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29.11.2013 - Entwicklung der Kinder und Jugend lichen bei. ... körperliche Entwicklung möglich ist. .... Brandenburg, Hamburg, Niedersachsen). Zu-.
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Aktkontaktol Dezember 2013 · 9. Jahrgang · 22. Heft

Aktuelle Kontaktologie

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Der richtige „Durchblick“ im Schulsport Probleme und Lösungen

•Schlechtes Sehen stellt im (Schul-)Sport

bekanntermaßen ein Handikap dar. Fehlsichtige Kinder erreichen schlechtere motorische Leistungen als Emmetrope/optimal korrigierte Fehlsichtige. 20 % der Schüler tragen im Alltag eine Sehhilfe, meist Brillen. Jeder Zweite aus dieser Gruppe verwendet aber keine Sehhilfe beim Schulsport. Aktuelle wissenschaftliche Schulsportbrillentests zeigen, dass nicht einmal jede zweite untersuchte Brille für den Schulsport geeignet ist.

Fehlsichtigkeit und motorische Leistungsfähigkeit im Schulsport – Zahlen und Fakten

Foto: Dres Schnell-Radermacher

Abb. 1: Beim Sport ins Oberlid eingespießter Brillenbügel.

Während der Kindheit und Pubertät findet die wesentliche schulische und körperliche Entwicklung statt. Da in dieser (Schul-)Zeit die Grundlagen lebenslangen Sporttreibens gelegt werden, müssen auch im visuellen Bereich die Voraussetzungen geschaffen werden, dass Sportunterricht auch für fehlsichtige, korrekturbedürftige Schüler optimal ablaufen kann und dass eine normale körperliche Entwicklung möglich ist. Schlechtes Sehen in dieser Phase, die durch rasche und große Veränderungen auf motorischer, physischer und psychisch-emotionaler Ebene gekennzeichnet ist, stellt be-

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kanntermaßen ein Handikap dar. So ist der grundsätzliche Zusammenhang zwischen „Gutem Sehen“ und sicherem, erfolgreichem Sporttreiben sowie der motorischen Leistung(-sentwicklung) durch zahlreiche Studien belegt.1-4 u.a. Ebenso ist der Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität bzw. zwischen informationsorientierten (koordinativen) motorischen Fähigkeiten und kognitiven Leistungen hinlänglich bekannt, wie auch die Tatsache, dass Schulleistungen durch Beeinträchtigungen im Bereich der Sinneslei-

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stungen negativ beeinflusst werden.vgl. 5-7 u.a. Der Schulsport – als verbindliches Schulfach – trägt entscheidend zur körperlich-geistigen Entwicklung der Kinder und Jugend­lichen bei. Deswegen muss bei Eltern, Lehrern, Augenärzten und Augenoptikern nachdrücklich das Bewusstsein für den Zusammenhang zwischen Sehleistung und der schulischen wie motorischen Leistung geschärft werden. Bei Krankheiten und Verletzungen der Augen sollten daher zum Beispiel möglichst nie generelle, sondern nur punktuelle Schulsportbefreiungen ausgesprochen werden.8-10

