Ein Interesse weckt nur noch das Altarbild

am kurfürstlich brandenburgischen Hof und durch günstige Heiraten gewannen sie ... zur Finanzierung sowie die Landeshauptstadt Potsdam mit ihrem ...
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Der Ribbeckaltar in der Patronatskirche zu Groß Glienicke

Bernhard Schmidt (Hg.)

»Ein Interesse weckt nur noch das Altarbild.« Der Ribbeckaltar in der Patronatskirche zu Groß Glienicke und seine Restaurierung

Lukas Verlag

© by Lukas Verlag Erstausgabe, 1. Auflage 2013 Alle Rechte vorbehalten Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte Kollwitzstraße 57 D–10405 Berlin www.lukasverlag.com Umschlag: Lukas Verlag Reprographie und Satz: Lukas Verlag Druck: Elbe Druckerei Wittenberg Printed in Germany ISBN 978–3–86732–151–8

Inhalt

Geleitwort Dietrich von Ribbeck

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Vorwort 7 Bernhard Schmidt Zur Geschichte der Dorfkirche Groß Glienicke und ihres Altars Sylvia Müller-Pfeifruck Das Altarretabel in der Dorfkirche von Groß Glienicke Andreas Kalesse Anmerkungen zum Ecce Homo-Bild und der Programmatik des Altars in der Dorfkirche von Groß Glienicke Andrea-Martina Reichel

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»Und nimmt dabey alle Vernunfft gefangen« Zu Funktion, Wirkung und Wahrnehmung von lutherischen Altarbildern im 17. Jahrhundert Maria Deiters

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Die Restaurierung des Altarretabels der Dorfkirche Groß Glienicke Janko Barthold

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Resonanzraum und Gedächtnisspeicher Neue Kunst in alten Kirchen – Ein Plädoyer Christhard Neubert

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»Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.« 95 Predigt im Festgottesdienst am 9.9.2012 in der Dorfkirche zu Groß Glienicke Bernhard Schmidt Jubilate Domino A. D. 1684 Anmerkungen zum Konzert anlässlich der Präsentation des restaurierten Ribbeck-Altars von 1684 Marcellus Jany

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Die Autoren 102

Geleitwort

Es gibt mehrere Orte im Havelland, die bis heute geschichtliche Beziehungen zur märkischen Familie von Ribbeck haben. Aber Groß Glienicke nimmt unter ihnen eine besondere Stellung ein. Denn in diesem am Nordufer des Glienicker Sees gelegenen Ort befand sich von 1572 bis 1788 der Stammsitz der osthavelländischen Linie der Familie von Ribbeck – meiner direkten Vorfahren. Als Offiziere, hohe Verwaltungsbeamte am kurfürstlich brandenburgischen Hof und durch günstige Heiraten gewannen sie Rang und Vermögen und kümmerten sich um ihre Patronatskirchen in Glienicke, Dallgow, Seegefeld, Dyrotz und um andere Gotteshäuser wie den Dom zu Brandenburg, die Pfarrkirche St. Nikolai in Spandau und die Dorfkirchen in Hoppenrade und Seeburg. Doch am großzügigsten statteten sie die Glienicker Kirche aus. Sie ließen in dieser schlichten, mittelalterlichen Dorfkirche einen bildreichen Kirchenraum mit einer farbenprächtigen Spätrenaissance- bzw. frühbarocken Ausstattung entstehen. Vor allem mit dem Altar gab der Domdechant Hans Georg III. von Ribbeck seinem hoffnungsfreudigen protestantischen Glauben einen besonderen Ausdruck. So viel Farbe, Glanz und Helligkeit war selten im Brandenburger Protestantismus. Doch der Zahn der Zeit und graue Übermalungen dämpften erheblich den ursprünglich lebensfrohen, strahlenden Gesamteindruck. Seit 2003 wird restauriert. Die Familie von Ribbeck – als Nachfahren der Stifter – begleitet die Restaurierungen mit Interesse, Respekt und Zuwendungen. Die Verbindung zwischen der Groß Glienicker Kirche und der Familie ist nie ganz abgerissen – auch nicht zu DDR-Zeiten. Aber seitdem meine Frau und ich uns ab 1999 ein zweites zu Hause im Land meiner Vorfahren geschaffen haben, besuchen wir die Groß Glienicker Kirche immer wieder. Und auch an Kolloquien, Einweihungen, dem Kunsttag und Anderem nehmen wir mit weiteren Familienmitgliedern teil, wann immer es möglich ist. Und jedes Mal freuen wir uns über die Fortschritte der Restaurierung des Gotteshauses. So danken wir der Groß Glienicker Kirchengemeinde, ihrem Pfarrer Dr. Bernhard Schmidt, dem Förderverein, den Spendern und allen, die an der tatkräftigen, erfolgreichen Restaurierung des Altars beteiligt waren. Dabei denke ich ausdrücklich an den Bereichsleiter der Unteren Denkmalschutzbehörde Potsdam und Stadtkonservator Andreas Kalesse und an das Restauratorenteam Janko Barthold und Kathrin Mikszas, dem sich zeitweise auch unsere Tochter Ricarda als Bildhauerin zugesellen konnte. Wir wünschen Ihnen allen Kraft und Glück, auch für weitere Renovierungsarbeiten, damit die alte Schönheit und religionsgeschichtliche Eigenart dieser havelländischen Kirche Schritt für Schritt immer sichtbarer werden. Dietrich von Ribbeck

