Computerspielsucht bei Multiplayer Games - MultiMediaArt

15.11.2012 - Definition und Funktion. ... Definition und Klassifikation von ...... /spiele-news/computerspiele/spielsucht-beratung-therapie-26541570.bild.html.
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Getting Addicted:

Computerspielsucht bei Multiplayer Games

Masterthesis zur Erlangung des akademischen Grades „Master of Arts in Arts and Design“ Verfasser : Markus Huber, BA

Vorgelegt am FH-Studiengang MultiMediaArt, Fachhochschule Salzburg Begutachtet durch: Msc. Josef Schinwald (Inhaltlicher Gutachter 1) Dr. Felix Kramer (Inhaltlicher Gutachter 2) Salzburg, 15. November 2012

Eidesstattliche Erklärung

Hiermit versichere ich, Markus Huber, geboren am 09.Juli 1985 in Salzburg, dass ich die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens nach bestem Wissen und Gewissen eingehalten habe und die vorliegende Masterthesis von mir selbstständig verfasst wurde. Zur Erstellung wurden von mir keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet. Ich versichere, dass ich die Masterthesis weder im In- noch Ausland bisher in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe und dass diese Arbeit mit den Begutachtern vorgelegten Arbeit übereinstimmt. Salzburg, am 15. November 2012

1010627016 __________________________________________ _________________________ Vorname, Familienname

Martrikelnummer

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Kurzfassung der Arbeit

Verfasser: Institution: Studiengang: Titel: Begutachter 1: Begutachter 2: Schlagwörter:

Markus Huber, BA Fachhochschule Salzburg MultiMediaArt Getting Addicted: Computerspielsucht bei Multiplayer Games Msc. Josef Schinwald Dr. Felix Kramer 1. Computerspielsucht 2. Multiplayer Games 3. Verhaltenssucht

Die vorliegende Masterthesis untersucht den Zusammenhang zwischen Mulitplayer Games und Computerspielsucht. Zunächst werden Mechanismen erläutert, die das Eintauchen in virtuelle Welten ermöglichen, ebenso wie die Motivationshintergründe der SpielerInnen, sich in selbige versinken zu lassen. Auch die Erörterung der Relevanz bestimmter Faktoren, wie das Flow Erlebnis, ist notwendig, um ein Verständnis für das Eintauchen in virtuelle Welten zu generieren. Computerspielsucht ist eine komplexe Thematik, die nicht nur durch eine Komponente erzeugt wird, sondern meist durch das Zusammenspiel mehrerer Faktoren auftritt. So wird nach den Ursachen nicht selten in der Entwicklungspsychologie und den sozialen Erlebnissen eines Kindes gesucht, das, unter gegebenen Umständen, in der Funktion des Computerspielens nicht nur den Zweck der Unterhaltung, sondern auch den der Kompensation realweltlicher (sozialer) Defizite sieht. Die Fragestellung dieser Masterthesis lautet, in wieweit das gemeinsame Spielen mit realen MitspielerInnen das Suchtpotential von Computerspielen verstärken kann und wie sich das Spielen in der Gemeinschaft auf das Spielerlebnis der SpielerIn auswirkt. Die Zuhilfenahme diverser Studien bezüglich Computerspielsucht soll die Thematik auch in Zahlen und Fakten veranschaulichen. Anhand von Studienergebnissen über das Suchtpotential des Computerspiels World of Warcraft sollen die Zusammenhänge zwischen Sozialität und Faktoren wie Belohnung erörtert werden. Letztendlich ist diese Masterthesis bemüht, die anfangs gestellte Forschungsfrage anhand gewonnener Erkenntnisse zu beantworten.

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Abstract

This master thesis tries to research the connection between Multiplayer Games and video game addiction. At first, this thesis deals with the phenomenon of diving into a virtual world as well as the motivational background, which describes the inner will of playing Video Games. Also, a detailed exploration of components (e.g. the flow experience) is necessary, to generate the understanding of immersion. Video game addiction is a complex subject; it does not appear beacause of one single factor such as beautiful graphics or attractive gameplay. Video game addiction arises from several components. For example, wrong education or few social contacts may cause social deficits, which leads to the ambition, to compensate those deficits through playing Video Games. The primary question of this thesis asks, if social gaming could intensify video game addiction. By using the findings and results of different studies on video game addiction, this thesis also tries to give some informations about facts and figures to demonstrate the topic and present different points of view. On the basis of the video game World of Warcraft, an example for a high addictive video game, the correlation of social interactions and factors such as rewards should be cleared. At the end, this master thesis should find an answer on the central research question.

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Inhaltsverzeichnis Einleitung...................................................................................................................................7 1. Funktion, Motivation und das Erleben von Computerspielen …........................................9 1. Geschichte und Funktion des Spielens.....................................................................9 2. Motivationshintergrund des Computerspielens.....................................................11 1. Unterhaltung....................................................................................................12 2. Macht, Kontrolle und Herrschaft......................................................................13 3. Virtuelle Welten erleben........................................................................................16 1. Definition und Funktion................................................................................... 16 2. Presence und Immersion..................................................................................17 3. Das Flow Erlebnis..............................................................................................20 4. Résumé...................................................................................................................25 2. Sucht und Abhängigkeit bei Computerspielen..................................................................26 1. Über die Begriffe Sucht und Abhängigkeit …..........................................................27 2. Definition und Klassifikation von Verhaltenssucht.................................................28 3. Internetsucht..........................................................................................................30 4. Computerspielsucht und ihre Merkmale …............................................................32 5. Geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf das Suchtpotential..................36 6. Erklärungsansätze des exzessiven Computerspielens ….........................................37 7. Was im Gehirn passiert - Computerspielsucht im neuronalen Kontext …..............43 8. Komorbidität und Therapieformen der Computerspielsucht …..............................47 9. Résumé...................................................................................................................49

3. Multiplayer Games und ihr Suchtpotential …...................................................................51 1. Spielen im Multiplayer- Modus …...........................................................................51 1. Multiplayer Online Games................................................................................52 2. Massively Multiplayer Online Games...............................................................54 2. Soziale Aspekte von Online Games ….....................................................................57 3. Motivations- und Suchtpotentiale von Multiplayer Games …................................60 4. Faszination und Motivation von MMORPGs am Beispiel von World of Warcraft ..63 4. Erkenntnisse, Résumé und Ausblick..................................................................................67 Literaturverzeichnis.................................................................................................................71 Abbildungsverzeichnis.............................................................................................................78

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Abkürzungsverzeichnis

bzw. ebd. et al. etc. f. ff. vgl. vs. z.B.

beziehungsweise ebendort und andere et cetera und folgende Seite und folgende Seiten vergleiche versus zum Beispiel

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Einleitung Das Computerspiel als Unterhaltungsmedium hat über die letzten Jahre eine tiefe gesellschaftliche Verankerung erfahren und hat sich zu einem Fixbaustein der Unterhaltungsindustrie etabliert. Mit eigenen Fernsehkanälen, die ausschließlich Computerwettkämpfe übertragen 1, unzähligen Fangemeinden, die sich online austauschen und Spielfiguren, denen ein Kultstatus zugeschrieben wird, erfreut sich die Computerspielkultur hoher Beliebtheit. Schon in der gesamten Geschichte der Menschheit haben Spiele ein Rückzugsgebiet geboten und waren eine attraktive Freizeitgestaltung, die den Menschen nicht zuletzt von Sorgen im Alltag ablenkten. Spiele stellen eine Alternative zur realen Welt dar und ermöglichen den Menschen, verschiedene Rollen und Identitäten zu übernehmen und völlige Macht in einer in sich geschlossenen Welt auszuüben. In der virtuellen Welt kann der Mensch gänzlich für sich und frei nach seinen Bedürfnissen entscheiden; die Möglichkeiten, die virtuelle Welten bergen, lassen SpielerInnen gerne in selbige eintauchen und versinken. SpielerInnen, die exzessiv Computerspiele spielen, entwickeln meist ein Abhängigkeitsverhältnis und berichten von Rauschzuständen während des Spielens. Manch ein Experte attestiert Computerspielen sogar eine drogenähnliche Wirkung.2 Auf Seiten der Computerspielindustrie ist es das oberste Ziel, SpielerInnen die bestmögliche Spielerfahrung zu gewährleisten um sie letztendlich zum Kauf weiterer Spiele zu bewegen. So ist es beispielsweise die Aufgabe des Gamedesigners, den Aufbau eines Computerspiels bestmöglich zu gestalten, um die SpielerInnen lange am Spielen zu halten. Das mit dieser Masterthesis verbundene Masterprojekt Of Light and Shadow3, ein Computerspiel welches im Masterstudiengang MMA-2010 im Zeitraum März 2011- Juni 2012 entwickelt wurde, verfolgt ebenso das Ziel, SpielerInnen durch eine Kombination aus originellem Gameplay und individueller grafischer Gestaltung sprichwörtlich ans Spiel zu fesseln. Durch eine Kombination aus abwechslungsreichen Rätseln, schnellem Spielfluss und ansprechender grafischer Aufbereitung sollen SpielerInnen dazu bewegt werden, die Bewältigung einer nicht auf Anhieb lösbaren Herausforderung immer und immer wieder neu zu versuchen. Das Zusammenspiel verschiedener Komponenten soll im besten Fall ein Verhalten hervorrufen, das von Eltern und Psychologen gleichermaßen gefürchtet ist: Ein suchtähnliches Verhalten. Computerspielsucht hat in den letzten Jahren speziell mit dem Aufkommen von Online Rollenspielen wie World of Warcraft4 mediale Aufmerksamkeit erlangt und breite Diskussionen über die „Nebenwirkungen“ initiiert. Broschüren warnen vor den Folgen exzessiven Mediengebrauchs5, in Internetforen werden 1 In Südkorea wurde Computerspielen weltweit zum ersten Mal als Sportart anerkannt (vgl. Grüsser/Thalemann 2006b, 35) 2 Dem Psychotherapeuten Steve Pope zufolge, soll die Wirkungsweise von Computerspielen mit der von Kokain vergleichbar sein. Siehe auch: http://www.gamona.de/games/studien,machen-spiele-genauso-suechtig-wiekokain:news,1908319.html , abgerufen am 29.10.2012 3 http://www.oflightandshadow.at/ , abgerufen am 29.10.2012 4 Blizzard Entertainment, 2004 5 In Australien wird von Experten der Australian Psychological Society vor einer Onlinesucht- Epidemie, die mentale Störungen mit sich bringt und sich vor allem bei Kindern ausbreitet, gewarnt. Studien gehen davon aus, dass rund neun Prozent aller Kinder in Deutschland bis zum Vorschulalter onlinesüchtig sind. In Österreich gehen Forscher von 100.000 betroffenen Jugendlichen ab 14 Jahren aus. ( http://www.pressetext.com/news/20121003023 )

