Die Führungskraft als Change Manager: Die Entwicklung des

Mithilfe eines Maßnahmenkataloges zur Führungskräfteentwicklung und einer. Definition der dafür benötigten Rahmenbedingungen kann ein generischer Leit-.
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Pamela Hildegard Weber

Die Führungskraft als Change Manager Die Entwicklung des mittleren Managements zu Gestaltern von Veränderungsprozessen

disserta Verlag

Weber, Pamela Hildegard: Die Führungskraft als Change Manager: Die Entwicklung des mittleren Managements zu Gestaltern von Veränderungsprozessen. Hamburg, disserta Verlag, 2016 Buch-ISBN: 978-3-95935-242-0 PDF-eBook-ISBN: 978-3-95935-243-7 Druck/Herstellung: disserta Verlag, Hamburg, 2016 Covermotiv: © carlosgardel – Fotolia.com

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VORWORT Der Mensch in Veränderungen – Veränderungen des Menschen. Dies sind die Themen die mich täglich beschäftigen. Insbesondere auch deshalb, weil es zu viele Beispiele in der Praxis gibt, wo Veränderungsvorhaben gescheitert sind. Doch was sind die Ursachen dafür und wie kann dies künftig vermieden oder maßgebeblich verbessert werden? Diese und weitere unzählige Fragen haben mich in meiner beruflichen Laufbahn wiederkehrend beschäftigt. Ein Schlüssel ist definitiv eine gestalterische Führungskraft, die mit Empathie sowie Feingefühl die Teams zu Höchstleistungen im Wandel anspornt und begleitet. Diese Hypothese aus der Praxis hat mich dazu bewegt die nachfolgende Studie zu verfassen, um aufzuzeigen welches Rüstzeug notwendig ist und dadurch einen möglichen Weg zu skizzieren, wie Führungskräfte zu Gestaltern organisationaler Veränderungsprozessen werden. Pamela Hildegard Weber, B.Sc., M.Sc., M.A., MAS

EINFÜHRENDER HINWEIS Zur leichteren Lesbarkeit wurde in dieser Arbeit explizit auf die Nennung beider Geschlechter dort verzichtet, wo eine geschlechtsneutrale Formulierung nicht möglich war. Es wird demnach darauf hingewiesen, dass die verwendeten männlichen Begriffe die weiblichen Formen ebenso mit einbeziehen. Aufgrund des vereinbarten Datenschutzes wird die untersuchte Organisation im gesamten Buch lediglich als Industriebetrieb benannt.

INHALTSVERZEICHNIS VORWORT ................................................................................................................... 5 EINFÜHRENDER HINWEIS......................................................................................... 7 1 EINLEITUNG ......................................................................................................... 13 1.1 Ausgangssituation ........................................................................................... 15 1.2 Zielsetzung....................................................................................................... 16 1.3 Vorgehensweise .............................................................................................. 16 1.4 Forschungsfrage .............................................................................................. 17 1.5 Abgrenzung...................................................................................................... 19 2 GRUNDLAGEN TRANSFORMATIONSMANAGEMENT .................................... 21 2.1 Definition Transformationsmanagement ......................................................... 21 2.2 Reframing - Einstellungsveränderung ............................................................. 24 2.3 Restructuring – Restrukturierung..................................................................... 26 2.4 Revitalizing – Revitalisierung........................................................................... 28 2.5 Renewing – Erneuerung .................................................................................. 29 2.6 Kritische Betrachtung....................................................................................... 30 3 GRUNDLAGEN VON FÜHRUNG IN VERÄNDERUNGSVORHABEN ............... 32 3.1 Definition Führung ........................................................................................... 32 3.2 Definition Führungskultur ................................................................................. 34 3.3 Definition Führungskräfteentwicklung ............................................................. 34 3.4 Der Einfluss von Führung auf Erfolg und Misserfolg von organisationalen Veränderungen ................................................................................................ 35 3.4.1 Führung im Veränderungsprozess ............................................................ 35 3.4.2 Führung aus Sicht der Geführten im Veränderungsprozess .................... 37 3.4.3 Führungsinstrumente im Veränderungsprozess ....................................... 38 3.4.4 Schlüsselfaktoren zur erfolgreichen Führung im Veränderungsprozess .. 40 3.4.5 Führungsstile in Veränderungen ............................................................... 42 3.5 Kritische Betrachtung....................................................................................... 44 4 DAS FULL-RANGE-LEADERSHIP-MODELL ..................................................... 47 4.1 Grundlagen des Full-Range-Leadership-Modells ........................................... 47 4.2 Transaktionale Führung ................................................................................... 48 4.3 Laissez-Faire Führung ..................................................................................... 49

