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Die Kopie als Element fürstlicher Gemäldesammlungen

Für Peter Voermann (1950 – 2012)

Schriften zur Residenzkultur • 8 Herausgegeben vom Rudolstädter Arbeitskreis zur Residenzkultur

Ilka Voermann

Die Kopie als Element fürstlicher Gemäldesammlungen des 19. Jahrhunderts

Lukas Verlag

Abbildungen auf dem Umschlag: August Wolf: Himmlische und irdische Liebe, Kopie nach Tizian Vecellio, 1890, Öl auf Leinwand, 109 × 205  cm, Niedersächsisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg, Inv.Nr. LMO 13.248. 21, Foto: Niedersächsisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg, Aufnahme: Sven Adelaide Tizian Vecellio: Himmlische und Irdische Liebe, um 1512/15, Öl auf Leinwand 108 × 256 cm, Galleria Borghese Rom, Foto: Bildarchiv Foto Marburg

Gedruckt mit Hilfe der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein.

© by Lukas Verlag Erstausgabe, 1. Auflage 2012 Zugl.: Mainz, Johannes Gutenberg-Univ., Diss. phil. 2011 Alle Rechte vorbehalten Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte Kollwitzstraße 57 D–10405 Berlin www.lukasverlag.com Korrektorat und Satz: Jana Pippel (Lukas Verlag) Reprographie und Umschlag: Lukas Verlag Druck: Elbe Druckerei Wittenberg Bindung: Stein + Lehmann, Berlin Printed in Germany ISBN 978–3–86732–135–8

Inhalt

Dank 9 Einführung und Grundlagen

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Vorbemerkungen 11 Untersuchungsrahmen und -zeitraum 12 Forschungsstand 13 Quellenlage 20 Ausblick auf die Ergebnisse 22 Die Gemäldekopie im 19. Jahrhundert

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Definitionen und Formen der Kopie Die Kopie in der Malerei des 19. Jahrhunderts Die Kopie im Prozess der Künstlerausbildung Das Kopieren an den französischen Akademien in Paris und Rom Die kunsttheoretischen Grundlagen für das Kopieren an deutschen Akademien Die Kopie als technisches Lehrmittel Das Kopieren im Lehrplan der deutschen Akademien Exkurs: »Vorschriften über das Copiren in der Großherzoglichen Gemäldesammlung zu Oldenburg« Die zeitgenössische Kritik an der Kopierpraxis Professionelle Kopiertätigkeit Die Bewertung der Kopie in der Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts Die Kopie im Spiegel ihrer Entstehungszeit Allgemeine Beobachtungen Die Kopiertechniken Gute Kopie – Schlechte Kopie Die Kopiensammlungen des 19. Jahrhunderts Die Kopiensammlung des Grafen von Schack Das Lindenau-Museum in Altenburg Die Kunstsammlung Fritz von Farenheids in Beynuhnen Die Vorbildersammlung von Franz Reiff Der Raffaelsaal in der Orangerie von Sanssouci Die Porzellangalerie Ludwigs I. von Bayern Das Musée des Copies in Paris

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Die Kopie als Element fürstlicher Gemäldesammlungen des 19. Jahrhunderts

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Aspekte des höfischen Sammelns und Ausstellens im 18. und 19. Jahrhundert Mechels »sichtbare Geschichte der Kunst« in Wien »Un cours historique de l’art de peinture« – Das Musée Napoléon »Erst erfreuen, dann belehren« – Das Alte Museum in Berlin Sammeln mit System – Auswirkungen der neuen wissenschaftlichen Maßstäbe auf die Sammlungspolitik Die Beauftragung und der Ankauf von Gemäldekopien Die Auftragskopien Der Ankauf von Kopien und weitere Wege in die Sammlungen Die Kopisten Die Preise Der Umgang mit den Gemäldekopien innerhalb der Sammlungen Die Hängung der Gemäldekopien Die Behandllung der Gemäldekopien in den Verzeichnissen Die Rahmung der Gemäldekopien

