14 % der gesamten Weltbevölkerung. Alleine in Afrika werden bis zum Jahr 2030 440 Millionen junge Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten. Die landwirtschaftliche Produktion wird um mindestens 60 % steigen müssen, um die wachsende Weltbevölkerung im Jahre 2050 zu ernähren. Dies ist möglich. Es ist sogar in einer nachhaltigen Art und Weise möglich. Aber wir stellen fest, dass die Methoden dafür, dass die Finanzmittel dafür, nicht in allen Ländern gleichermaßen verfügbar sind. Und,

wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass in den ländlichen Gebieten, die Arbeitsplätze in der Landwirtschaft in vielen Fällen als nicht ausreichend attraktiv empfunden werden. Und deshalb kommt es dazu, dass junge Menschen versuchen, in die städtischen Zentren auszuwandern oder ins Ausland zu immigrieren. So entsteht im ländlichen Raum ein Mangel an jungen, tatkräftigen, energischen, zukunftsstrebenden jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die innovative Ideen und unternehmerisches Potenzial einbringen können. Das führt dazu, dass es einen Circulus vitiosus gibt, einen Teufelskreis, da einerseits der Bedarf an landwirtschaftlicher Leis21

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tungsfähigkeit wächst, andererseits die tatsächliche Entwicklung dieser Leistungsfähigkeit immer mehr durch den Verlust an Arbeitskräften, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, bedroht wird. Dem müssen wir uns stellen. Dies wird jedoch nur gelingen, wenn wir gerade auch für die ländlichen Regionen Entwicklungsperspektiven ermöglichen. Wir müssen es möglich machen, dass die ländlichen Regionen mit den boomenden Städten besser verbunden werden. Wir müssen es möglich machen, dass es in den ländlichen

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Regionen nicht nur Nahrungsmittel und Jobs, sondern auch alles andere gibt, was mit kultureller Betätigung und Erfüllung zu tun hat. Und deshalb müssen wir dafür sorgen, dass gerade junge Menschen mehr als bisher von diesen neuen Möglichkeiten und Innovationen, die wir in den letzten Jahren erlebt haben, profitieren. Wir müssen junge Menschen auch ermutigen, sich am Dialog zu beteiligen. Deshalb bin ich froh, dass wir gleich im Anschluss von jungen

Menschen hören, wie sie sich die Lösung ihrer Probleme vorstellen. Es kann nicht irgendwo in den Vereinten Nationen, in der Europäischen Union oder hier in Deutschland eine Lösung für alle Probleme von Entwicklungsländern am grünen Tisch entworfen werden. Die Probleme können nur gelöst werden, wenn es eine junge Generation in diesen Ländern gibt, die ihre ganze Energie dafür verwendet, gemeinsam mit uns allen Lösungen zu ermöglichen. Und deshalb brauchen wir in der Zukunft nicht nur Bewusstseinsbildung, sondern wir brauchen auch Kapital. Wir müssen Sorge tragen, dass die landwirtschaftliche Produktivität gerade in den Bereichen zunimmt, wo es besonders schwierig ist, sich gegen Klimawandel widerstandsfähig zu machen. Wir haben viele erfolgversprechende Entwicklungen, etwa im Bereich precision farming, also Präzisionslandwirtschaft, die durch Einsatz digitaler Technologien möglich wird. Und wir müssen dafür sorgen, dass diese Technologien nicht nur dort verfügbar sind, wo die Landwirtschaft heute schon in hohem Maße produktiv ist, sondern weltweit, wo immer Nahrungsmittel produziert werden müssen.

EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Eine Wende zum Besseren für Alle

Wir werden uns in der G20 für Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen im ländlichen Raum einsetzen. Das bedeutet, dass wir den Versuch unternehmen werden, alle Elemente, die wir bisher schon diskutiert haben, zu einem neuen Konzept zu verbinden. Lieber Gerd Müller, du hast mit deinem „Marshall Plan mit Afrika“ eine unglaubliche Diskussion ausgelöst, nicht nur in Deutschland und in Europa, sondern auch darüber hinaus. Dies ist mir in Gesprächen mit ausländischen Besuchern im Kanzleramt in den letzten Wochen und Monaten immer wieder deutlich geworden. Diese Chance, dass derzeit alle über die Herausforderungen und die Zukunft Afrikas sprechen, dürfen wir nicht verstreichen lassen. Ich kann mich erinnern, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass meine Eltern, als ich noch ein kleines Kind war, immer wieder von dem Hunger erzählt haben, den sie in Deutschland gelitten hatten. Ich komme aus einer Gegend, die im Zweiten Weltkrieg zerstört war, so wie weite Teile in Europa im Zweiten Weltkrieg zerstört waren. Ich kann

mich daran erinnern, dass meine Eltern mir von einem Jahrzehnt des Nichtsattwerdens, des Nichtvorhandenseins von Zukunftsperspektiven erzählten, die es zwischen dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und dem Anfang der 50er Jahre gab. Damals hätte niemand geglaubt, dass wir im Stande sein würden, innerhalb eines weiteren Jahrzehnts diesen Hunger zu besiegen und eine wirtschaftliche Entwicklung einzuleiten, die den Menschen erstmalig eine Perspektive für menschenwürdiges Dasein bietet, und zwar nicht nur für einige wenige und reiche, sondern für alle. Das haben wir geschafft, in Italien, in Frankreich, in Belgien, in Niederlanden, in Deutschland, überall dort, wo es viele Jahre so aussah, als ob wir die Wende nicht schaffen würden. Das macht mich zuversichtlich, dass wir die Wende zum Besseren auch anderswo schaffen können.

Wenn wir uns anschauen, wie sehr in manchen asiatischen Ländern – in China, Südkorea, Vietnam, Indien und anderswo – in den letzten 20 Jahren erfolgsversprechende Entwicklungen stattgefunden haben, die die Welt für viele Menschen ein Stück besser gemacht haben, dann glaube ich, dass es auch anderswo möglich ist, in Afrika und anderswo. Wenn diese Konferenz einen kleinen Beitrag dazu leisten kann, dann hat sie ihr Ziel erreicht. Lieber Gerd Müller, ich wünsche Ihrer Konferenz alles Gute und spannende Debatten. Und jetzt freue ich mich darauf, den jungen Menschen zuzuhören, was sie uns zu sagen haben. Vielen Dank.“

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„Wir müssen massiv in den ländlichen Raum Afrikas investieren und dafür sorgen, dass in Gebieten, in denen heute wirtschaftliche Not herrscht, morgen wirtschaftlicher Wohlstand entsteht.“ Dr. Akinwumi A. Adesina, Präsident der Afrikanischen Entwicklungsbank

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | „High 5“ für die Entwicklung Afrikas

„HIGH 5“ FÜR DIE ENTWICKLUNG AFRIKAS Rede von Dr. Akinwumi A. Adesina, Präsident der Afrikanischen Entwicklungsbank, bei der G20-Konferenz „Eine Welt ohne Hunger ist möglich. Die Zukunft des ländlichen Raums“ am 27. April 2017 in Berlin

Guten Morgen! Ich möchte meinem Freund, Minister Gerd Müller, herzlich für seine Einladung danken, bei diesem wichtigen Forum zur Zukunft des ländlichen Raums zu Ihnen zu sprechen. Sie sind ein großer Freund Afrikas und der Afrikanischen Entwicklungsbank. Deutschland übernimmt in einer für die Welt so entscheidenden Zeit eine wesentliche Führungsrolle. Ich möchte Kanzlerin Angela Merkel meinen Respekt und meine Bewunderung für ihre richtungsweisenden und inspirierenden Initiativen aussprechen: dafür, dass Deutschland mehr Unterstützung für internationale Entwicklung leistet denn je, und insbesondere für die Einrichtung des „Compact with Africa“. Die Afrikanische Entwicklungsbank begrüßt den „Compact with Africa“ sehr und wird bei seiner Umsetzung in ganz Afrika eng mit Deutschland und den G20-Staaten zusammenarbeiten. Die Afrikanische Entwicklungsbank ist Afrikas eigene Bank, die das Vertrauen der Afrikaner genießt. Als solche sind

wir hervorragend aufgestellt, um die Umsetzung des „Compacts“ voranzutreiben, wie auch Sie jüngst bei Ihrem Besuch unseres Hauptsitzes in Abidjan angemerkt haben. Ich kenne den ländlichen Raum selbst sehr gut. Ich stamme aus armen Verhältnissen und habe eine Schule auf dem Land besucht. Wir mussten kilometerweit laufen, um Wasser zu holen, und haben abends beim Schein einer Kerze oder Kerosinlaterne über unseren Schulbüchern gesessen. Mit Gottes Hilfe bin ich der Armut entkommen und stehe heute dort, wo ich stehe. Aber Abermillionen von Menschen in einer ähnlichen Situation, insbesondere im ländlichen Afrika, haben ein anderes Schicksal erlebt. Viele dieser Menschen konnten ihr Potenzial schlicht nicht nutzen. Im ländlichen Raum leben etwa 60 Prozent der Afrikaner. Sie verdienen ihren Lebensunterhalt in der Landwirtschaft sowie mit weiteren Tätigkeiten in angegliederten Bereichen oder außerhalb der Landwirtschaft, um ihre saisonabhängigen Einkünfte aus der Landwirtschaft aufzu-

stocken. Wenn man also die Lebensqualität in ländlichen Gebieten verbessern will, muss die Transformation des Landwirtschaftssektors im Mittelpunkt stehen. Geringe landwirtschaftliche Produktivität, der schlechte Zustand der ländlichen Infrastruktur, insbesondere der Straßen, der Wasser-, Strom- und Sanitärversorgungssysteme, digitale Ausgrenzung und unzureichender Zugang zu Finanzmärkten führen zu schlechter Lebensqualität im ländlichen Raum. Leider hat sich seit meiner Schulzeit auf dem Land nur wenig verändert. Für viele Menschen gibt es immer weniger wirtschaftliche Chancen, die Armutsquote ist hoch, und so wird die Armut von Generation zu Generation weitergegeben. Junge Menschen verlieren die Hoffnung, fühlen sich ohnmächtig und schutzlos. Und genau diese Fragilität der jungen Menschen auf dem Land macht sie so empfänglich für die Anwerbung durch Terroristen, die in den geschwächten ländlichen Gebieten einen idealen Nährboden für ihre Machenschaften vorfinden.

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Unser besonderes Augenmerk muss auf drei Faktoren liegen: extreme ländliche Armut, hohe Jugendarbeitslosigkeit sowie Klimawandel und Umweltzerstörung. Das Zusammentreffen dieser drei Faktoren nenne ich das “Katastrophendreieck”. Wann immer diese drei Phänomene gemeinsam auftreten, greifen Konflikte und Terrorismus um sich. Eine solche Situation macht die Arbeit in der Landwirtschaft extrem schwierig und beeinträchtigt zudem

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die Logistik für den Nahrungsmitteltransport und den Zugang zu den entsprechenden Märkten. Wir müssen massiv in den ländlichen Raum Afrikas investieren und dafür sorgen, dass in Gebieten, in denen heute wirtschaftliche Not herrscht, morgen wirtschaftlicher Wohlstand entsteht. Wir müssen Arbeitsplätze für die Jugend schaffen und Rekrutierungsversuche von Terroristen in diesen Gebieten unterbinden. Kurzum: Wir müssen die Themen

wirtschaftliche Sicherheit, Ernährungssicherheit und Klimasicherheit zusammen denken. Wir müssen die Transformation des Landwirtschaftssektors mit Elan vorantreiben. Die Zukunft des ländlichen Raums hängt von der Zukunft der Landwirtschaft ab. Wir dürfen die Landwirtschaft nicht mehr wie einen sozialen Sektor behandeln, der dabei hilft, die Armut in ländlichen Bereichen in Schach zu halten, sondern müssen ihn als einen Wirtschaftszweig begreifen, der Wohlstand schaffen kann. Durch den Aufbau landwirtschaftlicher Wertschöpfungsketten können sich Hunderten Millionen von Landwirten neue Marktchancen eröffnen. Afrika gibt jährlich 35 Milliarden US-Dollar für Lebensmittelimporte aus. Man geht davon aus, dass diese Summe bis 2025 auf 110 Milliarden US-Dollar steigen wird, wenn sich der aktuelle Trend fortsetzt. Auf diese Weise schwächt Afrika seine ländlichen Gebiete, exportiert Arbeitsplätze und verringert das Einkommen der Landwirte.

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Stellen Sie sich einmal vor, was man mit 35 Milliarden US-Dollar erreichen kann, wenn es Afrika gelingt, sich selbst zu ernähren. Mit dieser Summe könnte man in ganz Afrika eine flächendeckende Stromversorgung aufbauen. Und mit der Einsparung von 110 Milliarden US-Dollar für Lebensmittelimporte ließen sich alle Infrastrukturdefizite in Afrika beseitigen. Wir müssen also umdenken. Afrika produziert 75 Prozent des Kakaos, hat jedoch nur einen Anteil von 2 Prozent des Schokoladenmarkts von insgesamt 100 Milliarden US-Dollar jährlich. Der Kakaopreis mag sinken; der Preis von Schokolade tut es nicht. Die Baumwollpreise mögen fallen, aber das gilt nie für die Preise von Textilien und Bekleidung. Wenn die Kaffeebauern unter Preissenkungen leiden, kann dies den kaffeeverarbeitenden Betrieben egal sein, denn sie sind immer auf der Sonnenseite. Um den ländlichen Raum zu transformieren, muss Afrika neue Wege beschreiten. Es muss die Landwirtschaft industrialisieren und Wertschöpfung mit allen landwirtschaftlichen Produkten erzielen. Die Regierungen sollten

Anreize schaffen, damit sich die Nahrungsmittel- und Agrarindustrie im ländlichen Raum ansiedelt. Es sollten Verarbeitungszonen für Anbauerzeugnisse – riesige Agrarindustriezonen mit entsprechender Infrastruktur – aufgebaut werden, um die Nahrungsmittelindustrie dabei zu unterstützen, sich auf dem Land anzusiedeln. Dies wird die Kosten der Geschäftstätigkeit verringern, eine hohe Marktnachfrage schaffen, von der die Landwirte profitieren, und die Nachernteverluste verringern. Solche Verarbeitungszonen für Anbauerzeugnisse werden die ländlichen Gebiete Afrikas in Zonen

des wirtschaftlichen Wohlstands verwandeln. Die Afrikanische Entwicklungsbank wird in den nächsten zehn Jahren 24 Milliarden US-Dollar in die Landwirtschaft investieren, um die Transformation der afrikanischen Landwirtschaft voranzutreiben. Wir müssen junge Menschen für die Landwirtschaft gewinnen, und diese müssen das damit verbundene unternehmerische Potenzial erkennen. Daher hat die Afrikanische Entwicklungsbank sein „ENABLE Youth Program“ auf den Weg gebracht, das eine neue Generation von unternehmerisch denkenden Landwirten und

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Agrarunternehmern hervorbringen soll. Unser Ziel ist es, dass innerhalb von zehn Jahren in jedem Land 10.000 junge Unternehmer in der Landwirtschaft an den Start gehen. Im Jahr 2016 hat die Bank 700 Millionen US-Dollar für die Förderung des Programms in acht Ländern zur Verfügung gestellt, und weitere 30 Länder haben bereits ihr Interesse an der Teilnahme bekundet. Das Programm fügt sich in unser umfassenderes Programm ein: die „Jobs for Youth in Africa Initiative“, die dazu beitragen soll, innerhalb von zehn Jahren 25 Millionen Arbeitsplätze in Afrika zu schaffen. Gerade heute, während wir bei dieser Konferenz versammelt sind, findet erstmalig das „Africa Youth in Agriculture Forum“ am Internationalen Institut für Tropische Landwirtschaft (International Institute of Tropical Agriculture – IITA) in Nigeria statt, mit der Unterstützung der Afrikanischen Entwicklungsbank. Junge Menschen sind Afrikas Gegenwart und Afrikas Zukunft. Lassen Sie uns der Jugend zuhören, ihre Ideen unterstützen, ihre Kreativität befördern und unternehmerische Initiativen möglich machen. 28

Ein besserer ländlicher Raum ist nur mit flächendeckender Stromversorgung möglich. Mangelnder Zugang zu Stromversorgung ist der größte Hemmschuh für Afrikas Entwicklung. Für 645 Millionen Menschen ohne Zugang zu Elektrizität – ein Großteil von ihnen im ländlichen Raum angesiedelt – ist das Leben schlicht und einfach hart. Aus diesem Grund haben wir den „New Deal on Energy for Africa“ auf den Weg gebracht, damit in zehn Jahren alle Menschen Zugang zu Stromversorgung haben. Unser Ziel, überall in Afrika Licht und Strom bereitzustellen, wollen wir erreichen, indem wir 130 Millionen Menschen über das Stromnetz und 75 Millionen Men-

schen über dezentrale Stromsysteme mit Energie versorgen und 150 Millionen Menschen Zugang zu sauberer Kochenergie verschaffen. Die Bank hat für einen Zeitraum von fünf Jahren 12 Milliarden US-Dollar für den Ausbau der Energieversorgung in Afrika bereitgestellt. Mit diesem Betrag sollen weitere Investitionen mit einem Volumen von voraussichtlich 45 bis 50 Milliarden US-Dollar gehebelt werden. Die Bank treibt das Thema erneuerbare Energien als Pionier voran. Wir haben eine Fazilität mit einem Volumen von 500 Millionen US-Dollar für flächendeckende Energieversorgung geschaffen, um kostengünstig Finan-

