Das Luftverkehrsabkommen Open Skies und seine ... AWS

http://www.icao.int/icaonet/arch/doc/7300/7300_9ed.pdf. Hierzu näher in III.1. 8. Vgl. Fritzsche, S. (2007). Das europäische Luftverkehrsrecht und die Liberalisierung des transatlantischen Luftverkehrsmarktes. Berlin: Berliner Wissenschafts-Verlag. GmbH, S. 21. 9. Calder, S. (2003). No Frills - The Truth Behind The Low-Cost ...
234KB Größe 7 Downloads 392 Ansichten
Sylvia Kinne Das Luftverkehrsabkommen Open Skies und seine Bedeutung für den transatlantischen Luftverkehrsmarkt

IGEL Verlag

Sylvia Kinne Das Luftverkehrsabkommen Open Skies und seine Bedeutung für den transatlantischen Luftverkehrsmarkt 1.Auflage 2009 | ISBN: 978-3-86815-454-2 © IGEL Verlag GmbH , 2009. Alle Rechte vorbehalten.

Dieses eBook wurde nach bestem Wissen und mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt. Im Hinblick auf das Produkthaftungsgesetz weisen Autoren und Verlag darauf hin, dass inhaltliche Fehler und Änderungen nach Drucklegung dennoch nicht auszuschließen sind. Aus diesem Grund übernehmen Verlag und Autoren keine Haftung und Gewährleistung. Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr.

IGEL Verlag

Inhaltsverzeichnis I. Einleitung II. Die Deregulierung des transatlantischen Luftverkehrs im Überblick 1. Entwicklung bilateraler Luftverkehrsabkommen a) Manifestierung des Hoheitsprinzips b) Liberalisierung des US-amerikanischen Luftverkehrsmarkts c) Schaffung eines Luftverkehrsbinnenmarkts innerhalb der EU d) Entwicklung des transatlantischen Luftverkehrsmarktes aa) Bilaterale Luftverkehrsabkommen nach dem „Open Market“ - Standard bb) Bilaterale Luftverkehrsabkommen nach dem „Open Skies“ - Standard 2. Das Erfordernis eines Gemeinschaftsabkommens a) Nachteilige Auswirkungen der bilateralen Luftverkehrsabkommen vor Abschluss eines einheitlich geltenden Vertrages b) Die „Open Skies“ - Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 5. November 2002 aa) Verletzung der Niederlassungsfreiheit gem. Art. 43 EGV bb) Verletzung der EU-Außenkompetenz gem. Art. 10 EGV cc) Auswirkungen der „Open Skies“ - Urteile c) Die Verhandlungen zum Abschluss eines einheitlich geltenden Luftverkehrsabkommens d) Exkurs: Das Bermuda II - Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und den USA

2 3 3 3 5 6 8 9 10 11 11 14 15 15 16 16 18

III. Das Luftverkehrsabkommen „Open Skies“ 1. Zielsetzung des Abkommens gem. Präambel 2. Inhaltliche Schwerpunkte des Abkommens a) Aufbau und Anwendungsbereich b) Gewährung von Rechten zugunsten der Vertragsparteien c) Erlass und Widerruf von Genehmigungen d) Sicherheitsbestimmungen e) Eigentümer- und Kontrollklausel f) Wettbewerbsbestimmungen g) Unternehmerische Freiheiten h) Gebühren- und Preisgestaltung i) Gemeinsamer Ausschuss j) Inkrafttreten, Streitschlichtung, Kündigung 3. Erste Wertung

19 19 22 22 24 26 28 29 32 33 38 39 41 42

IV. Bedeutung des Abkommens und erste ökonomische Auswirkungen 1. Evaluation des „Open Skies” - Abkommens EU-USA 2. Slotallokation 3. Wirtschaftliche Auswirkungen des Abkommens