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Erfahrungen von ehemaligen Computerspielsüchtigen ausgetauscht6 und auch im Schulunterricht wird Aufklärungsarbeit in Bezug auf das Suchtpotential von Computerspielen geleistet. Immer wieder ist vom hohen Suchtpotential von MMORPGs7 wie World of Warcraft zu lesen, ein Spiel, das häufig mit Computerspielsucht in Verbindung gebracht wird. Doch auch andere Multiplayer Genres wie MMORTS8 Games oder Online Shooter üben eine starke Faszinationskraft auf SpielerInnen aus. In Ländern auf der ganzen Welt hat Online Gaming rasant zugenommen und verbreitet sich wie ein Volkssport. Die damit steigende Anzahl von Computerspielabhängigen verunsichert sowohl Eltern als auch Experten. So versuchen beispielsweise koreanische Wissenschaftler, Computerspielsucht mittels eines Antidepressivums einzudämmen indem die Hirnaktivität, die durch Computerspielreize ausgelöst wird, durch das Medikament eingeschränkt werden.9 Obwohl das Thema Computerspielsucht aktuell und medial brisant erscheint und von vielen Abhängigen gesprochen wird, wurde es, im Vergleich zu stoffgebundenen Suchterkrankungen, bis jetzt nicht in ein internationales Diagnosesystem aufgenommen (vgl. Thalemann 2009 ,4). Der inflationäre Gebrauch des Begriffs Computerspielsucht wirft generell die Frage auf, wo überhaupt die Schwelle zwischen exzessivem Computerspielen und pathologischer Computerspielsucht liegt und welche Faktoren ein rasches Suchtverhalten beim Computerspielen begünstigen. Auch sind Experten über den Abhängigkeitsbegriff unterschiedlicher Auffassung: Während Forscher wie Wölfling Computerspielsucht dezidiert als Abhängigkeitserkrankung bezeichnen (vgl. Wölfling/ Müller 2008, 130) stellt Griffiths die Existenz einer Computerspielsucht in Frage (vgl. Griffiths 2005, 360). Diese Masterthesis versucht, aufbauend auf thematisch relevante Publikationen, der Frage nachzugehen, in wie weit soziale Faktoren zu einem erhöhten Computerspielerlebnis beitragen. Folgedessen lässt sich die Forschungsfrage dieser Masterthesis wie folgt formulieren: Welchen Einfluss hat gemeinsames Spielen im Multiplayer- Modus auf das Suchtpotential von Computerspiele? Diese Frage wirft die Unterfrage auf, inwiefern bestimmte Merkmale von Multiplayer Online Games exzessives Spielen bzw. eine Verhaltenssucht begünstigen können. Eine weitere Frage, die mit dem als Masterprojekt erstellten Computerspiel Of Light and Shadow in Verbindung steht, könnte folgendermaßen formuliert werden: Könnte das Suchtpotential des Spiels Of Light and Shadow durch Einbindung eines MehrspielerModus erhöht werden? Um der Forschungsfrage näher zu kommen, werden in den ersten zwei Kapiteln Motivationshintergründe und die Frage nach dem Abhängigkeitspotential, sowie Faktoren und Ursachen von Computerspielsucht erörtert, während sich das dritte Kapitel konkret mit Multiplayer Games und ihrem Suchtpotential auseinander setzt. Im Nachwort dieser These sollen erbrachte Erkenntnisse speziell im Kontext mit dem Computerspiel Of Light and Shadow diskutiert werden. 6 7 8 9

http://forum.suchtmittel.de/viewtopic.php?t=605 , abgerufen am, 10.11.2012 MMORPG ist die Abkürzung für Massively Multiplayer Online Role- Playing Games (Online- Rollenspiele) Massively Multiplayer Real Time Strategy (Games) Siehe auch: http://www.tomshardware.de/StarCraft-II-Sucht-Antidepressiva-Korea,news-244571.html , abegerufen am 10.11.2012

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1. Funktion, Motivation und das Erleben von Computerspielen Der Kulturhistoriker Johan Huizinga bezeichnet das Spiel im Buch Homo Ludens als eine wiederkehrende Abwechslung, die Teil des Lebens wird und nicht nur unentbehrlich für die Einzelperson ist, sondern auch unentbehrlich für die Gemeinschaft, vor allem wegen der geistigen und sozialen Verbindungen, die das Spiel hervorbringt (vgl. 2009,17). Spielen hat und hatte also Einfluss auf unser Leben und auf unsere Kultur, auch die Sprache hat sich zum Teil spielend entwickelt, durch Wortspiele, bei denen aus abstrakten Begriffen Metaphern geformt wurden. Ein Spiel zu spielen trägt einen Bestandteil zur menschlichen Kultur bei, Huizinga schreibt dem Spiel eine Kulturfunktion zu, das, wenn es einmal gespielt worden ist, als geistiger Schatz in der Erinnerung haftet und überliefert wird. Was aber macht die Faszination des Spielens aus und warum spielen wir überhaupt? Im folgenden Kapitel werden Motivationshintergründe des Spielens erläutert, um das Verständnis für das Computerspielen zu generieren.

1.1 Geschichte und Funktion des Spielens Spielerische Aktivitäten gibt es seit dem Aufkommen menschlicher Zivilisation. Schon auf steinzeitlichen Höhlenmalereien in einer Zeit zwischen 20000 und 3000 v. Chr. sind Motive zu sehen, die Menschen beim gesellschaftlichen Spiel zeigen. Im Lauf der Menschheitsgeschichte entwickelten sich mit der Kultur auch die Spielformen. So haben beispielsweise Karten,- Würfel,oder Ballspiele bis heute eine wichtige Bedeutung für den Menschen. Mit den technischen Entwicklungen haben sich Spiele auch auf digitale Medien verlagert und bieten, zum Beispiel mit Online Rollenspielen, neue Möglichkeiten des gesellschaftlichen Spielens. Wie in der Einleitung dieses Kapitels bereits erwähnt, schreibt Huizinga dem Spiel eine wichtige Funktion zu, nämlich als Beitrag der Kulturentwicklung, der zum Beispiel bei Jagdspielen oder Wettkämpfen sichtbar wird. Unmittelbar damit ist der Begriff des „Gewinnen“ verbunden, der möglicherweise den Status des Gewinners verbessert. In Bezug auf das Gewinnen stellt sich die Frage, in wieweit das Gewinnen mit dem Gefühl von Machthunger und dem Gefühl zu Herrschen verbunden ist. Huizinga erwähnt hierbei, dass, verglichen am Schachspiel, nur das Verlangen, die GegnerIn zu übertreffen bzw. zu besiegen primär ist und die Machterweiterung des Gewinners als sekundär gilt (vgl. 2009, 56ff). Welchen Aspekt die Macht in Bezug auf das Spielen einnimmt, wird im Unterkapitel 1.3 näher erläutert. Eine wichtige Funktion, die Huizinga dem Spiel zuschreibt, ist das Heraustreten aus dem gewöhnlichen Leben. Das Spiel bietet eine Alternative zum Ernst des Lebens, nämlich eine Aktivität bloß zu tun weil sie Spaß macht.