4.3.1 Management by Exception ........................................................................ 50 4.3.2 Kontingente Belohnung ............................................................................. 50 4.3.3 Vor- und Nachteile Transaktionaler Führung ............................................ 51 4.4 Transformationale Führung ............................................................................. 52 4.4.1 Idealisierter Einfluss .................................................................................. 52 4.4.2 Intellektuelle Stimulierung ......................................................................... 54 4.4.3 Inspirierende Motivierung .......................................................................... 54 4.4.4 Individuelle Berücksichtigung .................................................................... 55 4.4.5 Vor- und Nachteile Transformationaler Führung....................................... 55 4.5 Kritische Betrachtung transaktionaler und transformationaler Führung .......... 57 5 360 GRAD FEEDBACK ALS SITUATIONSANALYSE IM INDUSTRIEBETRIEB ........................................................................................... 59 5.1 Die Fallstudie im Industriebetrieb .................................................................... 59 5.2 Umsetzung der 360 Grad Befragung............................................................... 60 5.3 360 Grad Feedback auf Basis des Multifactor-Leadership-Questionaire ....... 61 5.4 Analyse der Ausgangssituation auf Basis von Beobachtungen ...................... 64 5.4.1 Vorgehensweise in der Beobachtung ....................................................... 64 5.4.2 Vorbildfunktion ........................................................................................... 64 5.4.3 Ziele und Perspektiven .............................................................................. 66 5.4.1 Lernfähigkeit und Unterstützung ............................................................... 66 5.4.2 Kommunikation und Fairness .................................................................... 67 5.4.3 Ergebnisorientierung ................................................................................. 68 5.4.4 Unternehmerische Haltung........................................................................ 69 5.4.5 Interpretation der Beobachtungsergebnisse ............................................. 69 5.5 Eigeneinschätzung der Führungskräfte ........................................................... 70 5.6 Fremdeinschätzung der Kollegen .................................................................... 72 5.7 Fremdeinschätzung der Vorgesetzten ............................................................ 74 5.8 Fremdeinschätzung der Mitarbeiter ................................................................. 75 5.9 Abgleich mit der Datenbank von Prof. Dr. Pelz ............................................... 78 5.10 Zusammenfassung der Ergebnisse und des Erkenntnisgewinns ................... 84 6 IMPLEMENTIERUNG VON TRANSFORMATIONALER FÜHRUNG IM INDUSTRIEBETRIEB ........................................................................................... 85 6.1 Der Case-of-Action .......................................................................................... 85 6.1.1 Umfeldanalyse ........................................................................................... 85