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zierung, Eigenkapital und Darlehen bereitstellen zu können. Hiervon sollen insbesondere Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien mit einer Kapazität von bis zu 30 Megawatt profitieren; ein Großteil dieser Unternehmen ist im ländlichen Raum aktiv. Wir haben die „Africa Off-Grid Energy Revolution“ auf den Weg gebracht und werden zügig weitere Gelder zum Ausbau entsprechender Geschäftsmodelle zur Verfügung stellen, damit viele Millionen ländliche Haushalte mit

Strom und sauberer Kochenergie versorgt werden können. In ländlichen Gebieten wird sich durch die Stromversorgung die Lebensqualität insgesamt verbessern: Kinder können bei elektrischem Licht statt beim Schein einer Kerze oder Kerosinlampe ihre Hausaufgaben machen, junge Menschen werden mit der digitalen Welt verbunden sein. Das schafft Hoffnung. Die Landflucht wird zurückgehen, ebenso die Migration

nach Europa – denn selbst Insekten fliegen vom Dunkel ins Licht. Wenn im ländlichen Raum das Licht angeht, wird dies in ganz Afrika eine neue Dynamik freisetzen. Wir müssen die Frauen in den ländlichen Gebieten Afrikas stärken. Sie arbeiten extrem hart, tragen ihre Babys auf dem Rücken, verkaufen Lebensmittel und versuchen in der gleißenden Sonne ihren Lebensunterhalt mit Kleinhandel zu verdienen. Sie leisten in der Landwirt-

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schaft schwere Arbeit mit Hacken und Buschmessern, jedoch ohne jegliche Sicherheit durch Landbesitz, und sie laufen kilometerweit, um Brennholz fürs Kochen zu finden oder Wasser für ihren Haushalt zu beschaffen. Was ist Afrika ohne die Frauen? Eine neue ländliche Wirtschaft muss neue wirtschaftliche Chancen für Frauen auf den Weg bringen und ihnen Zugang zu kostengünstiger Finanzierung verschaffen. Darum hat die Afrikanische Entwicklungsbank die „Affirmative Finance Action for Women“ (AFAWA) gestartet. Mit dieser Initiative sollen drei Milliarden US-Dollar für Unternehmerinnen in Afrika gehebelt werden, ein Großteil im ländlichen Raum. Ebenso wie Vögel 30

zwei Flügel zum Fliegen brauchen, wird auch Afrika nur dann fliegen können, wenn die Gleichberechtigung von Frauen und Männern vollständig hergestellt ist. Wir müssen die digitale Kluft im ländlichen Raum schließen. Das mächtigste Werkzeug in der Hand eines Landwirts ist heutzutage das Mobiltelefon. Wir müssen dieses Werkzeug nutzen, um für die Landwirte schnelleren Zugang zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln zu gewährleisten und Finanzierung, Versicherungen, Marktinformationen, Beratungsleistungen und Gesundheitsleistungen im ländlichen Raum zur Verfügung zu stellen.

Ich weiß aus eigener Erfahrung um die Macht der Mobiltelefonie. Als Landwirtschaftsminister von Nigeria habe ich ein mobiltelefonbasiertes System eingeführt, um Landwirten schnelleren Zugang zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln zu verschaffen. Dieses sogenannte „E-Wallet-System“ hat die ländliche Wirtschaft tiefgreifend verändert. In einem Zeitraum von vier Jahren haben 15 Millionen Bauern in Nigeria Zugang zu verbessertem Saatgut und besseren Düngemitteln erlangt. Und noch wichtiger: mehr als 2,5 Millionen Bäuerinnen bekamen nun ihre Betriebsmittel über das E-Wallet-System unmittelbar auf ihr Handy. Eine der Landwirtinnen, Hajia Ladi Baladi, drückte es so aus: „Unsere Betriebsmittel werden uns jetzt direkt aufs Handy geschickt. Die Männer können uns nicht mehr betrügen.“ Dank des Zugangs zu Betriebsmitteln konnten die Bauern über einen Zeitraum von vier Jahren die Lebensmittelproduktion um zusätzliche 21 Millionen Tonnen steigern, die ländliche Wirtschaft wiederbeleben und massiv Arbeitsplätze schaffen. Die Afrikanische Entwicklungsbank unterstützt jetzt

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die Ausweitung des E-Wallet-Systems auf viele afrikanische Länder. Die Mobiltelefonie hat eine erstaunliche Erfolgsgeschichte in Kenia hingelegt. Millionen von Menschen haben heute Zugang zu Rücküberweisungen und können Bankgeschäfte tätigen. Die Afrikanische Entwicklungsbank arbeitet mit der „Bill and Melinda Gates Foundation“ zusammen, um die Verbreitung digitaler Finanzdienstleistungen in afrikanischen Ländern, insbesondere im ländlichen Raum, voranzutreiben. Wir müssen die Widerstandskraft im ländlichen Afrika stärken. Der Klimawandel hat katastrophale Auswirkungen in Afrika. Wir dürfen nicht länger die Augen davor verschließen und so tun, als sei der Klimawandel nur eine Falschmeldung der Medien. Überall in Afrika zerstören Trockenperioden Menschenleben und Lebensgrundlagen. In diesem Jahr sind die Folgen schlimmer denn je; 20 Millionen Menschen sind dem Risiko schwerer Mangelernährung ausgesetzt. Wir haben die moralische Verpflichtung, zu reagieren, aber eine noch stärkere Verpflichtung, die globalen Zusagen für die Stärkung der Anpassung an

den Klimawandel in Afrika einzuhalten. Daher rufe ich heute erneut dazu auf, dass der „Green Climate Fund“ und die Globale Umweltfazilität (Global Environment Facility – GEF) Risikoversicherungsprämien für afrikanische Länder an die „African Risk Capacity“ (ARC) zahlen, damit diese Länder gegen Katastrophenrisiken abgesichert sind. Unsere Maßnahmen müssen auf die Stärkung der Resilienz in den betroffenen Ländern ausgerichtet sein. Wir müssen zunächst den dringend benötigten Zugang zu Nahrung, Wasser und Sanitärversorgung herstellen und mittel- bis langfristig schnelleren Zugang zu verbessertem Saatgut, Düngemitteln, Wasser und

Viehfutter schaffen sowie widerstandsfähigere Landwirtschaftssysteme aufbauen. Um die Bewältigung der aktuellen Krisen zu unterstützen, hat die Afrikanische Entwicklungsbank die „Say No to Famine“ Initiative konzipiert und wird diese in Kürze starten. Vorbehaltlich der Freigabe durch das Exekutivdirektorium wird die Bank im Rahmen der Initiative 1,1 Milliarden Dollar zur Verfügung stellen, um kurz-, mittel- und langfristig die Resilienz in den betroffenen Ländern – Südsudan, Somalia, Kenia, Äthiopien, Uganda und Nigeria – zu stärken. Wir werden humanitäre und Entwicklungsmaßnahmen miteinander verknüpfen. Die langfris31

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tige Lösung besteht darin, die Nahrungsmittelproduktion in Afrika zu steigern und durch bessere Politiken, Infrastruktur, Märkte und Logistik dafür zu sorgen, dass dort, wo es derzeit an Nahrungsmitteln mangelt, künftig Nahrungsmittelüberschüsse erzielt werden. In ganz Afrika müssen wir die hohen Unterernährungsraten in den ländlichen Gebieten bekämpfen. Rund 28 der insgesamt 30 Länder, in denen mehr als 40 Prozent der Kinder von Wachstumsstörungen betroffen sind, befinden sich in Afrika. Mangelernährung kostet Afrika jährlich 25 Milliarden Dollar. Der Anteil der betroffenen Kinder ist zu hoch: 54 Millionen Kinder haben Wachstumsstörungen, 14 Millionen Kinder sind abgemagert, 10 Millionen Kinder fettleibig. Ja, wir brauchen Infrastruktur. Aber die wichtigste Infrastruktur, die es aufzubauen gilt, ist die „Infrastruktur der grauen Zellen“, wie ich sie nennen möchte. Besser ernährte Kinder haben bessere kognitive Fähigkeiten und erzielen bessere Lernergebnisse.

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Somit ist die Investition in Ernährung keine soziale Frage, sondern eine wirtschaftliche, denn wenn wir heute Wachstumsstörungen bei Kindern sehen, wird dies morgen Wachstumsstörungen der Volkswirtschaften zur Folge haben. Ich rufe daher auf zur Schaffung von „Nutrition Social Impact Bonds“ auf, damit umgehend Gelder für Maßnahmen zur Bekämpfung von Mangelernährung bereitgestellt werden können. Zu diesen Maßnahmen gehören auch die Ausweitung des Stillens auf die ersten 1.000 Tage nach Geburt, biologisch angereicherte Nahrungsmittel, gemeindebasierte Ernährung, Nahrungsergänzung und an Auflagen geknüpfte Geldtransfers an Frauen, um Ernährung und Bildung von Kindern zu verbessern. Um auf stärkere Rechenschaftspflicht in Bezug auf Ernährungssicherung in Afrika hinzuwirken, hat die Bank die Gruppe „African Leaders for Nutrition“ gegründet. Diese soll die Länder im Kampf gegen Mangelernährung zu unterstützen. Wir müssen sicherstellen, dass die politische Führung echte Verantwortung für die Entwicklung des ländlichen Raums übernimmt. Politiker nehmen den

ländlichen Raum häufig nicht so wichtig. Sie gehen dort vor den Wahlen auf Stimmenfang, vergessen ihn jedoch schnell wieder, wenn sie an der Macht sind. Zwar haben mehrere Länder eine Dezentralisierung der Regierungsstrukturen eingeleitet, aber die Verhandlungsmacht der Armen bleibt gering, und noch schwächer ist sie, wenn es darum geht, die Regierungen auf Ebene der Regionen, Provinzen und Distrikte zur Rechenschaft zu ziehen. Wir brauchen größere Transparenz und stärkere Rechenschaftspflicht bei der Verwaltung der öffentlichen Finanzen für den ländlichen Raum. Dies können wir erreichen, indem wir alle Regionen, Provinzen und

Distrikte zur Offenlegung ihrer Finanzberichte, und somit ihrer Einnahmen und Ausgaben, verpflichten. Darüber hinaus möchte ich die Schaffung eines „Poverty Accountability Index“ anregen, um die Arbeit von Politikern anhand ihrer Erfolge bei der Armutsbekämpfung und der Verbesserung der Lebensqualität auf dem Land zu messen und zu beurteilen. So erfahren die Wähler auf dem Land, wer sich wirklich für ihre Interessen einsetzt, und können die politische Führungsriege zur Rechenschaft ziehen.

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Die Afrikanische Entwicklungsbank geht mutig voran und erzielt mehr und bessere Ergebnisse für Afrika. Viele dieser Erfolge betreffen den ländlichen Raum. Lassen Sie mich kurz zusammenfassen, welche zahlenmäßigen Ergebnisse die Bank allein im Jahr 2016 erzielen konnte: • 3,1 Millionen mehr Menschen haben Zugang zu Strom; • 3,7 Millionen mehr Menschen haben Zugang zu Wasser und Sanitärversorgung; • 5,7 Millionen mehr Menschen haben Zugang zu Landwirtschaft; • 9,1 Millionen mehr Menschen haben Zugang zu Gesundheits versorgung; • 7 Millionen mehr Menschen haben Zugang zu verbesserten Trans portsystemen. Die Afrikanische Entwicklungsbank liefert Ergebnisse für Afrika und kann noch viel mehr für Afrika erreichen. Sie braucht nun genug Wind in den Segeln durch eine entsprechende Finanzausstattung. Es ist an der Zeit, die Entwicklung in Afrika durch zügige Finanzierungsmaßnahmen zu beschleunigen. Wenn uns dies gelingt, wird der in der 34

Agenda 2063 beschriebene Traum für Afrika noch schneller Wirklichkeit werden, denn Taten bringen die Zukunft in die Gegenwart. Wir stehen voll und ganz hinter dem „Compact with Africa“ und seinen Schwerpunkten: Ernährungssicherung, Energie, Beschäftigung, Infrastruktur, Frieden und Sicherheit.

Diese stehen perfekt im Einklang mit den „High 5“-Prioritäten der Afrikanischen Entwicklungsbank: Afrika mit Licht und Energie versorgen, Ernährungssicherheit in Afrika herstellen, Afrika industrialisieren, die Integration Afrikas vorantreiben und die Lebensqualität der Menschen in Afrika verbessern. Die jüngsten Berichte von UNDP

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zeigen, dass 90 Prozent der SDGs und 90 Prozent der Ziele der Agenda 2063 erreicht werden können, wenn sich Afrika auf die „High 5“ konzentriert. Kurz gesagt: diese fünf Prioritäten sind Katalysatoren für die Entwicklung Afrikas. Eine strategische Partnerschaft zwischen Deutschland, den G20 und der Afrikanischen Entwicklungsbank wird dazu beitragen, Afrikas Entwicklung zu beschleunigen. Ich versichere Ihnen, Herr Minister Müller, dass die Bank den „Compact with Africa“ mit voller Kraft unterstützen wird. Ich möchte Ihnen persönlich dafür danken,

dass sie sich für eine substanzielle allgemeine Kapitalerhöhung der Afrikanischen Entwicklungsbank einsetzen. Afrika will mehr erreichen, und hierfür braucht die Afrikanische Entwicklungsbank mehr Ressourcen. Eine stärkere Afrikanische Entwicklungsbank mit besserer Kapitalausstattung ist unverzichtbar, um die Umsetzung des „Compact with Africa“ zu fördern und Maßnahmen zur Wiederbelebung der afrikanischen Volkswirtschaften auf den Weg zu bringen.

Lassen Sie uns zusammen neue Hoffnung für die ländliche Wirtschaft in Afrika schaffen. Lassen Sie uns heute in Afrika investieren und ein prosperierendes Afrika aufbauen. Lassen Sie uns gemeinsam Afrika die „High 5“ geben. Vielen Dank!

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„Landwirtschaft ist ein elementarerer Baustein bei der Fluchtursachenbekämpfung und muss künftig in sicherheitspolitischen Konzepten stärker berücksichtigt werden. Wir brauchen starke ländliche Räume und wir brauchen eine starke Landwirtschaft. Dann ist eine Welt ohne Hunger möglich.“ Dr. Onko Aeikens, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Der Schlüssel für eine weltweite Ernährungssicherung

DER SCHLÜSSEL FÜR EINE WELTWEITE ERNÄHRUNGSSICHERUNG Rede von Dr. Onko Aeikens, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, bei der G20-Konferenz „EINEWELT ohne Hunger ist möglich. Die Zukunft des ländlichen Raums“ am 27. April 2017 in Berlin

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Hunger ist das größte lösbare Problem weltweit. Die Vereinten Nationen haben es in den letzten Wochen und Monaten prominent hier im Berliner Stadtbild plakatiert. Und selbstkritisch muss man sagen: Ja, wir haben unseren Kampf gegen den Hunger bislang nicht energisch genug geführt. Es besteht aber auch die berechtigte Hoffnung, dass wir den Kampf gegen den Hunger in Zukunft gewinnen können. Doch dafür braucht es mehr als nur Worte. Dafür braucht es den entschlossenen Willen und das Engagement der gesamten Staatengemeinschaft. Die Agenda 2030 mit ihren nachhaltigen Entwicklungszielen war mehr als nur ein Startschuss im Kampf gegen den Hunger. Sie ist ein Vertrag mit der Zukunft. Einer Zukunft für unsere Kinder, Kindeskinder und für die gesamte Menschheit. Es ist eigentlich eine schlichte Aufgabe.