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Auch Klimmt (2006, 65) sieht Unterhaltungsmedien wie das Computerspiel als komplementäre Aktivität zum gewöhnlichen Arbeitsleben und als Abgrenzung zum Alltag. Er nennt drei Mechanismen, warum Menschen gerne Computerspiele spielen: • • •

Selbstwirksamkeitserleben Spannung und Lösung simulierte Lebenserfahrung

Unter Selbstwirksamkeitserleben lässt sich eine interaktive Erfahrung verstehen, der Spieler bekommt nach einer Eingabe ein sofortiges Feedback, beispielsweise wenn die Spielfigur auf Grund des Drückens eines Buttons springt. Spannung und Lösung beschreibt den Spannungsaufbau einer Aufgabe und das Erfüllen einer Aufgabe. Spannung und Lösung werden in Computerspielen viel intensiver erlebt als in nichtinteraktiven Medien, weil der Spieler aktiv im Spielgeschehen eingebunden ist und für den weiteren Spielverlauf verantwortlich ist (vgl. Klimmt 2006, 70ff). Unter simulierter Lebenserfahrung versteht Klimmt eine intensive Partizipation durch Handlungsrollen, die der Spieler annehmen kann (ebd. 2006, 100f). Gesellschafts- und Sozialwissenschaftler schreiben dem Spiel eine wichtige Rolle in Bezug auf das Erfüllen ureigener Bedürfnisse zu. In der Phase der Pubertät trägt es eine Rolle zur kognitiven, emotionalen und psychosozialen Entwicklung des Menschen bei. Autoren wie Jean-Jacques Rousseau10 und Johann Christoph Friedrich GutsMuths11 sehen das Spiel als Training der Wahrnehmung und Reaktionsfähigkeit und warnen vor den Folgen einer Spielunterbindung, die sich in negativen Eigenschaften wie Ungeduld oder Eigensinn auswirken kann (vgl. Hentschke 2009, 6). In der Adoleszenz bietet das Computerspiel dem heranwachsenden Kind die Möglichkeit, in einem geschützten (virtuellen) Raum, soziale Rollen und Identitäten zu testen und an Grenzen zu gehen, ohne ernsthafte Sanktionen fürchten zu müssen. Eine weitere wichtige Funktion ist die Bildung von Gemeinschaftsstrukturen, die durch das Spielen von Spielen über ein Netzwerk gebildet werden. „Jugendforscher apostrophieren Medien nicht nur als wichtige Faktoren der Sozialisation für Jugendliche, also als Mittler zwischen dem jugendlichen Individuum und der Gesellschaft, sondern zugleich auch als Vehikel jugendlicher Selbstsozialisation, mithin als Katalysatoren der Findung und Profilierung des Jugendlichen als zeitgemäßes Individuum im sozialen Hier und Jetzt.“ (Kübler 2005, 20)

10 Französischer Schriftsteller, Philosoph und Pädagoge (1712-1778) 11 Deutscher Pädagoge (1759-1839) Mit Werken wie „Spiele zur Erholung des Körpers und des Geistes für die Jugend“ (1796) hat er einen wertvollen Beitrag zur Pädagogik geleistet.

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1.2 Motivationshintergrund des Computerspielens Um sich dem Phänomen der Computerspielabhängigkeit zu nähern, sollte zuerst der Motivationshintergrund, ein Spiel überhaupt spielen zu wollen, durchleuchtet werden. Der Begriff Motivation wird in der Motivationspsychologie als „aktivierende Ausrichtung des momentanen Lebensvollzugs auf einen positiv bewerteten Zielzustand“ (Rheinberg 1997, 13) beschrieben und ist der innere Antrieb, der eine Person zu einer Aktivität bewegt. Die Motivation kann intrinsisch oder extrinsisch motiviert sein. Unter intrinsische Motivation versteht sich die Ausführung einer Aktivität weil sie beispielsweise Spaß macht oder ein Interesse befriedigt. Unter extrinsischer Motivation lässt sich eine Aktivität verstehen, die auf Grund einer Belohnung, die die erfüllte Aktivität verspricht, vollzogen wird (vgl. Rößle 2006,4). Murphy et al. nennen 3 Komponenten , die für die Motivation der SpielerIn ausschlaggebend sind: Flow, Kontrolle und Belohnung (vgl. 2011, 25f). Flow, ein Begriff, der im Kapitel 1.3.3 nähere beschrieben wird, ist ein Zustand der völligen Vertiefung in eine Aktivität und entsteht, wenn die Fähigkeiten der SpielerIn mit den Herausforderungen des Spiels im Einklang liegen, die Herausforderung also weder zu schwer noch zu leicht ist. Auf Grund seiner intrinsischen Komponente trägt Flow als Belohnung stark zur Motivation bei. Unter Kontrolle verstehen Murphy et al. ein Belohnungssystem, das das Verhalten der SpielerIn steuert bzw. die extrinsische Motivation der SpielerIn anregt. Die Gefahr dieser Komponente besteht darin, dass die SpielerIn das Spiel nur noch auf Grund der Belohnung spielt und darum weniger kreativ handelt und mehr zum cheaten12 geneigt ist. Als dritte Komponente werden Baseline Rewards erwähnt. Darunter lassen sich einfache Belohnungen verstehen, die SpielerInnen beim Erreichen von Aufgaben bekommen. Dies steigert die extrinsische Motivation Stück für Stück. (ebd. 2011, 25f) Die Belohnung erfolgt in Computerspielen häufig unregelmäßig, in dem nicht jede Spielhandlung belohnt wird, sondern nur einige. Rehbein und Borchers nennen diese Form intermittierenden Verstärkung. Der Zeitpunkt der Belohnungsausschüttung ist für SpielerInnen oftmals nicht erkennbar, da, ähnlich wie beim Glücksspiel, die Belohnung zufällig auftritt. Lerntheoretischen Untersuchungen lassen erkennen, dass die intermittierenden Verstärkung zu einem lang anhaltenden (Sucht-)Verhalten führt (vgl. Rehbein/ Borchers 2009, 43). Der Game Designer Chris Crawford unterscheidet zwischen primärer und sekundärer Motivation, ein Spiel zu spielen. Als primäre Motivation nennt er die persönliche Lernfunktion, die evolutionär im Menschen verankert ist. Als sekundäre Motivation bezeichnet er, auch evolutionär betrachtet, die Erforschung neuer Umgebungen, die Suche nach Anerkennung und die Knüpfung neuer sozialer Kontakte (vgl. Crawford 1982, Kapitel 2).

12 Cheaten = Schummeln

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Ein Phänomen, das ebenfalls als motivierend beschrieben wird, ist der Zeigarnik Effekt13. Dieser Effekt besagt, dass Aufgaben, die noch nicht erfüllt wurden, eher in Erinnerung bleiben als jene, die schon erledigt wurden. Eine Interface Anzeige, die verschiedene ungelöste Aufgaben abbildet, kann als Ansporn dienen, diese Aufgaben unbedingt erledigen zu müssen. „The Zeigarnik effect impacts motivation and when applied correctly, can promote flow by clearly communicating goals and providing feedback on progress.“ (Murphy et al. 2011, 29) Ein weiterer Motivationsfaktor, der bei Glücksspielsüchtigen gemessen wurde, sind knappe Niederlagen: Hirnmessungen ergaben, dass bei einem Fast-Gewinn die gleiche Hirnregion aktiviert wird, wie bei einem Gewinn. Die Dopaminausschüttung verstärkt den Drang zum Weiterspielen und ruft die Illusion hervor, dass SpielerInnen das Spiel durch ihre Fähigkeiten steuern können und so den Gewinn herbeiführen können.14 Während einige Forschergruppen die Motivation in den Unterhaltungsfaktoren15 eines Spiels sehen, versuchen Autoren wie Grüsser und Thalemann tiefgründigere Spielantriebe zu erörtern. Sie gehen vom Faktum aus, dass in einigen (furchteinflößenden) Spielen der Spaß- bzw. Unterhaltungsfaktor nur minimal gegeben ist und dass manche Spiele durch eine selbstauferlegte Reglementierung nur wenig lustvoll erscheinen. Darum kommen sie zur Annahme, dass Computerspielen als eine Form von Lebensbewältigung genützt wird (vgl. 2006b, 176). Tiefenpsychologisch betrachtet (im Sinne Freuds) dient das Spiel der Wunscherfüllung: Spielen erlaubt dem Kind, tabuisierte Impulse und aggressive Bedürfnisse bzw. Wünsche auszuleben; das Spiel fungiert also als Ventil, das dem Kind die Möglichkeit bietet, aufgestaute Energie zu kompensieren (vgl. Herpertz-Dahlmann 2008, 248). Ebenso erlaubt es dem Kind, unrealistische Wunschvorstellungen ausleben zu können. Im Spiel kann es groß und stark sein und Tätigkeiten, die im realen Leben von Erwachsenen gemacht werden, durchführen. „Es ist im Gegensatz zu Erwachsenen noch kaum in der Lage, Bedürfnisse aufzuschieben. Hier bringt das Spiel die Lösung: Bedürfnisse können in der Spielrealität illusionär verwirklicht werden.“ (ebd.)