6.1.2 Inhaltliche und organisatorische Risiken ................................................... 87 6.2 Einstellungsveränderung – Reframing ............................................................ 89 6.2.1 Bewusstseinsbildung zur Einstellungsveränderung .................................. 89 6.2.2 Entwicklung und Definition der Führungsrolle des Gestalters .................. 92 6.2.3 Zukünftiger Einflussbereich ....................................................................... 99 6.2.4 Zielsetzung des neuen Führungsverhaltens ........................................... 100 6.3 Restrukturierung – Restructuring................................................................... 103 6.3.1 Planung der Umsetzung des Transformationsvorhabens ....................... 103 6.3.2 Notwendige Ressourcen ......................................................................... 105 6.3.3 Terminliche Eckpfeiler ............................................................................. 105 6.3.4 Haltung der Rollen ................................................................................... 106 6.3.5 Konzeption und Maßnahmen zur Transformationalen Führung im Industriebetrieb ........................................................................................ 106 6.4 Revitalisierung – Revitalizing......................................................................... 109 6.4.1 Sicherstellung der Rahmenbedingungen ................................................ 109 6.4.2 Umsetzung der Maßnahmen ................................................................... 109 6.5 Erneuerung – Renewing ................................................................................ 112 6.5.1 Erwartete Learnings ................................................................................ 112 6.5.2 Erwartete Ergebnisse .............................................................................. 113 6.6 Kritische Erfolgsfaktoren für die Implementierung im Industriebetrieb.......... 114 6.7 Generalisierbarkeit der Erkenntnisse ............................................................ 115 6.7.1 Der generische Maßnahmenkatalog ....................................................... 116 6.7.2 Empfohlene Maßnahmen – Reframing ................................................... 116 6.7.3 Empfohlene Maßnahmen - Restructuring ............................................... 117 6.7.4 Empfohlene Maßnahmen – Revitalizing ................................................. 119 6.7.5 Empfohlene Maßnahmen – Renewing .................................................... 120 6.7.6 Zusammenfassung des generischen Maßnahmenkatalogs ................... 121 6.8 Antizipation anderer Unternehmen ................................................................ 121 7 RESÜMEE UND AUSBLICK .............................................................................. 123 7.1 Zusammenfassung ........................................................................................ 123 7.2 Handlungsempfehlung ................................................................................... 127 7.3 Zukünftige Bedeutung für den Industriebetrieb ............................................. 129 LITERATURVERZEICHNIS ..................................................................................... 131 ABBILDUNGSVERZEICHNIS ................................................................................. 136

TABELLENVERZEICHNIS ...................................................................................... 138 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ................................................................................ 139 ANHANG .................................................................................................................. 141

1 EINLEITUNG Um wettbewerbsfähig und flexibel am Markt als Industriebetrieb Bestand zu haben, gehören mittlerweile Veränderungen zu den täglichen Herausforderungen für Führungskräfte und Mitarbeiter. Eine Zunahme der Komplexität der Umwelten, die Globalisierung sowie die Möglichkeiten durch Innovationen und Technologien stellen Unternehmen nahezu täglich vor neue Herausforderungen. Sie sind Chance und Risiko zugleich, so dass Flexibilität und gute Führung heutzutage zu den Grundvoraussetzungen für Erfolg zählen (Vgl. Oltmanns & Nemeyer, S. 28ff). Doch nicht selten sehen sich Führungskräfte des mittleren Managements als Opfer und weniger als Gestalter der Veränderungsprozesse. Führungskräfte, die sich in der Rolle des Opfers befinden, sind nahezu unfähig an Handlungen zu denken, wenn sie unter Stress geraten. Sie verharren im Moment, verbringen ihre Zeit eher damit über die aktuelle Situation nachzudenken und neigen dazu übereilt auch negative Bedingungen hinzunehmen. Der geringe Optimismus, der bei diesen Führungskräften noch vorhanden ist wird mit auftretenden Schwierigkeiten schnell zunichte gemacht. Solche Führungskräfte werden auch als lageorientiert bezeichnet; dies bedeutet, dass sowohl positive als auch negative Ereignisse wenig bis gar keinen Eindruck bei ihnen hinterlassen. Die Gestalterrolle hingegen lebt mit der Einstellung: Ich vermag etwas zu bewegen. Diese Führungskraft kann die Lage überblicken, einordnen und beherrschen. Die Handlungsaktivitäten werden in die eigenen Hände genommen und so der Wandel gestaltet (Vgl. Rosenberger, S. 207). Das mittlere Management bildet die Schnittstelle zwischen Strategie und Operationalisierung. Ihre Pflicht ist es, die operative Ebene so zu führen, dass die definierten, strategischen Ziele sowie die Unternehmensausrichtung erreicht werden. Diese Führungskräfte signalisieren ihre Bereitschaft, die Weiterentwicklung der Unternehmung im Sinne des Top-Managements zu unterstützen. Bei der Umsetzung vertreten sie dann aber gegenüber ihren Mitarbeitern eine ganz andere – ihre eigene – Meinung. Diese Art der Macht verleitet viele Führungskräfte; bewusst oder unbewusst dazu, ihre eigenen Interessen zu befriedigen. Dabei gibt es jene, die die Angst vor Verän-

