Das Phänomen Anita Fetz

24.10.2011 - Die Geschichte wiederholt sich: Wie vor vier Jahren war ... die vielen bürgerlichen Parteien in Ba- .... mit seiner Partei sowie den Liberaldemo-.
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 | Montag, 24. Oktober 2011 | Seite 30

Das Phänomen Anita Fetz

Kommentar

Die bisherige SP-Amtsinhaberin verteidigt den Basler Ständeratssitz souverän Gewinnerpose und Applaus.

Ständerätin Anita Fetz (SP) freut sich im Kongresszentrum über ihre deutliche Wiederwahl. Von links nach rechts: Anita Fetz, Anna Grüninger, Anita Fetz’ Lebenspartner Fritz Jenny und Mutter Gerda Fetz.  Fotos Roland Schmid

Von Ralph Schindel Basel. Die Geschichte wiederholt sich:

Wie vor vier Jahren war Ständerätin Anita Fetz (54, SP) bereits nach dem ersten Wahlgang und nach Auszählung der brieflich Stimmenden in ihrem Amt bestätigt. Und wie vor vier Jahren holte sie auch jetzt wieder fast doppelt so viele Stimmen wie ihre Gegner. War es 2007 Andreas Albrecht (LDP), der das Nachsehen hatte, mussten sich in diesem Jahr Sebastian Frehner (38, SVP) und Daniel Stolz (43, FDP) mit der Niederlage abfinden. 62,6  Prozent der Stimmen gingen schliesslich nach ­Auszählung aller Stimmen an Fetz, Frehner erhielt 19,4  Prozent, Stolz 12,5 Prozent. Für Lorenz Nägelin kam dieser Wahlausgang überhaupt nicht überraschend. «Das war abzusehen», sagte ohne grosse Emotionen der SVP-Fraktionschef im Grossen Rat. Frehners Resultat bezeichnete Nägelin als ansehnlich und den Erwartungen entsprechend gut. «Fetz war

stark und hatte sicher auch den Bisherigen-Bonus», sagte Nägelin. Für Baschi Dürr (FDP) ist das Resultat von Anita Fetz hervorragend. «Sie war die Favoritin, am Resultat gibt es nichts zu deuteln und wir gratulieren», sagte der FDP-Vizepräsident. Für ihn sei Fetz ein Phänomen. Wenn man ihre Arbeit und ihren Einfluss in Bern betrachte, «dann ist das Resultat letztlich nicht erklärbar», sagte Dürr. «Bürgerliche haben keine Antwort» Dezidiert anderer Meinung ist Grünen-Präsident Jürg Stöcklin. «Anita Fetz ist eine Ständerätin, die seriöse und hochstehende Arbeit leistet und deshalb schwierig zu schlagen ist», sagte Stöcklin, der im Pro-Fetz-Komitee aktiv war. Das hätten schon verschiedene Kandidaten versucht, «auch grössere Kaliber, als dieses Mal angetreten sind». Als ausgezeichnetes Resultat wertete Stöcklin den Wahlausgang. «Es zeigt sich einmal mehr, dass die Bürgerlichen auf Anita Fetz keine Antwort haben.»

Fetz habe eine langjährige Erfahrung und eine hohe Qualität in ihren Wahlkämpfen. «Ihre Gegner können ihr das Wasser nicht reichen.» Frehner habe den üblichen SVP-Anteil geholt und Stolz’ Wahlkampf sei eine Peinlichkeit gewesen. «Was die Bürgerlichen in ­Basel auszeichnet, ist, dass sie keine gemeinsame Strategie zustande bringen und jedes Mal etwas anderes versuchen», sagte Stöcklin. Glücklicherweise werde eine Kandidatur Frehner bei den Mitgliedern der anderen bürgerlichen Parteien immer noch nicht goutiert. resultatE auf einen blick

1. Anita Fetz (SP) 2. Sebastian Frehner (SVP) 3. Daniel Stolz (FDP) 4. Bernhard Hofer (Volksaktion) Leere Vereinzelte Absolutes Mehr Wahlbeteiligung

33 758 10 453 6758 1752 736 473 26 966 50,5 %

«Die Basler wissen, was ich vertrete» SP-Ständerätin Anita Fetz ist vom deutlichen Wahlergebnis selber überrascht Von Raphael Suter und Valentin Kressler Basel. Bereits zwei Minuten nach

zwölf Uhr stand fest: Anita Fetz (SP) ist im ersten Wahlgang erneut in den Ständerat gewählt worden und dies mit einem Glanzresultat. Eine Stunde später marschierte die alte neue Ständerätin ins Wahlforum im Kongresszentrum, wo sie von den Parteigenossen gefeiert und von den Medien bestürmt wurde.

