Die Marktmacht von TUI in Deutschland und Europa - Amazon Web ...

46. 3.3.4.1.1 Online-Vertrieb. 48. 3.3.4.1.2 Teleshopping. 49. 3.4 Konzentrationsanalyse der Reiseveranstalter. 50. 3.4.1 Der Konzentrationsbegriff und Arten der ...
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Sven Schuldt  Die Marktmacht von TUI in Deutschland und Europa                                                                IGEL Verlag   

                                                    Sven Schuldt  Die Marktmacht von TUI in Deutschland und Europa    1.Auflage 2009  |  ISBN: 978‐3‐86815‐346‐0  © IGEL Verlag GmbH , 2009. Alle Rechte vorbehalten. 

   

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                                        IGEL Verlag 

Inhaltsverzeichnis  Abbildungsverzeichnis  Tabellenverzeichnis  Abkürzungsverzeichnis  1. Einleitung  2. Grundlagen der Tourismuswirtschaft  2.1 Entstehung und Entwicklung des Tourismus  2.2 Definition und Abgrenzung des Begriffs Tourismus  2.3 Entwicklung der touristischen Marktforschung  2.4 Primär‐ und Sekundärmarktforschung  2.5 Immaterialität von Reiseprodukten  2.6 Die Situation im Deutschland‐ und Welttourismus  3. Situationsanalyse des Reiseveranstaltermarktes  3.1 Abgrenzung Reiseveranstalter und Reisemittler  3.2 Marktkonstellation des deutschen Veranstaltermarktes  3.3 Strukturanalyse der Reiseveranstalter  3.3.1 Vorbemerkungen und Datenerhebungen  3.3.2 Struktur und Größe des Reiseveranstaltermarktes  3.3.3 Ausgewählte Analyseergebnisse im Detail  3.3.3.1 Gründungsjahre  3.3.3.2 Rechtsformen  3.3.3.3 Kapital  3.3.3.4 Marktvolumen Teilnehmer  3.3.3.5 Marktvolumen Umsatz  3.3.3.6 Durchschnittlicher Reisepreis  3.3.3.7 Mitarbeiterzahl und Mitarbeiterproduktivität  3.3.4 Vertriebswege der Reiseveranstalter  3.3.4.1 Direktvertrieb  3.3.4.1.1 Online‐Vertrieb  3.3.4.1.2 Teleshopping  3.4 Konzentrationsanalyse der Reiseveranstalter  3.4.1 Der Konzentrationsbegriff und Arten der Konzentration  3.4.1.1 Horizontale und vertikale Unternehmenskonzentration  3.4.1.2 Konzentrationsmessung und Konzentrationsmaße  3.4.2 Entwicklung der Konzentration im deutschen Reisemarkt  3.4.2.1 Einschätzung der Konzentrationsentwicklung  3.4.2.2 Konzentrationsmessung ausgewählter Reiseveranstalter  3.4.2.3 Entwicklung der Veranstaltergruppen  3.4.2.4 Auswertung der Messergebnisse 

I

III  IV  V  1  3  3  4  7  9  11  13  24  24  25  31  31  32  39  39  40  41  41  42  42  42  43  46  48  49  50  51  52  52  53  59  59  61  64 

3.4.2.5 Konzentrationskurve  3.4.2.6 Lorenzkurve  3.4.3 Beurteilung der Unternehmenskonzentration  3.5 Derzeitige Herausforderungen an Reiseveranstalter  4. TUI, ein weltweit führender Touristikkonzern  4.1 Geschichte der TUI (Preussag) AG  4.2 Vision und Unternehmensphilosophie  4.3 Entwicklung des Geschäftsfeldportfolio  4.4 Marktsegmentierungsstrategien  4.5 Wettbewerbsstrategien  4.6 Markenführung  4.7 Positionierung  4.8 Personalmarketing  5. Empirische Untersuchung zur Analyse von Image, Qualität und  Markenbekanntheit von Reiseveranstaltern  5.1 Aufgabe und Zielsetzung der Untersuchung  5.2 Erhebungsverfahren  5.3 Aufbau und Inhalt des Fragebogens  5.4 Analyse der erhobenen Daten  5.5 Darstellung der Befunde  5.5.1 Soziodemographische Angaben  5.5.2 Persönliche Reisegewohnheiten  5.5.3 Mediennutzung  5.5.4 Markenbekanntheit  5.5.5 Qualitätsmanagement  5.5.6 Imageanalyse  6. Schlussbetrachtung  Anhangsverzeichnis  Quellenverzeichnis 