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derungen überspielen und welche, die Ängste bei ihren Mitarbeitern schüren (Vgl. Doppler & Voigt, S. 65ff). Eine repräsentative Studie im Rahmen eines Forschungsprojektes an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Hochschule Osnabrück zeigte, dass sich eine Führungskraft mit steigender Position in der Hierarchie immer weniger für sein Verhalten rechtfertigen muss. Diese Untersuchung wies nach, dass zwar Angebote zur Entwicklung von Führungskräften bestehen, die aber wiederum aufsteigend hierarchisch abnehmend genutzt werden (Vgl. Steinert, S. 12f). Da das Verhalten von Führungskräften eine Vorbildfunktion im Unternehmen darstellt, ist es bei negativer Einflussnahme unweigerlich der Fall, dass viele Veränderungsvorhaben nicht die gewünschten Ergebnisse bringen. Oft wird auch die Ausrede verwendet zu wenig Handlungsspielraum zu haben, um Veränderungen herbei zu führen. Dies kann zum Gefühl der Ohnmacht führen, das weitreichend ineffizientes Vorgehen sowie Resignation zur Folge haben kann. Daher wirkt sich auch die Opfer- bzw. Gestalterrolle direkt auf die Mitarbeiter aus. Auch bei der Unternehmensdiagnose stellt sich immer wieder heraus, dass viel Ressourcenaufwand, Zeit und Energie durch das Verhalten der Führungskräfte zunichte gemacht wird (Vgl. Wielens (Hrsg.), S. 209f). 10,4 Millionen Treffer bei Google-Books mit dem Stichwort „Führung“ sprechen eine klare Sprache. Es gibt also nahezu unzählige Autoren und Wissenschaftler, die sich mit dem Thema Führungskultur und dessen Entwicklung auseinandersetzen. So setzen sich beispielsweise Rodler und Kirchler mit der Führungsforschung auseinander und postulieren, dass Führung eine sehr große Nähe zu Macht und Einfluss hat. Dies bedeutet, dass dadurch die Möglichkeit entsteht auf das Handeln anderer einzuwirken. Die Beeinflussung kann sowohl positiv als auch negativ erfolgen (Vgl. Rodler & Kirchler, S. 10). Die Schlussfolgerung daraus ist, dass gerade in Veränderungsprozessen die mittlere Führungskraft möglicherweise die größte Hebelwirkung hat. Des Weiteren hat sich die Führungsforschung überwiegend mit Führungspersönlichkeit und –verhalten beschäftigt, um herauszufinden welche Faktoren für eine erfolgreiche Führung stehen. Doch mittlerweile findet ein Paradigmenwechsel statt; dies hat zur Folge, dass der Führungsprozess sowie der kognitive Prozess der Mitarbeiter

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in den Vordergrund der Forschungsbetrachtung rücken (Vgl. Graf & Van Quaquebeke, S. 291).

