Die Happy End Theorie

Fluchend hielt ich ihn vor mei- ne Augen und stellte fest, dass er zwar zer- knittert, aber doch noch lesbar war. Der Kerl vor mir machte immer noch keiner-.
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Sabrina Stöger

Die Happy End Therapie

Roman

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© 2017 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2017 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag Coverbild: Sabrina Stöger Printed in Germany Taschenbuch: Großdruck: eBook epub: eBook PDF: Sonderdruck

ISBN 978-3-8459-2358-1 ISBN 978-3-8459-2359-8 ISBN 978-3-8459-2360-4 ISBN 978-3-8459-2361-1 Mini-Buch ohne ISBN

Überarbeite Neuauflage des Romans : Alive till the End, AAVAA Verlag ISBN: 978-3-86254-946-7 AAVAA Verlag, Hohen Neuendorf, bei Berlin www.aavaa-verlag.com E-Books sind nicht übertragbar! Es verstößt gegen das Urheberrecht, dieses Werk weiterzuverkaufen oder zu verschenken! Alle Personen und Namen innerhalb dieses eBooks sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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1 Ich weiß noch wie es anfing. Jedoch wird mir im Hinblick auf das Zurückliegende bewusst, dass dies wohl schon der frühe Anfang vom Ende war. Von meinem Ende. Wie poetisch. Hätte man wohl nie gedacht, dass ich jemals solch einen Satz zustande bringen würde. Die rasenden, hellen Lichter der Scheinwerfer zu meinen Füßen. Nur ein paar Zentimeter entfernt von der Kante des Daches. Manchmal denke ich, dass ich es geahnt habe. Na ja, aber wer denkt das nicht von sich, wenn man in solch einer Situation ist? Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Dabei handelt es sich lediglich um 2 Jahre, als das Ende anbrach.

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Ich stand da. Allein mit einem Koffer voller Sachen, die mir für mein folgendes Leben helfen sollten und einer Hosentasche voll Geld. Wenn ich so darüber nachdenke, waren es 500 Dollar und ein paar Zerquetschte. Verloren stand ich also da, und die Welt wirkte plötzlich so viel größer, am Airport von L.A. Los Angeles, die Stadt der Engel. Ich hatte diesen Namen schon immer geliebt und hatte sie auch schon besucht. Doch nun tatsächlich hier leben zu wollen, wo die Kunst ihren schieren Ursprung fand. In der, von den älteren Menschen so verpönten, neueren Welt…. Es war… schockierend. Schnell, hektisch, war es einem nicht vergönnt alles auf einmal aufzusaugen. Die Ignoranz der Leute, man konnte die Stadt schmecken. Und fast kam es mir so vor, als würde selbst die Luft vor Hektik vibrieren. Das Flimmern der Flachbildschirme über den Köpfen der Menge, die ein Produkt so oft an5

priesen, bis es sich in das Hirn der Menschen einbrannte. Diese schwebten dort, nur gehalten von ein paar Eisenträgern, an den Hochhäusern. Wer war eigentlich jemals auf die Idee gekommen, einen Bildschirm an einem Haus zu befestigen? Vorsichtig tat ich meinen ersten Schritt und unweigerlich wollte sich mein Kopf zurückwenden, in Gedanken an das, was ich aufgegeben hatte. Familie? Freunde? Mir war klar gewesen, dass ich eines Tages die kleine Stadt, in der ich mein Leben gefristet hatte, aufgeben würde. Noch in der Bewegung inne haltend strafften sich meine Schultern. Vor mir erstreckte sich eines der vielen riesigen Gebilde, die wie eine Festung, das Eigenleben der Stadt schützten, oder es einkerkerten. Erneut ein Schritt. Seit wann fand ich es so schwer zu gehen? Oder hatte ich das etwa über den langen Flug verlernt? Immerhin konnte man im Flugzeug 6

höchstens bis zur Toilette oder dem Cockpit gehen. In welches du jedoch niemals als Normalsterblicher gelangen würdest, außer man wäre ein Terrorist. Meine Lungen füllten sich erneut mit dem stinkenden und teilweise berauschenden Geruch der Abgase, die mehr in der Luft enthalten waren als Sauerstoff. Ich hob meinen Koffer an und schulterte die Gitarre. So ziemlich alles hatte ich verkauft, nur von ihr hatte ich mich nie trennen können. Ein weiterer Schritt folgte und ich trat aus dem Schatten der Überdachung in die sonnige Stadt. Einige Blicke streiften mich, gelangweilt und mechanisch, dazu verdonnert nichts zu denken. Das verrieten auch die starren Gesichter der Personen. Für sie war ich nicht mehr als ein Punk, was übersetzt so viel hieß wie Abschaum, doch immerhin war mir etwas Aufmerksamkeit vergönnt. Daran musste ich mich wohl auch noch gewöhnen, da ich früher überall aufgefallen war wie ein bunter Hund. 7