66  67  69  71  75  75  75  77  81  83  87  92  94  97  97  98  98  99  100  100  102  104  106  109  113  115  117  155 

 

II

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 14: Abbildung 15: Abbildung 16: Abbildung 17: Abbildung 18: Abbildung 19: Abbildung 20: Abbildung 21: Abbildung 22: Abbildung 23: Abbildung 24: Abbildung 25: Abbildung 26: Abbildung 27: Abbildung 28: Abbildung 29: Abbildung 30: Abbildung 31: Abbildung 32: Abbildung 33: Abbildung 34: Abbildung 35: Abbildung 36: Abbildung 37: Abbildung 38: Abbildung 39: Abbildung 40:

III

Modell des Tourismus Entwicklung der Urlaubsreisen ab 5 Tagen Dauer Einnahmen und Ausgaben der BRD im Reiseverkehr Veränderung des Interesses von Reisezielen 2001 und 2003 Organisation der Urlaubsreisen in Deutschland Verteilung der Marktanteile deutscher Reiseveranstalter 2004 Marktanteile vor der Konzentration in Deutschland Marktanteile nach der Konzentration in Deutschland Strukturanalyse des Reiseveranstaltermarktes nach Kirstges Große mittelständische Veranstalter nach Teilnehmern Große mittelständische Veranstalter nach Umsatzzahlen Neugründungen von Reiseveranstaltern Struktur der Veranstalter anhand der Mitarbeiterzahlen Eigentümerstruktur der TUI im Zeitverlauf Gesellschafterstrukturen der 3 großen Konzerne Verhältnis der erfassten Veranstalter zu ihren Umsätzen Umsatzentwicklung ausgewählter Kleinveranstalter Umsatzentwicklung ausgewählter kleiner mittelständischer Veranstalter Umsatzentwicklung großer mittelständischer Veranstalter Umsatzentwicklung der Großveranstalter Umsatzentwicklung der Reisveranstaltergruppen Konzentrationskurve der Reiseveranstalter Konzentrationsverlauf im Verhältnis zur Gleichverteilung Umsatzanteile der einzelnen SGF am Konzernumsatz 5 Wettbewerbskräfte der TUI AG nach Porter Häufigkeit des Geschlechts Altersstruktur der Probanden in Prozent Berufsgruppen der Probanden in Prozent Prozentualer Anteil an Privat- und Geschäftsreisen Prozentualer Anteil an Auslands- und Inlandsreisen Reiseintensität der Befragten in Prozent Mediennutzung nach Gesamtauswertung Buchungsverhalten nach Gesamtauswertung Bekanntheit der Reiseveranstalter Bekanntheit der Veranstaltermarken Zufriedenheit mit der Dienstleistungsqualität Unzufriedenheit mit der Dienstleistungsqualität Notendurchschnitt der Rewe-Touristik anhand der Kriterien Notendurchschnitt von Öger Tours anhand der Kriterien Notendurchschnitt von TUI und TC anhand der Kriterien

5 17 18 20 22 27 30 30 34 38 38 40 43 56 57 61 62 63 63 64 64 67 68 79 85 100 101 101 102 103 103 105 106 107 108 109 110 111 112 114