BaZ: Frau Fetz, Sie durften mit Ihrer Wiederwahl rechnen, doch haben Sie auch mit einem solch klaren Vorsprung auf Ihre Gegner gerechnet? Anita Fetz: Ehrlich

men aufgegriffen, die die Menschen aktuell beschäftigen. So den Atomausstieg oder die Bankenpolitik.

ratskandidat Andreas Albrecht (LDP) vor vier Jahren?

Dieser Vorwurf war und ist völlig daneben und zeugt von einer kleinkarierten Wahrnehmung, was eidgenössische Politik ist. Ich vertrete den Kanton in der gesamten Palette der Politik und nicht nur bei Einzelthemen. Hier stelle ich eine 75-prozentige Übereinstimmung mit dem Stimmverhalten der Basler Bevölkerung fest. Die Leute erkennen, wie nahe ich im Ständerat bei ihrer Meinung politisiere.

Was sind jetzt Ihre Ziele für die neue Legislatur?

Trotzdem hat Ihnen Ihr FDP-Herausforderer Daniel Stolz vorgeworfen, Sie würden in Bern zu wenig bringen.

gesagt, nein. In meinen privaten Wetten habe ich mir selber 56 Prozent gegeben und deshalb bin ich von diesem deutlichen Resultat überrascht – in einem positiven Sinn natürlich. Ich freue mich wirklich sehr darüber.

SVP-Kandidat Sebastian Frehner hat Sie als «Gift für Basel» betitelt. Hat Sie dieser Angriff verletzt?

Das hat sicherlich damit zu tun, dass die Leute in Basel wissen, was ich vertrete, und dass ich die sozialen Themen ernst nehme. Ich versuche auch Dinge, die wir in Basel bereits initialisiert haben, auf die Bundesebene zu transportieren. Beispielsweise unsere Integrationspolitik. Dann habe ich in Bern aber auch immer wieder The-

Ja. Mal war er heftiger und dann wieder zahmer. Doch ich hatte ein gutes Verhältnis zu meinen Jungs. Man gewöhnt sich aneinander, wenn man wochenlang zusammen durch die Gegend tingelt. Da begegnet man sich auch auf der menschlichen Ebene.

Worauf führen Sie dieses Glanzresultat zurück?

Ich habe ihm nach dem Wahlergebnis erklärt, dass ihm diese Aussage wohl mehrere Tausend Stimmen gekostet hat. Dieser Angriff war nicht bloss völlig daneben, sondern auch dumm, weil man in Basel faire politische Auseinandersetzungen will.

Haben Sie den Wahlkampf sonst als fair empfunden?

Stehen Ihnen die beiden Herausforderer Frehner und Stolz näher als der Stände-

Die Chemie hat diesmal besser gestimmt. Das ist subjektiv und zufällig und hat nichts mit Andreas Albrecht als Politiker zu tun.

Sicherlich der Atomausstieg und die Bankenregulierung. Was mich mit grosser Sorge erfüllt, sind aber auch die Finanzspekulationen. Wenn wir diese nicht in Schranken weisen können, geht es letztlich um unsere Renten. Dann stehen die Pensionskassen zur Disposition. Darum werde ich mich in nächster Zeit sehr intensiv kümmern und nach Lösungen suchen. Auch die Krankenkassenprämien werden mich weiter beschäftigen. An diesen Themen werde ich hart­ näckig dranbleiben.

Ihr Baselbieter SP-Kollege Claude Janiak ist ebenfalls wieder gewählt worden. Was bedeutet das für Ihre Arbeit?

Ich bin sehr froh darüber, weil wir uns so eingerichtet haben, dass wir die wichtigen Kommissionen abdecken. Wir sind zwar zwei völlig verschiedene Typen, können es aber bestens miteinander.

Treten Sie nach diesem Wahlerfolg in vier Jahren nochmals an?

Ich mache jetzt erst mal dreieinhalb Jahre eine anständige Politik in Bern und dann können Sie mich wieder fragen. Heute weiss ich darauf keine Antwort.

SP-Präsident Martin Lüchinger zeigte sich glücklich über das gute Resultat. «Der Leistungsausweis von Anita Fetz hat die Wählenden überzeugt – und das über die Parteigrenze hinaus», sagte Lüchinger. «Anita Fetz hat auch nicht mit dem Parteilogo auf ihren Wahlplakaten geworben.» Sicher sei der BisherigenBonus nach acht Jahren im Ständerat gross. Spannend werde es wieder, wenn Fetz zurücktritt und eine Kandidatur der Linken ohne diesen Bonus in den Wahlkampf steigen wird. Der Basler Ständeratssitz ist seit 1967 in SP-Hand. «Es ist selbstverständlich unser Anspruch, wieder einmal einen bürgerlichen Ständerat zu stellen», sagte FDP-Mann Dürr. Die Frage sei, wie die vielen bürgerlichen Parteien in Basel – je nach Zählweise drei bis sechs – einerseits geeint, andererseits mit Chancen in Wahlen steigen können. «Wir müssen uns baldmöglichst darüber einig werden, wie die bürgerlichen Parteien in die kantonalen Gesamterneuerungswahlen im kommenden Jahr steigen.»