1.1 Ausgangssituation Im untersuchten Industriebetrieb sind Veränderungen basierend auf Umwelteinflüssen aber auch durch das Streben nach ständigen Verbesserungen an der Tagesordnung. Dadurch ergibt sich noch vielmehr der Wunsch des Top-Managements, dass die mittlere Führungsebene den Wandel proaktiver gestaltet. Macht und Ohnmacht – speziell im Veränderungsprozess – sind gerade im mittleren Management nahezu in jedem Unternehmen zu finden. Im Industriebetrieb wurde dies einerseits durch das enorme Wachstum der letzten Jahre sowie das kürzlich implementierte Lean-Management. Dabei gibt jene, die sich stark abgrenzen, ihre Machtposition verdeutlichen und verteidigen sowie die, die hilflos und ohnmächtig zusehen sowie ihre Zeit damit verbringen nach den Schuldigen für Ihre Lähmung und für ihre Misserfolge zu suchen. Einflüsse wie Fachkräftemangel, Gesellschaftsverantwortung der Unternehmung, die wirtschaftliche Situation und zunehmender Wettbewerb verlangen nach Vorbildern, die die Unternehmensentwicklung nachhaltig mitgestalten und positiv beeinflussen. Da nach wie vor starke hierarchische und fachspezifisch-orientierte Führung in Unternehmen vorherrschen, ist die Relevanz von zukunftsorientiertem Management sowie dessen Rolle als Inspirator und Wegbegleiter aktueller denn je. Bei der Weiterentwicklung eines Unternehmens ist das Thema Führungskultur einer der stärksten Einflussfaktoren und zu einem großen Teil für Erfolg oder Misserfolg verantwortlich. Zusätzlich ist der Wandel der Denkweise von Mitarbeitern zu beachten, da diese eine andere Einstellung zum Thema Arbeitsplatz und -Klima haben und dadurch vermehrt zum partizipativen Arbeiten tendieren. Da nur begeisterte Gestalter Andere ermutigen und auch Begeisterung in ihnen wecken können, ist es im Veränderungsprozess unabdingbar als Führungskraft die Funktion des Initiators und Begleiters einzunehmen. Aus diesem Grund werden sich Führungskräfte künftig anderen Herausforderungen stellen müssen als noch vor einigen Jahren.

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„Es gibt mehr Leute, die kapitulieren, als solche, die scheitern.“ Henry Ford, Gründer der Ford Motor Company, 1863-1947

1.2 Zielsetzung Aufgrund von Marktveränderungen oder anderen Einflüssen sollte es aber in einer Organisation mehr Gestalter als Opfer geben, um die notwendige Flexibilität und Wandlungsbereitschaft zu gewährleisten. Viele Veränderungsprojekte und Organisationsentwicklungsmaßnahmen scheitern oftmals an starren Strukturen und fest verankerten Verhaltensweisen von Führungskräften. Veränderungen werden zumeist von der Führungsebene initiiert und getrieben, wobei dieses Buch bei der Rolle im Bereich des mittleren Managements ansetzt. Es handelt sich hierbei um jene hierarchische Ebene, die einerseits am meisten betroffen, aber auch den höchsten Einfluss auf Erfolg oder Misserfolg von Veränderungen hat. Da die Einstellungen, Beweggründe und Verhaltensweisen der Menschen so unterschiedlich sind, liegt der Fokus nicht darauf Führungskräfte zu anderem Verhalten zu zwingen sondern ihnen eine neue Rolle im Wandel zuzuweisen. So werden aus Opfer Gestalter gemacht und aus Machtspielen eine Verantwortungsrolle generiert. Damit kann ihnen versinnbildlicht werden, welche wichtige Rolle sie im Veränderungsprozess haben und wie ihr gezielter Einsatz den Wandel positiv vorantreiben kann. Zunächst soll die Frage beantwortet werden, inwiefern die Führung Einfluss auf organisationale Veränderungen hat und wie eine veränderungsorientierte Führungskultur aussehen könnte. Zudem ist es Ziel dieser Studie, einen generischen Leitfaden zu definieren, um von der eruierten IST-Führungskultur zur definierten transformationalen Führungskultur des mittleren Managements zu gelangen. Als Praxisbeispiel dient hier der Industriebetrieb. Es soll dabei ein Implementierungskonzept mit Hilfe des Transformationsmanagements kreiert werden, das auch auf andere Unternehmen, die vor den gleichen Herausforderungen stehen, anwendbar ist.