1.2.1 Unterhaltung Ein Motivationshintergrund, der von vielen Autoren als primär angesehen wird, liegt in der Unterhaltung, den sich SpielerInnen von einem Spiel erhoffen. Wünsch und Jenderek bezeichnen Unterhaltung als ein emotionales Erleben, das sich nicht auf eine einzelne Szene bezieht, sondern auf den gesamten Kontext eines Films bzw. Computerspiels mit seinem situativen und kulturellen Umfeld. (Wünsch/Jenderek 2008, 43) Wie Koster definiert, liegt das tragende Element von Fun16 in seiner Ungezwungenheit. Darum wird 13 Benannt nach Bluma Zeigarnik, „Das Behalten erledigter und unerledigter Handlungen“ 1927 14 http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/hirnforschung-knappe-niederlagen-stacheln-spielsucht-an-a692951.html 15 Unterhaltung als Spielmotivation wird im Kapitel 1.2.1 näher erörtert. 16 Im Kontext der Computerspiele lässt sich Fun mit Unterhaltung übersetzen.

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Fun in einer Tätigkeit eher hervorgerufen, wenn die SpielerInnen die Tätigkeit noch nicht perfekt beherrschen, als wenn die Aktivität schon perfektioniert wurde und diese einen (ernsten) Zweck verfolgt (vgl. Koster 2005, 96). Fun steht mit Motivation in Verbindung. Gerade im Lernprozess soll ein unterhaltendes Wohlgefühl Entspannung und Motivation auslösen. Während der Lernprozess oftmals mit Mühe und Anstrengung in Verbindung gesetzt wird, sieht der Autor Marc Prensky Unterhaltung als einen Faktor, der das Lernen erleichtert und zur Lernmotivation beiträgt (vgl. Prensky 2001 ,4). Der Zusammenhang von Computerspielen und Unterhaltung wurde auch bei der wissenschaftlichen Konferenz „Clash of Realities“ 17,Köln 2006, diskutiert. Das fundamentale Prinzip von Fun liegt demnach in der Interaktion und damit im Erleben der eigenen Wirksamkeit. Eine kleine Aktion, die durch den Joystick Button ausgelöst wirkt, kann eine große Veränderung der Spielwelt bedeuten. Diese Kombination aus kleiner Ursache und großer Wirkung trägt mitunter zum Fun-Factor bei. Beim Spielen von Multiplayer Games ist eine besondere Form von Unterhaltung zu beobachten, die auf den Interaktionen der SpielerInnen wie zum Beispiel in Kommunikation und Wettkampf und der daraus folgenden Spannung basiert. Vor allem Social Games in sozialen Netzwerken wie Facebook bergen einen hohen Unterhaltungsfaktor, da sie zeitlich versetzte Kommunikation, Kooperation oder Wettkämpfe beinhalten. (Murphy et al. 2011, 35)

1.2.2 Macht, Herrschaft und Kontrolle Computerspiele bieten SpielerInnen viele Möglichkeiten der Machtausübung, sei es die völlige Kontrolle über ihren eigenen Avatar oder die Macht über ein ganzes Volk oder Heer. Mit dem Begriff Macht ist unweigerlich der Begriff Ohnmacht verknüpft, der Spielerinnen die eigenen Fähigkeiten anzweifeln lässt und als reizvoll gilt, weil am Beginn des Spiels noch nicht feststeht, welche SpielerInnen stärker oder schwächer sind. In einer Studie von Jürgen Fritz werden SpielerInnen zu ihrer Spielmotivation befragt und in wieweit sich die Kontrolle über das Spielgeschehen auf die Motivation auswirkt (vgl. Fritz 2005). Aussagen von SpielerInnen bestätigen, dass die Kontrolle zu einem großen Teil zur Spielmotivation beiträgt und auch der Spielspaß beträchtlich steigt, wenn SpielerInnen den Avatar angemessen durch die Spielwelt bewegen können. Spiele, die weder zu schwer noch zu leicht zu spielen sind, bei denen also die persönliche Spielkompetenz mit den Herausforderungen des Spiels im Einklang stehen, steigern außerdem die Motivation, ein Spiel wiederholt zu spielen. Diese Situation wird auch als Flow Zustand bezeichnet, der im Kapitel 1.5 näher erläutert wird. Bei Kontrollverlust berichten die SpielerInnen hingegen von Gefühlen der Aufregung und Unruhe. Misserfolge sowie lang anhaltende Momente des Stillstands rufen nicht selten Gefühle der Frustration und Aggression hervor, die letztendlich zu einer Frustrations- Aggressions- Spirale mit 17 1st International Computer Game Conference Cologne, Köln 2006

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immer heftiger werdenden aggressiven Gefühlen führen können. Auslöser für Gefühle der Frustration können grundlegende Fehler des Spiels sein, zum Beispiel Programmier- oder Grafikfehler bzw. systembedingte Abstürze. Auch wenn die Anforderungen unklar sind oder wenn der Spielverlauf unklar oder monoton gestaltet ist, löst dies meist Verwirrung oder Unterforderung aus. Das Auftreten derartiger Situationen führt bei den meisten NutzerInnen zum frustrierten Abbrechen des Spiels. Besonders versierte Spielernaturen durchbrechen jedoch den Kreislauf aus Frustration und Aggression, sei es durch interne oder externe Strategien wie etwa Fehlerausschlussverfahren, Helfenlassen, Recherche von Lösungen oder durch Cheaten. Der Rückgewinn der Kontrolle über die Situation führt zur Erweiterung der Problemlösungskompetenz des Spielers und bestärkt ihn somit in seinem Selbstvertrauen (vgl. Hentschke 2009,12). Dieser Rückgewinn und die damit verbundenen positiven Gefühle beflügeln die SpielerInnen und tragen stark zur Spielmotivation bei. „Nur: Diese Gefühle verblassen sehr schnell und bedürfen daher der Bestätigung durch neue Erfolge in neuen Spielen. So wird, gleichgültig ob Erfolg oder Misserfolg, das Interesse am Computerspiel aufrechterhalten und menschliche Lebenszeit vor dem Bildschirm gebunden.“ (Fritz 2005)

Um die Kontrolle des Spielgeschehen zu übernehmen und Herausforderungen meistern zu können, braucht die SpielerIn Qualifikationen. Sie muss das Computerspiel in sensumotorischer und kognitiver Weise beherrschen . Jürgen Fritz nennt vier Funktionskreise, die er als Gelenkstücke zwischen den Fähigkeiten der SpielerInnen und den Anforderungen des Spiels bezeichnet: • • • •

Sensumotorische Synchronisierung (pragmatischer Funktionskreis) Bedeutungsübertragung (semantischer Funktionskreis) Regelkompetenz (syntaktischer Funktionskreis) Selbstbezug (dynamischer Funktionskreis)

Sensumotorischer Synchronisation Unter Sensumotorischer Synchronisation versteht Fritz die Übertragung von physischen Joystickbewegungen auf die virtuelle Spielfigur. Durch ein schnelles und direktes Feedback an die SpielerIn erkennt sie, wie sich die Figur auf Grund einer Joystickbewegung verhält. Das sofortige Feedback trägt zum schnellen Erlernen der Handhabung der Spielfigur bei. Durch das Erlernen der sensumotorischen Synchronisation werden die Körper- und Fingerbewegungen des Spielers automatisiert, ähnlich wie ein Marionettenspieler, der seine Bewegungen auf die Marionette überträgt. Der sensumotorische Funktionskreis gibt der SpielerIn ein befriedigendes Gefühl, weil sie die Spielfigur wie ihren eigenen Körper beherrschen kann.

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Bedeutungsübertragung Mit Bedeutungsübertragung ist die Deutung und Rekonstruktion der SpielerIn in der vom Gamedesigner beabsichtigten Art und Weise gemeint. Angeregt wird die SpielerIn von Bild- und Tonelementen, sowie von der Spielgeschichte und den in der Spielanleitung enthaltenen Beschreibungen. Die Bedeutungsübertragung lässt SpielerInnen zum Beispiel verstehen, welche Spielgegenstände welche Auswirkungen auf die Spielfigur haben; dadurch können sich SpielerInnen tiefer in ihre Spielfigur bzw. in die Spielwelt einfühlen. Die Übertragung von Bedeutung verbindet auch kulturelle Erfahrungen und moralische Bewertungen der SpielerIn mit dem Spiel. Dadurch bekommt die SpielerIn eine bestimmte Einstellung zum Spiel. Wenn das Spiel beispielsweise aggressive Elemente enthält, wird das Spiel bei manchen SpielerInnen eine negative Einstellung auslösen. Regelkompetenz Eine weiterer Funktionskreis ist die Regelkompetenz. Diese besagt, dass das Handeln in Computerspielen an Regeln gebunden ist und dass diese Regeln im Handeln bewusst werden. Nach und nach erkennen SpielerInnen die Regeln und lernen, sie für ihr Spielziel zu nutzen. Dabei ergeben sich Spannungselemente und Fragen wie: Komme ich als erster ans Ziel? Schaffe ich es, die GegnerIn zu besiegen? In Folge der Lernerfahrung müssen SpielerInnen die eigenen Handlungsmöglichkeiten nutzen und eine geeignete Strategie entwickeln. „Der Spieler wird durch den syntaktischen Funktionskreis dazu gebracht, aus der Hülle seines elektronischen Stellvertreters heraus Ideen für spielbezogene Wahrnehmungen und spielerisches Handeln zu entwickeln. Dieses muss er so organisieren und miteinander verknüpfen, dass er die Spielziele erreichen kann. […] Im syntaktischen Funktionskreis belebt man seinen elektronischen Stellvertreter durch seine Regelkompetenz: durch mein kognitives System, das es mir möglich macht Regeln zu erkennen, diese „Welt“ angemessen zu kontrollieren und die Ereignisfolge zu beherrschen, entsteht […] das befriedigende Gefühl von Kompetenz und Wirkkraft.“ (Fritz 2005)

