der Werkstoff von heute und morgen

Elements Eisen im „Periodensystem der Elemente“; die Zahlen 2+ und 3+ zeigen die möglichen „Wertigkeiten“ des Eisens an. Der ebenfalls metalli-.
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STAHLFIBEL Herausgegeben vom Stahlinstitut VDEh Autoren: Dr.- Ing., Dipl.- Phys. Michael Degner Dr.- Ing. Reinhard Fandrich Dipl.- Ing. Gerhard Endemann Dr.- Ing. Jean Theo Ghenda Dipl.- Ing. Karsten Letz Dr.- Ing. Hans Bodo Lüngen Dr. rer. nat. Ingo Steller Dr.- Ing. Hans-Joachim Wieland Dipl.- Ing. Achim Winkhold

Autoren vom Stahl-Informations-Zentrum: Dipl.- Ing. Ralf Bartos Dr. rer. pol., Dipl.- Kfm. Reinhard Winkelgrund

Verlag Stahleisen

II_Impressum

11.12.2008

11:39 Uhr

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© 2007 Verlag Stahleisen GmbH, Düsseldorf Unveränderter Nachdruck 2009

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und Einspeicherung und/oder Verarbeitung in elektronischen Systemen, insbesondere Datenbanken und Netzwerke. Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren, Herausgeber und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler keine Haftung. In diesem Buch wiedergegebene Gebrauchsnamen, Handelsnamen und Warenbezeichnungen dürfen nicht als frei zur allgemeinen Benutzung im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung betrachtet werden. Inhalte, die auf Verordnungen, Vorschriften oder Regelwerken basieren, dürfen nur unter Berücksichtigung der jeweils neuesten Ausgabe in Originalfassung verwendet werden. Ergänzungen, wichtige Hinweise oder Korrekturen, die nach Veröffentlichung bekannt werden, sind im Internet zu finden unter: www.stahleisen.de → Errata Printed in Germany ISBN 978-3-514-00901-1

Inhalt

11.12.2008

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Inhalt 1. 1.1 1.2 1.3

2. 2.1

2.2 2.3 2.4 2.5 3. 3.1

3.2

3.3 3.4 4. 4.1

4.2

4.3 4.4 5. 5.1 5.2 5.3 5.4

5.5

Stahl – der Werkstoff von heute und morgen . . . . . . . . . . . . . . . . Stahl – der innovative Werkstoff Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . Die verschiedenen Stahlsorten Allgemeine Einteilungen . . . . . . . Bezeichnungssysteme für Stähle Kurznamen . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffnummern . . . . . . . . . . . Stahlgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgangsstoffe für die Eisenund Stahlerzeugung . . . . . . . . . Eisenerze . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eisenerzarten . . . . . . . . . . . . . . . . Qualitätsanforderungen und Beurteilung der Erze . . . . . . . . . . Vorbehandlung der Erze . . . . . . . Schrott . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reduktionsmittel . . . . . . . . . . . . Zuschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . Feuerfeststoffe . . . . . . . . . . . . . Wege vom Erz zum Stahl . . . . . Verfahrensroute Hochofen – Konverter . . . . . . . . . . . . . . . . . . Koksmetallurgie . . . . . . . . . . . . . . Kohlemetallurgie . . . . . . . . . . . . . Verfahrensroute Lichtbogenofen DRI-Metallurgie . . . . . . . . . . . . . . Schrottmetallurgie . . . . . . . . . . . . Sekundärmetallurgie . . . . . . . . . Sonderentwicklungen . . . . . . . .

Strangpressen . . . . . . . . . . . . . . . Kaltumformen von Stahl . . . . . . Kaltwalzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kopplung von Beize und Tandemstraße . . . . . . . . . . . . . . . Walzen von Tailor Rolled Blanks – Flexibles Walzen . . . . . . . . . . . . . Blankstahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kaltziehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Kaltumformungsverfahren von Stahl (Beispiele) . . 8.7 Trennen von Stahl . . . . . . . . . . . 8.8 Fügen von Stahl . . . . . . . . . . . . . 8.9 Korrosionsschutz von Stahl durch Korrosionsschutz-Schichten . . Organische Beschichtungen . . . . Anorganische Beschichtungen . . Metallische Überzüge . . . . . . . . . Umwandlungsüberzüge . . . . . . . 8.10 Wärmebehandlung von Stahl . . Glühen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Härten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergüten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8.6

2 2 5 9 9 10 10 11 12

16 16 17 18 20 24 24 26 26 27 27 27 28 28 28 29 29 29

Reduktion der Eisenerze . . . . . Roheisenerzeugung . . . . . . . . . Hochofenanlage . . . . . . . . . . . . . Vorgänge im Hochofen . . . . . . . . Erzeugnisse des Hochofens . . . . Stoff- und Mengenbilanz des Hochofens . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prozesssteuerung . . . . . . . . . . . . Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren der Direktreduktion . Gasreduktionsverfahren . . . . . . . Feststoffreduktionsverfahren . . . . Schmelzreduktionsverfahren . . Roheisenvorbehandlung . . . . . .

30 30 30 34 37

Stahlerzeugung . . . . . . . . . . . . . Einsatzstoffe . . . . . . . . . . . . . . . Frischprozess . . . . . . . . . . . . . . Stand der Frischverfahren . . . . Sauerstoffblasverfahren . . . . . . Frischen mit reinem Sauerstoff . . Prozessautomatisierung . . . . . . . Elektrostahlverfahren . . . . . . . . Elektrolichtbogenofen . . . . . . . . .

