Das Erbe der Piasten: Die brandenburgischen Ansprüche in Schlesien

und Österreich, genau genommen Brandenburg und Böhmen. ... reich mit seiner regierenden Erzherzogin Maria Theresia, zugleich Königin von Ungarn.
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Disserta Verlag

Manfred Hartung

Das Erbe der Piasten Die brandenburgischen Ansprüche in Schlesien

Hartung, Manfred: Das Erbe der Piasten: Die brandenburgischen Ansprüche in Schlesien. Hamburg, disserta Verlag, 2015 Buch-ISBN: 978-3-95935-034-1 PDF-eBook-ISBN: 978-3-95935-035-8 Druck/Herstellung: disserta Verlag, Hamburg, 2015 Covermotiv: pixabay.com

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Die Bilder sind aus dem Band „Der Alte Fritz für Jung und Alt“ von den Künstlern Richard Knötel und Carl Röchling, erstmals erschienen 1895 im Verlag von Paul Kittel.

Meinem Vater Achim Hartung dem Parlamentär von Saumur

Gliederung

1. Schauplätze und Parteien

S. 11

2. Schein oder Nichtschein des Rechts?

11

3. Die Schriftsätze

14

4. Das Geschlecht der Piasten

20

5. Die Lehenauftragungen

22

6. Schlesien zwischen Ungarn und Böhmen

33

7. Das Privileg von 1511 und weitere Gunstbriefe

36

8. König Bene und sein unmündiger Nachfolger

38

9. Das territoriale Zwischenergebnis

42

10. Crossen

43

11. Liegnitz, Brieg und Wohlau

45

12. Jägerndorf

51

13. Machtsprüche

56

14. Die angebliche Abfindung

59

15. Die Nebenabrede mit dem Kurprinzen

61

16. Vater-Sohn-Konflikt

62

17. Der erschlichene Verzicht

65

18. Die Retradition von Schwiebus

71

19. Die Pragmatische Sanktion

74

20. Jülich und Berg

77

21. Die Liechtensteinisch-Ostfriesische Schuldpost

81

22. Ostfriesland an sich

86

23. Frauen als Lehennachfolger

87

24. Lehenauftragung und Heimfall

92

25. Argumente zum Zeitablauf

95

26. Das Schweigen Friedrich Wilhelms I.

100

27. Die Friedensverträge

101

28. Die Oppa als Grenzfluss

103

29. „ ... und die Grafschaft Glatz ...“

106

30. Ein Fünftel von Schlesien

109

31. Die schlesische Altschuld

111

32. „ ... und alle Fragen offen“

115

Anlage I – Die Niederschlesischen Piasten, Linie Liegnitz-Brieg-Wohlau II – Die Mächte im Umfeld III – Patent, Wegen Des Ein-Marches Sr. Königl. Maiestät Trouppen in das Hertzogthumb Schlesien. IV – Rundschreiben Friedrichs II. an die deutschen Reichsstände und die Generalstaaten der Niederlande V – Mémoire sur les raisons qui ont determiné Le Roi à faire entrer ses troupes en Silésie VI – Circularrescript an die preußischen Gesandtschaften VII – Sächsisches Flugblat

1. Schauplätze und Parteien

Nachdem es Preußen schon lange nicht mehr gibt und auch Schlesien verloren ist, dürfen wir uns mit diesem Thema vielleicht wieder beschäftigen, ohne ira und mit umso mehr studio. Gewiss, man gerät dabei in die Abgründe der ewigen Gestrigkeit, wie es bei der Befassung mit Geschichte vorkommt. Der Raub Schlesiens sei ein sensationelles Verbrechen der Neuzeit, sagt George Peabody Gooch in seiner Biographie Friedrichs; seinetwegen hätten Schwarze an der Koromandelküste – das ist die Südostküste von Vorderindien – gekämpft und Rothäute einander skalpiert 1.

Die Parteien des Konflikts, von dem hier gehandelt werden soll, sind zu Beginn Preußen und Österreich, genau genommen Brandenburg und Böhmen. Brandenburg ist vertreten durch seinen Kurfürsten, der auch König in Preußen ist. Auf der Gegenseite steht Österreich mit seiner regierenden Erzherzogin Maria Theresia, zugleich Königin von Ungarn und – erst später unbestritten – auch von Böhmen. Noch später wird ihr Gemahl, Franz von Lothringen, mit preußischer Zustimmung Deutscher Kaiser, und sie wird nur deshalb und erst dann Kaiserin genannt, weil es für die Gemahlin des Kaisers nun einmal dem Herkommen entspricht.