Selbstbezug Als vierten Funktionskreis nennt Fritz den dynamischen Funktionskreis. Dieser baut auf dem pragmatischen, semantischen und syntaktischen Funktionskreis auf und beschreibt die Motivation, die dadurch entsteht, wenn SpielerInnen die Spielthematiken, Rollenangebote, Skripte und einzelne Szenen des Spiels mit sich und deren eigenem Lebensbereich und kulturellen Hintergrund in Beziehung setzen. Der Selbstbezug veranlasst den Spieler, dass er sich im Spiel wiederfindet, er kann sich mit vielen Bereichen des Spiels identifizieren und findet Anknüpfungspunkte zu seinen eigenen Wünschen, Erfahrungen und Bedürfnissen. „Damit wird das Bildschirmspiel zu einer Metapher des eigenen Lebens. Die Spielfigur und ihr Erfolg im Spiel werden mit der eigenen Person und ihren Lebenskontexten verbunden. Man erkennt sich im Spiel und lebt dort sein Leben.“ (Fritz 2005) Spiele weisen bestimmte Themen auf, die SpielerInnen auch im realen Leben erleben; zu diesen Themen zählen beispielsweise die Austragung von Kämpfen, die Erfüllung von Aufgaben, die 15

eigene Bereicherung, die eigene Einflusszone auszuweiten, als erstes ein Ziel zu erreichen, die erfolgreiche Verknüpfung von Objekten und die Schaffung einer Ordnung. Wenn SpielerInnen die sensumotorische, kognitive und emotionale Kompetenz, die die Funktionskreise beschreiben, erlangen, ist es ihnen möglich in virtuellen Welten zu leben. Die Funktionskreise bilden demnach eine Voraussetzung, um Macht, Kontrolle und Herrschaft zu erlangen, die wiederum als Motivation der SpielerInnen fungieren. Voraussetzung für die Beherrschung eines Spiels ist aber auch ein gewisses Maß an Selbstbeherrschung. Nicht nur das Spiel sollte beherrscht werden, sondern auch die eigenen emotionalen Reaktionen. Stressresistenz, Ausdauer, Wachheit und Konzentrationskraft sind wichtige Faktoren um das Spiel ruhig und konzentriert zu beherrschen. Gegenteilige Faktoren können die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Hinter der Motivation, Computerspiele zu spielen, steckt oftmals das Bedürfnis, Macht und Kontrolle ausüben zu können. Der im realen Leben verlorenen Kontrollverlust kann im Computerspiel zurückgewonnen werden. Fritz bezeichnet in diesem Zusammenhang Computerspiele als „Selbstmedikation gegen Misserfolgsängste, mangelnde Lebenszuversicht und gegen das Gefühl, das eigenes Leben nicht beherrschen und kontrollieren zu können.“ (Fritz 2005)

1.3 Virtuelle Welten erleben Ein Computerspiel gerne zu spielen bedeutet, in die Spielwelt einzutauchen und die Gedanken nur noch auf die Spielwelt zu konzentrieren. Äußere Einflüsse verlieren ihre Aufmerksamkeit, menschliche Grundbedürfnisse werden nicht selten bis zu einem gewissen Grad nebensächlich. Die Faszination des Computerspiels hält die RezipientIn in der virtuellen Welt fest. Doch was genau ist die virtuelle Welt und welche Merkmale verstärken ihre Anziehungskraft?

1.3.1 Definition und Funktion Lexika wie der Brockhaus verstehen unter der virtuellen Welt eine „vom Computer und entsprechenden Programmen simulierte Welt, die dem Nutzer durch spezielle Techniken und Schnittstellen vermittelt wird und mit der er interagieren kann“ (Brockhaus, Band 29, 2006, 137). Im Cyberspace kann der Mensch in eine eigene Realität eintauchen, seine Wahrnehmung driftet von der realen Umgebung ab und formt sich zu einer, wie der Brockhaus beschreibt, virtuellen Realität. Bergmann beschreibt virtuelle Welten als Umgebungen, in denen sich SpielerInnen, im Gegensatz zu Bilderwelten, unreflektierend mit dem Spielgeschehen vereinen: „Wo der Spieler sich in diese Welt einfindet, ihre Gefahren pariert und ihrer Schnelligkeit Stand hält, da vermengt er sich eher mit ihr, als dass er sie betrachtet und sich in ihr reflektiert. In den Computerwelten und -spielen ist weniger von der

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Verführung durch Bilder zu reden als von der Eigenart einer Mensch-MaschineSynergie, die es so -so total! - vorher noch nie gegeben hat.“ (Bergmann/Hüther 2006, 14)

Die moderne Psychotherapie bezeichnet virtuelle Welten als Zufluchtsort. Psychische Störungen, die nicht ertragen werden können und aus dem Nichtertragen von Lebenstatsachen wie der Endlichkeit oder der Körperlichkeit resultieren, veranlassen den Menschen, eine fantastische psychische Realität zu bilden. Diese eigene virtuelle Realität, in der der Mensch gefangen ist, hat den Zweck, Lebenstatsachen zu verleugnen und zu verändern, um sie so erträglicher zu machen. Virtuelle Welten in Computerspielen bieten Platz für das Ausleben der eigene virtuelle Realität (vgl. Hardt et al. 2009, 16f). Virtuelle Welten erfüllen gerade im Kindesalter eine wichtige Aufgabe. Sie dienen als Ort, an dem Konkurrenz, Kampf und die Einordnung in die Gesellschaft erprobt werden können. Die Gefahr virtueller Welten besteht darin, dass die Grenzen zwischen Fantasie und Wirklichkeit verschwimmen. Dies kann schwerwiegende Folgen für die psychische Entwicklung und psychische Gesundheit haben. Eine weiter Gefahr lauert in der (ideologischen) Manipulation: „Virtuelle Welten sind zunehmend dem Beeinflussungsapparat des Konsumismus unterworfen. So wird die spielerische Fantasie als Bestandteil der Lebenswelt vom System kolonialisiert und ausgebeutet.“ (Hardt et al. 2009, 19) Ökonomische Interessen können in virtuellen Welten unter dem Mantel des Spiels besonders leicht zugänglich gemacht werden.

1.3.2 Presence und Immersion Der Vorgang des Eintauchens in eine virtuelle Welt lässt sich mit verschiedenen Begriffen darstellen. Häufig werden die Begriffe Presence und Immersion genannt, die den psychischen Zustand eines Menschen während des Medienkonsums beschreiben. Mit dem vermehrten Aufkommen digitaler Mediennutzung haben verschiedene Forschergruppen versucht, Konzepte zu Presence und Immersion zu entwickeln, um das Erleben der SpielerInnen innerhalb von virtuellen Welten beschreiben zu können. Steuer, der den Begriff Presence im Jahr 1992 eingeführt hat, versteht darunter das schlichte Empfinden, sich in einer Umgebung anwesend zu fühlen (vgl. Pietschmann 2009, 41). Weitere Konzepte, wie das von Lombard und Ditton (1997), befassen sich mit differenzierter Wahrnehmung in virtuellen Welten. Mit the perceptual illusion of nonmediation beschreiben sie die Illusion, die eintritt, wenn die Spielerin eine virtuelle Welt als real annimmt, wobei es sich bei diesem Illusionszustand um keine psychische Wahrnehmungsstörung handelt, da der Person ihr Aufenthalt in einer virtuellen Welt durchaus bewusst ist (vgl. 1997). Einige Forscher wie Steuer (1993) oder Pietschmann (2009) sehen im Presence Konzept drei Komponenten: Spatial Presence, Social Presence und Self Presence. Für das Computerspielerlebnis spielen alle drei Begriffe eine große Rolle. Auf der nächsten Seite folgt eine kurze Beschreibung dieser Presence- Begriffe.