Wenn wir den Hunger bekämpfen wollen, müssen wir als erstes in die Landwirtschaft investieren. Denn Landwirtschaft ist der Schlüssel für eine weltweite Ernährungssicherung. Landwirtschaft ist der Schlüssel für Perspektiven und Wohlstand im ländlichen Raum. Das geht weit über die reine Rohproduktion hinaus. Gerade der vor- und nachgelagerte Bereich bietet zahlreiche Möglichkeiten der Wertschöpfung. Klug gestaltet, entstehen so Wirtschaftswachstum und Einkommenswachstum für ganze Regionen. Allerdings: Noch sieht die Realität leider anders aus. Das ist auch das Ergebnis einer Entwicklungspolitik, die zu lange Land und Landwirtschaft zu wenig im Blick hatte. Drei von vier Hungernden weltweit leben als Kleinbauern, Viehzüchter, als Arbeiter auf dem Land. Dort, wo eigentlich Nahrung vorhanden sein sollte. Daher wundert es nicht, dass viele Menschen vom Land in die Stadt ziehen. Städte versprechen gerade jungen Menschen ein besseres Auskommen, einen besseren Zugang zu Bildung und bessere Teilhabe. Und ein besseres Leben. Wir konnten schon vielfach beobachten: Der

Hunger wandert in die Städte mit. Die rasch wachsenden steigenden Bevölkerungszahlen in den Städten kombiniert mit unzureichender Verfügbarkeit und fehlendem Zugang zu Nahrungsmitteln ist ein wachsender, ein gefährlicher Nährboden für soziale, politische Instabilität. Und meine Damen und Herren, noch

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heute gibt ein Großteil der Menschheit einen Großteil seines Einkommens und mehr für Nahrungsmittel aus. Hier in Deutschland etwas mehr als 10 Prozent. Kommt es zu Preissteigerungen bei Lebensmitteln, wird es für viele Menschen fast unmöglich, sich und ihre Familien ausreichend zu ernähren.

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Soziale Verwerfungen, politische Unruhen und gewaltsame Konflikte können vor allem entstehen, wenn es Menschen an Nahrung, an Lebensperspektiven und am Zugang zu lebensnotwendigen Ressourcen fehlt. Eine starke Landwirtschaft vor Ort kann die Ernährung einer schnell wachsenden Bevölkerung sichern. Und sie kann die Lebensbedingungen der Bevölkerung insgesamt verbessern. Die Stärkung der Landwirtschaft ist daher ein

effektives Instrument, ökonomische Perspektiven zu eröffnen und sowohl der Landflucht auf nationaler Ebene als auch den internationalen Migrationsbewegungen zu begegnen. Gleichzeitig können durch Investitionen in die Landwirtschaft Qualität und Quantität der Produktion gesteigert werden. So kann die Quantität der lokal verfügbaren Lebensmittel gesteigert, die Importabhängigkeit verringert und die Nahrungsmittelsicherung in Stadt und Land verbessert werden. Laut einer Studie der Weltbank leisten Investitionen in die Landwirtschaft einen größeren Beitrag zur Ernährungssicherung und zur sozialen Entwicklung als Investitionen in andere Sektoren der Volkswirtschaft. Insofern ist es wichtig, dass die heutige Konferenz „EINEWELT ohne Hunger“ und die Charta von Berlin gerade die ländlichen Räume in den Mittelpunkt stellen. Und damit schließt sie nahtlos auch an das G20-Agrarministertreffen an, das im Januar dieses Jahres hier in Berlin stattgefunden hat. Dort haben wir zwei zentrale Herausforderungen für die ländlichen Räume in den Mittelpunkt gestellt, die auch die Charta aufgreift:

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1. Den Schutz der natürlichen Ressourcen, um auch in Zukunft Landwirtschaft betreiben zu können und so die zentrale Erwerbsgrundlage ländlicher Räume zu erhalten. 2. Den Zugang zu digitalen Innova tionen, damit die Menschen in den ländlichen Regionen auch am wachsenden Wohlstand teilhaben können.

Wasser- und Bodenbewirtschaftung gefördert werden. Wir wollen die Landwirtschaft widerstandsfähiger gegenüber Stressfaktoren machen, wie z. B. Trockenheit, in dem wir beispielsweise Züchtungsforschung

stärker voranstellen. Außerdem planen wir, durch ein Maßnahmenbündel zur Reinhaltung und Qualitätsverbesserung des Wassers beizutragen.

Bei dem G20-Agrarministertreffen haben wir uns insbesondere der Schlüsselressource Wasser gewidmet. Die OECD geht davon aus, dass im Jahr 2025 rund 1,8 Milliarden Menschen in Regionen leben, die von großer Wasserknappheit aufgrund von Klimawandel, Bevölkerungswachstum oder einer ineffizienten Nutzung der verfügbaren Ressourcen betroffen sind. Damit ist gleichzeitig die Ernährungssicherung extrem gefährdet. Ohne Wasser gibt es keine Lebensmittelproduktion. Auch vor diesem Hintergrund haben sich die G20-Agrarminister zum nachhaltigen Umgang mit Wasser in der Landwirtschaft verpflichtet. Zukünftig sollen beispielsweise Information, Innovation und Wissensaustausch für eine nachhaltige 39

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Meine Damen und Herren, Wetterextreme, wie Dürren oder Überschwemmungen, sind seit Jahrtausenden nur zu gut bekannt. Nur die Häufigkeit mit der diese Wetterextreme auftreten, nimmt zu. Das heißt: Der Klimawandel ist da. Eine gezielte Agrarforschung, die nicht nur die Produktivität der Landwirtschaft erhöht, sondern auch das Problem der zunehmenden Wasserverknappung in Folge des Klimawandels adressiert, kann hier wichtige Beiträge leisten.

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Wir müssen jetzt die Weichen stellen, um in Zukunft unbeherrschbare Folgen des Klimawandels zu verhindern. Dazu müssen wir die Landwirtschaft widerstandsfähiger machen. Gerade in der Saatgutforschung, z. B. für stress-tolerante Nutzpflanzen, gibt es bereits vielversprechende Erfolge zu verzeichnen. Schon heute arbeiten Forschungsinstitute meines Hauses an der Entwicklung resilienter Sorten und klima-intelligenter Bewirtschaftungssysteme. Gleichzeitig müssen wir aber auch die limitierten Faktoren zur Kenntnis nehmen. So

kann und sollte nicht jede Pflanze an jedem Standort angebaut werden. Auf Standortgegebenheiten müssen wir verstärkt Rücksicht nehmen. Bei der Ausgestaltung eines innovativen, modernen Landwirtschaftssektors spielt auch die Mechanisierung und Digitalisierung eine zunehmend wichtige Rolle. Moderne Technologien führen nicht nur zur Produktivitätssteigerung, sondern tragen bei sachgemäßer Anwendung auch dazu bei, die Umwelt zu schonen, da Ressourcen effizienter genutzt werden können. Mit einer Landwirtschaft 4.0, die z. B. Technologien zur punktgenauen Bewässerung von Pflanzen ermöglicht, können wir hier weiter nach vorne kommen. Digital gesteuerte Prozesse laufen präziser ab und sparen dadurch Betriebsmittel ein. Entsprechend erhalten unter dem Schlagwort Precision Farming vielfältige neue Technologien Einzug in die Landwirtschaft. Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan hat im Dezember 2015 in einem Artikel für die Zeitschrift Foreign Affairs beschrieben, wie die Digitalisierung gerade afrikanischen Kleinbauern zugutekommen kann. Dafür gilt es vor allem die ländlichen Räume

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digital besser zu erschließen. Nur so können wir gerade auch die vielen jungen Menschen für die Arbeit im Agrarsektor begeistern und ihnen interessantere Arbeitsmöglichkeiten bieten. Meine Damen und Herren, wer sät der erntet, wer erntet der bleibt. Landwirtschaft ist ein elementarerer Baustein bei der Fluchtursachenbekämpfung und muss künftig in sicherheitspolitischen Konzepten stärker berücksichtigt werden. Wir brauchen starke ländliche Räume und wir brauchen eine starke Landwirtschaft. Dann ist eine Welt ohne Hunger möglich. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Die Stimme der Jugend auf der G20-Konferenz: Das Rural Future Lab

DIE STIMME DER JUGEND AUF DER G20-KONFERENZ: DAS RURAL FUTURE LAB Mehr als 130 junge Erwachsene aus 20 Ländern Afrikas, den G20-Staaten und Deutschlands kamen von 24. bis 26. April 2017 beim Rural Future Lab des BMZ in Berlin zusammen. Ob Landwirtinnen und Landwirte oder Unternehmer aus der Agrar- und Ernärungswirtschaft, Engagierte in kirchlichen Hilfswerken und Nichtregierungsorganisationen oder junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – sie alle engagieren sich für moderne, zukunftsfähige ländliche Räume. Die Abwanderung insbesondere der Jugend in urbane Zentren und der Strukturwandel auf dem Land, der damit einhergeht, ist nicht nur in Entwicklungs- und Schwellenländern ein Problem. Gemeinsam bereiteten sich die Teilnehmer intensiv auf die G20-Konferenz vor und suchten nach Lösungen und Ideen, um ländliche Räume auch in Zukunft für junge Menschen attraktiv zu machen. Am Beispiel von fünf erfolgreichen Initiativen zeigte die junge Generation gleich zu Beginn des ersten Konferenztags ihr Potenzial. Sie präsentierte eigene Lösungen und forderte von der Politik selbstbewusst geeignete Rahmenbedingungen.

„Wir sprechen bei der Konferenz nicht über, sondern mit den jungen Menschen aus dem ländlichen Raum. Aus aller Welt kommen sie zu uns mit einer klaren Botschaft: Die Jugend glaubt an die ländlichen Räume – kreativ, innovativ und als Gründer.“ Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller

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Unter ihnen: Paulina Selepe aus Lesotho. Als Generalsekretärin der Lesotho National Farmers’ Union gibt sie 30.000 Landwirten und Landwirtinnen politisches Gewicht. Auf der Konferenz forderte sie, dass junge Menschen ernst genommen und respektiert werden, auch wenn sie um Hilfe bitten: „Wir wissen, was wir tun, vergesst das nicht.“ Diese Auffassung teilt Krishna Govindasamy. Er hat in Indien den “Best Toilet of the Year Contest” ins Leben gerufen. Nach dem Motto “Your home is not complete without a toilet” überzeugt er vor allem junge, 44

„Um mehr Jobs zu schaffen braucht es Finanzierung und Fortbildung. Denn ich weiß, dass viele junge Menschen wirklich Arbeitsplätze schaffen wollen – aber ihnen fehlt das Geld und das Know-how.“ Nana Amponsah, Gründerin von GuzaKuza und Präsidentin der Direct Impact Foundation, Ghana

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innovationsbereite Inder von Sanitäranlagen. Die Politik rief er in Berlin dazu auf, Hygiene und Gesundheit nicht für selbstverständlich zu halten. Mehr politische Beachtung verlangte auch Modeste Dayato aus Benin und forderte besseren Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien für Bäuerinnen und Bauern in ländlichen Gebieten. Für den Gründer des Geflügelbetriebes „AGRI-Défi Production“ ist das Handy mittlerweile sein wichtigstes Arbeitsgerät. Auch Julia Wäger aus Deutschland warb für Veränderungen. Sie ist Referentin für internationale Entwicklung bei der Katholischen Landjugendbewegung und setzt sich für fairen Handel und Ernährungssouveränität ein. Die internationale Gemeinschaft müsse ökologisch und sozial nachhaltiger wirtschaften als bisher, sagte sie beim Talk auf der Konferenzbühne. Soziale Nachhaltigkeit geht für Alfousseni Sidibé aus Mali vor allem mit Stärkung und Beteiligung der jungen Landbevölkerung einher. Als Gründer des Start-Ups „Live Your Dream“ bietet er Fortbildungen für angehende Entrepreneure an.

„Mich über landwirtschaftliche Strukturen anderer Länder auszutauschen, finde ich sehr wichtig für die Weiterentwicklung in meinem eigenen Land.“ Alfousseni Sidibé, Gründer des Start-Ups „Live Your Dream“, Mali

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Zum Abschluss ihrer Vorstellung überreichten die jungen Menschen Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller im Namen der jungen Generation eine Reihe von Kernforderungen, die sie vor der Konferenz, im Rahmen des „Rural Future Labs“, erarbeitet hatten: • Schulbildung für alle • Mehr Angebote der Fort- und Weiterbildung gerade für Jungunternehmer/ -innen • Besserer Zugang zu Mikrofinanzierung • Förderung lokaler Innovationen • Ausbau von Stadt-LandPartnerschaften • Empowerment und Partizipation: Bessere Einbindung der jungen Generation in politische Entscheidungen

„Junge Menschen müssen in die Selbstständigkeit gehen und für sich selbst und andere Einkommen schaffen.“ Lunah Njeri, Vertriebsleiterin bei Bell Industries und Gründerin von Dudu Farm, Kenia

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Insbesondere sollen frühkindliche Bildung und die Förderung von jungen Mädchen und Frauen ausgebaut werden. Fort- und Weiterbildung werden als wesentliche Grundvoraussetzung für starke ländliche Räume gesehen – sie sollen traditionelles mit modernem Wissen verknüpfen. Bildung muss zugänglich, erschwinglich und praxisbezogen sein.

EINEWELT ohne Hunger ist möglich Charta | Die Stimme von Berlin der |Jugend Der Weg aufzur derCharta G20-Konferenz: von BerlinDas undRural ihre Umsetzung Future Lab

DAS RURAL FUTURE LAB Das Thema Jugendbeschäftigung im ländlichen Raum war einer der Schwerpunkte der G20-Konferenz „EINEWELT ohne Hunger ist möglich“. Allein in Afrika werden bis zum Jahr 2030 etwa 440 Millionen junge Menschen neu auf den Arbeitsmarkt drängen, die Mehrzahl von ihnen auf dem Land. Für die internationale Konferenz gab es einen umfangreichen Vorprozess, um junge Menschen aus dem ländlichen Raum afrikanischer Staaten, G20-Länder und aus Deutschland einzubinden. Insgesamt folgten mehr als 130 18- bis 35-Jährige der Einladung und nahmen auch an der Hauptkonferenz teil. Startpunkt auf dem Weg zur Konferenz war eine SMS-Umfrage unter 10.000 jungen Afrikanern zu Perspektiven, Visionen und Wertvorstellungen der Jugend Afrikas im ländlichen Raum.

Viele innovative und konkrete Ideen aus dem ländlichen Raum für den ländlichen Raum wurden präsentiert: Vom Verein „Taste of Heimat“, der die Gründung von Ernährungsräten in Deutschland vorantreibt, über RECO, einer ugandischen Organisation zur Förderung nachhaltiger Landwirtschaft, bis hin zum ersten Impact Hub im französischsprachigen Afrika. 30 junge afrikanische Erwachsene aus dem ländlichen Subsahara-Afrika trafen sich Ende März 2017 auf einem Workshop, um über die Ergebnisse der SMS-Befragung zu diskutieren und den Entwurf der „Charta von Berlin“ zu besprechen, die Diskussionsgrundlage der Hauptkonferenz „EINEWELT ohne Hunger ist möglich“. Im unmittelbaren Vorfeld der Konferenz fand vom 24. bis 26. April das Rural Future Lab in Berlin statt. An diesem nahmen neben den 30 afrikanischen jungen Erwachsenen rund 100 weitere engagierte junge Erwachsene aus dem ländlichen Raum afrikanischer Länder, Deutschlands, sowie aus den G20-Staaten teil. Hier wurden Netzwerke gegründet und die Kernbotschaften für die G20-Konferenz erarbeitet.

Zum Programm gehörten u. a. auch Exkursionen zu innovativen Betrieben im ländlichen Raum Brandenburgs. Ob Spargelhof, Aquaponikfarm oder Biogas-Anlage – die jungen Erwachsenen lernten lokal angepasste und nachhaltige, aber auch konventionelle Betriebe kennen, die das Berliner Umland und Brandenburg zu einem attraktiveren Lebens- und Wirtschaftsraum machen. Der Exkursionstag vermittelte zudem erfolgreiche Konzepte, Stadt und Land stärker zu verknüpfen, wie beispielweise den Kulturtourismus auf Schloss Ribbeck oder die Sensibilisierung von Stadtkindern durch Landwirtschaft in der Gemüseackerdemie.

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„Wir wollen lokale Ressourcen sinnvoll einsetzen.“ Luwayo Biswick, Landwirt und Permakultur-Trainer beim Kusmala-Institute of Agriculture & Ecology, Malawi

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Eine weitere Kernforderung: Den Zugang zu finanziellen Mitteln, vor allem über Mikrofinanzierung, stärken. Dazu muss es einen stabilen Markt mit gesundem Wettbewerb und eine bessere Verteilung von finanziellen Ressourcen geben. Die Landwirtschaft muss stärker als Markt für private Investitionen wahrgenommen werden. Auch mehr Know-How und Training in diesem Bereich sind notwendig.

„Um mehr Jobs zu schaffen, müssen junge Menschen zu Jobmachern statt zu Jobsuchenden werden.“ Lydia Florence Wafula, Milchbäuerin, Kenia

Schlüssel zur Unabhängigkeit von Großproduzenten und Preisdruck – und damit für ein gutes Einkommen. Grundvoraussetzung für die Lösungs-

ansätze und Forderungen der jungen Erwachsenen ist dabei immer eine bessere politische Teilhabe.

