DIE KOMMUNALEN SPITZENVERBÄNDE IN BAYERN

und Heimat. Postfach 22 00 03. 80535 München. München, 29. Juli 2014. Umsatzbesteuerung von Leistungen der öffentlichen Hand. - Ihr Schreiben vom ...
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AKTENEXEMPLAR:

DIE KOMMUNALEN SPITZENVERBÄNDE IN BAYERN

Bayerischer Gemeindetag Bayerischer Städtetag Bayerischer Landkreistag Bayerischer Bezirketag

Per E-Mail [email protected] [email protected]

Herrn Staatssekretär Johannes Hintersberger, MdL Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat Postfach 22 00 03 80535 München

München, 29. Juli 2014

Umsatzbesteuerung von Leistungen der öffentlichen Hand - Ihr Schreiben vom 13.06.2014, Az.: 36-S 7106-115-22 157/14 -

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, wir bedanken uns für die Übersendung des Entwurfs für eine gesetzliche Neuregelung im Umsatzsteuergesetz hinsichtlich der Kooperationen zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Gerne nehmen wir zu dem Entwurf Stellung. Der Gesetzentwurf trägt den Belangen der Kommunen grundsätzlich Rechnung. Allerdings bedarf es zur Erreichung der politischen Zielsetzung, dass Kooperationen zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht zusätzlich mit Umsatzsteuer belastet werden sollen, noch einiger Änderungen und Ergänzungen. Gemäß dem vorliegenden Entwurf werden aus unserer Sicht die in der Praxis vorherrschenden Modelle im Bereich der kommunalen Zusammenarbeit nur eingeschränkt von der Neuregelung erfasst. Außerdem sind bei einigen Rechtsbegriffen erhebliche Auslegungsschwierigkeiten zu erwarten, was zu einer erhöhten Streitanfälligkeit und einem daraus folgenden administrativen Mehraufwand führen würde.

Bayerischer Gemeindetag

Bayerischer Städtetag

Bayerischer Landkreistag

Bayerischer Bezirketag

Dreschstraße 8 80005 München Telefon 089/360 00 90

Prannerstraße 7 80333 München Telefon 089/290 08 70

Kardinal-Döpfner-Straße 8 80333 München Telefon 089/286 61 50

Knöbelstraße 10 80538 München Telefon 089/212389-0

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Anmerkungen zu § 2b Abs. 2 UStG (E): Die in Nr. 1 unter Anlehnung an die bestehende Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) festgelegte Umsatzgrenze von 17.500 Euro für gleichartige Tätigkeiten ist für die Kommunen zu gering bemessen. In den Kommunen werden gleichartige Tätigkeiten oftmals in getrennten Organisationseinheiten vorgenommen, die für sich isoliert betrachtet nicht die vorgenannte Umsatzgrenze erreichen. Bei einer Addition der einzelnen Bereiche würde die Umsatzgrenze schneller erreicht werden. Damit steigt auch der Verwaltungsaufwand, was im Hinblick auf die generierten Umsätze kritisch hinterfragt werden muss. Wir plädieren deshalb für die Aufnahme einer Umsatzgrenze von 100.000 Euro, die von der EU-Kommission bereits im Konsultationspapier „Überprüfung bestehender MwStRechtsvorschriften zu öffentlichen Einrichtungen und Steuerbefreiungen für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten“ geäußert wurde. Mehrere gleichartige Tätigkeiten sollten nur dann zusammengefasst werden, wenn sie sich nach der Verkehrsanschauung insgesamt als Ausübung einer einheitlichen Tätigkeit darstellen. Ergänzend dazu sollte auch weiterhin den öffentlichen Einrichtungen ein Optionsrecht eingeräumt werden, sich – ggf. auch unter Verweis auf einen potentiellen Wettbewerb – freiwillig einer tätigkeitsbezogenen Besteuerung bei Umsätzen unter der Umsatzgrenze unterwerfen zu können. Zum einen lässt sich in einigen Tätigkeitsbereichen aufgrund von Prognoseunsicherheiten nicht vorab einschätzen, ob die Umsatzgrenzen im Jahresverlauf über- oder unterschritten werden. In diesen Fällen führt eine Option zur Steuerpflicht zu einer Vereinfachung. Zum anderen sind Fälle denkbar, in denen bereits bei Aufnahme der Tätigkeit große vorsteuerbelastete Investitionen getätigt werden müssen, die Umsatzgrenzen jedoch erst nach einigen Jahren überschritten werden. In diesen Fällen würden Nichtaufgriffsgrenzen ebenfalls kontraproduktiv wirken.