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Spatial Presence Mit Spatial Presence lässt sich die Illusion verstehen, die SpielerInnen in einer virtuellen Welt erfahren. Je stärker SpielerInnen illusioniert werden, desto höher ist das Spielerlebnis in virtuellen Welten. Faktoren für die Spacial Presence sind Lebendigkeit und Interaktivität (vgl. Steuer 1993,11). Unter Lebendigkeit wird die Anzahl der angesprochen Sinneskanäle beschrieben. Ein Computerspiel kann beispielsweise neben den visuellen und auditiven Sinneskanälen auch ein haptisches Erlebnis auslösen, wenn zum Beispiel der Spielcontroller vibriert. Doch nicht nur die Anzahl der Sinneskanäle lässt sich erweitern, sondern auch die Intensität. So kann mit Hilfe eines 5.1 Soundsystems das auditive Erlebnis und damit die Spatial Presence deutlich erhöht werden. Interaktivität als zweiter Bestandteil der Spatial Presence lässt sich in drei Teilbereiche gliedern: Geschwindigkeit, Reichweite und Zuordnung. Die Geschwindigkeit beschreibt die Zeit zwischen dem Auslösen eines Joystick Buttons und der Reaktion der Spielfigur. Die Reichweite bezieht sich auf die Menge aller Interaktionsmöglichkeiten. Die Zuordnung beschreibt die Möglichkeit, die Eingaben der SpielerInnen möglichst authentisch zu gestalten. Bei einem Autorennen wirkt beispielsweise die Eingabe über ein, an den Computer angeschlossenes Lenkrad, viel authentischer als die Eingabe über einen Joystick. Frühe Spiele boten nur einen niedrigen Anteil an Spatial Presence, währenddessen moderne Spiele ein immer größeres und intensiveres Spektrum an Sinneserlebnissen bereitstellen. Einen hohen Wert an Spatial Presence bieten Virtual Reality Spiele. Durch spezielle Hardware wie einem Head-Mounted Display, Datenhandschuhen und Geräte zur Kraftrückkopplung erlangen SpielerInnen hierbei zweifelsfrei das Größte Ausmaß an Spatial Presence und somit an immersiver Spielerfahrung (vgl. Pietschmann 2009, 45ff). Social Presence Mit Social Presence wird die Mensch-Mensch Interaktion beschrieben, die beispielsweise in Online Rollenspielen zu finden ist. In Genres wie MMORPGs ergibt sich durch das Zusammenspiel von Menschen eine soziale Erfahrung, die jeweils abhängig ist vom subjektiven Empfinden sowie von der verwendeten Kommunikationstechnologie (vgl. Pietschmann 2009, 48). Social Presence lässt sich in drei Formen gliedern: Copresence (Kopräsenz) , Psychological Involvement (psychischer Involvierung) und Behavioral Engagement (Verhaltensaustausch). Kopräsenz beschreibt die Wahrnehmung, mit einer anderen menschlichen Person im virtuellen Raum zu stehen. Das Gefühl der Kopräsenz wird verstärkt durch andere menschliche Avatare hervorgerufen. Mit psychischer Involvierung als zweite Dimension von Social Presence lässt sich die Anerkennung von Spielfiguren verstehen, obwohl diese nur eine grafische Repräsentation anderer SpielerInnen sind. Auch NPCs18 können als sozial gleichwertige Spielfiguren angesehen werden. Die Voraussetzung dafür ist eine angemessene künstliche Intelligenz und das Erkennen von Handlungsabsichten. Als dritte Dimension nennt Pietschmann den Verhaltensaustausch zwischen den Spielfiguren. Je mehr Emotionen und Gesten in der Kommunikation der Figuren zu beobachten sind, desto höher steigt das Erlebnis der Social Presence für die SpielerIn.

18 NPCs: Non Player Characters

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Wünsch und Jenderek (2008) unterscheiden zwei Konzepte der Social Presence: Identifikation und Parasoziale Interaktion. Identifikation beschreibt den Zustand, wenn sich die SpielerIn in die Rolle der Spielfigur versetzt und an ihren Erfahrungen, Erlebnissen und Emotionen teilnimmt. Ein Beispiel dafür wäre der Satz: „Ich habe den Gegner besiegt“ statt dem Satz „Super Mario hat den Gegner besiegt“. Mit Parasozialer Interaktion beschreiben die Autoren die Situation, in der die Spielfiguren einer virtuellen Welt wie ein reales Gegenüber wahrgenommen und behandelt werden. „[Die SpielerIn] behandelt alle Figuren wie Personen – egal, ob der Rechner oder ein Spieler sie steuert.“ (2008, 54) Presence steht mit dem Begriff Immersion stark in Verbindung; unter beiden Begriffen lässt sich der Aufenthalt in virtuellen Welten verstehen. Während Presence jedoch die bloße Anwesenheit in der virtuellen Welt beschreibt, verstehen einige Forschergruppen (z.B. Witmer/ Singer 1998) unter Immersion den Zustand des völligen Eintauchens, in der sich die SpielerIn fallen lässt und ihre volle Aufmerksamkeit dem Computerspiel widmet. Der Unterschied zwischen Presence und Immersion liegt nach der Forschergruppe um Slater darin, dass Immersion objektiv quantifizierbar ist, während Presence als ein rein subjektives Gefühl erlebt wird (vgl. Slater/ Wilburg 1997, 603ff). Die Intensität der Immersion ist abhängig von der Aufmerksamkeit, die die SpielerIn der virtuellen Welt schenkt (vgl. McMahan 2003,68). Die Aufmerksamkeit wiederum ergibt sich durch die vorher genannten Dimensionen der Presence. Einige Forschergruppen erwähnen im Zusammenhang mit Immersion auch den Begriff Engagement, der die aktive Befassung der SpielerIn mit den Spielinhalten ausdrückt. Neben Immersion als rezipierenden und passiven Modus der kognitiven Involvierung19 kann Engagement als aktiver-analytischer Modus beschrieben werden. „Unter Immersion soll ein psychischer Zustand verstanden werden, bei dem Nutzer eines Medienangebots die vermittelten virtuellen Sinneseindrücke durch kognitive Überlagerung als dominant gegenüber den realen Sinneseindrücken wahrnehmen. Immersion wird demnach als spezielle Form der Involvierung begriffen, bei der der Nutzer das Medienangebot wahrnimmt, indem er die Inhalte kognitiv-systematisch automatisiert rezipiert. Engagement hingegen beschreibt den analytischen Modus, bei dem der Nutzer den jeweiligen Medieninhalt kognitiv-systemisch aktiv erlebt entsprechend ergibt sich die Begriffsopposition: Immersion vs. Engagement.“ (Pietschmann 2009, 76)

Immersion bzw. Involvierung kann nicht auf Anhieb konstant und in voller Intensität erfahren werden, sondern steigert sich über Stufen hinweg. Brown und Cairns (2004) haben ein Modell entwickelt, welches drei Stufen der Involvierung beschreibt: Engagement als erste Stufe, Engrossment als zweite, und Total Immersion als dritte Stufe. Mit der Dauer der Spielzeit werden die Stufen – und die Barrieren, die die drei Stufen voneinander abtrennen - überwunden, dies hat eine Steigerung der Involvierung zur Folge. 19 Involvierung umfasst Immersion als passiv rezipierenden Modus (Sinneseindrücke, die SpielerInnen erfahren) und Engagement als aktiv analytischen Modus (SpielerInnen setzen sich aktiv mit dem Inhalt auseinander)

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Engagement bildet die unterste Stufe. Um diese Stufe zu erreichen, muss die SpielerIn ein grundsätzliches Interesse für das Computerspiel zeigen; das Spiel sollte von der SpielerIn bedient werden können und ihren Vorlieben entsprechen. Als zweite Stufe nennen Brown und Cairns Engrossment. Diese Stufe erreicht die SpielerIn, wenn das Spiel emotional auf die SpielerIn wirkt, wenn sie also emotional mit dem Spiel verbunden ist und ihre volle Aufmerksamkeit auf das Spiel richtet. Die Voraussetzung für Engrossment liegen im ganzheitlichen Zusammenspiel und der Qualität der Spielelemente. Total Immersion wird die dritte Stufe genannt. Dieser Zustand der absoluten Immersion bzw. Involvierung zeigt sich, wenn alle Gedanken und Emotionen auf das Spiel konzentriert sind. Brown und Cairns gehen davon aus, dass der Zustand der Total Immersion nicht über das ganze Spiel hinweg aufrecht erhalten werden kann, sondern sich nur vereinzelt ergibt. Die Voraussetzung für Total Immersion bilden Empathie und Atmosphäre. Empathie drückt in diesem Fall die emotionale Bindung des Spielers an die Spielfigur im Laufe des Spiels aus, Atmosphäre bedeutet die Komposition der audiovisuellen Spielelemente. Durch eine enorme Anzahl an auditiven und visuellen Reizen, die sich in Atmosphäre und Empathie ausdrücken, wird die Aufmerksamkeit der SpielerIn gefordert. Dies führt zu einem hohen Maß an Involvierung. Doch nicht nur Empathie und Atmosphäre tragen zur Involvierung bei. Entscheidend ist ,neben dem Spielspaß, auch das Flow Erlebnis, das im folgenden Unterkapiel expliziert wird.

1.3.3 Das Flow Erlebnis Der Begründer der Flow Theorie, Mihaly Csikszentmihalyi, beschreibt Flow als ein harmonisches Gefühl, das ausgelöst wird, wenn beim Ausüben einer Aktivität (wie dem Computerspielen) die eigenen Fähigkeiten mit den Herausforderungen einer Tätigkeit im Gleichgewicht liegen. Enjoyment appears at the boundary between boredom and anxiety, when the challenges are just balanced with the persons's capacity to act (vgl. Csikszentmihalyi 2008a, 52). Der Flow Zustand lässt den Menschen ein entspanntes, angenehmes und energievolles Gefühl erleben. „Flow is a state in which people are so involved in an activity that nothing else seems to matter; the experience itself is so enjoyable that people will do it even at great cost, for the sheer sake of doing it.“ (ebd. 2008a, 4) Grundvoraussetzung für das Empfinden des Flow Gefühls ist die Lösbarkeit der gestellten Aufgabe (vgl. Seifert/Jöckerl 2008, 301). Sind die Anforderungen an SpielerInnen zu niedrig und fühlen sie sich unterfordert, entwickelt sich Apathie (vgl. Cowley et al. 2008, 11). Wenn sich die Aufgaben als zu schwer herausstellt besteht die Gefahr, dass die SpielerIn aus Ängstlichkeit die Motivation verliert, dies ist ebenso hinderlich für das Flow Erlebnis. Die Grafik auf der nächsten Seite veranschaulicht das Flow Prinzip.