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ASiS-Schulsportstudie als Basis Ausgangspunkt der ASiS-Aktion „Gutes Sehen in Schule und Schulsport“ sowie der Bildung einer Expertenrunde waren die Ergebnisse der ASiS-Schulsportstudie,1,11-12 in deren Rahmen „Augenchecks“ und Sehtests zur Feststellung von Fehlsichtigkeiten und visuellen Defiziten sowie „Motoriktests“ zu den motorischen Dimensionen Schnelligkeit, Kraft, Koordination, Beweglichkeit und Ausdauer13 mit über 1200 Schulkindern in NRW durchgeführt wurden. Die Studie verdeutlichte die Dringlichkeit, einen Anforderungskatalog zu erstellen und Empfehlungen an eine schulsporttaugliche Brille auszusprechen, denn: • 25 % (!) der im Schulsport untersuchten Kinder nehmen „fehlsichtig“ ohne eine angemessene Korrektion am Schulsport teil. • Weitere 15 % der getesteten Schulkinder weisen Auffälligkeiten/Defizite im visuellen Bereich auf, die weitere Beobachtung erfordern (z.B. erneuter Sehtest in 6-12 Monaten). • Circa 20 % aller Schüler tragen im Alltag ­eine Sehhilfe. Jeder Zweite davon verwendet aber keine Sehhilfe beim Schulsport. • Korrekturbedürftige, aber beim Schulsport unkorrigierte beziehungsweise unzureichend korrigierte Schüler(innen), erreichen im „Motoriktest für NRW“13 signifikant schlechtere Gesamtergebnisse als Emmetrope/optimal korrigierte Fehlsichtige. Besonders große Unterschiede bestehen im Bereich der koordinativen Leistungsfähigkeit, also zum Beispiel beim „Balancieren rückwärts“ oder beim „Seitlichen Hin- und Herspringen“. • „Stereoschwache“, das heißt Kinder mit Defiziten im Bereich des beidäugigen räumlichen Sehens, erzielen signifikant schlechtere Koordinationsleistungen als „Stereostarke“. • Wahrnehmungsdefizite können auch Grund für Sportunfälle/Sportverletzungen sein. Wer Schulsport mit Sicherheit, Erfolg und Spaß ausüben möchte, muss optimal sehen können. Das heißt, bei vorhandener Fehlsichtigkeit muss auch beim Sport eine adäquate Sehhilfe – zum Beispiel eine schulsporttaugliche Brille oder Kontaktlinsen – verwendet werden. Befragungen im Rahmen der ASiS-Schulsportstudie zeigen aber, dass mehr als 50 % der Lehrer die Verwendung von Alltags­brillen beim Sport erlauben, obwohl 4 von 5 Lehrern bewusst ist, dass dies gewisse Risiken (z.B. mögliche Verletzungen durch scharfe Kanten oder Brillenbügel, siehe Abb. 1, Seite 7) mit sich bringt. Die Beurteilung, ob die verwendeten Brillen schulsporttauglich sind

Aktuelle Kontaktologie oder nicht, überfordert die Eltern und Lehr­ kräfte.1 Die ASiS will mit konzertierten Aktionen nachhaltig dazu beitragen, dass fehlsichtige Schüler(innen) optimal korrigiert mit einer sporttauglichen Brille beziehungsweise Kontaktlinsen mit derselben Sicherheit und denselben Chancen Sport treiben können wie Kinder und Jugendliche, die keine Sehhilfe benötigen.14-15

Bestehende Richtlinien Es gibt zurzeit keine bundesweit einheitliche Richtlinie zum Thema Schulsport und Brille! So ist es in den Bundesländern zum Beispiel Schulsporttaugliche Brille mit Alltagstauglichkeit

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unterschiedlich geregelt, ob ein Schüler, der im Alltag eine Fernbrille trägt, diese auch im Schulsport verwenden darf. Es fehlt eine über die Landesgrenzen hinaus geltende Richtlinie, ob in einem solchen Fall besser eine schulsporttaugliche Brille benutzt werden sollte/ muss, oder ob – wenn diese nicht vorhanden ist – gegebenenfalls sogar ganz auf die Korrektion verzichtet werden kann. Vorhandene Richtlinien einiger Bundesländer sind oft so allgemein gehalten, dass sie im konkreten Fall keine Entscheidungshilfe sind (z.B. „Alle Schüler, die Brillen tragen, sollen auf die Zweckmäßigkeit des Tragens einer Sportbrille Schulsporttaugliche Brille „plus Augenschutz“

Die Fassung/das Gestell muss stabil und Die Fassung/das Gestell muss stabil und bruchsicher sein und darf keine scharfen bruchsicher sein und darf keine scharfen KanKanten besitzen. ten besitzen. Die Brille muss (z.B. an Nase, Schläfen) gut gepolstert sein; wenn Scharniere und Bügel vorhanden sind, müssen diese rundum abgepolstert (ummantelt) sein. Die Fassung muss fest am Kopf sitzen (z.B. mittels Gespinstbügeln oder besser Kopf-/ Haltebändern) und so groß sein und so hoch sitzen, dass sie sich beim Aufprall von vorne an den knöchernen Rändern der Augenhöhle abstützt. Kopf-/Haltebänder sollten zweigliedrig (am besten mit Klick- oder Klettverschlüssen) und (für das Tragen der Brille im normalen Unterricht/Alltag) abnehmbar sein. Herstellerhinweis: Die Brille ist nur mit befestigtem Kopfband „schulsporttauglich“!

