Diercke 360°

arbeiten muss und somit so viel Zeit wie möglich mit meinen Kindern verbringen kann. ... Ich habe mich nicht gegen ein Leben in Brasilien entschieden. Bei mir.
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Diercke 360° INTERVIEW

Diercke Weltatlas Magazin Jana Ina Zarella Moderatorin und Model

Im Gespräch mit Jana Ina Zarella Diercke 360°-Redaktion: Wir kennen Sie aus zahlreichen TV-Auftritten, von Werbeplakaten und Zeitschriften als lebenslustige, schöne Brasilianerin, Ehefrau eines fußballverrückten Italieners und Mutter. Wie bekommen Sie alles gleichberechtigt unter einen (Zucker-)Hut? Jana Ina Zarella: Natürlich ist es nicht einfach, aber jede Frau, die ebenfalls arbeiten geht, kennt diese Situation. Auch wenn man am Ende des Tages einfach nur noch schlafen gehen möchte, kriegt man das trotzdem alles irgendwie hin. Für mich ist es wirklich Luxus, dass ich nicht jeden Tag arbeiten muss und somit so viel Zeit wie möglich mit meinen Kindern verbringen kann. Außerdem leben meine Schwiegereltern seit 2 Jahren in Köln. Sie sind eine große Hilfe! Diercke 360°-Redaktion: Sie haben deutsche Vorfahren und sind 1999 nach Deutschland gekommen. Warum haben Sie sich gegen ein Leben in Brasilien und für ein Leben in Deutschland entschieden? Jana Ina Zarella: Ich habe mich nicht gegen ein Leben in Brasilien entschieden. Bei mir hat sich einfach alles so ergeben. Nachdem ich 1998 in Deutschland den Wettbewerb „Miss Intercontinental“ gewonnen habe, bekam ich eine Einladung, hier als Model zu arbeiten. Ich war 20 Jahre alt, studierte damals Journalismus aber wollte unbedingt die Welt sehen und als Model im Ausland arbeiten. Das Geld für die Uni war knapp und ich sagte meiner Mutter, entweder nutze ich die Gelegenheit jetzt aus und ermögliche meine Träume oder ich mache es nie. Ich wollte gar nicht für immer in Deutschland bleiben, sondern lediglich für 3 Monate hier arbeiten und dann wieder zurückfliegen. Aber die Dinge laufen im Leben ja oft anders als man denkt – zum Glück. Diercke 360°-Redaktion: Sie haben bereits in jungen Jahren viele Teile Ihres Heimatlandes kennengelernt! Wie ist es um Ihre geographische Orientierung bestellt: Automatische Navigation oder lieber selber navigieren? Jana Ina Zarella: Für mich sind Reisen immer organisiert und mit einem Ziel. Ich bin nicht für Abenteuer gemacht und möchte lieber alles unter Kontrolle haben. Daher lieber automatische Navigation. Diese Sache mit „wir suchen ein Hotel unterwegs oder gehen zum Camping Platz“ ist definitiv nichts für mich. Ich fahre auch nicht blind irgendwo hin, sondern weiß grundsätzlich vorher, wo die Reise hingeht. Mein Land Brasilien lerne ich immer mehr kennen und verliebe mich immer wieder neu. Ich bin eine stolze Brasilianerin. Diercke 360°-Redaktion: Brasilien gilt als Schwellenland, also als eins der Länder auf dem (richtigen?) Weg zur Industrienation. Sind die Fußball-Weltmeisterschaft und die Olympischen Sommerspiele ein Segen oder Fluch? Profitiert das ganze Land von diesen Megaevents oder leidet es eher darunter?

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Jana Ina Zarella: Brasilien wird sich von einer anderen Seite zeigen können. Wir zeigen der Welt, dass wir nicht nur Karneval und Samba-Tänzerinnen zu bieten haben – im Gegenteil. Wir sind ein großes reiches Land, das sich immer mehr stabilisiert und in der Lage ist, sogar anderen Ländern zu helfen. Leider genau deswegen haben wir viel mit Korruption zu tun – nicht jeder Politiker kämpft fürs Land. Viele denken nur an sich und an die eigenen Interessen, was sehr schade ist. Aber auch das nimmt uns unsere Freude nicht – wir kämpfen momentan für ein besseres Gesundheitssystem und mehr Geld für Bildung. Solche Sachen sollten selbstverständlich sein – sind sie leider bei uns nicht. Trotzdem sehen wir die WM und auch die Olympischen Spiele als großes wirtschaftliches Sprungbett und positives Ereignis und freuen uns daher auf jeden, der uns besuchen kommt. Diercke 360°-Redaktion: Wie stark hat sich Brasilien verändert, seitdem Sie ausgewandert sind. Jana Ina Zarella: Ich bin seit ca. 13 Jahren weg und habe manchmal das Gefühl, nie dort gelebt zu haben. Das Land hat sich stark verändert und entwickelt. Klar bleiben manche Sachen immer gleich, aber andere sind mir sogar fremd. Das ist manchmal erschreckend zu sehen. Spätestens dann merke ich, wie „eingedeutscht“ ich mittlerweile bin. Diercke 360°-Redaktion: Brasilien steht in Deutschland für Fußball, Samba, Karneval, Copacabana, Cocktails, aber auch für Favelas, Vernichtung von tropischem Regenwald, Armut oder soziale Ungerechtigkeit. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft weit auseinander. Stimmen diese positiven/negativen Vorurteile? Jana Ina Zarella: Man könnte sagen, dass einiges davon stimmt aber auch viel Klischee dabei ist. Natürlich lieben wir Fußball, Karneval und Caipirinha, aber wir leben nicht nur davon. Wir haben viel mehr zu bieten als nur das. Die Favelas haben z.B. ein viel zu negatives Image. Dort leben ehrliche Menschen, die hart arbeiten und leider keine Möglichkeit haben woanders zu leben, weil die Lebenskosten in Rio zum Beispiel viel zu hoch sind. Nicht jeder kann in Leblon oder Ipanema leben, aber das bedeutet nicht, dass man deswegen kriminell oder gefährlich ist. Viele haben auch Angst nach Brasilien zu kommen, weil sie denken, sie werden sofort überfallen. Das ist Quatsch! Solche negativen Behauptungen machen mich traurig, weil sie einfach nicht stimmen. Diercke 360°-Redaktion: Welche brasilianische Region/Stadt/Landschaft/Kultur oder Tradition mögen Sie am meisten? Was müssen unsere Leser gesehen haben oder unbedingt kennen lernen?