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Abb.1: Das Flow Modell nach Csikszentmihalyi

„If challanges and skills are both low, one experiences apathy and the overall quality of the subjective experience is the lowest. If challenges and skills are both high, the liklihood of experiencing flow is maximised and the overall quality of the subjective experience is the highest.“ (Pace 2008, 3) Um das Flow Modell auf das Computerspielen zu übertragen, haben Sweetser und Wyeth (2005) das Game-Flow Modell entwickelt, das auf den Flow Ansätzen von Csikszentmihalyi beruht. Folgende Komponenten sind demnach für das Erleben des Flow Gefühls in Computerspielen entscheidend: • • • • • • • •

Konzentration - Die Person ist im Stande, sich auf die Aktivität zu konzentrieren Herausforderung – Die Person braucht angemessene Herausforderungen Fähigkeit - Die Person hat die geeigneten Fähigkeiten um die Aufgabe zu bewerkstelligen Kontrolle - Die Person hat die Kontrolle über die Aktivität Klare Ziele – Die Aktivität hat klare Ziele Rückmeldung – Die Person bekommt eine schnelle Rückmeldung ob die Handlung richtig oder falsch ist Immersion – Die Person ist in der Aktivität versunken, alles andere ist sekundär Soziale Interaktion – Soziale Kontakte im Spiel, die das Flow Erlebnis erhöhen

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Murphy et al. (2011) nennen vier Punkte, auf die GamedesignerInnen achten sollten, um das Flow Erlebnis zu gewährleisten: Klare, verständliche Aufgaben Aufgaben teilen sich in drei Arten: explizite Aufgaben, implizite Aufgaben und Aufgaben, die von der SpielerIn definiert werden (player-driven tasks). Unter expliziten Aufgaben lassen sich grundsätzliche Aufgaben verstehen, die unumgänglich für das Fortschreiten des Spiels sind. (z.B. den Endgegner besiegen) Implizite Aufgaben sind Aufgaben, die als solche nicht vom Spiel übermittelt werden, aber dennoch essentiell sind. (z.B. das Überleben der Spielfigur bzw. einen möglichst guten Gesundheitszustand des Avatars zu erhalten) Als dritter Teil werden player-driven tasks genannt. Diese Art von Aufgaben versprechen einen hohen Grad an Enjoyment und Spielerlebnis. Es handelt sich dabei um Aufgaben, die sich SpielerInnen selbst stellen, wenn die Voraussetzungen in der Spielwelt gegeben sind. „Player- driven tasks are limited only by the creativity of the player and the sophistication of the game machanics.“ (Murphy et al. 2011, 7) Ein Beispiel für Player- driven Tasks ist im Computerspiel Minecraft zu erkennen: SpielerInnen haben die Möglichkeit, die Spielwelt zu zerstören bzw. Ressourcen abzubauen und durch die Kombination abgebauter Ressourcen neue Materialien zu gewinnen, mit denen sich neue Objekte bauen lassen. Explizite Aufgaben bleiben vollständig aus, dafür muss sich die SpielerIn selbst die Aufgabe machen, ihre eigene Lebenswelt zu kreieren. Eine einzige (implizite) Aufgabe besteht darin, sich vor wilden Tieren zu schützen, die in der Nacht auftauchen. Minecraft ist mit 15 Millionen verkauften Exemplaren besonders wegen der Freiheit, die es SpielerInnen bietet, beliebt. Auch in anderen Sandbox20 Spielen wie in Grand Theft Auto ist es der SpielerIn möglich, neben einiger expliziten Aufgabenstellungen, verschiedene Player- driven tasks zu erfüllen. Direktes Feedback Ein zweites Erfordernis für das Flow Erlebnis ist die rasche Rückmeldung (Feedback) an die SpielerInnen. Gerade im Lernprozess eines Spiels ist rasches Feedback unumgänglich, da sonst schnell Ungewissheit über die getätigte Aktion auftritt. Rückmeldungen sollten laut Murphy et al. immer positiv formuliert werden und der SpielerIn helfen, ihre Fehler zu korrigieren bzw. Einblick über ihren aktuellen Status oder Rang zu geben. Essentielle Rückmeldungen in Computerspielen sind beispielsweise, nach der Erfüllung einer Aufgabe, die Meldung „Aufgabe erfüllt“ oder eine Fortschrittsanzeige, die den Fortschritt eines virtuellen Bauvorhabens anzeigt (vgl. 2011, 8). Auch Benachrichtigungen, die den SpielerInnen in einem unübersichtlichen Gelände den Weg zeigen sind für das Flow Erlebnis wichtig. Allgemein sollte das Spiel der SpielerIn viel Aufmerksamkeit schenken; die Aufmerksamkeit kann in Form von Feedback erbracht werden.

20 Sandbox Spiele zeichnen sich durch ihre weitläufige Welt, die dem Spieler eine große Schaffensfreiheit bietet, aus.

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Balance zwischen Herausforderungen und Fähigkeiten der SpielerInnen Die Ausgewogenheit zwischen Anforderungen und Player Skills ist eine Voraussetzung für das Erreichen des Flow Gefühls und erfordert viel Feingefühl der Game- DesignerIn. Um die Balance zu erzielen, ist es nötig, ein Spiel mit niedriger Schwierigkeitsstufe zu starten. Je länger die SpielerIn das Spiel spielt, desto kompetenter wird ihr Spielverhalten. Mit steigender Spieldauer sollte auch das Schwierigkeitsniveau angehoben werden, um die SpielerIn nicht zu langweilen. Doch dies ist leichter gesagt als getan, SpielerInnen äußern ein unterschiedliches Spielverhalten und auch der Lernprozess erfolgt bei manchen schneller und bei anderen langsamer. Darum ist es wichtig, das Zielpublikum zu kennen und welche Fähigkeiten und Erfahrungen es besitzt. Weiters sollen neue Fähigkeiten nur einzeln, Stück für Stück, eingeführt werden und logisch aufeinander aufbauen, um Klarheit zu verschaffen. Hinderlich für das Flow Erlebnis ist das Überschütten der SpielerIn mit Informationen. Die Informationen, die beispielsweise im Interface angezeigt werden, sollten sich, wenn nötig, mit dem Spielfortschritt häufen (vgl. Murphy et al. 2011, 11f). Um die Herausforderungen dynamisch der SpielerIn anzupassen, kann das Programmiermodell Dynamic Difficulty Adjustment (DDA) angewendet werden. Kuang und Lextrait (2012) beschreiben DDA als ein System, das Möglichkeiten bietet, das Können der SpielerInnen zu messen und darauf hin die Herausforderungen anzupassen (vgl. 2012, 1). Problematisch bei der Anwendung von DDA ist jedoch, dass DDA auf künstlicher Intelligenz basiert und somit nur die aktuellen Handlungen nachvollziehen kann, nicht jedoch den demographischen Hintergrund der SpielerInnen inklusive des Erfahrungsschatzes, der als weitaus wichtiger erscheint. „[...] Knowing the demographic well, by finding the most effective questions to ask and obtaining the most important information, is much more important than enginieering a dynamic tweaking system for in-game attributes.“ (2012, 25) Eine Möglichkeit wie sich Dynamic Difficulty Adjustment besser anwenden lässt, ist wenn die SpielerIn die Schwierigkeitsstufe selbst wählen kann. Gut umgesetzt wurde diese Option im Computerspiel FlOw21 in dem es SpielerInnen überlassen ist, welche Schwierigkeitsstufe sie wählen: als kleine Amöbe muss die SpielerIn andere Amöben fressen, um größer und stärker zu werden. Das Spiel beginnt auf der höchsten Ebene. Auf jeder Ebene gibt es neben anderen Amöben auch rote und blaue Amöben durch diese man eine Ebene nach unten bzw. durch die blaue Amöbe eine Ebene nach oben gelangt. Je weiter sich die SpielerIn nach unten begibt, desto komplexer und aggressiver werden die anderen Amöben. So können SpielerInnen das Spielniveau nach ihrer eigenen Geschicklichkeit anpassen. Kommt auf einer Ebene Langeweile auf, kann sich die Spielerin auf eine schwierigere Ebene begeben. Diese eigene Entscheidungsfähigkeit ist für das Erleben des Flow-Gefühls optimal.