52 52 53 54 55 56 61 61 62

38 39 40 40 41 45 47 50

5.6 5.7

5.8 6. 6.1

6.2 6.3 7. 7.1

7.2 8. 8.1

8.2 8.3

8.4

8.5

Ablauf der Schmelze . . . . . . . . . . Technischer Stand des Elektrolichtbogenofen-Verfahrens . . . . . Andere Elektrostahl-Prozesse . . . Siemens-Martin-Verfahren . . . . Sekundärmetallurgie . . . . . . . . Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren der Sekundärmetallurgie . . . . . . . . . . Vakuumbehandlung . . . . . . . . . . . Sonderfrischverfahren . . . . . . . . . Sonderschmelzverfahren . . . . . . . Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64 65 68 69 69 69 71 72 74 75 76

Vergießen des Stahls . . . . . . . . Strangguss . . . . . . . . . . . . . . . . . Ablauf des Stranggießverfahrens Bauarten von Stranggießanlagen Automatisierung . . . . . . . . . . . . . Endabmessungsnahes Gießen . . Horizontalstranggießen . . . . . . . . Blockguss . . . . . . . . . . . . . . . . . Sprühkompaktieren . . . . . . . . .

78 79 80 82 82 83 87 87 88

Eisen und Stahl als Gusswerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gusseisen . . . . . . . . . . . . . . . . . Gusseisen mit Lamellengraphit . . Gusseisen mit Kugelgraphit . . . . Temperguss . . . . . . . . . . . . . . . . . Stahlguss . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89 89 89 89 90 90

Formgebung von Stahl . . . . . . . 92 Grundlagen des Walzens von Stahl 92 Umformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Das Walzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Walzstahlerzeugnisse . . . . . . . . 97 Walzwerkseinrichtungen . . . . . 100 Walzgerüste . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Bezeichnung von Walzgerüsten . 100 Walzwerkswalzen . . . . . . . . . . . . . 102 Walzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Walzstraßen . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Zurichtung (Adjustage) . . . . . . . . 105 Verfahrenswege des Warmwalzens von Stahl . . . . . . . . . . . 106 Walzen von Halbzeug . . . . . . . . . 106 Walzen von Fertigerzeugnissen . . 106 Weitere Formgebungsverfahren für Stahl . . . . . . . . . . . 111 Herstellung nahtloser Stahlrohre . 111 Herstellung geschweißter Stahlrohre . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Schmieden und Pressen . . . . . . . 113 Freiformschmieden . . . . . . . . . . . 113 Radial-Axial-Ringwalzen . . . . . . . 117 Gesenkschmieden . . . . . . . . . . . . 119

9. 9.1

9.2

Werkstoffprüfung . . . . . . . . . . . Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . Beanspruchungen . . . . . . . . . . . . Versagensursachen . . . . . . . . . . . Bruchmechanik . . . . . . . . . . . . . . Einflussgrößen auf Werkstoffkennwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffprüfung . . . . . . . . . . . Prüfverfahren . . . . . . . . . . . . . . . .

119 120 120 123 123 123 126 127 128 128 134 135 137 137 141 143 145 145 145 145 146 146 146 146 146 146 147 148

10.

Qualitätsmanagement . . . . . . . 153

11.

Anlagenmanagement . . . . . . . . 154

12.

Nachhaltige Ressourcennutzung durch Umweltschutz und Energiewirtschaft . . . . . . . . Stäube und Schlämme . . . . . . . . Stahlkreislauf . . . . . . . . . . . . . . . . Schlacken und andere Nebenprodukte . . . . . . . . . . . . . . Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . CO2-Emissionen und Luftreinhaltung . . . . . . . . . . . . . . Nachhaltigkeit, mehr als nur Umweltschutz . . . . . . . . . . . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13.

14.

Stahlanwendung . . . . . . . . . . . . Vielseitigkeit der Anwendungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stahlsorten und Systemlösungen Werkstoff für hohe Anforderungen Vielfältige Verarbeitungseigenschaften für moderne Technologien . . . . . . . . . . . . . . . .

156 156 156 157 157 158 159 161 162 162 163 166

176

Aus der Geschichte der Eisenhüttentechnik . . . . . . . . . . 178 Tafel: Vom Erz zum Stahl . . . . . 185

1. Stahl – der Werkstoff von heute und morgen

In der modernen Industriegesellschaft ist Stahl aufgrund seiner vielseitigen Eigenschaften und seiner Recyclingmöglichkeiten der Basiswerkstoff für eine nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft. Er hat große Einsatzbreite in fast allen wichtigen Industriesektoren: Apparate- und Maschinenbau, Brückenbau, Stahlhochbau, Energieund Umwelttechnik, Transport und Verkehr, Verpackungsindustrie ect.. Die Höhe der Stahlerzeugung und der Stahlverwendung eines Landes bzw. einer Region sind von der Entwicklung der Bevölkerung einerseits sowie vom technischen und wirtschaftlichen Entwicklungsstand andererseits abhängig. Die Weltrohstahlerzeugung stieg von 40 Mio t im Jahr 1900 auf 1240 Mio t im Jahr 2006 an, Bild 1. Stahl ist und bleibt auch in diesem Jahrhundert der Werkstoff Nr. 1 mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Stahl wird eine Schlüsselposition weiterhin in einer modernen und zukunftsorientierten Industriegesellschaft innehaben. Einen Überblick über die Welterzeugung von Stahl in den Jahren 1970 und 2006 im Vergleich zu Aluminium und Magnesium sowie Kunststoff gibt Bild 2, Bild 3 zeigt den Stahlmarkt in Deutschland, und Bild 4 stellt dazu die verschiedenen Anwendungsbereiche in Stahl dar. In welchem Maße Stahl seine dominierende Stellung beibehalten wird, hängt auch davon ab, wie sich seine Gebrauchseigenschaften weiterentwickeln lassen. 2