Jana Ina Zarella: Ich komme aus Rio de Janeiro und wir „Cariocas“ sind sehr stolz auf unsere Stadt. Rio ist wunderschön und für uns die schönste Stadt der Welt! Die Menschen sind immer gut drauf und genießen das Leben auch wenn sie nicht viel Geld haben. Ich kann auf jeden Fall Silvester an der Copacabana oder die Karneval Parade empfehlen. Diese zwei Events muss man wenigstens einmal im Leben gesehen haben. Am Silvesterabend tragen ca. 2 Millionen Menschen am Strand weiß und feiern die Königin des Meeres (Lemanja). Am Karneval zeigen ca. 13 Sambaschulen was sie ein Jahr lang geübt und organisiert haben. Es ist traumhaft! Diercke 360°-Redaktion: Welche Rolle spielt die Geographie an brasilianischen Schulen? Wird dort auch mit Atlanten gearbeitet und gibt es dort evtl. auch so einen berühmten und etablierten Atlas die den Diercke Weltatlas? Jana Ina Zarella: Natürlich. Brasilien ist riesig und vielfaltig. Wir müssen viel lernen, um unser Land besser zu verstehen. Geographie war für mich ehrlich gesagt ein schwieriges Fach – wir haben 26 Bundesländer und viele Flüsse und Seen. Das ganze zu lernen war sehr schwer! Außerdem sind die Bundesländer komplett unterschiedlich, was Wetter, Natur oder Kultur betrifft – in jeder Ecke gibt es neue Sachen zu entdecken. Diercke 360°-Redaktion: Was würden Sie sich für Unterrichtsinhalte über Brasilien von Lehrern in Deutschland allgemein und in Vorbereitung auf die WM wünschen? Jana Ina Zarella: Dass man Brasilien als wirtschaftlich starkes Land präsentiert. Dass wir den größten Regenwald der Welt haben und dort viele vom Aussterben bedrohte Tiere ein Zuhause haben. Und dass Brasilien sich in den letzten Jahren so stark entwickelt hat, dass man kaum noch von 3. Welt reden darf. Diercke 360°-Redaktion: Fußball spielt in Brasilien eine enorm große Rolle. In diesem Jahr wird endlich wieder eine Fußball-WM in Brasilien ausgetragen. Sind Sie auch so ein großer Fußball-Fan, wie ihr Ehemann Giovanni?

Jana Ina Zarella: Natürlich. In Brasilien liebt jeder Fußball. Wenn WM ist und Brasilien spielt, machen sogar die Geschäfte zu damit sich alle das Spiel anschauen können. Und wenn Brasilien gewinnt, dann bleiben alle auf der Straße und feiern. Unser Fußball bringt uns Freude und Hoffnung – so ähnlich war das auch mit Ayrton Senna. Wir haben unsere Helden und die lassen viele für ein paar Minuten den schweren Alltag vergessen. Vielleicht lieben wir deswegen den Fußball so sehr. Und vielleicht auch, weil wir sehen, dass alles möglich ist, wenn man an sich glaubt. Unsere Fußballjungs kommen meist aus sehr armen Verhältnissen und schaffen es bis ganz nach oben. Sie geben vielen jungen Leuten die Hoffnung, dass auch sie das schaffen können. Diercke 360°-Redaktion: Sind Sie bei der WM in Brasilien dabei? Welches Team feuern Sie an? Brasilien oder Deutschland? Oder Italien? Jana Ina Zarella: Ich möchte definitiv in Brasilien sein. Aber die WM wird auch eine Zeit sein, in der ich in Deutschland viel arbeiten werde. Als Brasilianerin bin ich sehr stolz darauf, mein Land hier repräsentieren zu dürfen. Und wenn Brasilien spielt, feuere ich natürlich mein Land an – egal gegen wen es gerade spielt. Dafür bin ich viel zu stolz auf meine Mannschaft! Diercke 360°-Redaktion: Wer wird im Finale stehen und wer wird Weltmeister? Jana Ina Zarella: Brasilien wird diesmal im Finale stehen – wir haben beim Confederations Cup schon gezeigt das wir wieder da sind und für den Titel kämpfen werden. Deutschland ist ein sehr starkes Team - diszipliniert, jung und technisch stark. Argentinien ist immer für eine Überraschung gut und Spanien ist immer noch die beste Mannschaft der Welt. Und Italien... Tja, laut meines Mannes sind sie eine erfahrene Mannschaft, die Lust auf den Titel hat. Mal schauen, ob sie gegen uns was ausrichten können! 5 Sterne auf dem Trikot haben nur die Brasilianer. Diercke 360°-Redaktion: Jana Ina wir bedanken uns für das nette Gespräch und hoffen auf einen würdigen Weltmeister 2014.

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