Die Fassung muss fest am Kopf sitzen mittels individuell einstellbaren, am besten zweigliedrigen Haltebändern (am besten mit Klick- oder Klettverschlüssen) und so groß sein und so hoch sitzen, dass sie sich beim Aufprall von vorne an den knöchernen Rändern der Augenhöhle abstützt, damit die Augen nicht geprellt werden können.

Die Nasenauflage sollte den Nasenrücken mit einbeziehen und anpassbar sein. Die Weichpolsterung sollte auch aus hygienischen Gründen auswechselbar sein.

Die Nasenauflage muss den Nasenrücken mit einbeziehen, möglichst weich und anpassbar sein. Die Weichpolsterung (Nasenauflage aber auch ggf. seitliche Polster/ Silikonpads) sollte auch aus hygienischen Gründen auswechselbar sein.

Die Gläsereinfassung des Gestells muss (funktionell) gewährleisten, dass die Scheiben (z.B. bei Ballkontakt) nur nach außen (vom Auge weg) herausfallen können.

Die Gläsereinfassung des Gestells muss (funktionell) gewährleisten, dass die Scheiben (z.B. bei Ballkontakt) nur nach außen (vom Auge weg) herausfallen können.

Die Scheiben/Gläser müssen aus Kunststoff (z.B. Die Scheiben/Gläser müssen aus Kunststoff (z.B. Polycarbonat, Trivex, PNX 1.53) bestehen und Polycarbonat, Trivex, PNX 1.53) bestehen und ohne scharfe Kanten (Schnittverletzungen) sein. ohne scharfe Kanten (Schnittverletzungen) sein. Die Brille sollte das Gesichts- und Blickfeld Die Brille sollte das Gesichts- und Blickfeld möglichst wenig einschränken. möglichst wenig einschränken. Die schulsporttaugliche Kinderbrille darf z.B. in Unfallsituationen kein zusätzliches Risiko für (Augen- und Gesichts-)Verletzungen darstellen.

Die Brille muss höhere Anforderungen (vgl. ANSI/ISEA-Standards) z.B. bei den Prüfkriterien „Kugelfall“ und „High Mass Impact“ erfüllen.

Alternativ können Kontaktlinsen verwendet werden, wenn z.B. die Sportart keine Brillen-Korrektion erlaubt (bei Kampf- und Wassersportarten „weiche“ Kontaktlinsen); v.a. bei Ausdauersportarten „harte“, formstabile Kontaktlinsen. (Funktionell) Einäugige sollten bei Sportarten mit besonderer Augengefährdung zusätzlich oder alternativ eine Schulsportbrille plus tragen. Tab. 1: ASiS-Anforderungskatalog „Schulsporttaugliche Kinderbrille“.

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hingewiesen werden“; vgl. u.a. Richtlinien in Brandenburg, Hamburg, Niedersachsen). Zudem sind manche Empfehlungen inhaltlich zumindest bedenklich. Die Entscheidung, wie korrekturbedürftig fehlsichtige Schüler am Schulsport teilnehmen – also mit (hoffentlich!) schulsporttauglicher oder aber ohne Brille, wird meist an Sportlehrer oder Eltern delegiert, die aber mit dieser Entscheidung überfordert sind. Die ASiS hat dies zum Anlass genommen, sich im Konsens mit/zwischen allen beteiligten Institutionen/Verbänden (Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V., Zentralverband der Augenoptiker, Wissenschaftliche Vereinigung für Augenoptik und Optometrie, Vereinigung Deutscher Contactlinsenspezialisten und Optometristen e.V. und Ruhr-Universität Bochum) auf einen Entwurf für eine einheitliche Richtlinie zu verständigen: Fehlsichtige Kinder, die eine Korrektion/Sehhilfe benötigen, müssen beim Schulsport eine schulsporttaugliche Brille oder Kontaktlinsen verwenden. Es sei denn, ein Augenarzt entbindet sie ausdrücklich (schriftlich) davon. Die Entscheidung, ob ein (Kinder-)Brillenmodell schulsporttauglich ist, muss sich an objektiven Kriterien orientieren. Zur Beurteilung von (Kinder-)Brillen gilt die aktuelle Version des Anforderungskataloges „schulsporttaugliche Brille“ der Arbeitsgemeinschaft Sicherheit im Sport (ASiS). (vgl. Tab. 1).