Stahl ist der mit Abstand wichtigste, vielseitigste und anpassungsfähigste Werkstoff. Hierzu tragen auch die im Vergleich zu anderen Werkstoffen geringen Herstellungskosten bei. So beträgt der Energieaufwand für die Gewinnung von Rohstahl aus Erz nur etwa 10 % des Energiebedarfs für die Erzeugung von Primäraluminium. Mengenmäßig liegt die Erzeugung von Stahl etwa 20mal so hoch wie die Produktion aller Nichteisen-Metalle. Die Vielseitigkeit und Anpassungsfähigkeit von Stahl wird durch folgende Aufzählung gekennzeichnet: Stahl ist zum Beispiel ● ● ● ●

warm- und kaltumformbar, schweißgeeignet, spanabhebend bearbeitbar, hart, zäh und verschleißfest,

● ●

korrosionsbeständig, hitzebeständig, warmfest.

Die Anpassungsfähigkeit von Stahl wird durch die große Anzahl von Norm- und Regelstählen dokumentiert. Insgesamt sind dies in der vom Stahlinstitut VDEh in Zusammenarbeit mit der Europäischen Stahlregistratur herausgegebene Stahl-Eisen-Liste rd. 2 000 Sorten; etwa 1 500 hiervon entfallen auf den Bereich der Edelstähle. Zu den genormten Stahlsorten kommen nicht genormte Stahlsorten hinzu. Auch deren Herstellung mit der sicheren Einstellung definierter Eigenschaften erfordert ein umfangreiches technisches Know-how, wie es nur in hochtechnisierten Ländern vorhanden ist. Hier besteht das Potential zur ständigen Weiterentwicklung des Werkstoffes Stahl.

1400 §

1200 Rohstahlerzeugung in Mio. t/a

1.1 Stahl – der innovative Werkstoff

1000 800 600 400 200 0 1860

§ § § § §§ §§ §§ §§ § §§§§§§§§ §§§§§ § §§§ § §§ § § §§ § §§ §§ § §§§ § §§§§ § § §§§ §§§§§§§§§§§§§ § § § § §§ §§§§ §§§§ §§§§§ § §§§§§§§§§ §§ §§§ § § § § § § §§§

80

1900

20

Bild 1 Rohstahlerzeugung der Welt

40

60

80

2000

Mio t/a 1240 (2006)

595 Die hohe Bedeutung, die der Werkstoff Stahl und die Eisenwerkstoffe auch in Zukunft haben werden, ist durch folgende Voraussetzungen gegeben: ●











Die als wirtschaftlich gewinnbar erachteten Roherzreserven belaufen sich auf rd. 160 Mrd. t; damit haben die Eisenwerkstoffe eine sichere Rohstoffbasis. Im Vergleich zu anderen Elementen lässt sich der Werkstoff Stahl mit verhältnismäßig geringem Energieaufwand herstellen. Die verschiedenen Stahl- und Eisenwerkstoffe lassen sich kostengünstig in gleichbleibender Qualität herstellen. Stahl ist umweltfreundlich. Dies gilt für seine Herstellung, Verarbeitung und besonders für seine 100%ige Wiederverwertbarkeit. Die gewünschten Gebrauchseigenschaften sind durch abgestimmte Legierungstechnik, Umformung und Wärmebehandlung sicher und gezielt einstellbar. Die Verarbeitbarkeit von Stahl durch Umformen, Fügen und Zerspanen anwendergerecht und flexibel.

Die allgemeine Fortentwicklung des Werkstoffes Stahl nutzt konsequent alle Schritte der Erzeugung und Verarbeitung von Stahl unter Einbeziehung der angepassten Verfahren der Wärmebehandlung. Wichtigste Grundlage aller Entwicklungen ist die Metallurgie; die erreichten und künf-

* 2004

224* 1970 2005 Stahl

13 39,5 Aluminium

0,24 0,61 Magnesium

27 Kunststoffe

Bild 2. Welterzeugung 1970/2006 tig angestrebten Verbesserungen beziehen sich auf ● enge Grenzen der chemischen Zusammensetzung, ● einen hohen Reinheitsgrad und Gleichmäßigkeit des Gefüges, ● Art und chemische Zusammensetzung der beteiligten Phasen,

● ●

Anteile und Verteilung der Phasen im Gefüge sowie, auf die für die Anforderungen genau eingestellten Korngrößen.