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Die Rolle des Gemäldesammelns und der Kopie im Kontext der höfischen Repräsentation des 19. Jahrhunderts

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Die historischen Voraussetzungen Die Gemäldesammlung als Ort höfischer Repräsentation im 19. Jahrhundert Die neuen Museumsbauten Der Bauplatz Die äußere Form Herrscherverehrung im und am Bau Die Gemäldesammlungen als Träger höfischer Repräsentation Vollständigkeit als Sammlungsprinzip Der Fürst als »Erzieher des Volkes« – Die Kopie im Kontext didaktischer Museumskonzepte Quantität statt Qualität? Kunst zwischen Adel und Bürgertum Fürstliches Sammeln – Bürgerliches Sammeln Die Kunstvereine – Geschichte und Bedeutung Kunstvereine als Instrument politischer Opposition? Zusammenfassung

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Inhalt

Tafelteil

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Katalog der Gemäldekopien

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Die großherzogliche Gemäldesammlung zu Oldenburg 218 Die Entstehung der Oldenburger Sammlung 218 Die temporäre Auflösung der Sammlung 222 Das Augusteum 224 Die großherzogliche Gemäldesammlung zu Oldenburg und ihre Kopien 227 Sammlungsintention und Struktur der Gemälde 227 Die Kopien in der großherzoglichen Gemäldesammlung zu Oldenburg 228 Die Hängung der Originalgemälde und der Kopien 230 Resumée 232 Katalog der Kopien in der großherzoglichen Gemäldesammlung zu Oldenburg 232 Die großherzogliche Gemäldesammlung zu Schwerin 248 Die Entstehung der Sammlung 248 Der Kunstraub durch die Franzosen 249 Die Unterbringung in der Alexandrinenstraße 249 Das Großherzogliche Museum zu Schwerin 251 Die großherzogliche Gemäldesammlung zu Schwerin und ihre Kopien 252 Sammlungsintention und Struktur der Gemälde 252 Die Kopien in der großherzoglichen Gemäldesammlung zu Schwerin 254 Die Hängung der Originalgemälde und der Kopien 256 Resumée 258 Katalog der Kopien in der großherzoglichen Gemäldesammlung zu Schwerin 259 Die großherzogliche Gemäldesammlung zu Karlsruhe 282 Die Ursprünge der Sammlung 282 Markgräfin Caroline Luise von Baden 283 Eine Vorbildersammlung für die Zeichenschule 284 Die Kunsthalle zu Karlsruhe 286 Die großherzogliche Gemäldesammlung zu Karlsruhe und ihre Kopien 288 Sammlungsintention und Struktur der Gemälde 288 Die Kopien in der großherzoglichen Gemäldesammlung zu Karlsruhe 290 Die Hängung der Originalgemälde und der Kopien 291 Resumée 293 Katalog der Kopien in der großherzoglichen Gemäldesammlung zu Karlsruhe 294

Inhalt

7

Die großherzogliche Gemäldesammlung zu Weimar 309 Die Ursprünge der Weimarer Sammlung 309 Goethes Bildergalerie 310 Das Großherzogliche Museum zu Weimar 312 Die großherzogliche Gemäldesammlung zu Weimar und ihre Kopien 314 Sammlungsintention und Struktur der Gemälde 314 Die Kopien in der großherzoglichen Gemäldesammlung zu Weimar 316 Die Hängung der Originalgemälde und der Kopien 318 Resumée 319 Katalog der Kopien in der großherzoglichen Gemäldesammlung zu Weimar 320 Die herzogliche Gemäldesammlung zu Gotha 329 Die Vorgeschichte der Sammlung 329 Die Kunstkammer und die Gemäldegalerie auf Schloss Friedenstein 330 Das Herzogliche Museum 331 Die herzogliche Gemäldesammlung zu Gotha und ihre Kopien 334 Sammlungsintention und Struktur der Gemälde 334 Die Kopien in der herzoglichen Gemäldesammlung zu Gotha 335 Die Hängung der Originalgemälde und der Kopien 337 Resumée 338 Katalog der Kopien in der herzoglichen Gemäldesammlung zu Gotha 338 Anhang