Dasselbe gilt für lokale Innovationen: Neue Technologien, kombiniert mit traditionellem Wissen, können die lokale Produktion steigern, neue Vermarktungsmöglichkeiten bieten oder innovative Finanzierungswege aufzeigen. Wichtig ist der jungen Generation dabei, dass die Technologien nachhaltig und an örtliche Gegebenheiten angepasst sind. Fortschritt darf nicht länger nur in urbanen Zentren stattfinden. Die jungen Erwachsenen setzten sich auch für eine stärkere StadtLand-Verbindung ein. Eine funktionierende Infrastruktur sollte für sie sicherstellen, dass die Produkte aus dem ländlichen Raum städtische Märkte erreichen. Der Ausbau von Direkt-Marketing ist für viele der 49

Charta von Berlin EINEWELT ohne Hunger | Der Weg ist möglich zur Charta | Die vonStimme Berlin und der Jugend ihre Umsetzung auf der G20-Konferenz: Das Rural Future Lab

MARKT DER MÖGLICHKEITEN – MEHR ALS NUR IDEEN Einige junge Entrepreneure stellten ihre Produkte und Erfolgsgeschichten während der Konferenz aus.

„Indem ich Bio-Ananas zu Bio-Saft weiterverarbeite kann ich einen höheren Gewinn erwirtschaften. Die Bio-Produktion und die verwendeten Glasflaschen sind nachhaltig. Die Weiterverarbeitung zu Saft schafft zusätzliche Arbeitsplätze und liegt obendrein im Trend. Ich habe mehr als zehn Jahre Erfahrung und gebe mein Wissen gerne an meine sieben Mitarbeiter weiter.“ Thierry Bossavi, Gründer des Fruchtsaftbetriebs Centre Agrofils d’un jour, Benin

„Ich nutze soziale Medien wie Facebook und bewerbe meine Mode online. So erreiche ich die richtige Klientel und minimiere die Kosten fürs Marketing. Bei Nahêni arbeiten ausschließlich Frauen. Die Fertigung traditioneller und doch moderner Kleidung ermöglicht ihnen ein Einkommen.“ Ayoko Loké Gabiam, Mitbegründerin des Modelabels Nahêni, Togo

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„Wir müssen jetzt anfangen darüber nachzudenken, wie wir effizient und gleichzeitig ökologisch nachhaltig arbeiten können. Darum berate ich Bienenzüchter und promote die mancherorts noch umstrittene ökologische Bienenhaltung. Denn unsere Umwelt wird nachfolgenden Generationen nur dann von Nutzen sein, wenn wir jetzt richtig handeln.“ Yemesrach Tadesse, Gründerin der Nichtregierungsorganisation Action4Words, Äthiopien

„Ich habe 75 junge Leute geschult und einige von ihnen eingestellt. Wir verarbeiten überreife Mangos durch Solarenergie zu Trockenfrüchten für den lokalen Markt und den Export. So bekämpfe ich mehrere Probleme auf einmal: Arbeitslosigkeit, Lebensmittelverschwendung und Umweltbelastung.“ Paul Zaake, Mitbegründer und Geschäftsführer Rakai Environmental Conservation Program (RECO), Uganda

„Mein Unternehmen für Reis- und Hirseverarbeitung nutzt moderne Technik und ist das fortschrittlichste seiner Art in Mali. Ich habe es von meiner Mutter übernommen. Für mich arbeiten vor allem Witwen und junge Frauen, für die es anderswo wenig Perspektiven gibt. Aufgrund der Nachfrage im In- und Ausland möchte ich bald expandieren.“ Halatou Dem, Geschäftsführerin des Getreideverarbeitungsbetriebs Danaya Céréales, Mali

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EINDRÜCKE VOM RURAL FUTURE LAB

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LÄNDLICHE ZUKUNFT IN ZAHLEN SMS-Befragung von 10.000 jungen Menschen in Subsahara-Afrika

Strukturwandel im vollen Gang 45 % 55 %

45 % der jungen Landbevölkerung pendelt zwischen Stadt und Land.

Gehen oder Bleiben? Mehr als die Hälfte der jungen Menschen ist noch unschlüssig. Viele würden sicher bleiben, wenn sich die wirtschaftliche oder sozialen Situation auf dem Land deutlich verbessert.

n Dorf/ländlicher Raum n Wechsel zwischen Stadt und Land

7 %

Eklatanter Beschäftigungsmangel Drei Viertel der jungen Menschen auf dem Land finden es schwierig, einen Job auf dem Land zu finden.

41 %

52 %

9 % 15 %

n Das hängt von den Bedingungen ab n wollen in die Stadt n bleiben im ländlichen Raum

76 % n trifft zu n trifft nicht zu n unentschieden

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Ländliche Zukunft in Zahlen

37 % 35 %

18 % 15 %

5 %

5 %

4 %

4 %

n Aus- und Weiterbildung

n Infrastrukturentwicklung

n Unterstützung für Landwirtschaft

n Mehr Beschäftigung

n Zugang zu Technologien

n Zugang zu Wassser

n Zugang zu Elektrizität

n weiß nicht

Drei Verbesserungen für attraktive ländliche Räume? Junge Menschen empfehlen vor allem: • Jobs • Bildung • Infrastruktur ÜBER DIE SMS-BEFRAGUNG

Landwirtschaft attraktiver als vermutet

26 %

Landwirtschaft ist eines der attraktivsten Berufsziele für junge Menschen und kann der Modernisierung des ländlichen Raums dienen.

23 %

14 %

13 % 10 % 7 %

6  %

• Antworten aus dem ländlichen Raum von 10.000 jungen Menschen in 21 afrikanischen Ländern • Alter und Geschlecht: 18-35 Jahre; 50 % weiblich, 50 % männlich • Verschiedene Gruppen (Studierende, Selbständige, Angestellte, Bäuerinnen und Bauern) • Datenerhebung Februar/März 2017 • Teilnahme frei; als Anreiz wurden freie SMS-Einheiten gewährt • Datenschutz: Durchführer Geopoll verfügt nicht über Telefonnummern oder andere Informationen, die eine Rückverfolgung ermöglichen würde • Auftraggeber: BMZ

2 %

n Öffentliche Verwaltung

n Industrie und Handwerk

n Agrar- und Ernährungssektor

n Transportwesen

n Kommunikation

n Rohstoffsektor

n Dienstleistungen

n Fischerei

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LÄNDLICHE ZUKUNFT IN ZAHLEN SMS-Befragung von 10.000 jungen Menschen in Subsahara-Afrika

Attraktivitätsfaktoren Um attraktiv zu sein, muss die Landwirtschaft sich lohnen und Investitionen wie auch den Einsatz von Technologien ermöglichen.

21 % 17 %

16 %

18 % 14 %

12 %

3 %

n wenn sie gut bezahlt wird

n wenn es Trainings und berufliche Bildung gibt

n wenn Technologie eingesetzt werden kann

n wenn ich investieren kann

n wenn ich Zugang zu Land erhalte

n Landwirtschaft ist überhaupt nicht attraktiv

n wenn ihr Ruf besser wird



Insgesamt große Offenheit für neue Technologien im Job. Für über 90 % sind neue Technologien (sehr) wichtig. 4%

4% n sehr wichtig

27%

n wichtig n nicht wichtig

65%

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n ganz unwichtig

EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Ländliche Zukunft in Zahlen

63 %

Familie und Tradition 88 % aller Befragten empfinden Familienbindung und traditionelle Werte als (sehr) wichtig.

25 %

9 % 3 % n sehr wichtig n wichtig n nicht so wichtig n überhaupt nicht wichtig

Optimismus überwiegt 93 % der jungen Leute erwarten in fünf Jahren eine große Verbesserung ihres Lebens. Optimismus ist das wichtigste Kapital für die Zukunft des ländlichen Raums in Afrika. 4%

2% 1% n viel besser

43%

50%

n besser n genau wie heute n schlechter n viel schlechter

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Die Stimme der Jugend auf der G20-Konferenz: Das Rural Future Lab

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Jugendbeschäftigung im ländlichen Raum – eine G20-Perspektive

„JUGENDBESCHÄFTIGUNG IM LÄNDLICHEN RAUM – EINE G20-PERSPEKTIVE“ Podiumsdiskussion am 27. April 2017

Am späten Nachmittag des ersten Konferenztags galt die Aufmerksamkeit ganz dem Fokus der G20, der Gruppe der 19 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer und der Europäischen Union. Jugendbeschäftigung im ländlichen Raum ist einer der zentralen entwicklungspolitischen Schwerpunkte der deutschen G20-Präsidentschaft 2017, denn vielen jungen Menschen fehlen weiterhin wirtschaftliche und soziale Entwicklungsmöglichkeiten, sich ein menschenwürdiges Leben aufzubauen. Das gilt besonders in ländlichen Regionen. Die G20 können einen wichtigen Beitrag leisten, diese wichtigen und aktuellen Herausforderungen anzugehen. Durch den besonderen Fokus auf Afrika ist das Thema Jugendbeschäftigung zugleich ein wichtiger Bestandteil der neuen G20-AfrikaPartnerschaft. Positive Entwicklungen in diesem Feld tragen auch zur Umsetzung des G20-Aktionsplans zur Agenda 2030 bei, dem Fahrplan der G20 zum Erreichen der nachhaltigen Entwicklungsziele.

„Industrieländer haben zur Entwicklung Asiens beigetragen. Nun ist Afrika an der Reihe.“ Thomas Silberhorn, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

In der Podiumsdiskussion standen Fragen im Mittelpunkt wie: Welche Bedeutung messen Vertreter der G20 der Entwicklung des ländlichen Raums in Entwicklungsländern bei? Was können die G20 tun und mit welchen Partnern können sie zusammenarbeiten, um Jugendbe-

schäftigung im ländlichen Raum zu fördern? Um die Rolle der G20 von verschiedenen Seiten zu beleuchten, diskutierten auf dem Podium fünf Vertreter aus Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft aus verschiedenen Ländern. 59

Charta von Berlin EINEWELT ohne Hunger | Der Weg ist möglich zur Charta | Jugendbeschäftigung von Berlin und ihre Umsetzung im ländlichen Raum – eine G20-Perspektive

„Die Deutsche G20-Präsidentschaft benennt zu Recht afrikanische Initiativen und Prozesse als Orientierung für G20-Aktivitäten. Denn Lösungsansätze für mehr Jugendbeschäftigung auf dem Land müssen nicht national, sondern regional ausgerichtet sein. Die „Malabo Erklärung“ (Malabo Declaration on Accelerated Agricultural Growth and Transformation for Shared Prosperity and Improved Livelihoods) verbindet Landwirtschafts- und Wirtschaftspolitik - sie ist daher einer der zentralen Anknüpfungspunkte für gemeinsame Aktivitäten der G20. Nationale Probleme lassen sich in Afrika am besten durch regionale Initiativen lösen.“ Ibrahim A. Mayaki, Vorsitzender New Partnership for Africa’s Development Planning and Coordinating Agency (NEPAD), Südafrika

„Ländliche Jugendbeschäftigung und der besondere Fokus auf den afrikanischen Kontinent sind eine zentrale entwicklungspolitische Priorität der deutschen G20-Präsidentschaft. Für immer mehr junge Menschen in ländlichen Regionen Afrikas müssen attraktive wirtschaftliche und soziale Zukunftsperspektiven geschaffen werden. Insbesondere ist es notwendig, deutlich mehr produktive Arbeits-, Einkommens- und Weiterbildungsmöglichkeiten bereitzustellen. So werden nachhaltige ländliche Entwicklung und politische Stabilität langfristig gesichert und Fluchtursachen bekämpft. Wenn sich der faire Handel darauf beschränkt, wie Kleinbauern Kaffeebohnen anbauen, und schon das Rösten des Kaffees nicht mehr in Afrika stattfindet, dann ist das zu wenig Wertschöpfung.“ Thomas Silberhorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Deutschland

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Charta von Berlin | Der Weg Charta von Berlin undG20-Perspektive ihre Umsetzung EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Jugendbeschäftigung imzur ländlichen Raum – eine

„Die große Anzahl von jungen Menschen in Afrika verfügt über ein enormes kreatives und unternehmerisches Potenzial. Um die Chancen zu nutzen, sollten die G20-Staaten junges Unternehmertum und Weiterbildungsmöglichkeiten in Afrika unterstützen. Auf diese Weise kann auch die Beschäftigung im landwirtschaftlichen Sektor für junge Menschen wieder attraktiver gemacht werden. Der afrikanische Kontinent gehört der jungen Generation. Daher müssen sie im Fokus von Politik und Entwicklungsinitiativen stehen. (…) Die deutsche G20-Präsidentschaft sollte im Hinblick auf dieses Ziel nicht weniger ambitioniert sein.“ Nachilala Nkombo, Interimsgeschäftsführerin ONE International Afrika

„Jugendbeschäftigung ist für die ländliche Entwicklung besonders wichtig. Aus indischer Perspektive müssen wir insbesondere in ländliche Infrastruktur und den Ausbau digitaler Netze investieren. Lebensbedingungen in ländlichen Gebieten vielfältiger zu gestalten, unter anderem durch den Zugang zu Mikrofinanzierungen, ist einer der effizientesten Wege, um ländliche Armut zu verringern.

„In China hat eine höhere landwirtschaftliche Produktivität die ländliche Entwicklung beflügelt und schließlich zum Aufbau einer ländlichen Industrie geführt. Forschung und Technologietransfer waren wichtige Komponenten für Entwicklung und können es auch in anderen Regionen der Welt sein. Für die Entscheidung, im ländlichen Raum zu bleiben, spielen nicht nur ökonomische Faktoren eine Rolle, wie z. B. Beschäftigungsmöglichkeiten, sondern insbesondere auch soziale und kulturelle Faktoren.“ Professor Xiaoyun Li, Dekan der Fakultät für Geisteswissenschaften und Entwicklung an der Landwirtschaftlichen Universität Chinas in Peking und Mitglied der Think20-Gruppierung

Die Jugend im ländlichen Raum sowie ihre Beschäftigungsperspektiven sind der Schlüssel für eine nachhaltigere Entwicklung unserer Welt.“ Amarjeet Sinha, Staatssekretär im Ministerium für Ländliche Entwicklung, Indien

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Jugendbeschäftigung im ländlichen Raum – eine G20-Perspektive

GESCHLOSSENES ARBEITSTREFFEN VON HOCHRANGIGEN G20-REPRÄSENTANTEN Am zweiten Konferenztag trafen sich hochrangige Repräsentanten der G20-Staaten zu einem geschlossenen Arbeitstreffen unter der Leitung von Thomas Silberhorn, dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Geprägt von den inspirierenden Beiträgen des ersten Konferenztags, tauschten die Vertreter ihre Meinungen und Erfahrungen zu ländlicher Jugendbeschäftigung aus und verständigten sich über mögliche Maßnahmen der G20. Aspekte wie die Unterstützung afrikanischer Strategien und Initiativen, Berufsbildung und Schaffung von Arbeitsplätzen sowie Finanzdienstleistungen wurden beleuchtet. Zudem diskutierten die Delegationen die derzeitige Hungerkrise in Süd-Sudan, Somalia, Nord-Nigeria und im Jemen. Die Präsidenten der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB), Akinwumi Adesina, des Internationalen Agrarentwicklungsfonds (IFAD), Gilbert Fossoun Houngbo, sowie Vertreter der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO)

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und der Weltbank steuerten ihre Expertise zu unterschiedlichen Aspekten von ländlicher Jugendbeschäftigung und notwendigen Maßnahmen bei. Die G20-Vertreter würdigten die zweitägige Konferenz als besondere Gelegenheit, sich mit einer großen Bandbreite von Akteuren mit unterschiedlichen Ansichten auf die Entwicklung ländlicher Räume auszutauschen. Insbesondere die kraftvollen Beiträge einiger der jungen Teilnehmer aus Afrika, verschiedenen G20-Staaten und Deutschland hatten sichtlich Eindruck hinterlassen. Die Diskussionen und Ergebnisse des geschlossenen Arbeitstreffens dienten der Vorbereitung des Treffens der G20Staats- und Regierungschefs beim Gipfel in Hamburg am 7. und 8. Juli 2017. Diese verabschiedeten dort die „G20-Initiative für Jugendbeschäftigung im ländlichen Raum“. Darin verpflichten sich die G20, mehr zu tun, um Jugendliche auf dem Land zu unterstützen und bessere wirtschaftliche und soziale Perspektiven zu schaffen.