Die Korngröße spielt bei Stählen, die im Bereich normaler und tiefer Temperaturen eingesetzt werden, eine

Bild 3. Der Stahlmarkt in Deutschland 3

50 43,7

Stahlverwendung in Mio. t

45 40 37,0 37,3 36,1 35

Schiffbau

40,0 35,8

37,3

37,7 0,8

30 25 20

Elektrotechnik

3,7 3,1 3,0 3,7 4,0

0,3

6,0

15 6,6

10 5

8,8

0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2010s Stahl-Zentrum

Übrige

Stahlbau Baugewerbe Maschinenbau Röhrenwerke Straßenfahrzeugbau Ziehereien und Kaltwalzwerke WSM Metallwaren

WSM = Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung

Bild 4 Stahlverwendung in Deutschland (EGKS-Erzeugnisse) entscheidende Rolle. Mit Verringerung der Korngröße lassen sich Festigkeit und Zähigkeit steigern. Daher besitzen die Maßnahmen zur Erzielung eines feinkörnigen Gefüges eine besondere Bedeutung. Die Ziele der Weiterentwicklung des Werkstoffs Stahl bestehen allgemein in verbesserten Verarbeitungsund Gebrauchseigenschaften bei guter Anpassung an den jeweiligen Verwendungszweck. Die weiteren Perspektiven der Werkstoffentwicklung von Stahl bestehen in der Verfeinerung des Gussgefüges von Stahl durch sehr rasche Erstarrung. Ein sehr feines Gussgefüge läßt sich erzielen, wenn durch ein „Sprühgießen“ das gewünschte Profil aus Schmelztropfen aufgebaut wird. Mit dem Verfahren des „Schmelzspinnens“ und der „Schmelzverdüsung“ werden Bänder

4

bzw. Pulverteilchen mit so hoher Geschwindigkeit abgeschreckt, daß bestimmte Legierungen, z. B. Eisen mit Zusätzen von Bor und Silicium, in mikrokristalliner Struktur oder ohne Kristallisation in glasiger Form erstarren. Auf diese Weise erzeugte Werkstoffe besitzen neuartige magnetische und mechanische Eigenschaften, die sich technisch nutzen lassen. Zur Erschließung neuer Anwendungsgebiete für den Stahl ist sein Einsatz als Komponente von Verbundwerkstoffen zu sehen. Stahl kann als Matrix die Übertragung von Kräften auf die lasttragende Faser übernehmen. Wichtige Beispiele für bereits eingesetzte Verbundstoffe aus Stahl sind Spannbeton und beschichtete und plattierte Bleche. Es kann als gesichert angesehen werden, daß der Werkstoff Stahl eine gute Zukunft hat, wenn er das wei-

terhin in ihm steckende Entwicklungspotential sowie die Chancen in den verschiedenen volkswirtschaftlich bedeutenden Anwendungsbereichen nutzt. So sind neue Möglichkeiten erkannt oder erkennbar, um auf dem alten Weg der Verbesserung der mechanischen Eigenschaften durch Verfeinerung der Legierungstechnik und des Gefüges zu neuen hochwertigen und angepaßten Stahlsorten zu gelangen. Bei anderen Entwicklungen wird sich der Stahl mit anderen Werkstoffen zu hochleistungsfähigen Verbundwerkstoffen verbinden. In wieder anderen Bereichen kann das Element Eisen als Teil neuer Werkstoffe etwas in den Hintergrund treten.

Stahl

1.2 Grundlagen Das chemische Element Eisen gehört zu den Metallen und ist kristallin aufgebaut. Es kommt in der Natur nicht in reiner Form vor, sondern in Verbindung mit anderen Elementen; deshalb wird es zu den unedlen Metallen gezählt. Die Zahl 55,85 gibt das „Atomgewicht“ bzw. die „Relative Atommasse“ an; die Zahl 26 definiert die „Ordnungszahl“ und damit die Stellung des Elements Eisen im „Periodensystem der Elemente“; die Zahlen 2+ und 3+ zeigen die möglichen „Wertigkeiten“ des Eisens an. Der ebenfalls metallische Werkstoff „Stahl“ ist eine Legierung (= Mischung) des Elements Eisen mit anderen nichtmetallischen oder metallischen Elementen. Nichtmetallische Legierungselemente sind beispielsweise Kohlenstoff, Silicium, Phosphor und Schwefel; metallische Legierungselemente sind Mangan, Chrom, Nickel, Molybdän und andere. Wichtigstes Legierungselement für den Werkstoff Stahl ist der Kohlenstoff. Durch Menge und Art der Legierungselemente lassen sich erwünschte Gebrauchseigenschaften erreichen und weniger erwünschte Eigenschaften unterdrücken. Die Begriffe Eisen, Eisenwerkstoffe und Stahl sollten klar voneinander abgegrenzt werden. Unter Eisen wird einmal das Element und zum anderen der Werkstoff mit einem Reinheitsgrad von 99,8 bis 99,9 % Fe verstanden; der Rest besteht aus Verunreinigungen. Reinstes Eisen ist nur schwer herzustellen.

Zu den Eisenwerkstoffen zählen alle diejenigen Metallegierungen, bei denen der mittlere Massenanteil an Eisen höher liegt als der jedes anderen Elements. Ursprünglich wurde allgemein als wesentliches Merkmal für den Begriff Stahl die Härtbarkeit angegeben. Dieses Kriterium wird in diesem Sinne heute nicht mehr benutzt, und man bezeichnet als Stahl alle Eisenwerkstoffe, deren Massenanteil an Eisen größer ist als der jeden anderen Elements. Mit Ausnahme einiger chromreicher Stähle enthält Stahl höchstens rund 2 % C, der ihn vom Gußeisen unterscheidet (Euronorm 1 und DIN EN 10020). Stahl weist im übrigen eine allgemeine Eignung zum Warmumformen auf. Das Element Eisen tritt je nach Temperatur in zwei Kristallgittern auf; diese Erscheinung wird als Allotropie bezeichnet. Die Kristallgitterformen des Eisens sind:

Als Stahl werden Werkstoffe bezeichnet, deren Massenanteil an Eisen größer ist als der jedes anderen Elementes und die im allgemeinen weniger als 2 % C aufweisen sowie andere Elemente enthalten. Einige Chromstähle enthalten mehr als 2 % C. Der Wert von 2 % wird jedoch im allgemeinen als Grenzwert für die Unterscheidung zwischen Stahl und Gusseisen betrachtet (DIN EN 10020) – kubisch-raumzentriert (α-Eisen; Bild 5) – kubisch-flächenzentriert (γ-Eisen; Bild 6) Bei Raumtemperatur und beim Erhitzen bis 911 °C liegt das Eisen als αEisen vor. Bei 911 °C klappt das Gitter um, die Atome springen schnell in die Kristallform des γ-Eisens. Damit werden die Kristallwürfel größer und enthalten mehr Atome. Die Würfelmitte des Kristallgitters wird frei. Wird die Temperatur bis 1392 °C erhöht, klappt das Gitter wieder in das des α-Eisens um; zur Unterscheidung spricht man nun von δ-Eisen. Nach weiterer Erwärmung schmilzt das Eisen bei 1 536 °C, und das Raumgitter zerfällt. Wird die Schmelze wieder

Eisen

1. Element

55,85 26

Fe

2+, 3+

Fe 55,85 26

= (lat. = ferrum), chemisches Zeichen für Eisen = Atomgewicht des Eisens = positive Kernladungszahl und Platznummer des Elementes Eisen im Periodensystem 2+, 3+ = die beiden möglichen Wertigkeiten des Eisens (je nach Eisenverbindung) 2. Werkstoff mit Reinheit von 99,8 bis 99,9 % Fe 5

Eigenschaften von Metallen (Beispiele) mechanische: Streckgrenze Zugfestigkeit Biegefestigkeit Zähigkeit Dauerschwingfestigkeit Warmfestigkeit Härte usw.

physikalische:

Dichte elektr. Leitfähigkeit Wärmeausdehnung Temperaturleitfähigkeit usw.

technologische: Umformbarkeit Schweißeignung Zerspanbarkeit usw. chemische: Korrosionswiderstand usw.

abgekühlt, so erfolgen die Umwandlungen zu δ-, γ- und α-Eisen bei fast den gleichen Temperaturen. Die Erstarrung aus der Schmelze beginnt an Kristallisationskeimen,

deren Gitterrichtungen verschieden und zufällig angeordnet sind. Durch die Anlagerung weiterer Atome an die Keime wachsen die Raumgitter so lange, bis kein flüssiges Eisen

Bild 5

Bild 6

mehr übrig ist und die Raumgitter der so gebildeten Kristallite an den Korngrenzen aneinanderstoßen. Die Körner oder Kristallite sind nicht frei von Gitterfehlern, die in Form von Versetzungslinien und Leerstellen auftreten. Da es sich bei Stahl nicht um reines Eisen, sondern um eine Legierung von Eisen und anderen Elementen handelt, von denen Kohlenstoff die wichtigste Rolle spielt, können nach der Erstarrung von Stahl Legierungselemente in folgender Form in Raumgitter angeordnet sein: ●



a) Regelmäßige Anordnung von Eisenatomen im kubisch-raumzentrierten α-Eisen;

b) Elementarzelle des α-Eisens; D Durchmesser des Eisenatoms, a Kantenlänge der Elementarzelle (Gitterparameter), z Zwischengitterplatz 6

a) Regelmäßige Anordnung von Eisenatomen im kubisch-flächenzentrierten γ-Eisen;

b) Elementarzelle des γ-Eisens (Bezeichnungen wie im Bild 1b)



Ersatz von Eisenatomen durch Legierungselemente mit etwa gleich großem Atomdurchmesser (= Austauschmischkristalle, Bild 7); z. B. Nickel, Chrom, Einlagerung von Legierungselementen mit kleinen Atomdurchmessern in das Gitter (= Einlagerungsmischkristall), Formung eines eigenen Raumgitters von Eisen und Legierungselementen in oder zwischen den Atomen des Eisens (= Verbindungsbildung, Bild 8).

Höhere Massenanteile an Kohlenstoff als etwa 0,02 % bewirken, dass der Kohlenstoff nicht mehr eingelagert wird, sondern sich mit dem Eisen oder anderen Elementen zu Carbiden mit eigenem Raumgitter verbindet. Diese sind dann als kleine Kristallite mit eigenem Gitteraufbau auf den Korngrenzen oder in den Ferritkörnern ausgeschieden. Die Verbindungen des Eisens mit dem