48 48 50 53

V. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

57

Literatur- und Quellenverzeichnis

59

Anhang Anlage I Anlage II

63 63 64

1

Meinem Mann

2

I. Einleitung “We are here to mark an extraordinary achievement: a comprehensive, first stage, U.S.-EU Air Transport Agreement.”1 Diese Worte richtete Condoleezza Rice in ihrer Rede zur Verkündung des Abschlusses des ersten einheitlichen Luftverkehrsabkommens zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Union am 30. April 2007 an die Öffentlichkeit. Damit fanden die seit viereinhalb Jahren andauernden Verhandlungen über die weitere Öffnung des transatlantischen Luftverkehrsmarktes im Luftverkehrsabkommen „Open Skies“ ein erstes Ergebnis. Der Begriff „Open Skies“ - Abkommen wird standardmäßig für ein Vertragsmodell verwendet, welches eine Mustervorlage zur Vereinbarung von Luftverkehrsrechten zwischen zwei Nationen darstellt. Dieser Abschluss eines bilateralen Vertrages dient zur Liberalisierung des Luftverkehrs zwischen zwei Staaten. Es handelt sich um weniger restriktiv gestaltete Konventionen, deren Ziel die Schaffung eines freien Luftverkehrsmarktes zwischen den zwei unterzeichnenden Nationen ist. Den Luftverkehrsgesellschaften jeder Vertragspartei wird die uneingeschränkte Bedienung von Strecken zwischen einem Städtepaar der beiden Länder gewährt. Darüber hinaus sieht ein solches Abkommen den Wegfall von Restriktionen hinsichtlich Kapazität bzw. Code Sharing2 vor. Der „Open Skies“ - Standard wird als geeignete Vertragsform zur Öffnung des Luftverkehrsmarktes zwischen zwei Staaten betrachtet, da hier die Marktkräfte frei wirken können.3 Die folgende Untersuchung beschäftigt sich mit einem wesentlichen Aspekt der Liberalisierung des transatlantischen Luftverkehrsmarkts und den ihr zugrundeliegenden regulativen Rahmenbedingungen. Obzwar in der Vergangenheit weltweit zahlreiche bilaterale Luftverkehrsabkommen nach dem „Open Skies“ - Standard abgeschlossen wurden – die z. T. bis 1

2

3

1

Rice, C. (2007). Remarks from Signing Ceremony for U.S.-European Union Air Transportation Agreement unter: http://www.stage.gov/secretary/rm/2007/apr/83997.htm. Unter dem Begriff Code Sharing versteht man die einheitliche Angabe eines Flugcodes auf Strecken, die von mehr als einer Fluggesellschaft bedient werden, um dem Passagier den Eindruck zu vermitteln, dass es sich um eine durchgängige Verbindung trotz Zwischenstopps handelt. Vgl. Doganis, R. (2006). The Airline Business. London, New York: Routledge, Second Edition, S. 295. Vgl. InterVISTAS-ga² (2006). The Economic Impact of Air Service Liberalization. Washington, DC: InterVISTAS-ga² Consulting, Inc., S. B-1, B-5.

heute in Kraft sind – liegt der Fokus der vorliegenden Analyse auf dem Luftverkehrsabkommen „Open Skies“ zwischen den USA und der EU4, welches am 30. März 2008 in Kraft getreten ist.

4

Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 134/4 bis L134/41 vom 25.05.2007.