Anmerkungen zu § 2b Abs. 3 UStG (E): •

§ 2b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UStG (E) Um künftigen Streitigkeiten zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und der Finanzverwaltung vorzubeugen, ist der Bezug auf nur „eine“ juristische Person des öffentlichen Rechts zu streichen.



§ 2b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 UStG (E) Da der Begriff des „gemeinsamen spezifischen öffentlichen Interesses“ weder in der vorgelegten Gesetzesbegründung noch in den Erwägungsgründen zur Vergaberichtlinie hinreichend erläutert wird, ist der Begriff zu unbestimmt und wirft einen für die Kommunen nur schwer greifbaren und somit risikobehafteten Ermessenspielraum auf. Deshalb wären in der Gesetzesbegründung zumindest die Hauptargumente für Kooperationen zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu verankern. Das sind in erster Linie die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit sowie die Sicherstellung der Aufgabenerfüllung. Auch die Verbesserung der Service- und Bürgerorientierung sind wichtige Argumente für Kooperationen.

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Alternativ könnte auf die Formulierung „gemeinsamen öffentlichen Zweck“ abgestellt werden. Der Begriff „öffentlicher Zweck“ ist in den landesgesetzlichen Regelungen zum Kommunalrecht bereits verankert (z.B. Art. 87 GO) und wäre demnach wenig streitbehaftet. Buchstabe a): Der Begriff „langfristig“ ist näher zu bestimmen. Außerdem sollte der Begriff „öffentlichrechtliche Vereinbarungen“ durch „öffentlich-rechtliche Grundlagen“ ersetzt werden. Buchstabe b): Unter Buchstabe b) wird auf den „Erhalt der öffentlichen Infrastruktur“ abgestellt. Auch hier wäre eine Spezifizierung des Begriffs notwendig. Allerdings ist der Bezug auf den Erhalt der öffentlichen Infrastruktur aus unserer Sicht zu eng gefasst. Damit nicht nur die klassischen Hoheitsbereiche wie Standes-, Ordnungs- und Einwohneramtsleistungen, Feuerwehrwesen, Schulen etc. unter die Neuregelung fallen, sondern auch weitere in der Praxis anzutreffende interkommunale Kooperationsmodelle (z.B. Personalabrechnung, EDV-Dienstleistungen) erfasst werden, schlagen wir als Formulierung „öffentliche Verwaltungs- und Dienstleistungsstruktur oder technischen Infrastruktur“ vor. Außerdem bedarf es unter Buchstabe b) oder in der Gesetzesbegründung einer Klarstellung, dass die Formulierung „…. und der Wahrnehmung einer allen Beteiligten obliegenden öffentlichen Aufgabe dienen“ nicht dahingehend auszulegen ist, dass durch die Inanspruchnahme einer Infrastruktureinrichtung von Gemeinden, die ausschließlich Anschließer (Nutzer) dieser Einrichtung sind, die Voraussetzung nicht als erfüllt angesehen werden. Formulierungsvorschlag: „die Leistungen dem Erhalt der öffentlichen Verwaltungs- und Dienstleistungsstruktur oder technischen Infrastruktur und der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe dienen“. Buchstabe c): Der Begriff „ ausschließliche Kostenerstattung“ ist zu restriktiv gefasst. Nach dem kommunalen Abgabenrecht werden unter Beachtung des Grundsatzes der Kostendeckung die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten herangezogen. Hiernach sind neben den direkten Betriebskosten auch die Overhead- bzw. Querschnittskosten, angemessene Abschreibungen von den Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie eine adäquate Verzinsung des Anlagekapitals zu berücksichtigen. Wir halten eine entsprechende Konkretisierung in der Gesetzesbegründung für notwendig. Formulierungsvorschlag: „die Leistungen nach dem Grundsatz der Kostendeckung erbracht werden“.