Einteilung der Stähle nach: chemischer Zusammensetzung unlegierter Stahl legierter Stahl Gebrauchsanforderungen Qualitätsstahl Edelstahl Beispiel eines γ-Mischkirstalls (Schematisch): Austenitischer Stahl X10CrNi18-8 mit 0,1 % C (auf Zwischengitterplätzen eingelagert und 18 % Cr sowie 8 % Ni (anstelle von Eisenatomen substituiert) Bild 7 Kohlenstoff heißen Eisencarbid oder Zementit (Fe3C). Von rd. 2 % C an ist die Ausbildung des Zementits so ungünstig für die Formgebung, dass der Werkstoff nur noch durch Gießen in eine bestimmte Form gebracht werden kann. Damit ist auch die bereits früher genannte Grenze zwischen Stahl und Gusseisen gekennzeichnet. Mit zunehmendem Massenanteil an Kohlenstoff verschieben sich die Temperaturen, bei denen die Umwandlung von α- zu γ-Eisen erfolgt. Im Zustandsschaubild Eisen-Kohlenstoff (Bild 9 auf Seite 8) sind die für den jeweiligen Kohlenstoff-Massenanteil gültigen Umwandlungstemperaturen zusammengestellt. Mit Hilfe dieses Schaubilds können auch die zu jedem Kohlenstoff-Massenanteil gehörenden Gefügezustände bei Raumtemperatur und bei höheren Temperaturen ermittelt werden. Die bisherigen Ausführungen gelten für langsames Erwärmen und Abkühlen. Bei raschen Temperaturänderungen hat der Kohlenstoff nicht genügend Zeit zur Diffusion. Über verschieden hohe Abkühlungsgeschwindigkeiten lassen sich die Gefügeausbildungen in weiten Grenzen verändern, da die Temperatur, bei

der die Umwandlung von γ- zu α-Eisen erfolgt, zu niedrigeren Werten verschoben wird. Gleichzeitig bilden sich aufgrund der behinderten Kohlenstoff-Diffusion Gefügeverzerrungen aus, die sich in einer Steigerung der Härte ausdrücken. Die Verfahren der Wärmebehandlung beruhen auf der kontrollierten Erwärmung und Abkühlung mit bestimmter Geschwindigkeit, so dass sich verschiedene Gefüge- und Härtezustände ausbilden. Die wichtigen, anhand des Zustandsschaubildes Eisen-Kohlenstoff und durch die Wärmbehandlung zu definierenden Gefügearten von Stahl sind (Bilder 10 bis 12): ● ● ●

Ferrit, Perlit, Bainit,

● ● ●

Martensit, Austenit und Zementit.

Der als wichtigstes Legierungselement für Stahl bezeichnete Kohlen-

Herstellungsverfahren Schrott-Route (Elektroofen) Roheisen-Route (HochofenSauerstoffblaskonverter) Verwendungszweck Baustahl Federstahl Werkzeugstahl usw. chemischen oder mechanischen Eigenschaften kaltzäher Stahl warmfester Stahl nichtrostender Stahl usw.

stoff beeinflusst insbesondere die mechanischen und technologischen Eigenschaften wie Zugfestigkeit, Streckgrenze, Bruchdehnung, Härte und Verschleißwiderstand sowie Schweißeignung und Umformbarkeit.

Bild 8 Aus dem Raumgitter des Eisens ausgeschiedenes Carbid eines Legierungselements (schematisch) 7

Bild 10 Gefüge eines Stahls mit 0,01 % C (nahezu reines Eisen)

Bild 11 Weißes Roheisen, untereutektisch (Tannenbaum-Mischkristalle und Ledeburit)

Bild 9 Eisen-Kohlenstoff-Diagramm für das metastabile System Fe-Fe3C 8

Bild 12 Stahl mit 0,8 % C, normalgeglüht (streifiger Perlit)

Tafel 1 Grenze zwischen unlegierten und legierten Stählen (Schmelzanalyse) Festgelegtes Element

1.3. Die verschiedenen Stahlsorten Allgemeine Einteilungen Durch Legierungszusammensetzung, Nachbehandlung, Umformung und Wärmebehandlung werden die Gebrauchseigenschaften der Stahlsorten entscheidend geprägt. Die Stahlsorten werden nach DIN EN 10020 unterteilt in drei Klassen ● ● ●

unlegierte Stähle nichtrostende Stähle andere legierte Stähle

Unlegierte Stähle sind Stahlsorten, bei denen der für die Elemente maßgebende Legierungs-Massenanteil einen bestimmten Grenzwert nicht erreicht (siehe Tafel 1 entsprechend Tafel 1 in DIN EN 10020). Nichtrostende Stähle sind legierte Stahlsorten mit einem Massenanteil Kohlenstoff von 1,2 % oder weniger und 10,5 % Cr oder mehr, mit oder ohne andere Elemente.

Die drei Klassen für die Stähle werden weiterhin unterteilt in Hauptgüteklassen. Bei den unlegierten Stählen sind unlegierte Qualitätsstähle Stahlsorten, für die im allgemeinen Anforderungen z. B. an Bruchzähigkeit, Korngröße und/oder Umformbarkeit bestehen. Unlegierte Edelstähle haben insbesondere bezüglich nichtmetallischer Einschlüsse einen höheren Reinheitsgrad als unlegierte Qualitätsstähle. In den meisten Fällen sind sie für ein Vergüten oder Oberflächenhärten vorgesehen. Genaue Einstellung der chemischen Zusammensetzung und besondere Sorgfalt im Herstellungs- und Überwachungsprozess stellen verbesserte Eigenschaften zur Erfüllung erhöhter Anforderungen sicher. Diese Eigenschaften, die im allgemeinen in Kombination und in eng eingeschränkten Grenzen auftreten, schließen hohe oder eng eingeschränkte Streckgrenzen- oder Härtbarkeitswerte, manchmal verbunden mit Anforderungen an z. B. die Eignung zum Kaltumformen oder Schweißen ein. Nichtrostende Stähle werden nach folgenden Kriterien unterteilt: ●

Andere legierte Stähle sind nicht der Definition für nichtrostende Stähle entsprechende Stahlsorten, bei denen von den für die Elemente maßgebenden LegierungsMassenanteilen wenigstens einer den vorgegebenen Grenzwert erreicht (siehe Tafel 1 entsprechend Tafel 1 in DIN EN 10020).