Es ist immer die Frage, wieweit eine Darstellung zurückgreifen soll, denn in der Geschichte ist nichts ohne Vorgeschichte. Vor dem brandenburgisch-böhmischen Konflikt gibt es einen böhmisch-polnischen.

2. Schein oder Nichtschein des Rechts?

In seiner „Histoire de mon temps“ gibt der König zu, dass seine Entscheidung von 1740, in Schlesien einzurücken, auch von dem Wunsch bestimmt war „d´acquérir de la

1

Friedrich der Große, Fischer-Taschenbuch, Frankfurt und Hamburg 1964, S. 24 f. 11

réputation“ und „peut-être l´envie de se faire un nom “2. Diese letztere Wendung steht erst in der Histoire de mon temps von 1775. Sie fehlt in der Fassung von 1746. Dabei soll ihm Voltaire geraten haben, sich nicht allzu sehr bloß zu stellen. Später hat er dann offenbar solche Rücksicht nicht mehr nehmen wollen. Dem Vorwurf einer gewissen Ruhmsucht stellt Friedrich sich erst im Alter, nachdem er auf die öffentliche Meinung nicht mehr so viel gibt 3. Aus diesem Bekenntnis ist dann geschlossen worden, er habe noch nicht einmal den Schein des Rechts in Anspruch genommen 4. So ist es wohl doch nicht.

Worum kann es heute bei diesem Thema nur noch gehen? Gewiss nicht um eine Art Ehrenrettung, als ob heute ein Angriffskrieg, wenn auch ohne Drangsalierung von Wehrlosen, noch zu rechtfertigen wäre. In keinem Land der Welt gibt es noch ein „Kriegs“-Ministerium; die einschlägige Vokabel heißt nun „Verteidigung“. Dabei bringt Japan es mit seinen „Selbstverteidigungsstreitkräften“ zu einem bemerkenswerten Superlativ. Wer aber unter keinen Umständen mehr angreifen will, kann der sich noch wirksam verteidigen? Doch es ist nun einmal nicht anders, was vor dreihundert Jahren vielleicht gerechtfertigt war, kann heute als ein Verbrechen gelten. Aber das soll nicht die Frage sein. Vielmehr geht es um die Vorgeschichte der schlesischen Aktion. Welche Gründe hatte Preußen überhaupt? Dabei sind vor allem die damaligen gültigen Normen und Auffassungen zu berücksichtigen. Doch kann sich ein Bericht über Vergangenes von aktuellen Stellungnahmen und Urteilen nicht ganz frei machen und auch nicht von heutigen Gesetzen und Urteilen. Ob solche Enthaltsamkeit überhaupt erforderlich oder angebracht ist, das ist auch recht zweifelhaft. Wie sollen sonst geschichtliche Ereignisse deutlich gemacht werden, wenn nicht auch mit Begriffen der Jetztzeit, die notwendig das Verständnis des Lesers vorprägen?

Waren die Ansprüche begründet? Die Frage soll zumindest zugelassen werden. Dafür ist es erforderlich, die Parteien zu Wort kommen zu lassen. Brandenburg und Österreich 2

Zitiert nach Schieder, Friedrich der Grosse, Berlin/Gütersloh, ohne Jahresangabe, S. 136. Vgl. ferner Friedrich II., Geschichte meiner Zeit, in Ausgewählte Werke Friedrichs des Großen, übersetzt und herausgegeben von Merkens, Würzburg 1873, S. 329. 3 Koser, Preussische Staatsschriften aus der Regierungszeit König Friedrichs II. (1740 – 1745), bearbeitet von Koser, Berlin 1877, im Folgenden zitiert als „Koser“, S. 48 f. 4 So v. Gerlach, Ein Königtum für das Recht, Neue Juristische Wochenschrift 1986 S. 2297. 12

waren zwar Gliedstaaten des Alten Reichs, und möglicherweise war es auch Böhmen. Die Auseinandersetzung könnte also eine Art Bundesstreit zwischen verschiedenen Ländern gewesen sein, wie er heute in Art. 93 Abs. 1 Ziff. 4 des Grundgesetztes vorgesehen ist und quasivölkerrechtlichen Regeln unterliegt. Für die Beziehungen zwischen Schlesien und Böhmen galt das Recht des Reichs jedenfalls nicht; Schlesien lag nach preußischer Auffassung außerhalb des Reichsgebiets. Der Wiener Hof reklamierte zwar die Unterstützung der Reichsstände, aber ob er mit seinen böhmischen Besitzungen und Anwartschaften ein Recht darauf hatte, blieb ungeklärt. Andererseits verweigerte er den Schlesiern die reichsrechtlich geltende Religionsfreiheit 5. Zunächst konnte sich Maria Theresia als Königin von Böhmen noch nicht durchsetzen. Die Reichsgerichte der Zeit, das Reichskammergericht und der Reichshofrat, wurden nicht angerufen und waren nicht zuständig; Österreich und auch Böhmen waren ohnehin von der Reichsgerichtsbarkeit durch Exemtionsprivilegien ausgenommen. Das Thema erfordert gewiss eine ergebnisoffene Bemühung. Dass es überhaupt aufgegriffen wird, mag als Voreingenommenheit aufgefasst werden.