Ohrfeige für Bürgerliche Von Raphael Suter

An diesem Ergebnis gibt es nun wirklich nichts zu rütteln und zu wenden. Anita Fetz (SP) hat den Wiedereinzug in den Ständerat mit einem Glanzresultat geschafft und ihre beiden bürgerlichen Herausforderer weit hinter sich gelassen. Ob es nur ihr (in Basel selber umstrittener) Leistungsausweis in Bern war, der zu diesem Wahlerfolg führte, darf bezweifelt werden. Die klare Wiederwahl der linken Politikerin ist auch eine Ohrfeige an die bürgerlichen Parteien, die einmal mehr nicht zu einem gemeinsamen Schulterschluss gefunden haben. Das peinliche Hickhack um die Portierung von SVP-Nationalrat Sebastian Frehner als gemeinsamer bürgerlicher Kandidat und die nachträgliche Aufstellung von FDP-Parteipräsident Daniel Stolz haben FDP, CVP, LDP und SVP in einem jämmerlichen Licht erscheinen lassen und Anita Fetz den Weg geebnet. Wenn sich die bürgerlichen Parteien in Basel schon nicht geschlossen hinter eine Kandidatur stellen konnten, schien Fetz auch für viele bürgerliche Wähler eine einschätzbare Alternative. Der unnötige «Gift»-Angriff auf Fetz von Frehner hat diesen letztlich wohl etliche Stimmen gekostet. Immerhin sorgte er für einigen Wirbel, denn ansonsten machten Frehner und Stolz einen eher lahmen Wahlkampf. Es schien so, als würden beide selber gar nie an einen möglichen Wahlsieg glauben. Mit dieser Haltung hat es ihnen nicht einmal zu einem Achtungs­ erfolg gereicht. Zu deutlich ist der Wahlsieg von Anita Fetz. [email protected]

«Ich bin nicht zufrieden» Sebastian Frehner (SVP) erstaunt die Deutlichkeit des Resultats Basel. Der zweite Wahlgang für den

Basler Ständeratssitz war im Wahl­forum in der Messe gar kein Thema. Auch zusammen schafften die beiden bürgerlichen Kandidaten nur wenig mehr als die Hälfte der Stimmen, die Amtsinhaberin Anita Fetz (SP) erhielt. «Zufrieden kann man nicht sein», sagte Sebastian Frehner (SVP) bereits nach Bekanntgabe der brieflich Stimmenden. «Aber Andreas Albrecht, eine sehr valable Kandidatur mit geschlossener bürgerlicher Unterstützung, schloss 2007 auch nicht besser ab als Daniel Stolz und ich.»

Immerhin habe er deutlich mehr Stimmen gemacht als Stolz (FDP), der mit seiner Partei sowie den Liberaldemokraten im Rücken eigentlich eine ähnlich grosse Basis habe. «Ich habe meinerseits gehofft, über die Parteigrenze hinweg nicht nur drei oder vier Prozent der Wähler abholen zu können, sondern vielleicht acht Prozent», sagte Frehner. Das sei aber nicht gelungen. Richtige Chancen für einen bürgerlichen Erfolg sieht Frehner erst wieder, wenn auch die politische Linke eine neue Kandidatur auf die Beine stellen muss. «Sonst ist es enorm schwierig.» Auch würde es ein profilierter Kandidat der Mitte einfacher haben als einer der SVP, vermutet Frehner. rs

«Dieses Resultat habe ich erwartet» Daniel Stolz (FDP) wollte vor allem das liberale Lager stärken Basel. FDP-Ständeratskandidat Daniel

Stolz zeigte sich mit seinem Resultat zufrieden. «Zwölf Prozent entsprechen dem Potenzial der FDP und das habe ich auch geholt», sagte Stolz. Dieses Ergebnis sei deshalb zu erwarten gewesen. «Begeistert bin ich aber nicht.» Mit seiner Kandidatur habe er dem Kanton eine Auswahl zwischen einer linken, einer ganz rechten und einer MitteKandidatur geben wollen. «Basel hat

entschieden, das respektiere ich und gratuliere Anita Fetz.» Zweiter Grund für seine Kandidatur sei gewesen, liberale Inhalte präsentieren zu können und so das liberale Lager zu stärken. «Das ist mit Blick auf die Nationalratswahlen auch ganz gut gelungen», sagte Stolz, der auch Präsident der FDP ist. «Das macht mich wirklich glücklich, denn ich habe bei der Nationalratswahl eher mit Verlusten an die Mitte-Koalition gerechnet.» Es zeige aber, dass wenn man kämpfe und überall antrete, dies von der Bevölkerung auch goutiert werde. rs