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Vorwort

»Ein Interesse weckt nur noch das Altarbild«, schreibt Theodor Fontane im GroßGlienicke-Kapitel des dritten Teils seiner »Wanderungen durch die Mark Brandenburg«. Dabei beziehen sich die Worte »nur noch« einerseits auf den finalen Absatz, andererseits beschränken sie sich auf das Predellagemälde, denn der Autor fährt fort, »richtiger die Predella desselben…« Unser Büchlein hingegen widmet sich dem gesamten Altarretabel, das im Jahre 2012 gründlich restauriert worden und in den Zustand von 1684 gebracht worden ist. Damit ist eine weitere wichtige Etappe bei der Restaurierung der Groß Glienicker Kirche zurückgelegt worden, nachdem bereits in den Vorjahren der Kirchenhimmel, die Brautpforte, die Taufe und die Kanzel in den Originalzustand zurückversetzt werden konnten. Unter Letzterem verstehen wir die Gestalt, die der bedeutende Kirchenpatron Hans Georg III. von Ribbeck (1639–1703) diesen liturgischen Gegenständen gegeben hat. An dem am 9. September 2012, am Tag des Offenen Denkmals, durchgeführten »Groß Glienicker Kunsttag« wurde der restaurierte Altar der Groß Glienicker Kirchengemeinde und Bürgerschaft präsentiert, in einem feierlichen Abendmahlsgottesdienst wieder »in Gebrauch genommen« und in verschiedenen wissenschaftlichen Beiträgen hinsichtlich seiner Entstehung, seiner Restaurierung, seiner Einordnung in das Raumgefüge und seiner liturgischen Funktionalität erläutert. Alle diese Beiträge sind im vorliegenden Band, teilweise in revidierter Form, zu finden, dazu die »Anmerkungen zum Ecce-Homo-Bild« der Kunsthistorikerin Andrea-Martina Reichel, außerdem die Predigt im Festgottesdienst sowie auf der beiliegenden CD eine Aufnahme des abschließenden Konzertes »Jubilate Domino a. D. 1684« mit Musik aus der Ribbeck-Zeit. Im Namen der Evangelischen Kirchengemeinde Groß Glienicke möchte ich all denen herzlich danken, die zum Gelingen der Altarrestaurierung, zum Gelingen des Groß Glienicker Kunsttages und zum Gelingen dieses Buchprojektes auf mancherlei Weise beigetragen haben. Namentlich zu nennen seien hier die Restauratoren Janko Barthold und Kathrin Mikszas, ein nicht genannt werden wollender edler Spender aus München, der Förderverein Dorfkirche Groß Glienicke e.V. mit seinem Beitrag zur Finanzierung sowie die Landeshauptstadt Potsdam mit ihrem Druckkostenzuschuss. Außerdem danke ich dem Potsdamer Stadtkonservator Andreas Kalesse für die hervorragende fachliche Beratung und dem Berliner Lukas Verlag für die Aufnahme des Buches in sein Verlagsprogramm. Möge die Schrift viele Leserinnen und Leser finden und dazu anregen, in die Kirche zu kommen, den Altar zu betrachten und in Meditation und Anbetung Friede, Kraft und Zuversicht zu finden. Groß Glienicke, am Ostersonntag 2013