Alle Podiumsgäste waren sich einig, dass die G20-Staaten eine wichtige Rolle haben: Sie können einen deutlichen politischen Impuls für das Thema setzen und mit konkreten Maßnahmen vorangehen, um bessere Perspektiven für Jugendliche auf dem Land zu schaffen. Die Diskussion zeigte auch, dass Partnerschaften der G20 mit unterschiedlichen Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft notwendig sind, um Veränderungen zu bewirken. Als besondere Chance zeigte sich die Vielfältigkeit der G20-Staaten, speziell ihre unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen mit ländlicher Jugendbeschäftigung. So könnten die Länder dieser Gruppe im Rahmen von Süd-Süd- und Dreieckskooperationen zusammen mit afrikanischen Partnern passgenaue Aktivitäten entwickeln und umsetzen. Der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn betonte, dass alle G20-Länder und -Partner eingeladen seien, die neue Partnerschaft mit Afrika mitzugestalten. Er zähle dabei insbesondere auf China und Indien – sie könnten durch ihre eigenen Erfahrungen unmittelbar dazu beitragen, Wege zu finden, wie sich Afrikas ländliche Armut mindern lässt.

EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Jugendbeschäftigung im ländlichen Raum – eine G20-Perspektive

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Die Stimme der Jugend auf der G20-Konferenz: Das Rural Future Lab

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Die „Charta von Berlin“

DIE „CHARTA VON BERLIN“ Entstehungsprozess

Die „Charta von Berlin“ formuliert ein modernes Leitbild für eine vorausschauende und innovationsfreudige ländliche Entwicklung. Unter dem Motto „Chancen schaffen mit der jungen Generation im ländlichen Raum“ zeigt sie weltweite Trends, Herausforderungen und Chancen für ländliche Räume in Zeiten der Globalisierung und Urbanisierung und gibt dabei der jungen Generation eine Stimme.

LÄNDLICHE RÄUME ALS ZUKUNFTSRÄUME 2050 werden voraussichtlich mehr als neun Milliarden Menschen auf der Welt leben. Nur durch eine nachhaltige ländliche Entwicklung wird es möglich sein, sie alle mit ausreichender und gesunder Nahrung zu versorgen. Viele junge Menschen sind auf der Suche nach einem besseren Leben. Für sie muss der ländliche Raum echte Perspektiven bieten. Dabei geht es nicht nur um Einkommen und menschenwürdige Arbeit, sondern auch um Bildung, Gesundheit, Energie, sauberes Wasser, intakte Ökosysteme, zeitgemäße Infrastruktur, Mobilität, Informations- und

Kommunikationstechnologien, funktionierende Verwaltungen und kulturelle Angebote. Damit wird das Leben auf dem Land attraktiv.

ENTSTEHUNGSPROZESS UND ÜBERGABE AN DEN MINISTER Der Entwurf der Charta wurde von einer internationalen und unabhängigen Expertengruppe unter dem Vorsitz von Prof. Joachim von Braun (Zentrum für Entwicklungsforschung, Bonn) und Dr. Agnes Kalibata (Präsidentin der Alliance

for a Green Revolution in Africa) erarbeitet. In dem mehrmonatigen Entstehungsprozess waren Fachleute aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Privatwirtschaft und der Entwicklungszusammenarbeit, aber auch eine Vielzahl junger Menschen beteiligt. Die Öffentlichkeit konnte den Entwurf in einem Online-Konsultationsprozess kommentieren. Im März und April 2017 entwickelten beim „Rural Future Lab“ rund 130 junge Erwachsene aus aller Welt ihre Vision und Zukunftsideen für den ländlichen Raum und brachten sie in den Chartaprozess ein. 65

EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Die „Charta von Berlin“

Auf der Konferenz wurde das Dokument in sechs Themenforen abschließend von den rund 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmern diskutiert und ergänzt. Schließlich übergaben die Vorsitzenden der Expertengruppe die „Charta von Berlin“ im Namen aller Beteiligten dem Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller.

EIN POLITISCHES BEKENNTNIS Die Charta von Berlin ruft Entscheidungsträger weltweit auf, sich mit voller Kraft und im Sinne der Agenda 2030 für ländliche Entwicklung einzusetzen. Unter anderem fordert sie von den G20-Staaten:

• bis 2025 mindestens 600 Millionen Menschen aus Hunger und Unterernährung zu befreien; • die Hungerkrise in Ostafrika und am Horn von Afrika mit konzertierten politischen und humanitären Maßnahmen umgehend zu beenden; • bis 2025 allen jungen Menschen auf dem Land Zugang zu Bildung und Ausbildung zu ermöglichen; • die Jugendarbeitslosigkeit im ländlichen Raum bis zum Jahr 2025 zu halbieren; • flächendeckend bezahlbare Informations- und Kommunikationstechnologien verfügbar zu machen. Darüber hinaus richtet die Charta Forderungen an Regierungen weltweit, den Privatsektor, die Zivilgesellschaft und Entwicklungs- und Finanzinstitutionen. Das Dokument Die „Charta von Berlin“ finden Sie im Internet unter www.bmz.de/Berlin-Charta Den Handlungsaufruf der Charta finden Sie im Anhang ab S. 99.

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Charta von Berlin EINEWELT | Der Weg ohne zurHunger Charta ist vonmöglich Berlin und | Charta ihre Umsetzung von Berlin

ENTSTEHUNGSPROZESS Charta von Berlin

KICK-OFF 01/2017

Erstfassung Durch unabhängiges Charta-Beratungs-Komitee Vorsitz: Prof. Joachim von Braun, Dr. Agnes Kalibata

DISKUSSION UND ENTWICKLUNG 02/2017

03/2017

Öffentliche Online-Konsultation Zivilgesellschaft, Privatsektor, Einzelpersonen, Entwicklungspartner kommentieren den Entwurf Reflektion • mit Akteuren aus dem Bereich Ernährungssicherung und ländliche Entwicklung • mit deutschen und internationalen Jugendvertretern

FERTIGSTELLUNG 04/2017

Anerkennung der Charta Offizielle Übergabe an den Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

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Charta von Berlin EINEWELT ohne Hunger | Der Weg ist möglich zur Charta | Die von„Charta Berlin und von Berlin“ ihre Umsetzung

STIMMEN AUS DEM CHARTA-PROZESS

„Für mich ist es wichtig, dass wir den Organisationen der Zivilgesellschaft wieder Raum für politische Entscheidungen eröffnen. Denn wir haben gesehen, dass die Freiheit der Zivilgesellschaft in den letzten Jahren kleiner geworden ist, insbesondere in Afrika und Indien. Die Zivilgesellschaft ist aber sehr wichtig, um den Bedürfnissen der ländlichen Bevölkerung Ausdruck zu verleihen – der ärmsten Bevölkerung. Sie muss das garantierte Recht bekommen, als politischer Akteur handeln zu können.“

„Aus meiner Sicht ist eines der wichtigsten Ergebnisse der Charta, dass diese die Notwendigkeit offenlegt, weiter in Entwicklungsstrategien zu investieren und dabei die Trennung zwischen Stadt und Land durch räumliche Entwicklungsansätze zu überwinden.“ Bruno Losch, CIRAD, Frankreich, und Co-Direktor GovInn, University of Western Cape, Südafrika

Dr. Ilona Auer Frege, Leiterin Misereor Berlin Danaya Céréales, Mali

„Ich finde es toll, wie die Charta in die Breite geht, um Menschen wirklich aus der Armut zu befreien. Wir sind eine Menschheit – und wir dürfen niemanden zurücklassen.“ Dr. Mo Ibrahim, Unternehmer und Gründer der Mo Ibrahim Stiftung

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„Planen Sie die Zukunft nicht für, sondern mit uns Jugendlichen.“ Alfousseni Sidibé, Jungunternehmer und Teilnehmer des „Rural Future Labs“, Mali

Charta von Berlin | Der Weg zur Charta von Berlin ihre Umsetzung EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Dieund „Charta von Berlin“

„Für mich die wichtigste Botschaft: Wir brauchen nachhaltige Landschaften. Es gibt zwei Hauptperspektiven: Die Umweltherausforderung und die Herausforderung, Jobs für junge Menschen zu schaffen.“ Prof. Klaus Töpfer, Direktor Think Tank for Sustainability

„Wir wollen Infrastruktur für den Strukturwandel. Es geht darum, Verbindungen zu schaffen zwischen urbanen Zentren und ländlichen Gebieten. Aber in beide Richtungen: nicht nur zur Versorgung urbaner Zentren, sondern auch, damit urbane Zentren ländlichen Räumen Anreize zum Wachsen bieten.“ Dr. Ousmane Badiane, Afrika-Direktor IFPRI

„Ernährung und soziale Sicherung sind grundlegende Komponenten für Entwicklung. Um in der Lage zu sein, hier zu liefern, müssen wir uns aber auch mit Themen befassen, die jenseits von Ernährung liegen. Beispiele sind Wasser- und Sanitärsysteme und Kinderbetreuung für arbeitende Mütter. Wir müssen zudem versuchen, mehr alternative Einkommensmöglichkeiten zu finden, z. B. durch Zahlungen für Ökosystemleistungen.“

„Die Jugend braucht nicht auf die Regierung zu warten – sie soll einfach unternehmerisch loslegen, mit ihren eigenen Mitteln.“ Ayoko Loké Gabiam, Gründerin eines Modeunternehmens, Togo

Prof. Sheryl Hendriks, Institute for Food, Nutrition and Well-being, Universität Pretoria

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Die Stimme der Jugend auf der G20-Konferenz: Das Rural Future Lab

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Jobs, Jobs, Jobs – Aber wer macht was?

„JOBS, JOBS, JOBS – ABER WER MACHT WAS?“ Podiumsdiskussion am 27. April 2017

Auf dem Podium diskutierten unter der Überschrift „Jobs, Jobs, Jobs“ fünf hochrangige Konferenzteilnehmer die Kernfrage: Wer übernimmt auf dem Weg zu mehr Arbeitsplätzen in ländlichen Räumen Verantwortung?

sammenarbeit kann reformbereite Regierungen vor Ort unterstützen, indem sie sie dazu befähigt, die für privatwirtschaftliche Investitionen notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.

Dass Beschäftigung insbesondere durch kleine und mittelständische Unternehmen geschaffen wird, darin waren sich die Gesprächsteilnehmer einig. Auch darüber, dass die Wirtschaft Unterstützung von der Politik braucht: Sie muss gute Rahmenbedingungen schaffen. Dazu gehören neben Rechtssicherheit, Infrastruktur und Achtung der Menschenrechte insbesondere auch gute Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für junge Menschen. Denn Unternehmen sind auf gut ausgebildete Arbeitskräfte vor Ort angewiesen. Internationale Zusammenarbeit kann hier unterstützen – letztlich liegt die Verantwortung aber vor allem bei Politik und Bevölkerung in den jeweiligen Ländern.

Dabei geht es nicht um die Förderung von Investitionen von Big Playern, sondern vor allem um Diversifizierung durch kleine und mittelständische lokale Start-Ups. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, können junge Menschen sich selbständig machen und vor Ort Arbeitsplätze schaffen. Wir möchten aber auch kleinere und mittlere Betriebe aus Deutschland dazu motivieren, verstärkt in Afrika zu investieren. Nur etwa drei Prozent der deutschen Direktinvestitionen werden derzeit in Afrika getätigt.

DAGMAR WÖHRL Mitglied des deutschen Bundestages und Vorsitzende des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung „Wurde das Thema ländliche Entwicklung viele Jahre vernachlässigt, ist es jetzt ein Zukunftsthema. Ländliche Entwicklung ist notwendig, um für junge Menschen Zukunftsperspektiven zu schaffen. Hier spielt insbesondere die Wirtschaft eine wichtige Rolle. Damit aber ein Unternehmer investiert, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Die Internationale Zu-

„Wirtschaft wird in der Wirtschaft gemacht, und diese schafft Beschäftigung. Doch privatwirtschaftliche Investitionen werden nur dann getätigt, wenn die Rahmenbedingungen stimmen und es vor Ort qualifizierte Arbeitskräfte gibt.“

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Jobs, Jobs, Jobs – Aber wer macht was?

Wichtig ist, dass die Wertschöpfung vor Ort erfolgt. Bisher werden meist Primärgüter exportiert und in Industrieländern veredelt. Dies muss geändert werden: Von der Ernte bis zum Regal muss die Wertschöpfung in Afrika erfolgen. Die deutsche Bundesregierung fördert dies z. B. im Rahmen von 14 Grünen Innovationszentren. Ein weiterer Schwerpunkt der deutschen internationalen Zusammenarbeit ist die berufliche Bildung, die wir im Rahmen von derzeit 63 Berufsbildungszentren weltweit fördern.“

DR. MO IBRAHIM Unternehmer und Gründer der Mo Ibrahim Stiftung, Großbritannien „Durch die Förderung guter Regierungsführung fördern wir gleichzeitig Investitionen. Niemand investiert in ein Land, in dem keine Rechtssicherheit herrscht, in dem es den Arbeitskräften an Ausbildung fehlt, indem es keine Elektrizität und keine Straßen gibt, in dem Güter den Hafen nicht passieren und in dem es soziale Konflikte und Kriegen gibt. Aber auch im Privatsektor spielt gute Regierungsführung, wie z. B. Transparenz und die Bekämpfung von Korruption und Steuerflucht, eine

wichtige Rolle. Afrikanische Politiker und Bürger müssen Ownership entwickeln, um diese Rahmenbedingungen selbst zu schaffen. Denn niemand wird kommen und diese Aufgabe für sie übernehmen. Viele Regierungen in Afrika haben bereits ein gutes oder sehr gutes Niveau an guter Regierungsführung, doch leider stehen oft nur die „faulen Äpfel“ im Fokus. Derzeit haben wir starke Migrationsbewegungen von ländlichen Gegenden in urbane Zentren. Auf dem Land gibt es oft keinen Strom, kein kulturelles Angebot, keine medizinische Versorgung – natürlich migrieren die jungen Menschen. Die Politik muss ländliche Räume mehr fördern. Doch durch die Gegenwartspräferenz der Wähler sind sie meist nur auf kurzfristige Erfolge bedacht. Menschen in den Städten können schnell Aufsehen erzeugen und dadurch der Politik

„Das ist das Problem: Der ländliche Sektor ist unsexy. Er ist nicht interessant für junge Leute. Es gibt kein Fernsehen, keine Handys, kein Licht, keinen Strom, kein Kino, kein Fußball. Nichts. Würden Sie dort leben wollen?”

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Jobs, Jobs, Jobs – Aber wer macht was?

schaden. Diese Möglichkeit gibt es auf dem Land meist nicht.“ Im Kontext von Beschäftigungsförderung ist es besonders wichtig, die Wirtschaft eines Landes divers aufzustellen. Nigeria ist ein gutes Beispiel: Vor Entdeckung großer Erdölvorkommen war Nigeria Nahrungsmittelexporteur. Während des Erdölbooms wurde die Förderung der Landwirtschaft nahezu aufgegeben, Nahrungsmittel müssen heute importiert werden. Doch aufgrund der Erdölpreiskrise fehlt dazu das Geld. Die Analyse entsprechender Daten zeigt, dass es in Afrika keine Korrelation zwischen dem Wachstum des BIP und Beschäftigung gibt. Der Abbau von Erzen, Öl und Gas schafft keine Arbeitsplätze.“

„Menschen sind von Natur aus Unternehmer. Sie besitzen eine unendliche Menge an kreativen Ideen. Lassen Sie die Kreativität frei! Das geht nur durch die Schaffung von passenden Finanzinstitutionen, die auf die Bedarfe der Armen ausgerichtet sind.“

PROF. MUHAMMAD YUNUS Gründer der Grameen Bank und Nobelpreisträger, Bangladesch „44 Millionen junge Menschen strömen jährlich neu auf den Arbeitsmarkt. Das sind 44 Millionen potenzielle Unternehmerinnen und Unternehmer mit großartigen Ideen. Sie brauchen Kapital, um ihre Ideen in die Tat umzusetzen. Dadurch werden sie von Job-Suchenden zu Job-Schaffenden. Doch leider wird keine Bank der Welt freiwillig einen jungen Menschen finanzieren, der zwar eine wunderbare Geschäftsidee, aber keinerlei Arbeitserfahrung besitzt.