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Aufgaben, Vor- und Nachteile der Primär- /Sekundärforschung Tabelle 2: Die 10 ausgabenstärksten Länder im Welttourismus im Vergleich der Jahre 1998 und 1999 Tabelle 3: Reiseanalyse 2003 Tabelle 4: Marktanteile ausgewählter Urlaubsländer in Prozent Tabelle 5: Großveranstalter nach Teilnehmer, Umsatz, Marktanteil Tabelle 6: Große mittelständische Reiseveranstalter nach Teilnehmer, Umsatz, Marktanteil Tabelle 7: Vertriebsstruktur der größten Veranstalter Tabelle 8: Anteile der Vertriebswege in Prozent sowie Umsatz pro Agentur Tabelle 9: Veranstalter, Marken und Fluggesellschaften Tabelle 10: TUI Konzernumsatz nach Sparten in 2004 Tabelle 11: TUI Ergebnis der Sparten Tabelle 12: Die wichtigsten europäischen Marken der World of TUI Tabelle 13: TUI Veranstaltermarken und ihre Zielausrichtung Tabelle 14: Beschäftigte in den Sparten des TUI Konzerns 2004 Tabelle 15: Verteilung des Geschlechts Tabelle 16: Mediennutzung numerisch und prozentual

11 14 16 21 35 36 46 47 58 80 81 90 92 95 100 104

IV

Abkürzungsverzeichnis  A.C. 

Aida Cruises 

ADAC‐CR 

ADAC Reisen AD Clubreisen GmbH 

C&N 

Condor & Neckermann Touristik 

CR 

Konzentrationsrate 

DB 

Deutsche Bahn 

DER  

Deutsches Reisebüro 

DRV 

Deutscher  Reisebüro‐  und  Reiseveranstalter‐ Verband 

FVW 

Fachzeitschrift Fremdenverkehrswirtschaft Interna‐ tional 

F.U.R. 

Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. 

GTI 

German Travel Int. GmbH 

HSE24 

Home Shopping Europe 24h 

I.C. 

Inter Chalet 

ITS 

International Tourist Service 

KV 

Kleinveranstalter 

LTU 

Lufttransportunternehmen 

MA 

Mitarbeiter 

N.H. 

Naza Holidays 

NUR 

Neckermann‐Urlaubs‐Reisen GmbH 

o.g. 

oben genannte 

RA 

Reiseanalyse 

RB 

Reisebüro 

RV 

Reiseveranstalter 

S.i.L. 

Schauinsland‐Reisen 

TC 

Thomas Cook AG 

TN 

Teilnehmer 

TUI 

Touristik Union International  

USP 

unique selling proposition 

UAP 

unique advertising proposition 

V

WestLB 

Westdeutsche Landesbank 

WTO 

World‐Tourism‐Organization  (Welttourismusorga‐ nisation)  

  Erläuterungen:  Outgoing Tourism 

Outgoing‐Tourismus  =  Tourismusstrom,  der  vom  Inland (Quellgebiet oder Absatzmarkt) ins Ausland  (Zielgebiet) reist 

Incoming Tourism 

Incoming‐Tourismus  =  Tourismusstrom,  der  vom  Ausland (Quellgebiet) ins Inland (Zielgebiet) reist 

 