nach dem Nickel-Massenanteil in: Stähle mit < 2,5 %, Stähle mit ≥ 2,5 % nach Haupteigenschaften in: korrosionsbeständig hitzebeständig warmfest

Bei den anderen legierten Stählen sind legierte Qualitätsstähle Stahl-

Al B Bi Co Cr Cu La

Mn Mo Nb Ni Pb Se Si Te Ti V W Zr

Aluminium Bor Wismut Kobalt Chrom Kupfer Lanthanide (einzeln gewertet) Mangan Molybdän Niob Nickel Blei Selen Silicium Tellur Titan Vanadium Wolfram Zirkon

Sonstige (mit Ausnahme von Kohlenstoff, Phosphor, Schwefel, Stickstoff) (jeweils)

Grenzwert1) Massenanteil in % 0,30 0,0008 0,10 0,30 0,30 0,40

0,10 1,652) 0,08 0,06 0,30 0,40 0,10 0,60 0,10 0,05 0,10 0,30 0,05

0,10

1) Falls für die Elemente, außer Mangan, in der Erzeugnisnorm oder Spezifikation nur ein Höchstwert für die Schmelzenanalyse festgelegt ist, ist ein Wert von 70 % dieses Höchstwertes für die Einteilung zu verwenden. 2) Falls für Mangan nur ein Höchstwert festgelegt ist, ist der Grenzwert 1,80 %, und die 70 %-Regel (siehe Fußnote 1) gilt nicht. 9

sorten, für die Anforderungen z. B. an Bruchzähigkeit, Korngröße und/oder Umformbarkeit bestehen. Sie sind im allgemeinen nicht zum Vergüten oder Oberflächenhärten vorgesehen. Unter den legierten Edelstählen werden außer den nichtrostenden Stählen solche Stahlsorten erfasst, denen durch eine genaue Einstellung ihrer chemischen Zusammensetzung sowie durch besondere Herstellbedingungen und eingeschränkte Vorgaben verbesserte Eigenschaften verliehen werden, die häufig in Kombination oder innerhalb eng eingeschränkter Grenzen festgelegt sind.

Bezeichnungssysteme für Stähle Eine einheitliche Bezeichnungsweise für Stahlsorten ist notwendig zur kurzgefassten Identifizierung von Stählen und zu ihrer genauen Ansprache bei Erzeugung, Bestellung, Lagerung und Weiterverarbeitung. Das heißt für den Handel, mit der großen Zahl der Stahlsorten und den vielfältigen Stahlerzeugnissen auf dem europäischen und dem Weltmarkt sowie für das Verständnis zwischen Stahlherstellern und Stahlverbrauchern muß es eine gemeinsame Grundlage für Bezeichnungssysteme geben. DIN EN 10027 Teile 1 und 2 – Bezeichnungssysteme für Stähle –, Ausgabe September 1992, regelt die Bezeichnung der Stähle und Stahlgußsorten nach Kurznamen und Werkstoffnummern. 10

Kurznamen Die Kurznamen der Stähle werden in zwei Hauptgruppen nach DIN EN 10027-1 bezeichnet. Hauptgruppe 1 umfaßt Kurznamen, die Hinweise auf die Verwendung und die mechanischen oder physikalischen Eigenschaften der Stähle enthalten. Kurznamen der Hauptgruppe 2 werden mit Hinweisen auf die chemische Zusammensetzung der Stähle gebildet. Das neue Bezeichnungssystem weicht besonders in der Hauptgruppe 1 erheblich von dem alten in Deutschland praktizierten System nach DIN 17006 ab. Der Kurzname besteht aus einem Hauptsymbol nach DIN EN 10027-1 und aus Zusatzsymbolen nach CEN REPORT (CR) 10260 – Bezeichnungssysteme für Stähle; Zusatzsymbole für Kurznamen –. Zusatzsymbole kommen in Betracht, wenn die Hauptsymbole allein zur Kennzeichnung und Identifizierung eines Stahles oder eines Stahlerzeugnisses nicht ausreichen. Einzelheiten zur Systematik des Bezeichnungssystems der Stähle mit Kurznamen sollen hier nur beispielhaft beschrieben werden. Grundsätzlich gilt jedoch, dass – wenn die Festlegungen für die Stähle für entsprechende Stahlgusssorten in Betracht kommen – den sich für die Hauptgruppen ergebenden Kurznamen der Kennbuchstabe G vorangestellt wird. Für die Stähle der Hauptgruppe 1 sind unter anderem folgende Hauptsymbole gewählt worden:

S = Stähle für den Stahlbau P = Stähle für den Druckbehälterbau L = Stähle für den Rohrleitungsbau E = Maschinenbaustähle Diese Hauptsymbole werden ergänzt durch eine Zahl, die dem Mindestwert der Streckgrenze in N/mm2 für die kleinste Erzeugnisdicke entspricht (z. B. S355), sowie durch Zusatzsymbole nach CR 10260 (z. B. S355JR für 27 J Kerbschlagarbeit bei + 20 °C Prüftemperatur). Die Verwendung anderer Hauptsymbole, z.B. für Spannstähle, Schienen, kaltgewalzte Flacherzeugnisse oder Flacherzeugnisse aus weichen Stählen zum Kaltumformen, und dazugehörender Zusatzsymbole ist in DIN EN 10027-1 und CR 10260 erläutert. Stähle der Hauptgruppe 2 mit nach der chemischen Zusammensetzung gebildeten Kurznamen werden mit den Hauptsymbolen wiederum in vier Untergruppen unterteilt: 1. Unlegierte Stähle mit einem mittleren Massenanteil an Mangan unter 1 % werden gekennzeichnet durch den Buchstaben C (für Kohlenstoff) und eine Zahl, die dem Hundertfachen des mittleren Kohlenstoff-Massenanteils entspricht. Beispiel: C45. 2. Unlegierte Stähle mit einem mittleren Massenanteil an Mangan > 1 % und legierte Stähle (außer Schnellarbeitsstählen) mit Massenanteilen der einzelnen Legie-