Mikrokredite, wie sie etwa durch den Sozialfonds der Grameen Bank ausgegeben werden, sind eine Möglichkeit, die Kreativität der jungen Menschen zu entfesseln. Weltweit gibt es heute etwa 300 Millionen Empfänger von Mikrokrediten; die meisten von ihnen arm, die meisten von ihnen Frauen. Viele von ihnen können nicht lesen und nicht schreiben und haben ihr Dorf nie verlassen. Aber wenn das Geld auf dem Tisch liegt, gründen sie ihre Unternehmen: züchten Hühner, Gemüse, nähen und verkaufen auf dem Markt. Leider ist das Finanzsystem nicht auf die Bedarfe der Armen ausgerichtet. Der Großteil der 300 Millionen MikroKredite wurde durch Nichtregierungsinstitutionen ausgegeben. Wir brauchen also mehr Banken, die als soziale Unternehmen auf die Bedarfe 73

EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Jobs, Jobs, Jobs – Aber wer macht was?

der Armen ausgerichtet sind. Wenn wir neue Ziele erreichen wollen, können wir das nicht über die alten Wege tun. Zur Verbesserung der Attraktivität des Agrarsektors, auch für junge Menschen, ist eine faire Entlohnung sehr wichtig: Die enorme Differenz zwischen dem, was der Produzent erhält, und dem Preis, den der Endverbraucher zahlt, muss verringert werden. Partnerschaften mit der internationalen Privatwirtschaft können im Bereich der Produktion, Verarbeitung und Vermarktung einen wichtigen Beitrag leisten.“

TONY O. ELUMELU Unternehmer und Gründer der Tony Elumelu Stiftung, Nigeria „Das Problem der Jugendarbeitslosigkeit hat für Afrika derzeit absolute Priorität. Es muss aber durch die Afrikanerinnen und Afrikaner selbst gelöst werden. Der Privatsektor kann die nötigen Arbeitsplätze schaffen, benötigt dafür aber die passenden Rahmenbedingungen. Der „Marshall Plan mit Afrika“ der deutschen Bundesregierung ist eine gute Idee, doch die Afrikanerinnen und Afrikaner müssen klar die Führung übernehmen.

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Afrika hat eine unendlich große Zahl an qualifizierten, kreativen und ambitionierten jungen Menschen voller Geschäftsideen, die sie aufgrund mangelnder Ressourcen nicht umsetzen können. Wir müssen diese jungen Unternehmerinnen und Unternehmer dazu befähigen, ihre Ideen zu verwirklichen und so Arbeitsplätze zu schaffen. Dabei darf die internationale Zusammenarbeit jene nicht vergessen, deren Regierungen möglicherweise das geforderte Maß an guter Regierungsführung nicht erfüllen. Denn dort verfestigen sich dann die schlechten Rahmenbedingungen. Das betrifft am Ende uns alle. Die im Jahr 2010 gegründete Tony Elumelu Stiftung widmet sich

„Nicht die großen Unternehmen sind für die Lösung des Beschäftigungsproblems zentral, sondern die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Wenn wir Unternehmertum nicht fördern, wird dies angesichts der hohen Jugendarbeitslosigkeit und des Bevölkerungswachstums zu enormen Problemen führen. Nicht nur in Afrika, sondern überall.“

EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Jobs, Jobs, Jobs – Aber wer macht was?

der Förderung von Unternehmertum und Beschäftigung und konnte bereits mehrere Tausend junge Unternehmerinnen und Unternehmer bei der Umsetzung ihrer Ideen unterstützen. Dennoch müssen viele tausende junge Menschen jährlich abgewiesen werden. Afrika wird sich nicht entwickeln, wenn wir - die internationale Zusammenarbeit, Philanthropen, Politiker und Wirtschaftsführer - diesen jungen Menschen nicht helfen.“

PROF. KLAUS JOSEF LUTZ Vorstandsvorsitzender der BayWa AG, Deutschland „Es wird prognostiziert, dass die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 auf neun bis zehn Milliarden Menschen wächst, während die verfügbare Ackerfläche aufgrund der starken Urbanisierung und Industrialisierung zurückgeht. Gleichzeitig wird die Nachfrage nach höherwertigen, insbesondere proteinhaltigen Nahrungsmitteln steigen. Für deren Produktion bedarf es entsprechender Futtermittel und eines entsprechenden Getreideaufkommens.

Afrika bietet sich für Investitionen aus verschiedenen Gründen an: Aufgrund des Klimawandels könnten sich Teile des afrikanischen Kontinents zu einer neuen Kornkammer für diese Welt entwickeln. Darüber hinaus gibt es, insbesondere im südafrikanischen Raum, aber auch in Osteuropa und Asien, sehr viel brachliegende Agrarfläche, die für die Produktion reaktiviert werden können. Für diese Investitionen und damit für die Schaffung von Arbeitsplätzen bedarf es aber entsprechender Rahmenbedingungen. Das gilt auch für die Investitionsentscheidungen unseres Unternehmens, z. B. in Südafrika oder Sambia, für die es der Berechenbarkeit und Verlässlichkeit bedarf.

„Selbsthilfe, Selbstorganisation und Selbstverwaltung sind ein Ansatz für die Problemlösung. Das Genossenschaftswesen als Teil der sozialen Marktwirtschaft könnte einen großartigen Beitrag leisten.“

Für die Lösung des Problems und die Sicherung der Welternährung werden gut ausgebildete junge Menschen und innovative Technologien benötigt. Gemeinsam mit unseren Partnern vor Ort und auf deren Wunsch hin bilden wir deshalb auch vor Ort aus und haben die ersten Kollegen auch schon zu unseren bayrischen Standorten eingeladen. Dieser Austausch ist ein großer Erfolg, bei dem nicht nur unsere Gäste ihr Wissen über Technologie und Betriebswirtschaft erweitern, sondern wir beide auch viel über Kultur lernen und darüber, wie wir vor Ort gut zusammenarbeiten und -leben können. Darüber hinaus haben wir gemeinsam mit RWA Raiffeisen Ware Austria die Innovationsplattform Agro Innovation Lab gegründet, mit der weltweit junge innovative Unternehmerinnen und Unternehmer gefördert werden.“ 75

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ICRD FACHPODIEN ÜBERSICHT ONE World No Hunger – Future of the Rural World

BERLIN 28. APRIL 2017 Organisationen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und internationaler Zusammenarbeit stellen in parallelen Fachpodien

praxis- und wirkungsorientiert Umsetzungsinitiativen zur Förderung ländlicher Räume und (Jugend-) Beschäftigung vor.

1. Grüne Innovationszentren: Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft und Ernährungssicherung ORGANISATION

EINFÜHRUNG

HOCHRANGINGE TEILNEHMER, U. A.

Andreas Hermes Akademie (AHA)

Eine nachhaltige Agrarwirtschaft ist auf Innovationen angewiesen! Doch welche Rahmenbedingungen braucht es für deren Verbreitung?

Jacob Ouédraogo, Minister für Landwirtschaft und Wasser, Burkina Faso

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH

Andreas Proksch, Bereichsleiter, GIZ Django Cissé, Unternehmer, Mali Dr. Andreas Quiring, Geschäftsführer, AHA

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2. Tragfähige Investitionen in ländliche Innovationen: Wiederherstellung von Naturkapital für Nachhaltige Entwicklung ORGANISATION

EINFÜHRUNG

HOCHRANGINGE TEILNEHMER, U. A.

Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH

Tragfähige Investitionen in ländliche Innovationen: Wiederherstellung von Naturkapital für Nachhaltige Entwicklung

Jacob Ouédraogo, Minister für Landwirtschaft und Wasser, Burkina Faso

Deutsches Institut für Menschenrechte

Prof. Dr. Tony Simons, Generaldirektor (ICRAF)

Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS)

Alexander Müller, Geschäftsführer, TMG

World Agroforestry Centre (ICRAF)

Christel Weller-Monlongua, Abteilungsleiterin, GIZ

Weltnaturschutzunion (IUCN) Topfer Müller Gaßner (TMG) GmbH – ThinkTank for Sustainability

Nkiruka Nnaemego, Fresh & Young Brains Development Initiative, Nigeria

3. Professionalisierung der Landwirtschaft: Einkommen sichern, Jugend gewinnen, ländliche Räume stärken ORGANISATION

EINFÜHRUNG

HOCHRANGINGE TEILNEHMER, U. A.

Arbeitsgruppe Agrarwirtschaft

Im Fokus des Panels mit internationalen Gästen stehen erfolgreiche Beispiele, wie Fortschritt durch eine Professionalisierung der Landwirtschaft erreicht werden kann: Welche politischen Rahmenbedingungen sind notwendig? Welche Rolle spielt der Privatsektor?

Fatma Ben Rejeb, CEO, Pan-African Farmers Organization (PAFO)

Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft e.V. Ostasiatischer Verein e. V. (OAV)

Agatha Wamuyu Thuo, Vorstandsmitglied der Bezirksregierung Nyandarua für Landwirtschaft, Tierhaltung und Fischerei, Kenia Mareike Brandt, Projektleiterin Afrika, Business Development Agri-Services, BayWa AG Dr. Thomas Duve, Abteilungsleiter Südliches Afrika und Regionale Fonds, Entwicklungsbank (KfW); Verwaltungsratsvorsitzender des Africa Agriculture and Trade Investment Fund (AATIF) Torsten Spill, Co-Vorsitzender, Arbeitsgruppe Agrarwirtschaft

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4. Investitionen im ländlichen Raum: Wie schaffen wir Arbeitsplätze - insbesondere für die junge Generation? ORGANISATION

EINFÜHRUNG

HOCHRANGINGE TEILNEHMER, U. A.

KfW Entwicklungsbank

Wie tragen Investitionen im ländlichen Raum dazu bei, Arbeitsplätze zu schaffen? Mit welchen Maßnahmen erzielen wir nachhaltige Beschäftigung? Wie schaffen wir Jobchancen für die junge Generation? Praktiker und Experten diskutieren über geeignete Ansätze.

Rui Benfica, Lead Economist, IFAD

Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) Französische Entwicklungsagentur (AFD)



Michael Wehinger, Abteilungsleiter Westafrika, KfW Jean-Luc François, Abteilungsleiter Landwirtschaft, Ländliche Entwicklung und Biodiversität, AFD

5. Bildung, Beschäftigung, Beteiligung – wie weibliche „Agripreneure“ dazu beitragen werden, die Demografische Dividende umzusetzen

ORGANISATION

EINFÜHRUNG

HOCHRANGINGE TEILNEHMER, U. A.

ONE Deutschland

Die Bevölkerung des afrikanischen Kontinents wird sich bis 2050 mehr als verdoppeln. Um das volle Potenzial dieser „Peak Youth“ zu nutzen, muss Afrika für diese Generation Jobs schaffen, und zielgerichtete Bildung, sowie Möglichkeiten der Beteiligung – insbesondere für Frauen und insbesondere im ländlichen Raum. Dieses Panel wird das Potenzial weiblicher „Agripreneure“ und die Herausforderungen, denen sie sich gegenübersehen, diskutieren.

Zouera Youssoufou, Geschäftsführerin, Dangote Foundation

Global Agriculture and Food Security Program (GAFSP)

Nichola Dyer, Programmmanagerin, GAFSP Nachilala Nkombo, Afrika-Direktorin (Interim), ONE Stephan Exo-Kreischer, Direktor, ONE Deutschland

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6. Maßnahmen zur Förderung des Jungunternehmertums in der afrikanischen Landwirtschaft ORGANISATION

EINFÜHRUNG

HOCHRANGINGE TEILNEHMER, U. A.

Malabo Montpellier Panel

In diesem hochrangigen Fachpodium wird die Auffassung vertreten, dass Afrika einen florierenden privatwirtschaftlichen Sektor benötigt, der für die Landbevölkerung und insbesondere für junge Menschen und Frauen die richtigen Voraussetzungen schafft, damit sie ihre unternehmerischen Fähigkeiten entfalten und ihre Ziele erreichen können. Das Podium wird sein Hauptaugenmerk darauf richten, wie dies zu bewerkstelligen ist.

Prof. Dr. Joachim von Braun, Abteilungsleiter Wirtschaftlicher und technologischer Wandel, Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF), Universität Bonn

Das Panel wird unterstützt von: • International Food Policy Research Institute (IFPRI) • Imperial College London • Universität Bonn

Dr. Ousmane Badiane, Afrika- Direktor, IFPRI Nachilala Nkombo, Afrika-Direktorin (Interim), ONE Dr. Agnes Kalibata, Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika (AGRA) Dr. Debisi Araba, Afrika-Direktor, Internationales Zentrum für tropische Landwirtschaft (CIAT) Dr. Wanjiru Kamau-Rutenberg, Direktorin African Women in Agricultural Research and Development (AWARD) Prof. Dr. Noble Banadda, Inhaber des Lehrstuhls Agricultural and Bio Systems Engineering, Makerere Universität, Uganda

7. Von der Forschung aufs Feld: Innovationen der Internationalen Agrarforschung für Ländliche Entwicklung ORGANISATION

EINFÜHRUNG

HOCHRANGINGE TEILNEHMER, U. A.

Consultative Group on International Agricultural Research (CGIAR)

Zusammen mit Bauern und anderen Partnern entwickeln internationale Agrarforschungsinstitute Innovationen um landwirtschaftliche Systeme zu verbessern. Generaldirektoren mehrerer Institute diskutieren über ihre Arbeit, Herausforderungen und Potenziale.

Dr. Shenggen Fan, Generaldirektor, International Food Policy Research Institute (IFPRI)

Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH International Centre of Insect Physiology and Ecology (icipe) Universität Hohenheim

Dr. Segenet Kelemu, Generaldirektor, icipe Prof. Dr. Martin Kropff, Generaldirektor, International Maize and Wheat Improvement Center (CIMMYT) Dr. Stefan Schmitz, Beauftragter für die Sonderinitiative „EINEWELT ohne Hunger“, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Prof. Dr. Tony Simons, Generaldirektor, World Agroforestry Centre (ICRAF) Kwesi Atta-Krah, Director International Institute of Tropical Agriculture (IITA)

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Gerd Fleischer, Gruppenleiter Agrarinnovationen und Nachhaltigkeitsstandards, GIZ

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8. Räumliche Perspektiven auf ländliche Beschäftigung und Ernährungssicherheit ORGANISATION

EINFÜHRUNG

HOCHRANGINGE TEILNEHMER, U. A.

Welternährungsorganisation (FAO)

Das Expertenpanel bringt hochrangige Vertreter afrikanischer Regierungen und Repräsentanten der OECD, NEPAD und der FAO zusammen, die räumliche Ansätzen zur Beschäftigungsförderung und Nahrungsmittelsicherheit im ländlichen Afrika diskutieren werden.

Dr. Hélène Bali Némé, Generalsekretärin, Ministerium für Landwirtschaft, Tierhaltung und Fischerei (MAEH), Togo

New Partnership for Africa’s Development (NEPAD) Planning and Coordinating Agency OECD-Entwicklungszentrum (DEV) und OECD-Zentrum für Entrepreneurship, KMU und Lokalentwicklung (CFE)

Jacob Ouédraogo, Minister für Landwirtschaft und Wasser, Burkina Faso Dr. Ibrahim Assane Mayaki, CEO, NEPAD Agency Federico Bonaglia, Stellvertretender Direktor, OECD-Entwicklungszentrum Rob Vos, Abteilungsleiter Agricultural Development Economics, FAO

9. Menschenwürdige Arbeit für Jugendliche in der ländlichen Wirtschaft ORGANISATION

EINFÜHRUNG

HOCHRANGINGE TEILNEHMER, U. A.

Bill & Melinda Gates Stiftung (BMGF)

Fachpodium zur Förderung von Jugendbeschäftigung in der ländlichen Wirtschaft auf Länderebene, mit Experten der BMGF, Cirad, FAO, ILO und USAID. Fokus auf die Synergien zwischen der Global Initiative on Decent Jobs for Youth und der G20 Initiative zur Jugendbeschäftigung im ländlichen Raum.

Dr. Louise Fox, Chefvolkswirtin, USAID

Centre de coopération internationale en recherche agronomique pour le développement (Cirad) Welternährungsorganisation (FAO) Internationale Arbeitsorganisation (ILO) United States Agency for International Development (USAID)

Dr. Peter Wobst, Senior Programme Advisor, FAO Dr. Bruno Losch, Centre for the Study of Governance Innovation (GovInn), Südafrika; lead political economist, Cirad Nick Austin, Direktor, Ländliche Entwicklung, BMGF Susana Puerto, Senior Fachexpertin Jugendbeschäftigung, ILO

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10. Der Einsatz von Privatkapital für die Zukunft der Landwirtschaft ORGANISATION

EINFÜHRUNG

HOCHRANGINGE TEILNEHMER, U. A.

Globaler Treuhandfonds für Nutzpflanzenvielfalt

„EINEWELT ohne Hunger“ bringt uns einer ernährungssicheren Zukunft näher. Doch gibt es Grenzen, wie viel Regierungen beitragen können und sollen. Die Expertengruppe diskutiert Initiativen wie Privatkapital für nachhaltige Landwirtschaft eingesetzt wird.

Vincent Bradley, ehemaliger CEO, FlashFunders Klaus Runow, Managing Director, Deutsche Asset Management Jane Ambachtsheer, Partner und Leiterin „Responsible Investment“, Mercer Atsuko Toda, Leiterin für Agarfinanzierung und ländliche Entwicklung, Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) Juan Esteban Orduz, Präsident, Colombian Coffee Growers Federation, Nordamerika

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | ICRD_Fachpodien_Übersicht

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Die Stimme der Jugend auf der G20-Konferenz: Das Rural Future Lab

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Stimmen gegen den Hunger

„STIMMEN GEGEN DEN HUNGER“ Buchvorstellung und Podiumsdiskussion

Die weltweite Ernährungssituation ist erschreckend: Etwa 793 Millionen Menschen haben täglich nicht genug zu essen, Mangelernährung ist noch immer die Haupttodesursache bei Kindern. Gleichzeitig leiden rund 600 Millionen Menschen weltweit an extremem Übergewicht. Hinzu kommen Dürre- und Hungerkrisen, wie aktuell am Horn von Afrika, im Südsudan und im Jemen, wo rund 20 Millionen Menschen akut von Hunger bedroht sind.