VI

1. Einleitung  Entgegen  dem  allgemeinen  Wachstumstrend  im  Dienstleistungssektor,  der  mittlerweile  einen  zentralen  Stellenwert  im  Wirtschafts‐  und  Sozial‐ gefüge unseres Landes einnimmt, hat die Tourismusbranche seit einigen  Jahren  einen  tief  greifenden  Schnitt  vom  Nachfragemarkt  zum  Ange‐ botsmarkt  vollzogen.  Während  der  Reiseveranstaltermarkt  noch  bis  zur  Mitte der 90er Jahre als starker Wachstumsmarkt galt und viele neue Rei‐ severanstalter auf den Markt drängten, um Massenware in Form von Pau‐ schalreisen zu verkaufen, so ist heute ein gravierender Kampf um Markt‐ anteile, verbunden mit stagnierender Nachfrage, zu beobachten.   Grund  ist  einerseits  die  Angebotsvielfalt  der  Anbieter,  die  den  Kunden  zum  stärkeren  Vergleichen  zwingt,  andererseits  ist  aber  auch  eine  zu‐ nehmende Preissensibilität der Kunden sowie ein stärkerer Trend zu Kurz‐ fristbuchungen zu verzeichnen. Eine weitere sich abzeichnende Tendenz  ist  die  Abnahme  der  Nachfrage  nach  Pauschalreisen  mit  zunehmender  Nachfrage  nach  Individualreisen.  Die  vorhandenen  Sättigungstendenzen  und das sinkende  Marktwachstum im Reiseveranstaltermarkt verstärken  den  Wettbewerbsdruck  der  Reiseveranstalter,  was  eine  Erhöhung  der  Marktanteile eines Anbieters nur auf Kosten der Marktanteile eines ande‐ ren  möglich  macht.  Gefördert  wird  dieses  Marktbild  durch  die  Ende  der  90er  Jahre  gebildeten  Unternehmenskonzentrationen  innerhalb  der  Rei‐ sebranche. Dieses Verhalten hat einerseits zur Stärkung der Marktmacht  der  Konzerne  geführt  und  andererseits  eine  Verschärfung  des  Wettbe‐ werbs  verursacht.  Der  so  entstandene  Angebots‐  und  Preisdruck  zwingt  viele Veranstalter zur Spezialisierung und Besetzung von Nischen, andere  werden zum Marktaustritt bezwungen. Außerdem ist seit einiger Zeit ei‐ ne  wechselnde  und  schwer  überschaubare  Konsumorientierung  der  Ver‐ braucher  zu  beobachten.  Die  Ursachen  für  die  sich  dynamisch  ändernde  Nachfragesituation  könnten  in  den  veränderten  gesellschaftlichen  und  kulturellen  Sichtweisen  sowie  in  den  Verschiebungen  von  Interessen  zu  sehen  sein.  Der  neue  Trend  einer  zunehmend  hedonistischen  Grundein‐ stellung  verstärkt  den  Wunsch  nach  Freiheit  und  Lifestyle.  Durch  die  weitgehende  Sättigung  der  Maslow´schen  Grundbedürfnisse  wächst  der  Wunsch  nach  Befriedigung  neuer  Bedürfnis‐Ebenen  und  damit  die  He‐ rausforderung an die Reiseveranstalter, auf die veränderte Marktsituation  zu  reagieren.  Aufgrund  der  ständig  steigenden  Kundenerwartungen  und  des  erhöhten  Anspruchsdenkens  der  Verbraucher  sehen  sich  die  Reise‐ veranstalter daher zunehmend gezwungen, den Reisetrends der Nachfra‐ ger  zu  folgen  und  sich  den  veränderten  Marktbedingungen  anzupassen.  Das Dilemma liegt dabei in der Immaterialität von Reisedienstleistungen, 