358

Quellen und Literatur Verzeichnis der Quellen und ungedruckter Literatur Verzeichnis der gedruckten Quellen und der verwendeten Literatur

359 359 360

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Inhalt

Dank An erster Stelle möchte ich meinem Doktorvater Prof. Dr.  Matthias Müller sehr herzlich für die zurückhaltende, aber immer zielgerichtete Betreuung meiner Arbeit danken. PD Dr. Claudia Meier danke ich für die Übernahme des Zweitgutachtens. Dem Vorstand des Rudolstädter Arbeitskreises danke ich sehr herzlich für die Aufnahme meiner Dissertation in der Reihe »Schriften zur Residenzkultur« sowie die verschiedenen Möglichkeiten, mein Forschungsprojekt auf Tagungen und Workshops zu diskutieren. Der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften danke ich für die großzügige Unterstützung der Drucklegung meiner Dissertation. Für die vielen anregenden Gespräche und die tatkräftige Unterstützung meiner Arbeit möchte ich mich besonders herzlich bei Dr. Gero Seelig, Staatliches Museum Schwerin, Dr.  Siegmar Holsten, Kunsthalle Karlsruhe, Dr.  Martin Eberle und Dr. Allmuth Schuttwolf, Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, Dr. Michael Reinbold, Niedersächsisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg, Dr. Bettina Werche, Klassik Stiftung Weimar und Dr. Oliver Gradel danken. Ganz besonders möchte ich mich bei Dr. Maren Siems bedanken, die mich erst auf die Idee gebracht hat, über Gemäldekopien zu schreiben, und Prof. Dr. Antje Sander, die mich über viele Jahre bei meiner Forschung unterstützt hat. Mein ganz persönlicher Dank gilt meinen Eltern, die mich in den letzten Jahren uneingeschränkt unterstützt und immer an das Gelingen meiner Arbeit geglaubt haben. Dies trifft besonders auf meinen Vater zu, der dieses Buch leider nicht mehr in den Händen halten kann. Die Poleposition in meiner Danksagung gehört ohne Frage meinem Mann Christian, der in den letzten Jahren alle Höhen und Tiefen einer Dissertation mit mir er- und durchlebt hat.

Dank

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Einführung und Grundlagen Vorbemerkungen

»Eine Kopie vertritt das Original, erinnert an dieses, belehrt über dieses. Der ideelle und materielle Wert einer Kopie beruht in ihrem Hinweischarakter auf das Original.«1 Diese Bewertung von Peter Bloch aus dem Jahre 1979 veranschaulicht sehr deutlich, wie die Kopie lange Zeit in der kunsthistorischen Forschung beurteilt wurde. Der Kopie wurde ein eigener Kunstwert oder eine über die Stellvertreterfunktion hinausgehende Bedeutung stets abgesprochen. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich diese Haltung gegenüber der Kopie deutlich gewandelt. Studien zu Kopiensammlungen des 19. Jahrhunderts beleuchteten die Funktion dieser »Kunst aus zweiter Hand« und Untersuchungen zur Rolle der Kopie in der künstlerischen Ausbildung des 18. und 19. Jahrhunderts betonten ihren Wert für die Ideenfindung und die Entwicklung technischer Fähigkeiten. Auch als Museumsgut erfuhr die Gemäldekopie eine Neubewertung. Die RWTH Aachen präsentierte 2008 die Kopien aus der Vorbildersammlung des Hochschullehrers Franz Reiff (1835–1902) in einer eigenen Ausstellung.2 2009 erhielten die Kopien in der Neuanordnung der Schackgalerie in München, ursprünglich eine der größten und berühmtesten Kopiensammlungen des 19. Jahrhunderts, nach Jahren im Depot wieder einen Platz in der Ausstellung.3 Die Kunsthalle Karlsruhe widmete der Kopie 2012 unter dem Titel »Déjà-vu? Die Kunst der Wiederholung von Dürer bis YouTube« eine umfassende Sonderausstellung, in der die vielfältigen Formen der Kopie am bisher ausführlichsten dokumentiert und hinterfragt wurden.4 Die Kopie ist damit wieder im Museum angekommen. Dennoch bleiben bezüglich der Bewertung und der Funktion der Kopien als Bestandteil einer Gemäldesammlung immer noch Fragen offen. Dies gilt insbesondere für die Gemäldekopien, die sich im 19. Jahrhundert in den Beständen der fürstlichen Sammlungen befunden und in der kunsthistorischen Forschung bisher kaum Beachtung erfahren haben. Angesichts der weiten Verbreitung der Gemäldekopie als Ausstellungsobjekt in den öffentlichen Museen des 19. Jahrhunderts, die sich anhand der Sammlungsverzeichnisse nachweisen lässt, erscheint die mangelnde wissenschaftliche Bearbeitung umso erstaunlicher. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt daher in der Untersuchung der Wertschätzung der Kopie als Ausstellungsstück in den fürstlichen Sammlungen des 19. Jahrhunderts, an die weiterführende Fragestellungen zur Bedeutung der Kopie und der Kunstsammlung im Allgemeinen für die höfische Repräsentation im 19. Jahrhundert anknüpfen. 1 2 3 4