Der König lässt seine Ansprüche ausführlich darlegen und beteiligt sich auch selbst an der Formulierung und Begründung. Schon vor und auch nach dem Beginn der militärischen Aktion verfasst er selbst Instruktionen an seine Gesandten in den europäischen Hauptstädten, lässt diplomatische Noten überreichen, ein Patent an die Schlesier verteilen und beim Regensburger Reichstag den Gesandten der Reichsstände ein Rescript über die Motive des Einmarsches in Schlesien überreichen und auch veröffentlichen. Es bleibt die Friedensstörung durch die Besetzung des Landes. Nicht nur heute zögert die Welt allerdings, Preußen und seinen König in diesem Punkt freizusprechen. Das Recht zum Krieg galt jedenfalls früher als Bestandteil der Souveränität, und Überraschungen gehörten zu den erlaubten Kriegslisten. Als Kennzeichen eines souveränen Herrschers gilt, dass er keinem Richter unterworfen ist 6. Dies trifft für die preußischen Könige zu. Wenn man zwischen ihren Gebieten, damals „Staaten“ genannt, unterscheiden will, so sind sie zumindest im Herzogtum Preußen seit dem Vertrag von Wehlau souverän. In Bezug auf Schlesien nimmt Friedrich die Rechte Brandenburgs und die von den Piasten 5

Brückner, Lehnsauftragung, Frankfurt a.M. 2011, S. 350 ff. Dock, Der Souveränitätsbegriff von Bodin bis zu Friedrich dem Großen, Straßburg 1897, Neudruck Aalen 1972, S. 85 f.

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überkommenen Souveränitätsrechte in Anspruch, nachdem die Grundlage für ihre Übertragung auf die luxemburgischen Könige Böhmens entfallen ist: Die habsburgischen Könige haben, so der preußische Standpunkt, die Rechte ihres Vasallen verletzt.

Zur Frage, ob Preußen eine Kriegserklärung abgeben musste, sind die gegensätzlichen Auffassungen klar. Österreich ist dafür, Preußen dagegen. Zunächst besagt die Frage nichts über den Anspruch, der mit der Besetzung Schlesiens verfolgt wird. Mit oder ohne Kriegserklärung wird er nicht stärker oder schwächer. Aber selbst wenn Österreich 1621 durch die Wegnahme von Jägerndorf und 1675 durch die Nichtbeachtung der Erbverbrüderung und Besitzergreifung von Liegnitz, Brieg und Wohlau nach dem Aussterben der männlichen Piastenlinie eine Art verbotener Eigenmacht begangen hätte, darf Preußen 1740 zur Selbsthilfe Gewalt anwenden? Etwas unseriös mutet es an, wenn Preußen erklärt, man wisse gar nicht, wem man eine Kriegserklärung hätte zustellen sollen. Der Hintergrund hierzu ist allerdings, dass auch Bayern für Böhmen und außerdem Sachsen Ansprüche auf Schlesien erheben, ganz zu schweigen von den holländischen und englischen Pfandgläubigern. In den Zusammenhang gehört auch, dass Preußen seine Aktion zunächst nur als eine Art Sicherungsmaßnahme deklariert, verbunden mit einem Bündnisangebot an Maria Theresia. Das Angebot wird jedenfalls in Wien nicht ernst genommen, und etwas anderes wird in Berlin wohl auch nicht erwartet. Erst die schroffe Zurückweisung durch Maria Theresia, verbunden mit der Erklärung, dass sie den König als Feind betrachten werde, solange seine Truppen in Schlesien stünden, erst das führt nach preußischer Auffassung den Kriegszustand herbei.