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Buchstabe d): Die Eingrenzung in Buchstabe d) durch die Formulierung „…im Wesentlichen…“ lehnen wir ab, weil damit eine in der Praxis bedeutsame Konstellation nicht erfasst wird. Das gilt insbesondere für den Fall, wenn bei einer Kommune eine Einrichtung (z.B. Kläranlage) einerseits überwiegend dem Bedarf der eigenen Bürgerschaft dient, andererseits aber auch für den Bedarf der Nachbargemeinde gegen Kostenersatz tätig ist. •

Mitaufnahme einer Personalgestellung in § 2b Abs. 3 UStG (E) Viele Kommunen in Bayern verwalten aus stiftungsrechtlicher und satzungsgemäßer Verpflichtung gemeinnützige Stiftungen des öffentlichen wie privaten Rechts gegen Kostenerstattung der Verwaltungstätigkeiten. Diese Leistungen an öffentlich-rechtliche Stiftungen können gemäß vorliegendem Entwurf nicht in die Befreiungsvorschriften des § 2b Abs. 3 subsumiert werden, erst recht nicht Verwaltungsleistungen gegen Kostenerstattung an Stiftungen des privaten Rechts. Eine Belastung der Kostenerstattung durch Umsatzsteuer würde sich aber belastend auf die Mittel der Stiftungen für ihre satzungsgemäßen gemeinnützigen, mildtätigen, kirchlichen Zwecke auswirken.



Kooperationen zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und rechtlich eigenständigen Rechtsträgern (institutionelle Zusammenarbeit) Der Entwurf enthält keine spezifische Regelung für den Fall einer Aufgabenerledigung zwischen einer oder mehreren juristischen Personen des öffentlichen Rechts und eines rechtlich selbstständigen Rechtsträgers (z.B. Kommunalunternehmen, Zweckverband), obwohl das Vergaberecht für diese Form der Zusammenarbeit spezifische Regelungen vorsieht. Aufgrund der Bedeutung dieser Kooperationsform sollte ein eigener Ausnahmetatbestand aufgenommen werden.

Inkrafttreten der Neuregelung: Die Zielsetzung, dass die Anpassungen im nationalen Umsatzsteuerrecht nicht vor dem 1.1.2019 gelten sollen, ist grundsätzlich zu begrüßen, damit von den Kommunen die notwendigen Vorarbeiten geleistet werden können. Wir bitten aber auch für diejenigen Kommunen eine angemessene Regelung vorzusehen, die sich beispielsweise auf die Besteuerung der Vermögensverwaltung („Salix“) berufen haben, oder wenn im Rahmen einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt ein „Berufen“ auf die EU-/BFH-Rechtsprechung festgestellt und damit auch eine Besteuerung von interkommunalen Kooperationen eingefordert wird. Für diese Fälle ist im Rahmen einer Übergangsregelung sicherzustellen, dass die unter die Neuregelung fallenden IKZ-Leistungen nicht versteuert werden müssen.

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Sehr geehrter Herr Staatssekretär, wie Sie den obigen Ausführungen entnehmen können, sehen wir zur Sicherstellung und Aufrechterhaltung der interkommunalen Zusammenarbeit noch Änderungs- bzw. Ergänzungsbedarf. Wir bitten Sie, unsere Vorschläge zu berücksichtigen, denn es wäre bedauerlich, wenn die Neuregelung nur auf wenige Fallkonstellationen zutreffen und die Auslegung von entscheidenden Rechtsbegriffen zu erheblichen Auslegungsschwierigkeiten führen würde.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jürgen Busse

Bernd Buckenhofer

Geschäftsführendes Präsidialmitglied BAYERISCHER GEMEINDETAG

Geschäftsführendes Vorstandsmitglied BAYERISCHER STÄDTETAG

Dr. Johann Keller

Norbert Kraxenberger

Geschäftsführendes Präsidialmitglied BAYERISCHER LANDKREISTAG

Geschäftsführendes Präsidialmitglied BAYERISCHER BEZIRKETAG