Aber ich schweife ab…. Jedenfalls schulterte ich meine Gitarre und zog aus meiner löchrigen und geflickten gelben Lederjacke einen Stadtplan. Ja, die Jacke war quietschgelb und ja, ich hatte sie immer noch, auch wenn ich sie dutzende Male wieder aus der Altkleiderspende heraus ziehen musste. Meine Augen suchten den Plan ab, bis sie den eigentlich nicht übersehbaren Kreis fanden, der mein neues zu Hause darstellt. Dieses musste ich nur noch finden. Eigentlich wusste ich wo sich dieses Gebäude befand. Ganz grob, etwa müsste ich es eigentlich wissen. Leider glich mein Hirn im geographischen Sinne einem Sieb ohne Boden. Deswegen war es mir nicht vergönnt mich erinnern zu können, in welcher Richtung es lag. Immer noch stand ich da. In LA mit einer uralten gelben Lederjacke, meiner Gitarre, einem Koffer, 500 Dollar und ein paar Zerquetschten, einem Stadtplan und ohne die 8

geringste Ahnung, wo ich hin musste. Da ich nicht mal wusste wo ich mich genau befand. Erneut wanderten meine Augen, die bis jetzt etwas verzweifelt die Scheiben des gegenüberliegenden Gebäudes in Grund und Boden starrten, zu der zerknitterten Karte. Wo zum Teufel war ich? So viele Flughäfen gab es in dieser Stadt auch nicht, oder….? Ein hartes Schlucken. Ich trat näher an die Straße, um wenigstens den Block zu erkennen, in welchem ich mich befand. Ein Ellenbogen traf mich an der Seite und eine Schulter stieß gegen meine, als ich ungeschickt und ganz in Vorstädtlermanier einfach die Menge dazu brachte, auch noch auf eine Person achten zu müssen, die sich nicht dem Strom anschloss. Während ich nach einem Straßenschild Ausschau hielt, zweifelte ich langsam an meinen Kenntnissen über Amerika und den Straßenregeln. Außer einem unverkennbaren Stoppschild und einer roten Ampel, konnte ich nichts weiter erkennen. Bis auf den Unfall der 9

vor wenigen Momenten passiert war und den ich nur aus dem Augenwinkel mitbekommen hatte. Sanitäter und Polizei hatten es mittlerweile aufgegeben durch die Menge der hupenden und wartenden Autos zu kommen und bahnten sich, samt Trage, einen Weg zu den möglichen Verletzten. Den Kopf schüttelnd drehte ich mich um und stieß mit einer mir wildfremden Person zusammen, die mich um etwa einen Kopf überragte und deren Brustkorb hart mit meinem Kopf kollidierte. Grummelnd rieb ich mir die Nase und wartete darauf, dass ich von besagter Person angeschrien und dann missachtet werden würde. Es blieb aus. Überrascht wanderten meine Augen nach oben und mein Blick blieb an zwei blau glänzenden Augen hängen, die durch den Einfall der Sonne zu strahlen schienen. Mit einem dämlichen Lächeln starrte ich den Mann an und mir wurde schlagartig bewusst wie dumm mein Gesichtsausdruck sein musste. 10

Da sprach er mich auch schon mit breitem Grinsen und einem Slang, der sich anfangs anhörte als würde er seine Zunge malträtieren, an: „ ar….y….key?“ Ich schüttelte meinen Kopf, um einerseits das Grinsen vom Gesicht zu wischen und andererseits meine Gedanken wieder unter Kontrolle zu bekommen. Vom Verhalten her hätte ich einem Mann nicht minder gleichen können, außer dass ich mich für gewöhnlich nicht wie ein Schwein benahm. Blaue Augen waren schon was Schönes und bevor ich hätte erneut in ihnen versinken können, sprach mich folgende Person noch einmal an. Dieses Mal hörte sich das Kauderwelsch, welches aus seinem Mund kam, etwas mehr wie ein normales Englisch an. „Sind sie in Ordnung?“ Er grinste immer noch und musterte mich. Ich nickte, bevor ich ein knappes „Ja“ folgte. Warum hatte ich noch gleich darauf bestanden meine löchrige, karierte Hose anzuziehen, 11