3. Die Schriftsätze

Am 6. Januar 1741 kommt das von Friedrich in Auftrag gegebene ausführliche Rechtsgutachten des Kanzlers Ludewig von der Universität Halle heraus. Es trägt den Titel: „Rechtsgegründetes Eigenthum des Königlichen Churhauses Preussen und Brandenburg auf die Herzogthümer Jägerndorf, Liegnitz, Brieg, Wohlau und zugehörige Herrschaften

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in Schlesien“7. Es scheint zunächst einen guten Eindruck zu machen. Professor Johann Peter Ludewig, später von Ludewig, ist eine durchaus umstrittene Figur 8. Er ist eine der tragenden Säulen der 1694 gegründeten brandenburgisch-preußischen Landesuniversität Halle, ebenso wie die Rechtsprofessoren Stryk, Thomasius, der Philosoph Christian Wolf und Ludewigs Konkurrent auf dem Gebiet des ius publicum Nikolaus Hieronymus Gundling. Dieser letztere wird noch heute höher geschätzt als Ludewig; er ist übrigens der Bruder des unglücklichen Hofnarren Friedrich Wilhelms I., Jacob Paul von Gundling. Ludewig wird vorgeworfen, er habe die Fülle des historischen Materials zum Vorteil Brandenburg-Preußens tendenziös dargestellt. Dagegen sei Gundling objektiv verfahren; er sei kaiserfreundlicher aufgetreten. Ludewig und Gundling seien auch persönlich verfeindet gewesen. Nun, das mag alles sein; allerdings erklärt Gundling sich gegen die Pragmatische Sanktion 9. Gundling stirbt 1729. Er kann also Ludewigs Rechtsgegründetes Eigenthum nicht mehr kritisieren. Aus dem noch unter Gundlings Namen von 1747 bis 1750 in „Franckfurth“ und Leipzig erschienenen 5 Bänden „Ausführlicher Discours über den vormaligen und itzigen Zustand der deutschen ChurfürstenStaaten“ mit den Ergänzungen durch einen nicht genannten Herausgeber könnte als Gundlings Auffassung also nur herangezogen werden, was die Ereignisse, Entwicklungen und Veröffentlichungen bis zu seinem Tode betrifft. Ludewigs Rechtsgegründetes Eigenthum ist in der Tat, was es sein soll: eine Streitschrift, wie sie ohne Tendenz nicht möglich und beabsichtigt ist, durchaus für das Haus Brandenburg und durchaus gegen die habsburgischen Kaiser. Und was nur ihr nur irgend entgegnet werden kann, auch was die „Kaiserfreundlichkeit“ betrifft, das besorgen dann weitgehend die Verfasser der österreichischen Schriftsätze. Allerdings geht es nicht um die habsburgischen Kaiser, also um die Oberhäupter des Reichs, sondern um habsburgische Hausmachtinteressen.

Zur Ergänzung des Rechtsgegründetem Eigenthum wird im Februar 1741 die von Cocceji verfasste „Nähere Ausführung des in den natürlichen und Reichsrechten gegründeten Eigenthums des Königl. Churhauses Preussen und Brandenburg auf die schlesischen 7

Im Folgenden „Rechtsgegründetes Eigenthum“, Koser S. 102 ff. Vgl. zu diesem Gutachten, den vorangegangenen Erklärungen sowie zur Vorgeschichte, Koser S. 43 ff. 8 Hierzu und zum Folgenden Stolleis, Geschichte des öffentliche Rechts in Deutschland, 1. Bd., München 1988, S. 299 f. 9 Gundling, Ausführlicher Discours ueber den vormalichen und igtzigen Zustand der teutschen Churfürsten-Staaten, Band 2, Franckfurt und Leipzig 1747, S. 30 f. 15

Herzogthümer Jägerndorf, Liegnitz, Brieg, Wohlau etc. und zugehörige Herrschaften“ veröffentlicht 10 . Samuel von Cocceji, Sohn eines Professors an der Universität Frankfurt (Oder), letztlich aus einer Bremer Familie Koch stammend, ist der spätere Reformer der preußischen Justiz. Zu dem Entwurf der näheren Ausführung bemerkt der König,

„ ... je l’ai trouvé solide et propre pour amuser le public, principalement en Allemagne, en Holande, et partout où l’esprit des demonstrations juridiques règne.”

Im März 1741 erscheint die Gegenschrift: „Eines treuliebenden Schlesiers A. C. Gedanken über das Preussisch-Brandenburgische Rechts-Gegründete Eigenthum auf Jägerndorf, Liegnitz, Brieg und Wohlau etc. etc. in Schlesien“ 11.