„Hungerbekämpfung ist und bleibt eine Frage der ländlichen Entwicklung und der Agrarproduktion – aber sie wird nur dann nachhaltig und erfolgreich sein, wenn die lokalen, nationalen und regionalen Rahmenbedingungen von Frieden und sozialer Gerechtigkeit geprägt sind.“

Was ist der Weg zu EINERWELT ohne Hunger? Wie kann es sein, dass Kleinbauernbetriebe über achtzig Prozent der Nahrungsmittel in Entwicklungsländern liefern, sie aber zugleich einen Großteil der ärmsten und hungrigsten Menschen ausmachen? Wie kann der bestehende Hunger rascher überwunden und das Menschenrecht auf Nahrung umgesetzt werden, ohne die Umwelt zu belasten? Welchen Beitrag zur nachhaltigen Sicherung der Welternährung können der ökologische Landbau und neue Agrartechnologien leisten?

Bärbel Dieckmann, Präsidentin Deutsche Welthungerhilfe

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Stimmen gegen den Hunger

„Wir wissen, dass junge Frauen und Männer der Landwirtschaft den Rücken kehren und den ländlichen Raum in einem Umfang verlassen, der als Abwanderung bezeichnet werden kann. Das Durchschnittsalter von Landwirten liegt weltweit bei 60 Jahren, eine erschütternde Zahl, die zeigt, dass umgehend innovative und motivierte junge Menschen für den Agrarsektor gewonnen werden müssen.“ Kanayo Nwanze, ehemaliger Präsident von IFAD

„Die Ernährungsfrage ist die Überlebensfrage der Menschheit und sie entscheidet sich in den ländlichen Räumen der Entwicklungsländer. Es ist Zeit für diesen notwendigen Perspektivwechsel in der Politik.“ Dr. Gerd Müller, Bundesentwicklungsminister

„Aus Zonen wirtschaftlicher Not müssen Zonen wirtschaftlichen Erfolgs werden – was nur mittels einer umfassenden Umgestaltung des Agrarsektors möglich sein wird.“ Dr. Akinwumi Adesina, Präsident Afrikanische Entwicklungsbank

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Stimmen gegen den Hunger

„Innovation ist der wichtigste Motor menschlicher Entwicklung. Ohne Innovationen in der Landund Ernährungswirtschaft lässt sich Hunger nicht wirksam und nachhaltig überwinden.“ Prof. Dr. Joachim von Braun, Direktor am Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF)

„Im Mittelpunkt sollte jetzt die Unterstützung von Kleinbauern auf ihrem Weg zu erfolgreichen Wirtschaftsakteuren stehen. Die jüngsten Gewinne im Agrarsektor sollten gefestigt und die über die Jahre entwickelten Technologien in großem Maßstab eingesetzt werden.“ Dr. Agnes Kalibata, Präsidentin Alliance for a Green Africa (AGRA)

„Mangelernährung hält ganze Gesellschaften und Länder im Teufelskreis der Armut gefangen. Gute Ernährung ist entscheidend für das Wohlergehen und die Gesundheit von Frauen, ohne sie können sie ihre Möglichkeiten und Leistungsfähigkeit nicht ausschöpfen.“ Melinda Gates, Mitgründerin der Bill & Melinda Gates Foundation

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Stimmen gegen den Hunger

Das sind die Fragen, die die Autoren des Buches „Stimmen gegen den Hunger“ in ihren Beiträgen aufwerfen. Das Buch entstand auf Initiative des Bundesministers und vereint vielfältige Stimmen aus Regierung und Zivilgesellschaft, aus Wissenschaft und Praxis. Die Autoren, allesamt ausgewiesene Experten, leisten mit ihren Artikeln jedoch nicht nur eine Zustandsbeschreibung und Analyse, sondern entwickeln Lösungsansätze und illustrieren Beispiele. Am 28. April diskutierten sie bzw. ihre Vertreter diese Lösungsansätze live auf der Bühne.

„Wer das Buch liest, der weiß, welche Wege wir gehen müssen. Eine Welt ohne Hunger ist nicht nur möglich, sie ist auch machbar“, leitete Bundesentwicklungsminister Gerd Müller ein und appellierte gleichzeitig an die Runde, gemeinsam aktiv zu werden. „Wir Autoren bringen unsere ganz verschiedenen Sichtweisen ein, was in Afrika, Asien und Lateinamerika getan werden muss, um das Problem zu lösen und den Hunger zu bekämpfen“, so Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe. So vielfältig die Perspektiven und Ansätze auch sind – den Beiträgen gemeinsam ist der Appell, den Hunger bis 2030 zu besiegen: „Wir wissen, was zu tun ist, jetzt geht es darum, es auch zu machen“, ist das Fazit, das

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Bundesentwicklungsminister Müller zieht. Den Hunger zu überwinden und die Welternährung langfristig zu sichern, so sein Plädoyer, ist eine globale Aufgabe, die alle Länder in Nord und Süd, Politik und Gesellschaft, Produzenten und Konsumenten sowie die internationale Gemeinschaft zur zentralen Aufgabe machen müssen. Dies gilt auch für das gemeinsame Engagement in der aktuellen Hunger- und Dürrekrise: „Wir brauchen einen globalen Krisenreaktionsfonds, der die schnelle Handlungsfähigkeit der internationalen Gemeinschaft sichert“, so Müller. Und auch die übrigen Autorinnen und Autoren betonten die Notwendigkeit, schnell zu handeln, und zwar gemeinsam.

EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Jobs, Jobs, Jobs – Aber wer macht was?

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Anhang | Konferenzprogramm

ANHANG

KONFERENZPROGRAMM EINEWELT ohne Hunger ist möglich Die Zukunft des ländlichen Raums Berlin, 27. und 28. April 2017 bcc Berlin Congress Center | Alexanderstraße 11 | 10178 Berlin Donnerstag, 27. April 2017 08.30 REGISTRIERUNG UND BEGRÜSSUNGSKAFFEE 09.30 BEGRÜSSUNGSREDE: Eine Welt ohne Hunger ist möglich Dr. Gerd Müller Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Deutschland 09.50 REDE: EINE WENDE ZUM BESSEREN FÜR ALLE Peter Altmaier Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben, Deutschland 10.15 WIR SIND DIE ZUKUNFT DES LÄNDLICHEN RAUMS! Junge Menschen aus dem ländlichen Raum Afrikas, der G20-Staaten und Deutschlands präsentieren ihre Start-Ups und Gründergeschichten 10.35 KEYNOTE: „HIGH 5“ FÜR DIE ENTWICKLUNG AFRIKAS Dr. Akinwumi Adesina Präsident der Afrikanischen Entwicklungsbank, Elfenbeinküste 11.00 KAFFEEPAUSE 11.30 PODIUM: JOBS, JOBS, JOBS – ABER WER MACHT WAS? • Tony O. Elumelu, Unternehmer und Gründer der Tony Elumelu Stiftung, Nigeria • Dr. Mo Ibrahim, Unternehmer und Gründer der Mo Ibrahim Stiftung, Großbritannien • Prof. Klaus Josef Lutz, Vorstandsvorsitzender der BayWa AG, Deutschland • Dagmar Wöhrl, Mitglied des deutschen Bundestages und Vorsitzende des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Deutschland • Prof. Dr. Muhammad Yunus, Gründer der Grameen Bank und Friedensnobelpreisträger, Bangladesch

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Anhang | Konferenzprogramm

Donnerstag, 27. April 2017 13.00 VORSTELLUNG der »CHARTA VON BERLIN« – Leitbild für ländliche Entwicklung Dr. Agnes Kalibata Präsidentin der Allianz für eine grüne Revolution in Afrika (AGRA), Kenia Prof. Dr. Joachim von Braun Direktor am Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF), Deutschland 13.15 MITTAGESSEN 14.30

Parallele Charta-Fachforen – HANDLUNGSAUFRUF: Wie fördern wir Chancen für die nächste Generation im ländlichen Raum? Impulse hochrangiger Sprecherinnen und Sprecher zur Einführung in die Themen, ergänzt durch Stimmen der Jugend. Ziel der Charta-Fachforen ist es, über die Umsetzung der Charta (Call for Action) zu diskutieren.

1 Unternehmertum, Jobs und Qualifikation Dr. Louise Fox Chefvolkswirtin United States Agency for International Development (USAID), USA 2 Innovation und Digitale Chancen Dr. Mo Ibrahim Unternehmer und Gründer Mo Ibrahim Stiftung, Großbritannien 3 Ernährungs- und soziale Sicherung Dr. Till Wahnbaeck Vorstandsvorsitzender Deutsche Welthungerhilfe, Deutschland 4 Nachhaltige Landschaften und Klimaresilienz Prof. Dr. Dr. Klaus Töpfer Direktor ThinkTank for Sustainability (TMG) und ehemaliger Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), Deutschland 5 Infrastruktur und Stadt-Land Partnerschaften Dr. Leonard Mizzi Referatsleiter Ländliche Entwicklung und Ernährungssicherung, Generaldirektion DEVCO, Europäische Kommission, Brüssel 6 Gute Regierungsführung und Finanzierung Dr. Shenggen Fan Generaldirektor International Food Policy Research Institute (IFPRI), USA 92

EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Anhang | Konferenzprogramm

Donnerstag, 27. April 2017 16.00 KAFFEEPAUSE 16.30 REDE: DER SCHLÜSSEL FÜR EINE WELTWEITE ERNÄHRUNGSSICHERUNG Dr. Onko Aeikens Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 16.45

PODIUM: JUGENDBESCHÄFTIGUNG IM LÄNDLICHEN RAUM – Eine G20-Perspektive Prof. Dr. Xiaoyun Li Dekan der Fakultät für Geisteswissenschaften und Entwicklung an der Landwirtschaftlichen Universität Chinas in Beijing und T20 Mitglied, China

Nachilala Nkombo Exekutivdirektorin ONE Afrika (interim), Südafrika Dr. Ibrahim Assane Mayaki CEO New Partnership for Africa’s Development Planning and Coordinating Agency (NEPAD), Südafrika Thomas Silberhorn Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Deutschland Amarjeet Sinha Staatssekretär für Ländliche Entwicklung im Ministerium für Ländliche Entwicklung, Indien 18.10 FEIERLICHE ÜBERGABE DER »CHARTA VON BERLIN« an Dr. Gerd Müller Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Deutschland 18.40 AUSKLANG DES TAGES MIT BUFFET UND GETRÄNKEN

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Anhang | Konferenzprogramm

Freitag, 28. April 2017 08.30 REGISTRIERUNG 09.00 Stimmen gegen den Hunger Diskussion zur aktuellen Hungerskrise in Ostafrika sowie Vorstellung des Buches »Stimmen gegen den Hunger« durch die Autoren und Vertreter

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Dr. Akinwumi Adesina Präsident Afrikanische Entwicklungsbank, Elfenbeinküste



Nick Austin Direktor Ländliche Entwicklung, Bill & Melinda Gates Stiftung, USA



Bärbel Dieckmann Präsidentin Deutsche Welthungerhilfe, Deutschland



Gilbert F. Houngbo Präsident Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), Rom



Dr. Agnes Kalibata Präsidentin Allianz für eine grüne Revolution in Afrika (AGRA), Kenia



Dr. Gerd Müller Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Deutschland



Prof. Dr. Joachim von Braun Direktor Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF), Deutschland

EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Anhang | Konferenzprogramm

Freitag, 28. April 2017 10.00 1. Parallele Fachpodien – PRAXISBEISPIELE KONKRET: Initiativen zur Förderung ländlicher Räume und Beschäftigung Organisationen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und internationaler Zusammenarbeit stellen in parallelen Fachpodien praxis- und wirkungsorientiert Umsetzungsinitiativen zur Förderung ländlicher Räume und (Jugend-) Beschäftigung vor. 1 Grüne Innovationszentren: Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft und Ernährungssicherung • Andreas Hermes Akademie • Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) • Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH 2 Professionalisierung der Landwirtschaft: Einkommen sichern, Jugend gewinnen, ländliche Räume stärken • Arbeitsgruppe Agrarwirtschaft • Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft e.V. • Ostasiatischer Verein e.V. (OAV) 3 Bildung, Beschäftigung, Beteiligung – wie weibliche »Agripreneure« dazu beitragen werden, die Demografische Dividende umzusetzen • ONE Deutschland • GAFSP – Global Agriculture and Food Security Program 4 Von der Forschung aufs Feld: Innovationen der Internationalen Agrarforschung für Ländliche Entwicklung • Consultative Group on International Agricultural Research (CGIAR) • Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH • International Centre of Insect Physiology and Ecology (icipe) • Universität Hohenheim 5 Menschenwürdige Arbeit für Jugendliche in der ländlichen Wirtschaft • Bill & Melinda Gates Stiftung (BMGF) • Centre de coopération internationale en recherche agronomique pour le développement (Cirad) • Welternährungsorganisation (FAO) • Internationale Arbeitsorganisation (ILO) • United States Agency for International Development (USAID) 11.20 KAFFEEPAUSE

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Anhang | Konferenzprogramm

Freitag, 28. April 2017 11.40 2. Parallele Fachpodien – PRAXISBEISPIELE KONKRET: Initiativen zur Förderung ländlicher Räume und Beschäftigung 1 Tragfähige Investitionen in ländliche Innovationen: Wiederherstellung von Naturkapital für Nachhaltige Entwicklung • Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH • Deutsches Institut für Menschenrechte • Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) • World Agroforestry Centre (ICRAF) • Weltnaturschutzunion (IUCN) • Töpfer Müller Gaßner (TMG) GmbH – ThinkTank for Sustainability 2 Investitionen im ländlichen Raum: Wie schaffen wir Arbeitsplätze – insbesondere für die junge Generation? • KfW Entwicklungsbank • Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) • Französische Entwicklungsagentur (AFD) 3 Maßnahmen zur Förderung des Jungunternehmertums in der afrikanischen Landwirtschaft Malabo Montpellier Panel Organisiert von: • International Food Policy Research Institute • Imperial College London • Universität Bonn 4 Räumliche Perspektiven auf ländliche Beschäftigung und Ernährungssicherheit • Welternährungsorganisation (FAO) • New Partnership for Africa’s Development Planning and Coordinating Agency (NEPAD) • OECD-Entwicklungszentrum (DEV) und OECD-Zentrum für Entrepreneurship, KMU und Lokalentwicklung (CFE) 5 Der Einsatz von Privatkapital für die Zukunft der Landwirtschaft • Globaler Treuhandfonds für Nutzpflanzenvielfalt

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Anhang | Konferenzprogramm

Freitag, 28. April 2017 10.00 G20-Sitzung unter Vorsitz von Thomas Silberhorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Deutschland Teilnahme nur auf Einladung 13.00

DANKESWORTE UND EMPFANG Gunther Beger Abteilungsleiter Grundsatzfragen der Entwicklungszusammenarbeit, Zusammenarbeit mit Zivilgesellschaft, Kirchen und Wirtschaft im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Deutschland

KONFERENZENDE

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EINEWELT ohne Hunger ist möglich | Anhang | Charta von Berlin – Handlungsaufruf

CHARTA VON BERLIN Chancen schaffen mit der jungen Generation im ländlichen Raum

HANDLUNGSAUFRUF Wir, die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Berliner Konferenz „EINEWELT ohne Hunger ist möglich – Die Zukunft des ländlichen Raums” aus Zivilgesellschaft, Staat, Privatwirtschaft und Wissenschaft, rufen zum Handeln auf. Wir ermutigen Regierungen weltweit, die deutsche Bundesregierung sowie die G20 und die Vereinten Nationen, wirksame Lösungen zu finden, um Fortschritte zu messen, die Umsetzung dieser Vorschläge zu fördern und die Verantwortung hierfür zu übernehmen. Wir möchten betonen, dass viele der Maßnahmen neue Partnerschaften zwischen Regierungen, Akteuren der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft und Entwicklungspartnern erfordern. Dem trägt die Struktur unseres Handlungsaufrufs Rechnung.