1

d.h.  in  ihrer  physisch  nicht  wahrnehmbaren  Eigenschaft.  Aus  diesem  Grund  erweist  sich  die  Vermarktung  von  Reisedienstleistungen  gegenü‐ ber Sachgütern als besonders schwierig. Ein weiterer Ansatzpunkt für das  Marketing liegt in der Homogenität von Reiseprodukten. Leistungen wie  Transport, Unterkunft und Verpflegung werden von allen Reiseveranstal‐ tern angeboten und sind für die Nachfrager selbstverständlich geworden.  Gesucht  werden  zunehmend  emotional  ansprechende  Nebenleistungen,  die  den  Urlaub  zu  einem  einzigartigen  Erlebnis  werden  lassen.  Ziel  der  Reiseveranstalter  muss  es  sein,  neben  Zusatzleistungen  und  Sonderan‐ geboten, besondere Präferenzen für ihre Produkte zu entwickeln, um sich  somit von ihren Wettbewerbern zu differenzieren.     Die  Tourismusindustrie  in  Deutschland  hat  sich  in  den  letzten  10  Jahren  einem tief greifenden Wandel unterzogen. Die strukturellen Veränderun‐ gen im Reiseveranstaltermarkt haben eine völlig neue Aufteilung der ge‐ samten Reisebranche mit sich gebracht. Bis Mitte der 90er Jahre operier‐ ten  die  einzelnen  Glieder  (Leistungsträger,  Zielgebietsagenturen,  Trans‐ fer,  Reiseveranstalter  und  Reisemittler)  der  gesamten  Wertschöpfungs‐ kette noch größtenteils unabhängig voneinander. Wettbewerb erfolgte in  erster Linie über den Preis homogener Produkte bzw. über die Angebots‐ tiefe  bei  rechtlich  selbständigen  Unternehmen.  Heute  richtet  sich  der  Wettbewerb fast ausschließlich auf die Macht und den Einfluss in der Tou‐ ristikwirtschaft.  Der  Hauptgrund  ist  der  vorangeschrittene  Konzentrati‐ onsprozess  im  deutschen  Reiseveranstaltermarkt.  Es  herrscht  ein  Ver‐ drängungswettbewerb, der auf die Verschiebung von Marktanteilen zielt  und  kleinere,  nicht  wettbewerbsfähige,  Veranstalter  zum  Marktaustritt  zwingt. Die Macht  und der Einfluss der  großen  Konzerne im Reisemarkt  üben  ebenfalls  Druck  auf  die  Destinationen  aus,  indem  sie  Preise  und  Leistungen diktieren. Zielsetzung dieser Arbeit ist die systematische Dar‐ stellung  des  bestehenden  deutschen  Reisemarktes  sowie  die  qualitative  und  quantitative  Feststellung  der  wichtigsten  deutschen  Reiseveranstal‐ ter. Neben der aktuellen Analyse der Situation im Deutschland‐ und Welt‐ tourismus  orientiert  sich  die  Arbeit  also  vordergründig  auf  die  Untersu‐ chung der Marktmechanismen im deutschen Reiseveranstaltermarkt.    



2. Grundlagen der Tourismuswirtschaft  2.1 Entstehung und Entwicklung des Tourismus  Eine kurze Einführung in die Entstehung und Entwicklung des Tourismus  erscheint  für  den  weiteren  Verlauf  der  vorliegenden  Studie  als  sinnvoll.  Eine Beziehung zwischen der Geschichte des Tourismus und der heutigen  Tourismusforschung1 ist durchaus vorhanden.     Die Geschichte der Menschheit ist die Geschichte des Reisens. Seit jeher  ist  das  Individuum  bestrebt,  aus  verschiedensten  Gründen  (privaten,  ge‐ schäftlichen,  politischen  oder  religiösen)  seinen  Bestimmungsort  zu  ver‐ ändern.  Dennoch  ist  das  Bedürfnis  des  Menschen  zu  reisen  nicht,  wie  oftmals angenommen, angeboren. Der Wunsch nach kurz‐ oder langfris‐ tiger  Ortsveränderung  ist  vielmehr  historisch  bedingt  und  begann  laut  Spode2 mit dem „Unbehagen der Menschen an der Rationalität und dem  Fortschritt  der  Gesellschaft  und  der  dadurch  bedingten  revolutionären  Neubewertung von Natur und Geschichte im 19. Jahrhundert“.3   Der  Ursprung  des  eigentlichen  Tourismus  liegt  in  der  Industrialisierung  Europas  und  ist  auf  den  Ausbau  der  touristischen  Infrastruktur  und  Zu‐ nahme der erforderlichen finanziellen Mittel breiter Bevölkerungsschich‐ ten  zurückzuführen. Die  Geburtsstunde  der  Pauschalreise  liegt etwa 160  Jahre  zurück.  Im  Jahre  1841  veranstaltete  der  Engländer  Thomas  Cook,  Gründer  der  heutigen  Thomas  Cook  AG,  seine  erste  Gesellschaftsreise.  570  Menschen  fuhren  mit  „Mr.  Cooks  Extrafahrt“  von  Leicester  nach  Loughborough  zu  einer  Veranstaltung  gegen  Alkoholmissbrauch.  Im  Fahrpreis von umgerechnet ca. 0,50 Cent war die Fahrt in einem offenen  Vergnügungszug, Tee und Brot enthalten.4   In  Deutschland  setzte  der  organisierte  Pauschaltourismus  erst  Mitte  der  60er Jahre dieses Jahrhunderts ein, vorher war das Reisen nur gutbetuch‐ ten  Privilegierten  vorenthalten.  Damals  existierten  auf  dem  Reisemarkt  etwa 220 Reiseveranstalter. Erste Flugreisen wurden 1961 in den Katalo‐ gen  des  Unternehmens  Neckermann  angeboten.  In  den  Folgejahren  bis  1970  wurden  die  bis  heute  am  Markt  etablierten  Großveranstalter  ge‐