1.3 Vorgehensweise Die Grundlage bildet Fachliteratur zum Thema Herausforderungen sowie Phasen des organisationalen Wandels im Hinblick auf Macht und Ohnmacht der Opfer- und

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Gestalter-Rolle des mittleren Managements. Dabei wird grundsätzlich die Rolle der Führungskraft spezifiziert, ihre Ursprünge erhoben und ihr Einfluss auf die Veränderungsprozesse analysiert. Um eine konkrete Maßnahmenentwicklung zu generieren, dient eine Befragung der mittleren Führungsmannschaft eines Industriebetriebes zur Eigeneinschätzung. Die direkten Mitarbeiter bzw. Vorgesetzten führen dabei eine Einschätzung der jeweiligen Führungskraft durch. Die Befragung erfolgt in Anlehnung an den Multifactor Leadership Questionaire, der vom Institut für Management Innovation durch Prof. Dr. Waldemar Pelz an die europäische Kultur angepasst und ins Deutsche übersetzt wurde (Vgl. Pelz). Zusätzlich wird eine Beurteilung auf Basis der Beobachtung durch die Autorin durchgeführt. Die Ergebnisse aus den unterschiedlichen Blickwinkeln werden zusammengefasst und ein Durchschnittswert ermittelt (Selbsteinschätzung, Fremdeinschätzung Mitarbeiter, Fremdeinschätzung Top-Management sowie Beobachtung). Aus den Erkenntnissen werden Maßnahmen abgeleitet, die in Anlehnung an das Full-Range Modell der Führung nach Sosik und Jung dazu führen sollen, dass die Führungskräfte des mittleren Managements die Gestalter-Rolle annehmen und eine transformationale Führungskultur entwickelt wird. Sie sollen zukünftig Veränderungen im Unternehmen initiieren und steuern. In Zusammenarbeit mit ihren Mitarbeitern kann dies zum Erfolg führen. Es ist nicht Ziel dieser Studie individuelle Personen zu entwickeln, sondern vielmehr einen Weg zu skizzieren, der die gesamte Führungsmannschaft kollektiv stärkt und eine ganzheitliche Führungskultur schafft. Wichtig dabei ist, dass eine Replizierbarkeit für andere Unternehmen entsteht, die mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind.

1.4 Forschungsfrage Ein wichtiger Grundstein dieses Werks ist es, die aktuelle Situation auf Basis von Beobachtung und Befragung im umfassenden 360 Grad Stil, zu erfassen. Diese Ergebnisse sollen zeigen, wie das mittlere Management des Industriebetriebes derzeit agiert und welche Hürden überwunden werden müssen, um zum Gestalter zu werden. In