Aktuelle Kontaktologie

ASiS-Anforderungskatalog „Schulsporttaugliche Brille“ Der Anforderungskatalog „Schulsporttaugliche Brille“ soll als Leitbild für die Kinderbrillen-/Sportbrillenhersteller dienen bzw. bisher fehlende Produktstandards setzen. Er wurde im Konsens zwischen Experten/ Vertretern der Verbände (BVA, ZVA, WVAO, VDCO) sowie der Wissenschaft (Sportmedizin und Bewegungswissenschaft, RuhrUniversität Bochum) am „Runden Tisch“ der ASiS „Gutes Sehen in Schule und Schulsport“ erstellt. Der Anforderungskatalog unterscheidet zwischen „schulsporttauglichen Kinderbrillen“ (auch alltagstauglich), die einerseits die Anforderungen an den Einsatz im Schulsport erfüllen – das heißt, diese dürfen zum Beispiel in Unfallsituationen kein zusätzliches Risiko für (Augen- und Gesichts-)Verletzungen darstellen, gegebenenfalls aber auch im Alltag/außerhalb des Schulsports verwendet werden können und „schulsporttauglichen Kinderschutzbrillen“, die neben den oben genannten Anforderungen zusätzlich deutlich höhere Anforderungen an den Augenschutz im Schulsport erfüllen („schulsporttauglich plus“). Letztere sollten vor allem zum Beispiel von (funktionell) einäugigen Kindern verwendet werden, die ihr verbliebenes „gesundes Auge“ schützen

Labor-Tests

getestet nach folgenden Normen/-abschnitten DIN

Gesichtsfeld

DIN EN 166 Abschnitt 7.1.1

Stegverformung – Verformungsprüfung der Brillenbrücke

DIN EN 14139 Abschnitt 4.2

Haltbarkeit – der Fassung

DIN EN 12870 Abschnitt 4.8.3

Maßhaltigkeit – bei erhöhter Temperatur

DIN EN 12870 Abschnitt 4.6

Belastungsprüfung – simuliert das „Auftreten“ auf die Brille

ANSI u. Sonstige

Angelehnt an BS 5883 Abschnitt A.3

Drop Ball (Kugelfall) – hält die Verglasung stand, hält das Glas in der Fassung, bleibt die Fassung unbeschadet?

ANSI/ISEA Z87.1 Abschnitt 9.62

High Mass Impact – vgl. Kugelfall-Test; hier schnellt ein konischer Bolzen auf die Brille

ANSI/ISEA Z87.1 Abschnitt 9.11

Beständigkeit gegen Teilchen erhöhter Geschwindigkeit – Beschuss mit einer Stahlkugel Tab. 2: Tests/Prüfverfahren im ECS-Labor (Aalen).

DIN EN 168 Abschnitt 9

ANSI/ISEA Z87.1 Abschnitt 9.12 und CSA Z94.3

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müssen. Fehlsichtige, korrekturbedürftige Kinder sollten diese (wenn möglich) auch verwenden, wenn bei der betriebenen Sportart ein erhöhtes Augenverletzungsrisiko besteht.10 u.a.

Schulsporttaugliche Brillen – g­ etestet nach dem ASiSAnforderungskatalog Um vor diesem Hintergrund allen Beteiligten – also Eltern, Lehrern aber auch Augenärzten und Augenoptikern – die Entscheidung für ein schulsporttaugliches (Kinder-)Brillenmodell zu erleichtern, hat die ASiS unter Federführung der Ruhr-Universität Bochum (Dr. Gernot Jendrusch) und in Kooperation mit dem Institut für Augenoptik Aalen (IfAA, Leinroden; Leiter: Prof. Dr. Bernd Lingelbach) einen wissenschaftlichen „Schulsportbrillentest“ durchgeführt. Ziel war es, geeignete/ schulsporttaugliche Modelle mit einer ASiSPlakette „Schulsporttaugliche Brille“ beziehungsweise „Schulsporttaugliche Brille plus Augenschutz“ auszuzeichnen und damit für den Verbraucher wie auch für die Lehrkräfte in Schulen als geeignet „erkennbar“ zu machen. Der Aufruf zur Testteilnahme erfolgte öffentlich über entsprechende Fachpublikationen (z.B. DOZ); darüber hinaus wurde computerunterstützt nach Brillenmodellen gesucht, die von den Herstellern als (vermeintlich) „schulsporttauglich“ beworben werden. Diese Hersteller wurden aufgefordert, ihre Modelle testen zu lassen. Ferner wurden weitere Hersteller/Vertreiber auf Optik-Fachmessen über den ASiS-Test(aufruf) informiert. Letztendlich haben fünf Hersteller/Vertreiber mit insgesamt 16 Kinderbrillenmodellen am Schulsportbrillentest teilgenommen. Weitere Hersteller haben zunächst Teilnahmeinteresse bekundet, letztendlich aber keine Testmodelle bereitgestellt. Aus Gründen der Vereinheitlichung/Standardisierung wurden den Herstellern jeweils identische Korrektionswerte für die „Verglasung“ (mit Kunststoffscheiben) der Kinderbrillen vorgegeben. Der Schulsportbrillentest bestand aus drei Testteilen: • objektive, normbezogene Tests • sportwissenschaftliche, an den schulsportbezogenen Anforderungen orientierte ­(Labor-)Tests sowie einem • Experten-Rating.