die aussah als wäre sie vom letzten Müllberg geklaut? Obwohl ich weder schüchtern, noch mir mein Verhalten sonderlich peinlich war, verkrampfte ich mich unter dem Blick des Mannes und zerquetschte somit meinen armen Stadtplan, der sich immer noch in meiner Hand befand. Fluchend hielt ich ihn vor meine Augen und stellte fest, dass er zwar zerknittert, aber doch noch lesbar war. Der Kerl vor mir machte immer noch keinerlei Anstalten sich zu bewegen. Also trat ich einen Schritt zur Seite und machte eine ausschweifende Bewegung mit meiner Hand an ihm vorbei. Dies sollte ihm viel bedeuten, wie dass er doch einfach weiter gehen sollte und mich mit meinem „kleinen“ Problem allein lassen könnte. Keine Reaktion. Kurz ging es mir durch den Kopf, das die Person vor mir gar kein Mensch sondern ein Roboter war und ich seinen Arbeitsrhythmus durch mein Rempeln so gestört hatte, dass er 12

mich und sich nun umbringen musste und kurzer Hand die Hauptstraße in die Luft sprengte. Ich sah schon die große Überschrift in der Zeitung, ach quatsch im Fernsehen, ein Aufruf…. Was dachte ich da eigentlich?! Diese umwerfenden Augen starrten mich immer noch an und wanderten langsam zu dem zerknitterten Blatt in meiner Hand. Ein schelmischer Ausdruck folgte, als er Koffer und Gitarre entdeckte. „Sie sind wohl nicht von hier?“ Ein blasses Lächeln schlich sich auf meine Lippen. „Ja, gut erkannt.“ Eigentlich hatte ich befürchtet, dass meine ersten Worte in Englisch grässlich für jeden Amerikaner anzuhören waren. Ich war nie besser als eine Drei in diesem Fach gewesen. Zu stören schien das aber niemanden. Plötzlich drehte er sich um und rannte wild winkend auf die Straße. Doch noch bevor ich ganz verstehen konnte warum so ein hübscher Kerl, dem die Frauen, einschließlich mir, zu Füßen lagen, sich umbringen sollte und 13

das auch noch vor meinen Augen, hielt laut quietschend auf der Gegenfahrbahn, die von dem Stau verschont geblieben war, ein Taxi. Verblüfft stand ich immer noch da, verloren, allein, in einer amerikanischen Großstadt und starrte wie ein begossener Pudel den Kerl an, der kurz mit dem Fahrer stritt. Von diesem konnte ich nur verstehen, dass er ihn wohl eher hätte überfahren sollen, als anzuhalten. Er bedeutete ihm zu warten, während er zu mir zurücklief und mich freundlich anlächelte. Irgendwie war alles an ihm perfekt, wie mir so auffiel. Einerseits fand ich das erschreckend, andererseits aber nur noch komisch. Botox lässt grüßen. Wie ulkig das wohl aussehen musste für die Umstehenden, wenn so ein hübscher Mann, mit etwas längerem Haar, langem Mantel, schwarzer Röhre und einem farblich dazu passenden braunen Schal wie Pullover, neben jemandem wie mir stand. Höchstens meine Haare passten noch zu meinen farblich voneinander unabhängigen 14

Kleidungsstücken, da sie schlicht und ergreifend bunt waren. Ach ja. Und auf einer Seite abgeschoren, was wohl der erste richtige Schock für den betrauten Friseur gewesen war. Schließlich immer noch lächelnd, trat Prinz Charming auf mich zu und kam etwas außer Atem an. „Also, wenn Sie es gestatten, nehme ich Ihren Koffer“, etwas baff nickte ich und starrte ihm schon wieder hinterher. Er hatte den Koffer an sich gebracht und einen Weg durch die immer noch stehenden und hupenden Autos gebahnt. Aber als er sich nach mir umdrehte und einen etwas fragenden Blick in meine Richtung warf, fiel mir doch noch auf, dass ich ebenfalls Beine hatte und diese wohl auch gebrauchen sollte. Bepackt mit meiner Gitarre stapfte ich ihm hinterher und versuchte die Abgase der Autos zu ignorieren, die mir in die Nase stiegen. Wobei auf einmal auf der Fahrbahn, auf der 15