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Anlehnung an das Full-Range Modell der Führung sollen konkrete Maßnahmen abgeleitet werden, um künftige Initiatoren im mittleren Management aufzubauen, die Treiber für den organisationalen Wandel sind. Daher ergibt sich folgende Forschungsfrage die im Zuge der Ausarbeitung dieser Studie beantwortet werden soll. Wie muss ein generischer Maßnahmenkatalog aufgebaut sein, um die Führungskultur des mittleren Managements, auf Basis des Full-Range-Leadership-Modells, zur Ebene der transformationalen Führungskultur zu entwickeln und damit Führungskräfte zu Gestaltern organisationaler Veränderungen zu machen? Die Hypothesen die sich daraus ergeben lauten: • Der Industriebetrieb, der als beispielhafter Fall fungiert, lebt derzeit eine transaktionale Führungskultur. Als Dreh- und Angelpunkt wurde das mittlere Management identifiziert, das sich in Bezug auf die Veränderungen derzeit mehr in der Opfer- als in der Gestalter-Rolle sieht. • Mittels Transformationsmanagement kann eine Führungskulturentwicklung, mit Hilfe des Full-Range-Leadership-Modells nach Sosik und Jung, zur transformationalen Führung erfolgen. • Mithilfe eines Maßnahmenkataloges zur Führungskräfteentwicklung und einer Definition der dafür benötigten Rahmenbedingungen kann ein generischer Leitfaden entwickelt werden. Dadurch kann das mittlere Management von der transaktionalen zur transformationalen Führung entwickelt werden; dies führt dazu, dass sie eine Gestalterrolle in organisationalen Veränderungsprozessen einnehmen. Daraus soll abgeleitet werden, wie der Aufbau von Konzept und Maßnahmen grundsätzlich zu strukturieren ist, um für Industriebetriebe, die mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert werden einen Maßnahmenkatalog zur Entwicklung transformationaler Führungskultur zu erhalten. Der in dem Fachbuch verwendete Fragebogen ist die deutsche Übersetzung bzw. Anpassung des Multifactor Leadership Questionaire, der als Mess- bzw. Diagnoseinstrument für das Full-Range-Leadership-Modell gilt (Vgl. Pundt & Nerdinger, S. 41f). Er dient auch als Grundlage für die Befragung und Beobachtung von Führungskräften des mittleren Managements im Industriebetrieb. Der Multifactor Leadership

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Questionaire wird je nach Zielgruppe umformuliert, um zu verdeutlichen ob es sich um eine Fremd- bzw. Eigeneinschätzung handelt. Der Durchschnittswert wird dann mit der Datenbank des Institutes für ManagementInnovation

von

Prof.

Dr.

Waldemar

Pelz

abgeglichen

(siehe

auch:

http://www.fuehrungskompetenzen.com/), um einerseits Abweichungen zur validen Vergleichsgruppe zu erkennen und andererseits die Basis für die Maßnahmenentwicklung zu schaffen. Des Weiteren hilft das Delta zwischen Fremd- und Eigeneinschätzung dabei zu reflektieren und sich auch persönlich dadurch weiter zu entwickeln.

1.5 Abgrenzung Zwar ist die Vorgehensweise nach Transformationsmanagement meist projektorientiert gestaltet (dies ist auch im Hinblick auf die Transformation der Führungskultur der Fall) jedoch wird darauf verzichtet, sich näher mit der Methode Projektmanagement auseinander zu setzten. Vielmehr wird die Kenntnis über die projektorientierte Vorgehensweise vorausgesetzt und thematisch, wenn notwendig, kurz erläutert oder auf weiterführende Literatur verwiesen. Da der Fokus auf den Ansatz des Transformationsmanagements gerichtet ist, wird kurz auf die Unterschiede zu Change Management und Organisationsentwicklung eingegangen, jedoch beide Ansätze nicht näher beschrieben. Das Transformationsmanagement bedient sich dem Instrumentarium der Beiden anderen Ansätze, in diesen Fällen wird dies angemerkt, aber nicht weiter erläutert. Wird von Führungskultur gesprochen, impliziert dies indirekt auch die Grundlagen der Verhaltenspsychologie. Zwar wird Führungs-, Mitarbeiter- und Organisationsverhalten analysiert, interpretiert und verifiziert, jedoch wird darauf verzichtet, auf die Grundlagen von Manipulation, Konditionierung, Macht und Ängsten näher einzugehen, da dies über den Rahmen dieser Studie hinaus gehen würde. Vielmehr wird spezifisch auf Wirkungszusammenhänge von bestimmten Verhaltensszenarien eingegangen und wenn notwendig näher erläutert. Es wird darauf verzichtet auf sämtliche, in der Literatur beschriebenen, Führungsstile beschreibend einzugehen. Lediglich die prägnantesten, die auf transaktionale oder transformationale Führung zurückzuführen sind, werden beschrieben. Dies soll aber

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