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a: Gesichtsfeld

b: Beständigkeit gegen Teilchen erhöhter Geschwindigkeit

c: Stegverformung (Verformungsprüfung der Brillenbrücke)

d: Haltbarkeit der Fassung

e: High Mass Impact-Test

f: Belastungsprüfung – simuliert das „Auftreten“ auf die Brille

Abb. 2: Tests/Prüfverfahren im ECS-Labor (Aalen).

Objektive, normbezogene Tests im ECS-Prüflabor (Aalen) Im ECS-Prüflabor (ECS GmbH - European Certification Service; Geschäftsführer und Leiter der ECS-Zertifizierungsstelle: Dr. ­Bernhard Schmitz) wurden unter standardisierten Bedingungen und nach entsprechenden Normvorgaben Parameter wie zum Beispiel Stegverformung, Gesichtsfeld, Haltbarkeit der Brillenfassung, Maßhaltigkeit bei erhöhter Temperatur und andere überprüft. Unter der Testleitung von Dipl.-Ing. ­Sonja ­Forstreuter wurden die Messungen von B ­ ryan Apel und Sebastian Geider (HTW Aalen) durchgeführt. Es wurden ausgewählte Tests/Testaufbauten verwendet, die unter anderem auch bei der Prüfung von Brillen nach DIN- oder ANSIa

Normen (American National Standards Institute) eingesetzt werden. Insgesamt wurden 8 Tests durchgeführt (vgl. Tab. 2, S. 9, sowie Abb. 2). In Tabelle 2 sind für die jeweiligen Tests die entsprechenden Normen beziehungsweise die angewandten Teile der Normen angegeben, nach denen geprüft wurde. Das American National Standards Institute (ANSI) stellt bei der Testung von Brillengläsern/Sichtscheiben höhere Anforderungen als die DINNorm. Letztere fordert zum Beispiel beim sogenannten Kugelfalltest, dass die Sichtscheibe dem Aufprall einer Stahlkugel von 22 mm Nenndurchmesser und mindestens­ 43 g Masse standhalten muss; die ANSI fordert einen Stahlkugel-Nenndurchmesser von 25,4 mm und eine Kugelmasse von 68 g.

Da Kinderbrillen erfahrungsgemäß vielseitig belastbar sein müssen, wurde hier nach den strengeren Kriterien der ANSI-Norm geprüft. Dies galt für den Drop Ball-Test (Kugelfall), den High Mass Impact-Test, der dem Kugelfalltest vergleichbar ist, wobei hier aber ein konischer Bolzen auf die Brille schnellt (Abb. 1e) und den Test ‚Beständigkeit gegen Teilchen erhöhter Geschwindigkeit‘ (Beschuss mit einer Stahlkugel, mit einer Geschwindigkeit von 45 m/s). Eine zusätzliche Belas­tungsprüfung, die das „Auftreten“ auf die Brille im Schulsport simulieren sollte (Abb. 1f), war angelehnt an eine Prüfung nach der British Standards Institution (BS; Druckfestigkeitsprüfung der Augenmuschel bei Schwimmbrillen).

b

Abb. 3: Tests/Messungen im RUB-Labor (a) Prüfaufbau im Überblick – Der Ball fällt von oben herab (mit ca. 30 km/h) auf den Prüfkopf

d

(b) Hochfrequenzvideokamera – dokumentiert den BallBrillenkontakt mit 210 Bildern/Sekunde c) Prüfkopf am Testgestell – mit Gewichten gehalten (d) Testmodell – getragen vom Prüfkopf Die Prüfkopfgröße ist den jeweiligen Brillenmodellen angepasst.