                                                                                                                                                         1

      3    4    2

3

Nähere Erläuterungen siehe Punkt 2.3   Spode, H., Zur Geschichte des Tourismus, 1987, S. 37‐40  Roth, S., Marketing von Reiseveranstaltern, 2000, S. 9  Vgl. Liedtke, R., Das Urlaubskartell, 2002, S. 22 

gründet  und  der  Charterflugtourismus  ins  Leben  gerufen.5  In  den  70er  Jahren begannen die inzwischen etwa 260 am Markt vorhandenen Reise‐ veranstalter  durch  Übernahmen  und  Unternehmenszusammenschlüsse  zu  expandieren.  So  entwickelte  sich  die  Touristik  Union  International  (TUI) schon bald zum führenden deutschen Reiseveranstalter.6 In der Zeit  nach  1970  drängten  zunehmend  Spezialveranstalter  auf  den  Markt,  die  sich auf bestimmte Zielgebiete spezialisierten und somit ihre Kompetenz  für Individualreisen aufzeigten (z.B. der Veranstalter Yugotours für Jugos‐ lawien).  Bis  Ende  der  70er  Jahre  stieg  die  Zahl  der  Reiseveranstalter  auf  etwa  400  an.7  Heute  existieren  auf  dem  deutschen  Reiseveranstalter‐ markt  etwa  1.500  Haupterwerbsreiseveranstalter.  Neben  diesen  existie‐ ren noch ca. 2.300 Busreiseveranstalter, die regelmäßig Busreisen organi‐ sieren.8  Vergleicht  man  die  Zahl  der  Reiseveranstalter  im  Zeitraum  von  1960 bis 2002, ist festzustellen, dass sich der Wert innerhalb von 40 Jah‐ ren fast um das achtfache erhöht hat.9 Der größte Zuwachs an Reisever‐ anstaltern war zu Beginn der deutschen Wiedervereinigung im Jahre 1990  festzustellen. Die Hauptursache dürfte hier die Erschließung der ostdeut‐ schen Märkte sein.10    2.2 Definition und Abgrenzung des Begriffs Tourismus  Wie  bereits  erwähnt,  strebt  der  Mensch  aus  verschiedensten  Gründen  nach  vorübergehenden  Ortsveränderungen.  Der  ursprünglich  aus  dem  griechischen  stammende  Begriff  Tourismus  fand  erst  nach  dem  zweiten  Weltkrieg  Verbreitung  und  wurde  aus  dem  englischen  (tourist)  über‐ nommen.  Der  deutsche  Ausdruck  „Fremdenverkehr“  hingegen  findet  immer  weniger  Verwendung,  da  man  in  der  Branche  dazu  tendiert,  den  Reisenden als „Gast“ und nicht als „Fremden“ zu sehen.11                                                                                                                                                            5