2

II. Die Deregulierung des transatlantischen Luftverkehrs im Überblick 1. Entwicklung bilateraler Luftverkehrsabkommen a) Manifestierung des Hoheitsprinzips5 Bilaterale Luftverkehrsabkommen bilden seit der Beendigung des Zweiten Weltkrieges die Basis für die Durchführung internationalen Luftverkehrs. Galt der Status des Luftraums vor seiner Beherrschung noch als res communis omnium6, so ist dieser seit der Manifestierung des Hoheitsprinzips staatlich reglementiert. Dieses Prinzip wurde erstmals auf der Konferenz von Chicago im Jahr 1944 formuliert, indem es in der Chicago Convention heißt: „The Contracting States recognize that every State has complete and exclusive sovereignty over the airspace above its territory.“7 Das hat zur Folge, dass Luftverkehrsunternehmen nur solche internationalen Strecken bedienen dürfen, für die vorher durch die zuständigen nationalen Behörden eine Erlaubnis erteilt wurde. Bei Verhandlungen über die Schaffung liberaler Strukturen im Luftverkehr verhalten sich die Staaten aus zwei Gründen regelmäßig reserviert: erstens stellt der Luftraum eine Zone dar, welche sicherheits- und verteidigungspolitisch geprägt ist und zweitens ist die Luftverkehrsbranche zum großen Teil noch immer Ausdruck staatlichen Prestiges, wodurch sich im übrigen auch der beträchtliche staatliche Unterstützungswillen in Form von Beihilfen erklären lässt.8 Bob Ayling, der frühere Chief Executive von British Airways drückte dies mit folgenden Worten aus: „Nation states believed that to be a nation you needed a flag, a national anthem and an airline. The first two come cheap but the third is extremely expensive.”9 5

6

7

8

9

3

Dieses Prinzip besagt, dass jeder Staat den Luftraum über seinem Territorium eigenständig regelt und überwacht. Weiterhin impliziert es die Anerkennung des Hoheitsgebietes eines Staates durch jeden anderen Staat. Lat. Rechtsprinzip: “Sache der ganzen Gemeinschaft“. Vgl. Filip-Fröschl, J. (1993). Latein in der Rechtssprache. 2. Auflage. Wien: Braumüller Verlag, S. 65. - Bezogen auf den Luftraum bedeutet dies ein gemeinsamer Luftraum, der der gesamten Menschheit zur Verfügung steht. Art. 1 Chicago Convention unter: http://www.icao.int/icaonet/arch/doc/7300/7300_9ed.pdf. Hierzu näher in III.1. Vgl. Fritzsche, S. (2007). Das europäische Luftverkehrsrecht und die Liberalisierung des transatlantischen Luftverkehrsmarktes. Berlin: Berliner Wissenschafts-Verlag GmbH, S. 21. Calder, S. (2003). No Frills - The Truth Behind The Low-Cost Revolution In The Skies. London: Virgin Books Ltd., S. 11.

Gemäß Schätzungen der International Air Transport Association (IATA) gab es in 2006 weltweit mehr als 3.000 bilaterale Abkommen (sogenannte Air Service Agreements - ASAs).10 Zahlreiche Verträge wurden nach dem „Open Skies“ - Standard verfasst, wobei auch noch restriktivere Formen existieren, wie z. B. das Bermuda I-Abkommen11. Solche bilateralen Luftverkehrsabkommen beinhalten sowohl Regelungen zu den Luftverkehrsdiensten als auch zu peripheren Luftverkehrsfaktoren wie z. B. Check-in und Catering Services. Erstere werden gem. World Trade Organization12 als hard rights bezeichnet. Sie betreffen verkehrsrechtliche Regelungen, die den Zugang zum Luftverkehrsmarkt eines anderen Landes betreffen. In diesen werden die Anzahl der designierten Fluglinien, die eine bestimmte Strecke bedienen dürfen, Tarifbestimmungen und Kapazitätsgrenzen festgesetzt. Letztere hingegen bezeichnet man als soft rights. Sie beziehen sich auf Bodenabfertigungsdienste, die den Luftverkehrsbetrieb unterstützen, ohne von Verkehrsrechten Gebrauch zu machen. Sie sind auf die Durchführung des Luftverkehrs ausgerichtet. Die Regulierung der internationalen Luftverkehrsbranche auf der Grundlage von Air Service Agreements erschuf ein oligopolistisches bzw. duopolistisches Marktumfeld aufgrund der Tatsache, dass der Zugang zum Markt strengen staatlichen Kontrollen unterlag, die Luftfahrtgesellschaften Kapazitätsbeschränkungen unterworfen waren und freier Preiswettbewerb durch Preisfestsetzungen seitens der IATA unterbunden wurde. Die staatlichen Eingriffe in der Luftfahrtindustrie mündeten wiederum in ineffizienter Unternehmensführung seitens der Fluggesellschaften. 13 10