Mit dem Ziel, einen strukturellen Wandel voranzutreiben, rufen wir die G20-Staaten auf, sich zu wichtigen und quantifizierten Zielen mit klaren Zeitplänen im Sinne der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) zu verpflichten und insbesondere: 1. durch eine entsprechende Agrar-, Ernährungs- und Armutsbekämpfungspolitik mindestens 600 Millionen Menschen bis 2025 aus Hunger und Mangelernährung zu befreien. Zugleich gilt es, die Fälle von Unterernährung durch versteckten Hunger deutlich zu reduzieren, von dem ca. zwei Milliarden Menschen aufgrund einer Mangelversorgung mit Mikronährstoffen betroffen sind, und verstärkt in Kapazitäten zu investieren, um diese Mangelernährung durch einschlägige Organisationen verlässlich zu überwachen. Wir weisen darauf hin, dass die G7 sich bereits 2015 verpflichtet haben, 500 Millionen Menschen aus Hunger und Mangelernährung zu führen und gleichzeitig die Zunahme von Übergewicht und Fettleibigkeit zu bekämpfen;

2. gemeinsam politische und humanitäre Maßnahmen zu ergreifen, um die Ernährungskrisen in Ostafrika, am Horn von Afrika und an anderen Orten, an denen Menschen akut leiden, unverzüglich zu beenden; in der Landwirtschaft Maßnahmen, die Dürren und Klimawandel entgegenwirken, und die Agenda der Erklärung von Malabo zur Landwirtschaft1 zu unterstützen; 3. durch verstärkte Investitionen in ländliche Bildung, einschließlich Berufsbildung für Nachwuchsunternehmer, bis 2025 allen Jugendlichen den Zugang zu innovativen Bildungs- und Ausbildungsmaßnahmen zu erleichtern; 4. als wichtige Maßnahme zur Förderung von Wohlstand und Verringerung der Ungleichheit zwischen Städten und dem ländlichen Raum verstärkt Investitionen in ländliche Infrastruktur und Dienstleistungen im ländlichen 1: Bei ihrem Treffen 2014 in Malabo, Äquatorialguinea, verabschiedeten die Staats- und Regierungschefs der Staaten der Afrikanischen Union die Erklärung von Malabo zur Unterstützung des landwirtschaftlichen Wachstums und des Wandels für eine gleiche Verteilung des Wohlstands und verbesserte Lebensbedingungen in Afrika.

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Charta von Berlin EINEWELT ohne Hunger | Der Weg ist möglich zur Charta | Anhang von Berlin | Charta und ihre vonUmsetzung Berlin – Handlungsaufruf

Raum zu fördern. Dies dient in Kombination mit groß angelegter, beschäftigungswirksamer aktiver Arbeitsmarkpolitik dazu, bis zum Jahr 2025 die Unterbeschäftigung bei Jugendlichen um mindestens die Hälfte zu reduzieren; 5. gleichen und bezahlbaren Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) für alle, insbesondere für junge Menschen im ländlichen Raum, und Möglichkeiten für das Peer-to-peer-Lernen zu schaffen. Einige zentrale Themen müssen von allen Akteuren gemeinsam angegangen werden. Deshalb rufen wir alle nationalen Regierungen, die Entwicklungspartner und Finanzierungsinstitutionen, die Privatwirtschaft, die Zivilgesellschaft und die Jugend dazu auf: 1. gemeinsam unter Beteiligung der lokalen Akteure und Gemeinschaften, insbesondere der Jugend und Frauen, Entwicklungsstrategien zu erarbeiten. Dazu muss effektiv in den Aufbau von Wissen über sich verändernde ländliche Lebensgrundlagen und in statistische Systeme investiert

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werden. Diese bilden die Grundlage für evidenzbasierte Analysen, Visionen und Ziele; 2. die Menschenrechte zu achten, zu schützen und zu gewährleisten, einschließlich des Rechts auf Nahrung, Wasser und Sanitärversorgung; 3. gemeinsam mehr zu unternehmen, damit neue Chancen auf dem Land entstehen. Dabei gilt es, einen besonderen Schwerpunkt auf menschenwürdige und attraktive Beschäftigung für die Jugend zu setzen und bis 2025 die Jugendunterbeschäftigung um mindestens die Hälfte zu reduzieren; 4. eine neue, groß angelegte, langfristige, vertiefte Entwicklungspartnerschaft zwischen Europa und Afrika durch etwas wie den „Marshallplan mit Afrika“ anzustreben, den die deutsche Bundesregierung vorgeschlagen hat;

5. das riesige Potenzial von kleinbäuerlichen und Familienbetrieben, Hirten und Kleinfischern sowie der entstehenden Verarbeitungs- und Vertriebssektoren und kleiner und mittlerer Unternehmen in diesen

Bereichen in Wert zu setzen und die Veränderungskraft lokaler Organisationen anzuerkennen. Dies soll durch einen verbesserten Rechtsrahmen auch für Landrechte und Rechte auf genetische Ressourcen, Innovation, Zugang zu Aus- und Weiterbildung, Marktzugang, Infrastruktur, Dienstleistungen und Finanzierungen, Anbindung an wertschöpfende Verarbeitung im ländlichen Raum und Maßnahmen zur Risikominderung, wie zum Beispiel Versicherungssysteme geschehen; 6. Bildungs- und Medieneinrichtungen dazu zu ermutigen, einen Beitrag zu einem besseren gesellschaftlichen Image von Landwirten, Hirten und Fischern zu leisten, weil diese Gruppen immer noch als rückständig gelten; 7. angepasste Informations- und Kommunikationstechnologien intelligent und verantwortungsvoll einzusetzen, um das Potenzial von Digitalisierung systematischer zu nutzen, ohne dabei die Herausforderungen zu verkennen, die durch fehlende Regulierung von Digitalisierung entstehen. Mögliche

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Anwendungen sind IKT-basierte Dienstleistungsplattformen im ländlichen Raum für landwirtschaftliche Beratungsdienste, lokale Open-Source-Innovations- und Wissensdatenbanken, Unternehmensnetzwerke und mobile Bankdienstleistungen; 8. eine Trendwende beim Verlust des Artenreichtums und der Schädigung von Ökosystemen zu erzielen und das Pariser Klimaschutzabkommen wirksam umzusetzen. Von Dürre betroffene Gebiete benötigen besondere Unterstützung, um Ernährungsunsicherheit und eine unumkehrbare Schädigung der natürlichen Lebensgrundlagen und den Zerfall ländlicher Gemeinschaften zu bewältigen. Besonderes Augenmerk muss auf nachhaltigem Wasserressourcenmanagement liegen. Wir rufen die nationalen und lokalen Regierungen dazu auf: 1. die oben aufgeführten globalen und nationalen Verpflichtungen und daraus resultierende quantitative Zielvorgaben wie jene in den Nachhaltigen Entwicklungszielen,

dem Pariser Klimaabkommen von 2015 und der Erklärung von Malabo einzuhalten und konkrete Umsetzungspläne für diese Zusagen vorzulegen und nachzuhalten; 2. sich dafür zu engagieren, alle Formen der Diskriminierung von Frauen, Jugendlichen, Menschen mit Behinderungen und sozialen, religiösen und ethnischen Minderheiten im ländlichen Raum in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu beenden und den besonderen Bedürfnissen dieser Gruppen gerecht zu werden; und die Rechte der Jugend auf Nahrung, Bildung, Gesundheit, Ernährung, Teilhabe, Wahlmöglichkeiten, eine menschenwürdige Beschäftigung und ein Leben in Wohlstand zu sichern und zu achten; 3. eine tragfähige Regierungsführung, Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit umzusetzen und stärkere Kohärenz und Koordination zwischen den Politiken der verschiedenen Ministerien sowie der dezentralen Gebietskörperschaften sicherzustellen; die maßgebliche Rolle der Kommunalbehörden bei der partizipativen Planung ländli-

cher Entwicklung und Beschäftigung und einer wirksamen fiskalischen, verwaltungstechnischen und politischen Dezentralisierung zu festigen, die Transparenz und Rechenschaftspflicht sicherstellt und den ländlichen Gebieten und den Kommunalbehörden mehr Entscheidungsbefugnisse überträgt; 4. förderliche Rahmenbedingungen für die Entwicklung einer dynamischen, ertragreichen, wirtschaftlich und sozial orientierten unternehmerischen Betätigung der ländlichen Jugend im Agrarsektor und darüber hinaus zu schaffen; 5. integrierte Raumentwicklungsstrategien zu fördern, die ländliche und städtische Entwicklungsstrategien verzahnen, und die bedeutende Rolle von Mittelstädten anzuerkennen, wenn es um ländliche Entwicklung und regionale Ungleichheit geht; gefährdete Landschaften, einschließlich Küsten- und Bergregionen sowie die dortigen Gemeinden, verdienen besondere Aufmerksamkeit.

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6. soziale Sicherung für diejenigen in ländlichen und städtischen Gegenden zu gewährleisten, die aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten oder wegen Umweltbelastungen nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt zu sichern, darunter behinderte und ältere Menschen und Dienste für den Schutz und die Verbesserung von Lebensgrundlagen bereitzustellen, was auch Ökosystemdienste sowie den Wasser-, Sanitätsversorgungs- und Hygienesektor umfasst; 7. einen Rahmen für nachhaltige Investitionen durch den Privatsektor zu schaffen, insbesondere für sozial orientierte kleine und mittlere Unternehmen, und im ländlichen Raum den Zugang zu Finanzierung und Innovationsfinanzierung für Kleinstunternehmen zu fördern; 8. ein innovatives Bildungswesen und den Zugang zu Berufsbildung zu stärken, damit die Jugend auf die sich wandelnden Anforderungen des Arbeitsmarktes und den Ausbau landwirtschaftlicher Wertschöpfungsketten vorbereitet wird, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf einen besseren Zugang zu Bildungs102

chancen für Mädchen und junge Frauen zu legen ist; 9. eine nachhaltige Modernisierung der Landwirtschaft und des ländlichen Raums durch Produktions- und Produktivitätssteigerungen, Wissenschaft, Technologie, Innovation und Zugang zu Finanzierung zu fördern und dabei das Potenzial zu berücksichtigen, das lokales indigenes Wissen, lokal angepasste Produktionsmethoden und Innovationen an der Basis bieten und die zentrale Bedeutung des Schutzes natürlicher Ressourcen als Grundlage für Nachhaltigkeit und Klimaresilienz anzuerkennen; 10. die Schaffung lokaler, nationaler und regionaler Märkte durch ländereigene Anreize, förderliche Rahmenbedingungen für den Privatsektor und Infrastrukturförderung zu unterstützen. Es gilt, regionale Integration und regionalen Handel sowie regionale Politiken zu fördern, damit lokale Kräfte sich auf dem globalen Markt betätigen können, sowie Anreize für die Anbindung von Kleinbauern an Märkte zu schaffen;

11. zivilgesellschaftliche Gruppen zu fördern und ihnen Handlungsspielräume zu eröffnen, anstatt diese einzuschränken, weiterhin Bauernund Jugendorganisationen als rechtmäßige Akteure und in ihrer Rolle, Regierungen zur Rechenschaft zu ziehen, anzuerkennen. Wir rufen die Jugend weltweit dazu auf: 1. sich aktiv als Akteure für den Wandel einzusetzen, indem sie sich für die Entwicklung ihrer ländlichen Gemeinden zusammenschließen, und sich unternehmerisch für eine nachhaltige Modernisierung des Agrarsektors engagieren; 2. national und international Informationen mit anderen jungen Menschen auszutauschen, und die Möglichkeiten, die Informationsund Kommunikationstechnologien bieten, dazu zu nutzen; 3. der Politik Rechenschaft im Hinblick auf die Einhaltung ihrer Zusagen abzuverlangen – wie zum Beispiel bei den der Nachhaltigen Entwicklungszielen – und konkrete Maßnahmen einzufordern.

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Wir rufen die Zivilgesellschaft dazu auf: 1. sich an der Umsetzung der Agenda 2030 zu beteiligen und die entsprechenden Elemente der Agenda voranzutreiben. Die Bedürfnisse und Anliegen der ländlichen Bevölkerung und insbesondere der Jugend müssen hier berücksichtigt werden; 2. die Kreativität und Innovationsfähigkeit an der Basis in ländlichen Kommunen zu nutzen und mehr Investitionen in die Entwicklung ländlicher Räume und die Beteiligung der ländlichen Jugend an Wertschöpfungsketten und Geschäftsmöglichkeiten zu lenken; 3. dem ländlichen Raum eine Stimme zu verleihen, insbesondere Frauen und der Jugend, und sie in ihrem gemeinsamen Engagement zu unterstützen, so dass sie sich zu starken Partnern für Regierungen und den Privatsektor entwickeln können.

sozial orientierter Unternehmen im ländlichen Raum in allen Sektoren aufzubauen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf Jugendbeschäftigung zu legen ist; 2. erschwinglichen Zugang zu Finanzdienstleistungen, Risikokapital und Garantiefonds im ländlichen Raum zu schaffen, zum Beispiel über Finanzdienstleistungen über das Mobiltelefon; 3. in die Entwicklung von Wertschöpfungsketten und lokalen Produktionssystemen zu investieren, die Kleinbauern und Kleinbäuerinnen und andere Kleinunternehmen z. B. über „Shared Value“-Ansätze in der Geschäftsstrategie einbeziehen, verlässliche Verträge und faire Löhne bieten und gleichzeitig ökologische Aspekte berücksichtigen;

Wir rufen die Wirtschaft dazu auf:

4. in Aus- und Weiterbildung zu investieren, unter anderem durch das Angebot von Ausbildung am Arbeitsplatz im Rahmen der Berufsbildungssysteme;

1. Investitionen zu erhöhen, die Armut mindern und sozialverträgliche Unternehmen einschließlich

5. transparent über Fortschritte bei der Umsetzung der genannten Initiativen zu berichten.

Wir rufen die bilateralen und multilateralen Entwicklungspartner dazu auf: 1. die oben aufgeführten globalen Verpflichtungen als Leitvorgaben einzuhalten und den Zusagen entsprechende Pläne umzusetzen und nachzuhalten; 2. sich für Fairen Handel und eine Agrarpolitik einzusetzen, durch die die Bedeutung der Kleinbauern für die lokale und globale Ernährungssicherung nicht untergraben wird; 3. ihre technische und finanzielle Unterstützung auf die vom jeweiligen Land vorangetriebenen Politiken und Programme auszurichten, die den unterschiedlichen Bedürfnissen und der Risikobereitschaft vor Ort entsprechen; 4. verstärkt in ländliche und überregionale Infrastruktur zu investieren, insbesondere in Verkehrs-, Energie-, Bewässerungs- und IKT-Infrastruktur. Bi- und multilaterale Partner sollten sich auf Investitionen mit starker innovativer und beschäftigungsfördernder Wirkung in Zusammenarbeit mit 103

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lokalen Entwicklungsorganisationen konzentrieren. Es gilt dabei, einzelne Entwicklungsmaßnahmen zur Sicherstellung von Kohärenz und Nachhaltigkeit miteinander zu verzahnen und auf bestehenden Mechanismen aufzubauen; 5. einen größeren Anteil der Mittel der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit (ODA) für die ländliche Entwicklung zur Verfügung zu stellen, unter anderem zur Bildungsund Beschäftigungsförderung und zur Verbesserung der Lebensbedingungen im ländlichen Raum. Es braucht weiterhin einen gemeinsamen Berichtsmechanismus um die Ergebnisse nachzuhalten; 6. humanitäre Hilfe massiv und unverzüglich auszubauen und bestehende Verpflichtungen zu erfüllen, um derzeitige Hungerkrisen und Nahrungsmittelunsicherheit in Notsituationen zu beenden;

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7. sich aktiv um den Privatsektor und Nichtregierungsorganisationen zu bemühen, um das Innovationspotenzial des Agrarsektors zu nutzen und gemeinsam auf armutsminderndes Wachstum im ländlichen Raum hinzuwirken. Dieser Handlungsaufruf basiert auf unserer Einschätzung der Herausforderungen und Chancen, die im Folgenden in der Charta beschrieben werden.

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PARTNER „EINEWELT OHNE HUNGER IST MÖGLICH“ CMYK

Die mit dem CARE-Paket EUROPE

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AFIPEK

Quality Safety Sustainability

Mazingira Centre

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U ga n d a Fi s h Pr o ce s s o r s a n d Ex p o r te r s A s s o c i a ti o n

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KONFERENZ PARTNER

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HERAUSGEBER Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Unterabteilung 12 - Ernährung; Landwirtschaft; Ländliche Entwicklung GESTALTUNG cmuk, Gruppe für Gestaltung, Wiesbaden DRUCK BMZ Gedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier FOTOS Titelbild: Ralf Rühmeier GIZ: Simon Veith, Ralf Rühmeier Misereor, privat, Bill & Melinda Gates Foundation/Barbara Kinney

POSTANSCHRIFTEN DER DIENSTSITZE → BMZ Bonn Dahlmannstr. 4 53113 Bonn Tel. +49 (0) 228 99 535-0 Fax +49 (0) 228 99 535-3500 → BMZ Berlin im Europahaus Stresemannstr. 94 10963 Berlin Tel. +49 (0) 30 18 535-0 Fax +49 (0) 30 18 535-2501 KONTAKT [email protected] www.bmz.de

STAND August 2017

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