   Vgl. Kirstges, T., Sanfter Tourismus, 2003, S. 8; Beim Charterflugtourismus mietet  (chartert) ein Reiseveranstalter eine bestimmte Flugkapazität bei einer Airline, für  deren Auslastung er das Risiko trägt und kombiniert diese mit anderen Leistungen  (i.d.R. Unterkunft und Transfer).  6    Kirstges,  T.,  a.a.o.,  S.  8;  Die  TUI  entstand  im  November  1968  als  Zusammen‐ schluss der bis dahin selbständigen Veranstalter Touropa, Scharnow, Hummel und  Dr. Tigges  7    Vgl. Hochreiter/Arndt, Tourismusindustrie, S.111.  8    Vgl.  Kirstges,  Strukturanalyse,  2003,  S.14‐25;  gemeint  sind  hier  lediglich  Ver‐ anstalter, deren Haupterwerb im Veranstalten von Reisen liegt  9    Vgl. Anhang 1  10    Vgl. Pompl, W., Management 1, S. 54.  11    Vgl. Roth, S., Marketing von Reiseveranstaltern, S.11 

4

  Der Tourismusbegriff beschreibt in seinem Umfang den gesamten natio‐ nalen  als  auch  internationalen  Reiseverkehr  und  integriert  alle  am  Tou‐ rismus beteiligten Leistungsträger inkl. Hotellerie und Gastronomie. Hin‐ gegen hat der Begriff Touristik eine eingeschränkte Bedeutung, da er den  Hotel  und  Gaststättenbereich  nicht  berücksichtigt.  Somit  reduziert  sich  die  Touristik  auf  Tourismusorganisationen  (Verbände  und  Orte),  Ver‐ kehrsträger  (Transport),  Reiseveranstalter  (Bündelung  von  einzelnen  Leistungen  zu  einem  vollwertigen  Reiseprodukt)  und  Reisebüros  (Reise‐ mittler).12     Im engeren  Sinne definiert der Tourismus die Gesamtheit der Beziehun‐ gen und Erscheinungen, die sich aus der Ortsveränderung und dem Auf‐ enthalt  von  Personen  ergeben,  die  am  Aufenthaltsort  weder  hauptsäch‐ lich noch dauernd leben bzw. arbeiten.13 Ganz unkompliziert könnte man  sagen,  dass  der  Tourismus  dazu  dient,  Reisende  vorübergehend  von  ih‐ rem  festen  Wohnsitz  an  einen  Ort  ihrer  Wahl  zu  bringen.  Diese  Reisen  müssen zwischen 24 Stunden und einem Jahr liegen und dürfen nicht zu  Beschäftigungszwecken  genutzt  werden,  die  vom  Zielort  entlohnt  wer‐ den. Modellhaft wird die vorübergehende Ortsveränderung in Abbildung 1  dargestellt.       

„Zu Hause“    fester Wohn‐, Ar‐ beitsort    Quellgebiet 

 

     

Hinreise 

Rückreise 

„Die Ferne“    zeitweise Ziel‐, Emp‐ fängerort/ ‐gebiet    Destination 

  Umfelder: ökonomisch, sozial, politisch,juristisch, medizinisch etc.  Abbildung 1: Modell  des  Tourismus  (Quelle:  eigene  Darstellung  in  Anlehnung  an:  Freyer,  W.,  Touris‐ musmarketing, 2001, S. 8) 

 

                                                                                                                                                         12 13

5

   Vgl. Roth, P., Schrand, A.: Touristikmarketing 1999     Dettmer, H., Tourismus 1, S.14; Kaspar, 1996, S. 16