Fotos: Jendrusch

c

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Sportwissenschaftliche (Labor)Tests an der Ruhr-Universität Bochum (Sportmedizin) An der Ruhr-Universität Bochum wurden in Kooperation mit Dr. Stephan Babiel und Andreas Peters unter anderem standardi­ sierte „Beschuss-Versuche“ mit unterschiedlichen Bällen (Fußball, Handball, Volleyball, Basketball, Tennisball etc.) durchgeführt. Das Ballauftreffen auf der Kinderbrille – getragen von einem Prüfkopf – wurde mit Hilfe von Hochfrequenzkameras videografisch von zwei Seiten (von vorn/sagittal und von der Seite) mit einer Bildfrequenz von 210 Bildern/ Sekunde dokumentiert und analysiert. Die Bälle trafen mit einer Geschwindigkeit von circa 30 km/h auf dem Prüfkopf (mit getragener Kinderbrille) auf. Jedes Brillenmodell wurde insgesamt 45 „Balltreffern“ ausgesetzt (Fußball, Handball, Volleyball und Basketball jeweils zehnmal, Tennisball jeweils fünfmal pro Brille). Kriterien für die Auswertung waren unter anderem: „Brille (ver)rutscht“ vom Ohr, von der Nase und/oder vom Kopf, „Brille verformt sich“ (Auge oder Gesicht gefährdet)

Aktuelle Kontaktologie und Kunststoffglas löst sich (Richtung Auge oder vom Auge weg). Die Bewertung bei der Durchsicht der jeweiligen Hochfrequenzaufnahmen erfolgte – für jeden einzelnen Balltreffer – auf einer Skala von 0 (trifft gar nicht zu) bis 5 (trifft voll zu). Anschließend erfolgte eine deskriptive Aufbereitung der Daten und „Vorfall“-Bewertung.

Experten-Rating Dazu trafen sich Experten aus Augenheilkunde und Augenoptik am Lehrstuhl für Sportmedizin der Ruhr-Universität Bochum, um – auf Basis ihrer sportophthalmologischen/ sportoptometrischen Expertise – Kinderbrillenmodelle/Schulsportbrillenmodelle im Hinblick auf ihre Schulsporttauglichkeit zu beurteilen. Die Experten bewerteten die Kinderbrillen-Modelle auf der Grundlage des oben genannten ASiS-Anforderungskatalogs an „Schulsporttaugliche Kinderbrillen“. Die Bewertung erfolgte „verblindet“, das heißt ohne vorherige Kenntnis der Labortest-Ergebnisse (ECS- bzw. RUB-Labor). Bewertungskriterien waren unter anderem das Augenverletzungsrisiko durch die Brille (z.B. scharfe Kanten, Metallteile, Verarbeitungsmängel),

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die Abpolsterung (z.B. Schläfen, Fassung und gegebenenfalls Bügel), Nasenauflage (Anpassbarkeit und Größe; gegebenenfalls Austauschbarkeit), Befestigung (über Gespinstbügel oder Kopfband) und individuelle Anpassbarkeit der Brille (als Ganzes). Die einzelnen Modelle wurden mit Hilfe des „Schulnotensystems“ nach folgenden Zuordnungen bewertet: Note 1 und 2 = „schulsporttauglich plus“, Note 3 und 4 = schulsporttauglich; Note 5 und 6 = nicht geeignet für den Schulsport.

Test-Gesamtergebnis Nur 7 der insgesamt 16 eingereichten und getesteten Brillenmodelle (44 %) durchliefen die Tests erfolgreich und wurden entsprechend zumindest als „schulsporttauglich“ eingestuft (siehe nebenstehende Abbildungen). Dagegen wurden 9 Modelle (56 %) als „für den Schulsport ungeeignet“ bewertet. Vier Brillenfassungen (25 %) von allen getesteten erhielten das Prädikat „schulsporttauglich“ (3 davon sind auch alltagstauglich/ außerhalb des (Schul-)Sports verwendbar), 3 Modelle (19 %) erfüllten sogar (zusätzlich) die höheren Anforderungen an den Augen-

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Abb. 4: Die erfolgreich getesteten Modelle im „Steckbrief“. Modelle mit Prädikat „schulsporttauglich“ sind gelb markiert; Modelle mit Auszeichnung „schulsporttauglich plus“ sind grün markiert. Alle Modelle sind im Augenoptiker-Fachhandel erhältlich. Legende zu den Steckbriefen ECS-Prüfverfahren: W = bestanden Q = nicht bestanden