Bloch 1979, S. 48. Dlugaiczyk/Markschies 2008. Rott 2009. Mensger 2012.

Einführung und Grundlagen

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Damit schneidet die Untersuchung der Gemäldekopien in fürstlichen Sammlungen des 19. Jahrhunderts zwei wenig erforschte Teilgebiete der Kunstgeschichte an und kann nicht nur Aufschluss über die »Kunst aus zweiter Hand« und ihre Verwendung geben, sondern darüber hinaus auch einen Beitrag zur Erforschung der höfischen Repräsentation im »bürgerlichen« 19. Jahrhundert leisten. Untersuchungsrahmen und -zeitraum

Die Untersuchung der Bewertung und Funktion der Gemäldekopie in den fürstlichen Sammlungen des 19.  Jahrhunderts ist durch die Verknüpfung kunsthistorischer, historischer und auch politischer Hintergründe ein äußerst komplexes Thema. Eine Einschränkung der zu untersuchenden Sammlungen war daher unumgänglich. Den Ausgangspunkt der Themenfindung bildete die großherzogliche Gemäldesammlung zu Oldenburg5, deren Kopienbestand bereits in einem Aufsatz von Peter Reindl thematisiert, aber nicht näher untersucht wurde.6 Ein Großteil der Kopien in der Oldenburger Sammlung wurde im späten 19. Jahrhundert gezielt durch Großherzog Nikolaus Friedrich Peter (1827–1900) in Auftrag gegeben. Diese Aufträge sind durch einen sehr umfassenden, aber bisher unausgewerteten Bestand an Briefen im Herzoglichen Privatarchiv Eutin belegt. Die Auswertung dieses Quellenbestandes lieferte erstaunlich genaue Einblicke in die Bewertungskriterien, die bei der Beauftragung von Kopien von Wichtigkeit waren. Die großherzogliche Gemäldesammlung bot über die hervorragende Quellenlage hinaus noch weitere Vorteile, die die Untersuchung der Sammlung im Kontext dieser Arbeit rechtfertigten. Das Großherzogtum Oldenburg war ein norddeutscher Kleinstaat, der erst im späten 18. Jahrhundert entstanden war und die politischen Veränderungen des 19.  Jahrhunderts bis zur Reichsgründung als souveränes Land »überlebte«. Dieser historische Hintergrund ließ für das Großherzogtum Oldenburg ein verstärktes Repräsentationsbedürfnis im 19. Jahrhundert vermuten, das sich vor allem in der Kunstförderung manifestierte. Neben der großherzoglichen Gemäldesammlung zu Oldenburg wurden die Sammlungen in Mecklenburg-Schwerin, Sachsen-Weimar-Eisenach, Baden und Sachsen-Coburg und Gotha herangezogen, die ähnlich gute Ausgangskriterien für die Untersuchung aufwiesen. Die Auswahl der untersuchten Sammlungen beschränkte sich damit vor allem auf nord- und mitteldeutsche Kleinstaaten. Das Großherzogtum Baden vervollständigte diese Auswahl als mittelgroßer und ehemaliger Rheinbundstaat, so dass die untersuchten Sammlungen einen durchaus repräsentativen Querschnitt durch die deutsche Staatenwelt des 19. Jahrhunderts bieten. Die großen königlichen Sammlungen in Berlin, Dresden und München erwiesen sich aufgrund der geringen Anzahl an Kopien für die Untersuchung als ungeeignet. Da sich viele der kleinstaat5