11

12

13

Vgl. Bisignani, G. (2006). ICAO Symposium on Liberalisation. unter: http://www.iata.org/pressroom/ speeches/2006-09-18-02. Dieser Prototyp eines restriktiven Abkommens wurde 1946 als eines der ersten Luftverkehrsabkommen zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich ausgehandelt und diente nachfolgenden Verhandlungsparteien als Mustervorlage. Vgl. InterVISTAS-ga² (2006). The Economic Impact of Air Service Liberalization. Washington, DC: InterVISTAS-ga² Consulting, Inc., S. B-1. Vgl. World Trade Organization. (2005). Communication from Australia, Chile, The European Communities, New Zealand, Norway and Switzerland. Trade in Services to the Aviation Industry: A case for commitments under the GATS. Nr. TN/S/W/29 vom 16. Februar 2005. unter: http://www.dfat.gov.au/ trade/negotiations/services/downloads/wto_air_services.pdf. Vgl. Doganis, R. (2006). The Airline Business. London, New York: Routledge, Second Edition, S. 28 ff.

4

Vom Beginn der motorisierten Luftfahrt mit dem Jungfernflug der Gebrüder Wright im Jahre 190314 an bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges gab es nur vereinzelt Passagierluftverkehr. Dieser war der wohlhabenderen Schicht vorbehalten. Vorrangig wurden Luftfahrtgeräte zu dieser Zeit zu militärischen Zwecken eingesetzt. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Flugzeug zu einem Verkehrsmittel für die breite Masse. Bis zum Ende der Siebziger Jahre herrschte dann auf beiden Seiten des Atlantik das bilaterale Luftverkehrsabkommen als Rechtsstruktur zur Reglementierung des Passagierluftverkehrs zwischen zwei Nationen vor. Ebenso auf beiden Seiten kam es im Laufe der darauffolgenden Jahre jedoch zu Veränderungen, die die Überarbeitung der regulativen Rahmenbedingungen zwischen Nordamerika und Europa erforderten. b) Liberalisierung des US-amerikanischen Luftverkehrsmarkts In den USA hatte sich die Luftverkehrsbranche zu Beginn der 70iger Jahre einer rezessionsbedingten Krise zu stellen, welche die Nachfrage nach Flugangeboten zurückgehen ließ. Dazu kam die Ölkrise im Jahr 1973, wodurch die Kerosinpreise immens anstiegen. Weiterhin gewährte die US-amerikanische Regierung einer Reihe von Fluggesellschaften antitrust immunity15, was die Bildung eines Marktoligopols und damit die Konzentration des US-amerikanischen Luftverkehrsmarktes zur Folge hatte. Diese Umstände schürten die Kritik seitens der Öffentlichkeit. Im Repräsentantenhaus kam es zu zahlreichen Parlamentsdiskussionen, deren Ergebnis der Airline Deregulation Act von 197816 ist.17 Damit wurden alle Markteintritts- und Preiskontrollen seitens der Regierung abgeschafft. Neue Fluggesellschaften konnten ohne Erlaubnis des Civil

14

15

16 17

5

Vgl. Calder, S. (2003). No Frills - The Truth Behind The Low-Cost Revolution In The Skies. London: Virgin Books Ltd., S. 2. Der Begriff anti-trust immunity beschreibt den Ausschluss vom Kartellgesetz bei der Überprüfung von Merger & Acquisition-Plänen einer US Fluggesellschaft mit einem ausländischen Luftfahrtunternehmen. Vgl. Department of Justice (2008). Statutes Relating to the Regulated Industries Activities of the Antitrust Division. Antitrust Division Manual unter: http://www.usdoj.gov/atr/public/divisionmanual/chapter2.htm #_1_47. Pub. L. No. 95-504, 92 Stat. 1705. Vgl. Schenk, G. (2004). Auf dem Weg zu einem gemeinsamen Markt im Luftverkehr – Entwicklung der Liberalisierung und der Verkehrsmärkte in den USA und Europa. Hamburg, S. 63.