Fotos: Jendrusch

RUB-Tests/Expertenrating: QQQQ = mangelhaft WQQQ = ausreichend WWQQ = befriedigend WWWQ = gut WWWW = sehr gut

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schutz im Schulsport und erhielten die Auszeichnung „schulsporttauglich plus“ (vgl. nebenstehende Brillen-„Steckbriefe“). Modelle mit Prädikat „schulsporttauglich“: Sziols – IndoorSports, Pricon/Centrostyle – „Active“ 15681/15682 und 15697 und IVKO – Jakoo-11 (die 3 letztgenannten Modelle sind auch alltagstauglich). Modelle mit Auszeichnung „schulsporttauglich plus“ und damit Testsieger, wenn man auch Augenschutz im Schulsport gewährleisten will: Sziols – IndoorKids, Breitfeld & Schliekert – Sportbrille “shoptic“ und Pricon/Centrostyle – Sportbrille „CS 13402 und 13404“.

Fazit Die insgesamt geringe Auswahl an „schulsporttauglichen“ Brillen zeigt, dass seitens der Industrie/der Hersteller Handlungsbedarf besteht. Bisherige Kinderbrillenkonzepte/­ -modelle sollten orientiert am ASiS-Anforderungskatalog ausgerichtet werden; neue, den ASiS-Anforderungen genügende Modelle entwickelt werden. Auch zukünftig sind daher weitere Schulsportbrillentests geplant: Die Testergebnisse sollen, wie in diesem Jahr, mit

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Aktuelle Kontaktologie den Herstellern diskutiert werden, damit diese ihre Produkte optimieren können und so mittelfristig mehr schulsporttaugliche Brillen auf den Markt bringen. Sicher kann und wird nicht jede Familie die zusätzliche Anschaffung einer speziellen Schulsportbrille (plus Augenschutz) für ihr Kind leisten; daher sollten die Hersteller vermehrt auch Brillenkonzepte erarbeiten, die die ASiS-Anforderungen im Hinblick auf die Schulsporttauglichkeit erfüllen, aber gleichzeitig (auch aus modischen Aspekten) alltagstauglich sind. Dass dies geht, zeigen die drei im Test erfolgreichen Modelle. Der Schulsport trägt als verbindliches Schulfach entscheidend zur körperlich-geistigen Entwicklung der Kinder und Jugendlichen bei und legt die Grundlagen für (hoffentlich) lebenslanges Sporttreiben. Fehlsichtige Schüler(innen) sollten/müssen optimal korrigiert mit derselben Sicherheit und denselben Chancen Sport treiben können wie Kinder und Jugendliche, die keine Sehhilfe benötigen. Vor diesem Hintergrund sollten auch die Krankenkassen (und der Gesetzgeber) ihre bisherige „Politik“ überdenken. Es gilt nicht nur (wie bisher), geeignete Brillengläser zu finanzieren, sondern ein Komplett-Paket aus schulsporttauglicher Brillenfassung inklusive der notwendigen Kunststoff-Korrektionsgläser – auch aus unfall- und verletzungsprophylaktischer Sicht. Gegebenenfalls wären auch Krankenkassen-Bonus-Programme für Eltern, die ihre Kinder mit einer schulsporttauglichen Brille ausstatten, denkbar oder eine Förderung der schulsporttauglichen Brille (orientiert an den ASiS-Anforderungen) im Rahmen der schulischen Gesundheitsförderung. Daneben setzt sich die ASiS für eine einheitliche (bundesweit geltende) Richtlinie zum Tragen von schulsporttauglichen Brillen ein; diese wird in den nächsten Monaten mit den Verantwortlichen in der Politik diskutiert und hoffentlich in die Tat umgesetzt werden. Autoren: Gernot Jendrusch, Dieter Schnell und Thomas Katlun (unter Mitarbeit von Bryan Apel, Reinhard Fischbach, Sebastian Geider, Maarten Hobé, Heinz Hollweg, Andreas Peters, David Schulz) Kontakt: Dr. Gernot Jendrusch, Lehrstuhl für Sportmedizin und Sporternährung, Ruhr-Universität Bochum, Gesundheitscampus Nord, Nr. 10, 44801 Bochum E-Mail: [email protected]

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