rungselemente unter 5 % werden mit einer Zahl, die dem Hundertfachen des mittleren Kohlenstoffgehaltes entspricht, mit chemischen Symbolen für die den jeweiligen Stahl kennzeichnenden Legierungselemente und Zahlen, die in der Reihenfolge der Legierungselemente einen Hinweis auf ihren Gehalt geben, bezeichnet. Die mittleren Massenanteile werden dabei mit bestimmten Faktoren multipliziert, z. B. für Chrom mit Faktor 4 und für Molybdän mit Faktor 10. Beispiel: 10CrMo9-10. 3. Legierte Stähle (außer Schnellarbeitsstähle) werden, wenn mindestens für ein Legierungselemente der Massenanteil ≥ 5 % beträgt, mit dem Kennbuchstaben X, einer Zahl, die dem Hundertfachen des mittleren Kohlenstoffgehaltes entspricht, Symbolen der den Stahl kennzeichnenden Legierungselemente sowie Zahlen, die in der Reihenfolge der Legierungselemente deren Gehalt angeben, gekennzeichnet. Beispiel: X2CrNi19-11. 4. Schnellarbeitsstähle enthalten in ihrem Kurznamen die Kennbuchstaben HS und Zahlen, die in der Reihenfolge der Elemente W, Mo, V und Cr deren Massenanteile in ganzen gerundeten Zahlen angeben. Beispiel: HS6525. Diese Hauptsymbole werden gegebenenfalls ergänzt durch Zusatzsymbole, die z. B. Besonderheiten im Legierungsgehalt (z. B. E für vorge-

schriebenen höchsten Massenanteil an Schwefel), die Eignung für besondere Verwendungszwecke (z. B. U für Werkzeuge) oder einen Behandlungszustand (z. B. QT für vergütet) ausweisen. Einzelheiten zu den Zusatzsymbolen und ihre Verwendung enthält CR 10260. Mit in zwei Gruppen unterteilten Zusatzsymbolen für Stähle können in Kurznamen nach beiden Hauptgruppen weitere Unterscheidungen getroffen werden. Zusatzsymbole der Gruppe 2 sind stets nur in Verbindung mit denen der Gruppe 1 zu verwenden. Der Buchstabe „G“, meistens in Verbindung mit einer Ziffer, kennzeichnet als Zusatzsymbol der Gruppe 1, z. B. in der Kombination G1, die Desoxidationsart „unberuhigt“ bei unlegierten Baustählen. Ein Buchstabe aus der Gruppe 2 kann z. B. die Erzeugnisform beschreiben, wie H für Hohlprofile. Weitere Zusatzsymbole für Stahlerzeugnisse beschreiben besondere Anforderungen, z. B. Mindestbrucheinschnürung senkrecht zur Oberfläche 15 % (+Z15), besondere Ausführungen, z. B. die Art einer Beschichtung oder eines Überzuges (+Z für feuerverzinkt) oder auch den Behandlungszustand (+QT für vergütet). Sie sind von den vorhergehenden Symbolen durch ein Pluszeichen (+) zu trennen.

Werkstoffnummern Das in die Europäische Normung übernommene deutsche Werkstoff-

nummernsystem ist in seinem Aufbau und mit Regeln für die Vergabe von Werkstoffnummern durch die Europäische Stahlregistratur beim Verein Deutscher Eisenhüttenleute (VDEh) in allen Einzelheiten in DIN EN 10027-2 beschrieben. Jeder Stahl und jede Stahlgusssorte wird durch eine fünfstellige Zahl gekennzeichnet. Die erste Ziffer ist die Werkstoffhauptgruppennummer (1 für Stahl), die nächsten zwei durch einen Punkt von der ersten Ziffer getrennten Ziffern geben die Stahlgruppennummer an (z. B. 20 bis 28 für Werkzeugstähle) und weitere zwei Ziffern sind Zählnummern. Insgesamt sind alle Einzelheiten zur Systematik und Bildung von Kurznamen (DIN EN 10027-1) und Werkstoffnummern (DIN EN 10027-2) aus diesen beiden Normen zu entnehmen. Eine Beschreibung der Einzelheiten für alle Stahlgruppen und -sorten würde hier zu weit führen und letztlich nur eine Wiederholung der Normeninhalte bedeuten. Die 11. Auflage der vom Verlag Stahleisen herausgegebenen StahlEisen-Liste gibt vollständig alle neuen Kurznamen mit den zugehörigen Werkstoffnummern wieder. Sie enthält eine Zusammenstellung der vom Europäischen Komitee für die Eisenund Stahlnormung (ECISS) im CEN genormten Stähle (EN-Normen) und erfaßt die von den Stahlherstellern in der Europäischen Union erschmolzenen Stähle und Legierungen, soweit sie bei der Europäischen Stahlregistratur beim VDEh gemeldet sind. 11