Ebenfalls im März 1741 wird in Wien die „Actenmässige und Rechtliche GegenInformation Ueber das ohnlängst in Vorschein gekommene sogenannte Rechtsgegründete Eigenthum des Chur-Hauses Brandenburg Auf die Herzogthümer, und Fürstenthümer Jägerndorff, Liegnitz, Brieg, Wohlau, Und zugehörige Herrschaften. In Schlesien. Anno 1741“ 12. veröffentlicht. Als Verfasser gelten Baron Bartenstein oder Hofrath von Kannegießer. Der sachliche Ton der Schrift vermindert den Eindruck der preußischen Deduktion und gewinnt der österreichischen Sache im Reich und an den ausländischen Höfen Freunde 13. Die bereits erschienene Nähere Ausführung wird damit noch nicht beantwortet. Zur Person Bartensteins: Sein Wort gibt in allen politischen Fragen den Ausschlag. Er ist ein Straßburger protestantischer Professorensohn, der – katholisch geworden – in Wien Karriere macht. Er gilt den Zeitgenossen als die Seele der österreichischen Politik, als „der Mann, der in Wien Regen und Sonnenschein macht“, auch als 10

Im Folgenden „Nähere Ausführung“, Koser S. 120 ff. Abgedruckt in Gesamlete Nachrichten und Documente den gegenwärtigen Zustand des Hertzogthums Schlesien, des Königreichs Böhmen und des Ertz-Hertzogthums Oesterreich betreffend, 1. Band, 1741, S. 497 ff. Bei Koser, nur mit dem Titel zitiert, S. 137, dort wird die offizielle österreichische Gegeninformation, vgl. im Folgenden, als sachlicher bezeichnet. 12 Im Folgenden „Gegeninformation“, Koser S. 140 ff. Zu Bartenstein ebenfalls Koser S. XXXIII, 58 u. 515 ff.; siehe auch FN 113 u. 246. 13 Ranke, Zwölf Bücher Preussischer Geschichte, in Preussische Geschichte, herausgegeben von Andreas, Wiesbaden 1975, 8. Buch S. 87; Koser S. 138, Bericht des preußischen Residenten v. Freytag in Frankfurt. 11

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der gewandteste und fruchtbarste Publizist des Hofs, dem die österreichischen Staatsschriften ihren manchmal eben doch polternden, rücksichtslosen, gehässigen Ton verdanken. Wie Koser schreibt, habe Bartenstein mit seiner ungeschliffenen Feder dem Hof Karls VI. ebensoviel Schaden und Nachteil zugezogen wie mit seinen hochmütigen, chimärischen und übel zusammenhängenden Ratschlägen. „Keine Abtretung, keine Erzherzogin“, soll er gesagt haben, als es darum ging, Maria Theresia zu verheiraten und Lothringen an Frankreich abzutreten. Es gibt aber auch anerkennende Urteile über seinen hoch entwickelten Kanzleistil und die Stärke des Ausdrucks. Wie Maria Theresia ihre Herrschaft antritt, bietet Bartenstein seinen Rücktritt an. Sie antwortet ihm, er solle nur fortfahren Gutes zu tun, Böses zu tun, werde sie ihn schon zu hindern wissen. Er ist jedenfalls einer der alten Männer am Wiener Hof, die über Jülich und Berg, über Liegnitz und Jägerndorf und Schwiebus gründlich Bescheid wissen und der Thronfolgerin nichts sagen. So ist diese in ihrer Überraschung und in ihrem beleidigten Stolz durchaus überzeugend.

Auf die Gegeninformation folgt aus Berlin im Mai 1741 die „Beantwortung der sogenannten actenmässigen und rechtlichen Gegeninformation über das rechtsgegründete Eigenthum ...“ 14, wiederum von Cocceji. Hiervon wird in den Berliner Nachrichten im Juni 1741 ein Auszug abgedruckt. Dieser erhält bei einem weiteren privaten und vom Berliner Auswärtigen Ministerium genehmigten Abdruck zur Verteilung an die „vielen ausländischen Gazetten und in specie denen Regensburgischen“ den Titel „Kurtzer Auszug der Beantwortung Welche das Königliche Churhaus Preussen und Brandenburg Auf die Von dem Wienerischen Hoff publizierte so genandte Gegeninformation über das Rechtsgegründete Eigenthum auff die Vier Schlesischen Herzogthümer ohnlängst herausgegeben“ 15 . Auf diese Beantwortung der Gegeninformation wird aus Wien nicht eingegangen. Die Diskussion wird von der Näheren Ausführung ausgehend fortgesetzt.

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Im Folgenden „Beantwortung der Gegeninformation“, Koser S. 140 ff. Die Beantwortung geschieht in der Weise, dass auf die einzelnen österreichischen Repliken unmittelbar die preußische Duplik wiedergegeben wird. 15 Koser, nur mit dem Titel zitiert, a.a.O. S. 139. 17