Pfarrer Dr. Bernhard Schmidt 7

1  Groß Glienicke, Dorfkirche von Nordosten (Foto: S. Müller-Pfeifruck, 2012)

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Zur Geschichte der Dorfkirche Groß Glienicke und ihres Altars Sylvia Müller-Pfeifruck

Anlass des Groß Glienicker Kunsttages am 9. September 2012 zum Tag des Offenen Denkmals war die vollendete Restaurierung des Altaraufsatzes von 1683/84. Sie stellt den vorläufigen Höhepunkt langjähriger Restaurierungsmaßnahmen dar, deren Ziel es ist, den Zustand des 17./18. Jahrhunderts im Innenraum wieder geschlossener erlebbar zu machen. Denn im wesentlichen geht das Aussehen der Groß Glienicker Kirche auf ihren Umbau 1679–84 durch Hans Georg III. von Ribbeck (1639–1703) und den Einbau von Epitaphien durch Angehörige seiner Familie zurück. (Abb. 1) Die Verfasserin war im Zusammenhang mit der Restaurierung von Kanzel und Altaraufsatz mit der Quellenforschung zur Kirche beauftragt.1 Es wurde erstmals auf der Basis systematisch ermittelter Schrift- und Bildquellen ein Abriss der Bau- und Ausstattungsgeschichte entworfen. Die Informationen enthalten wichtige Hinweise und Ergänzungen zur Verifizierung, Interpretation und Datierung der restauratorischen Befunde. Eine Bauforschung einschließlich der Zusammenführung aller Erkenntnisse zu einer fundierten Bau- und Ausstattungsgeschichte steht allerdings noch aus. Zur Annäherung an den Altar soll im Folgenden der Auftraggeber des Umbaus von 1679–84 kurz vorgestellt und dann versucht werden, den Zustand der Kirche vor und nach dem Umbau zu skizzieren, die Bedeutung des Altars im Rahmen der baulichen Maßnahmen zu umreißen und seine weitere Geschichte zu rekonstruieren. Der Auftraggeber des Umbaus von 1679–84: Hans Georg III. von Ribbeck

Hans Georg III. von Ribbeck gehörte der osthavelländischen Linie derer von Ribbeck an, die durch Georg von Ribbeck (1523–93) begründet wurde.2 (Abb. 2) Die Familie zählte zum märkischen Uradel. Die von Ribbeck waren angesehene Landadlige, die in den schlossgesessenen Adel aufstiegen und zum engstem Beraterkreis des jeweiligen brandenburgischen Kurfürsten gehörten. Sie waren kurfürstliche Amts- und Oberhauptmänner in Spandau, hohe Militärs und Verwaltungsbeamte, bekleideten 1 Müller-Pfeifruck, Sylvia: Abriss der Bau- und Ausstattungsgeschichte der Dorfkirche Groß Glienicke auf der Basis einer umfassenden Quellenforschung. Auftraggeber: Evangelische Kirchengemeinde Groß Glienicke. Fertiggestellt am 08.06.2012. – Müller-Pfeifruck, Sylvia: Dorfkirche Groß Glienicke. Dokumentation Quellenforschung zur Geschichte der Kanzel. Auftraggeber: Untere Denkmalschutzbehörde Potsdam. Fertiggestellt am 14.09.2012. – Müller-Pfeifruck, Sylvia: Dorfkirche Groß Glienicke. Dokumentation Quellenforschung zur Geschichte des Altars, der Epitaphien, der Westempore und des Gestühls. Auftraggeber: Untere Denkmalschutzbehörde Potsdam. Fertiggestellt Mai 2013. 2 Im Folgenden nach Gnewuch 1984, S. 35–88 und Andreae 2007.

Zur Geschichte der Dorfkirche Groß Glienicke und ihres Altars

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