Es handelt sich um die Stadt Oldenburg in Oldenburg, nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Stadt in Schleswig Holstein. Oldenburg (Oldenburg) wurde 1773 Hauptstadt des neu gegründten Herzogtums Oldenburg. Vgl. Kapitel »Die Entstehung der Oldenburger Sammlung« im Katalog. 6 Reindl 2000.

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Einführung und Grundlagen

lichen Sammlungen aber in Aufbau und Anspruch auf sie bezogen, wurden sie für die allgemeine Bedeutung der Kunstsammlung als Mittel der höfischen Repräsentation als Referenz hinzugezogen. Forschungsstand

Die bisherige Forschung zur Gemäldekopie ist recht überschaubar. Die ersten zusammenfassenden Darstellungen zur Verwendung der Gemäldekopie von der Antike bis in die Moderne lieferten Richard Hamann7 1950 und Peter Bloch8 1979. Beide Untersuchungen konzentrieren sich in erster Linie auf die verschiedenen Reproduktionstechniken sowie die Begrifflichkeiten der Kopie. In den folgenden Jahrzehnten verschwand die Kopie als Untersuchungsgegenstand vollständig aus der kunsthistorischen Forschung. Erst mit dem Aufsatzband von Christian Lenz, der sich exemplarisch mit den Problemen der Kopie von der Antike bis zur Gegenwart beschäftigt, wurde die Kopie als Untersuchungsthema wieder aufgegriffen.9 Die erste und bisher einzige umfassende Arbeit zur Gemäldekopie im 19. Jahrhundert legte Anette Strittmatter 1998 mit ihrer Dissertation zum Gemäldekopieren von 1780 bis 1860 vor.10 Strittmatter beschäftigte sich in dieser Arbeit ausführlich mit den Voraussetzungen für das Kopieren an ausgewählten deutschen Galerien sowie der Rolle der Gemäldekopie in den Lehrplänen deutscher Akademien. Die Verwendung von Kopien in Sammlungen behandelte sie allerdings nur summarisch. Die Kopie als Bestandteil von öffentlich zugänglichen Sammlungen wurde bisher nur im Kontext der Kopiensammlungen des 19. Jahrhunderts untersucht. Die umfangreichste Publikation legte Andrea Pophanken 1995 mit ihrer Dissertation zur Kopiensammlung des Grafen Adolf Friedrich von Schack (1815–94) in München vor.11 Auch der Kopiensammlung von Bernhard August von Lindenau (1779–1854) wurde 1999 eine Monografie gewidmet.12 In diesen Publikationen wird die Kopie jedoch stets in einem sehr engen Rahmen auf ihre Funktion hin untersucht. Eine Einschätzung des Kunstwertes der Kopie im 19. Jahrhundert erfolgt nicht. Dies gilt auch für die jüngsten Untersuchungen auf diesem Gebiet. 2008 erschien mit dem Ausstellungskatalog von Martina Dlugaiczyk und Alexander Markschies zur Sammlung von Franz Reiff ein umfassend bebilderter Band zu einer bisher kaum bekannten Kopiensammlung des 19.  Jahrhunderts.13 Die ausführliche Besprechung der Kopien im Katalogteil beschränkt sich jedoch auf die Provenienzgeschichte und orientiert sich im Allgemeinen, fast wie in den Verzeichnissen des 19. Jahrhunderts, am Original und seiner Wirkungsgeschichte. Gleiches gilt für den 2009 erschienenen Bestandskatalog der Sammlung Schack in 7 8 9 10 11 12 13

Hamann 1949/50. Bloch 1979. Lenz 1992. Strittmatter 1998. Pophanken 1995. Penndorf 1999. Dlugaiczyk/Markschies 2008.

Forschungsstand

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München.14 Beide Publikationen hätten bereits auf die Erkenntnisse aus Ivo Mohrmanns 2006 veröffentlichten Aufsatzband zurückgreifen können, der eine umfangreiche Darstellung der Gemäldekopie aus restauratorischer Sicht bietet.15 In den einzelnen Aufsätzen werden die Kopien erstmals auf ihre Technik hin untersucht und als eigenständige Kunstwerke behandelt. Der 2010 von Wolfgang Augustyn und Ulrich Söding herausgegebene Aufsatzband »Original – Kopie – Zitat« beleuchtet das Thema des Kopierens anhand ausgewählter Fallstudien.16 Leider beschränken sich die Untersuchungen auf die Kunst des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, bieten jedoch für diese Epochen einen sehr überzeugenden Überblick. Die Entwicklung der öffentlichen, fürstlichen Sammlungen des 19. Jahrhunderts und die Entstehung des modernen Museums ist seit den 1960er Jahren ein beliebtes Thema in der Kunstgeschichtsforschung und hat besonders in den letzten Jahren erneut viel Beachtung erfahren. Aufgrund der enormen Anzahl und der Vielfalt an Museen, die sich im 19. Jahrhundert entwickelten und eröffnet wurden, steht eine umfassende Darstellung der Museumsgeschichte sowohl im deutschen als auch im europäischen Kontext noch aus. In den letzten Jahren entstanden jedoch besonders für den deutschsprachigen Raum einige zusammenfassende Studien, die sich mit der allgemeinen Entwicklung des Sammelns im 19. Jahrhundert beschäftigten. Eine knappe Darstellung lieferte Walter Grasskamp 1981, in der er sich stark auf die bürgerlichen Verdienste im Museumswesen konzentrierte.17 Walter Hochreiter gelang es 1994 in seiner Dissertation anhand exemplarisch ausgewählter Sammlungen einen ersten Überblick über die zahlreichen Museumstypen des 19. Jahrhunderts und ihre Entstehungsgeschichte zu geben.18 Da Hochreiter seine Untersuchung zum fürstlichen Museum auf Berlin begrenzt, bleiben seine Ausführungen zu diesem Teilbereich allerdings nur sehr einseitig. James H. Sheehan fasste den zeitlichen Rahmen für seine Untersuchung aus dem Jahre 2000 deutlich weiter und konzentrierte sich verstärkt auf die Wurzeln des Museums im 18. Jahrhundert.19 In diesem Zusammenhang konnte Sheehan auf einige bedeutende Vorstudien zur Entwicklung einzelner Sammlungen im 18. Jahrhundert zurückgreifen. Zu nennen wäre vor allem Andrew McClellans Arbeit über die Entstehung des Musée du Louvre, die den historischen Bogen von den ersten Museumsplänen des Ancien Régimes bis zur Inanspruchnahme des Louvre durch Napoleon Bonaparte (1769–1821) schlägt.20 Wichtige Erkenntnisse lieferte auch die Dissertation von Debora J. Meijers aus dem Jahr 1995, in der sie eine der bedeutendsten Sammlungen für die Entwicklung des modernen Museums, die kaiserliche Sammlung in Wien, beleuchtet.21 14 15 16 17 18 19 20 21

Rott 2009. Mohrmann 2006. Augustyn/Söding 2010a. Grasskamp 1981. Hochreiter 1994. Sheehan 2000. McClellan 1994. Meijers 1995.

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Einführung und Grundlagen