21 SuperVillain Studios / Sony Computer Entertainment, 2006

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Ablenkungen minimieren Als letzten Punkt nennen Murphy et al. die Vermeidung von komplexen Strukturen, speziell in der Anfangsphase eines Spiels, in der sich die SpielerIn noch im Lernprozess befindet. Besonders im Interface- Design sollten Informationen wie Highscores und Ziele möglichst klar gehalten werde. Außerdem sollten Ablenkungen, wie blinkende Lichter oder unnötige Animationen vermieden werden. „A bad interface will not only hinder flow but actively increase the game's difficulty by adding the hidden task to 'figure out the interface'. […] Essentially, a good interface will feel 'invisible' to the player, only noticed when they are actively using it. A good interface leaves a player's brain power focused on the task at hand while also guiding their attention to what is important.“ (2011/19) Wie im Computerspiel flOw, kann ein Spiel auch ohne Interface auskommen, wodurch eine starke Reduktion der Ablenkung und somit eine hohe Konzentration auf die Spielwelt erreicht wird. Als einen weiteren Faktor der Ablenkung werden zu viele Auswahlmöglichkeiten genannt. Hier greifen Murphy et al. auf eine Studie von Barry Schwartz22, die besagt, dass wenige Auswahlmöglichkeiten besser als zu viele sind, da sie SpielerInnen überfordern. Auch wenn die vielen Optionen der Spielwelt allesamt positiv dienen, besteht die Gefahr, dass sich SpielerInnen nicht entscheiden können und somit keine Auswahl treffen. Auch in den Handlungsmöglichkeiten sollten SpielerInnen nicht überfordert werden. Ein Spiel, bei dem das Prinzip weniger ist mehr gilt, ist das Spiel Tiny Wings23. Das Spielprinzip ist simple, die Handlungsmöglichkeiten sind auf eine reduziert: Die SpielerIn muss durch gezieltes Drücken auf die Bildschirmoberfläche eines Smartphones einen Vogel zum Fliegen bringen. Müsste die SpielerIn mit der zweiten Hand beispielsweise die Flugrichtung steuern, könnte dies womöglich überfordernd wirken und das Flow Erlebnis unterbrechen. Zahlreiche Studien berichten über den Zusammenhang von Flow und sozialer Interaktion. In einem Experiment von Weibel et al. (2007) werden die Zusammenhänge zwischen Flow und dem Spiel Mensch vs. Computer und Mensch vs. Mensch untersucht. Die Ergebnisse zeigen ein deutlich intensiveres Flow Erlebnis und eine höhere Intensität der Presence in Onlinespielen. Die Studie weist auf, dass ein intensives (social) Presence Gefühl zu Flow führt und sich dieser im Enjoyment24 der SpielrInnen ausdrückt (vgl. 2007, 2286ff). Hinsichtlich Computerspielsucht zeigt die Auswertung der Fragebögen in einer Studie von Wan und Chiou eine negative Korrelation von Flow und Computerspielsucht: „Online games players with pathological use did not experience high level of flow state and their addiction to online games could not be explained by the flow experience. Moreover, the flow state might not be a significant predictor of players´ addiction to online gaming.“ (2006, 322) Folglich schließen sie darauf, dass das Flow Erlebnis keinen Hauptmotivationsgrund für exzessive SpielerInnen darstellt.

22 Schwartz, Barry, 2004, The Paradox of Choice, Why More is Less, Harper Perennial. 23 Anderas Illiger, 2011 24 Unter Enjoyment wird in diesem Zusammenhang Spielspaß verstanden.

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1.4 Résumé In diesem Kapitel wurden grundlegende Konzepte wie Unterhaltung, Macht und Herrschaft sowie die Kontrolle über das Spielen beschrieben, die SpielerInnen veranlassen, ein Spiel aus intrinsischen Motivationsgründen gern zu spielen. Doch auch extrinsische Motivaionshintergründe wie die kontinuierliche Belohnung wurden erörtert. Um dem Suchtverhalten im Computerspielen näher zu kommen, wurden in diesem Kapitel auch die Wirkungsweisen von verschiedenen Komponenten wie Flow, Immersion oder Fun untersucht. Alle beschriebenen Faktoren sind eine wichtige Voraussetzung um SpielerInnen am Spielen zu halten. Obgleich in Begriffen wie Flow oder Immersion das Eintauchen in Computerwelten zu verstehen ist, das den Verlust des Zeitgefühls oder das Abschalten der realweltlichen Umgebung mit sich bringt, beinhalten diese Begriffe noch keinen Suchtcharakter. Jedoch sind sie fundamentale Voraussetzungen für das Suchtverhalten der SpielerIn. Das nächsten Kapitel versucht nun zunächst Aufschluss über Verhaltenssüchte zu geben um in Folge dessen den Zusammenhang zwischen Computerspielen und Sucht zu erörtern.

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2. Sucht und Abhängigkeit bei Computerspielen

Online- und Computerspielsucht ist ein aktuelles und häufig diskutiertes Thema und tritt mit markanten Überschriften wie Zockend in die Psychiatrie25 oder 0,5 Prozent aller Computerspieler "abhängig"26 gerne in den Medien auf. Häufig wird mit Zahlen von vermeintlichen Computerspielsüchtigen jongliert, doch es stellt sich die Frage, wo überhaupt die Grenze zwischen exzessivem Computerspielen und pathologischer Computerspielsucht als Krankheitsbild verläuft. Computerspielsucht wird häufig mit Computersucht in Verbindung gebracht und im Zusammenhang mit Internetsucht beschrieben. Da das Internet aber verschiedene Typen mit potentiellem Suchtcharakter wie Online-Glücksspiele, Online-Handel, Date-Plattformen oder Online- Computerspiele bietet, sollte beachtet werden, dass das Internet nur ein Medium ist, dass zur Befriedigung von vielen verschiedenen Verhaltenssüchten dienen kann. Somit enthüllt sich der Begriff des Internetsüchtigen als schwammig, da der Begriff alle technological addictions vereint (vgl. Grüsser/Thalemann, 2006a, 30). Computerspielsucht ist von deutschen und internationalen Verbänden nach wie vor nicht als Suchterkrankung mit einer Diagnose akzeptiert27. (wohl zum Gefallen der Krankenkassen, die nämlich bei einer Diagnose : Computerspielsucht für die Therapie aufkommen müssten). Dies liegt wahrscheinlich daran, dass die Datenlage zur Computerspielnutzung noch relativ dürftig ist, da viele Forscher zu wenig persönliche Erfahrung und Kenntnisse über Computerspiele haben (vgl. Kimmt 2008, 58). Obwohl die Verhaltenssucht (z.B Kaufsucht, Arbeitssucht oder Computerspielsucht) von vielen Experten noch immer kritisch betrachtet wird, bestehen bereits Überlegungen, sie in Diagnosesysteme aufzunehmen (vgl. Thalemann 2009, 2). In den aktuellen Diagnosesystemen ICD-1028 und DSM-IV-TR29 ist lediglich die Glücksspielsucht eingetragen. Dass Computerspielsucht als Störungsbild existiert, ist unter Experten unumstritten. Uneinig ist man sich aber, mit welchen (einheitlichen Kriterien) und Methoden sich Computerspielsucht diagnostizieren lässt und wie die therapeutisch - organisatorische Einbettung vonstatten geht. Einen weiteren Konflikt gibt es bei der Betreuung: während abhängige SpielerInnen von einer Suchtberatungsstelle betreut werden würden, wäre bei einer Verhaltens- bzw. Persönlichkeitsstörung eine psychosomatische Betreuung notwendig (vgl. Fritz et al. 2011, 240). Das folgende Kapitel befasst sich mit Sucht im psychologischen und neurologischen Kontext und weiterführend mit Abhängigkeitserscheinungen in Computerspielen.

25 http://www.bild.de/spiele/spiele-news/computerspiele/spielsucht-beratung-therapie-26541570.bild.html aufgerufen am 12.10.12 26 http://www.krone.at/Wissen/0.5_Prozent_aller_Computerspieler_abhaengig-Spielsucht-Story-246491 abgerufen am 12.10.12 27 Siehe auch: http://www.spiegel.de/netzwelt/games/neue-studie-forscher-finden-kaum-computerspielsuechtige-a745907.html , abgerufen am 12.10.2012 28 International Classification of Disease (Dilling, Mombour und Schmidt, 2000) 29 Diagnostic and Statistical Manual of mental Disorders (Saß, Wittchen, Zaudig und Houben, 2003)

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2.1 Über die Begriffe Sucht und Abhängigkeit Die Verwendung der Begriffe Sucht und Abhängigkeit gilt nach Thalemann (2009, 3) als problematisch, da sie heutzutage meistens analog verwendet werden. Während die WHO im Jahr 1950 die stoffgebundene Abhängigkeit noch als Drogensucht bezeichnete, kam ab dem Jahr 1964 nur noch der Begriff Drogenabhängigkeit in Verwendung. Heute wird der Begriff Abhängigkeit eher mit stoffgebundenen Suchtformen verwendet und der Begriff Sucht mit Verhaltenssucht in Verbindung gebracht, wobei einige Forschergruppen auch den Begriff Computerspielabhängigkeit verwenden. (2009, 3) Sucht bedeutet einen Freiheitsentzug für die Betroffenen und bewirkt einerseits das gleichzeitige Ausweichen und Verdrängen von Problemen und andererseits das starke Verlangen nach einer oder mehreren Scheinwelten; in Computerspielen kann die virtuelle Welt als Scheinwelt bezeichnet werden (vgl. Kunczik/ Zipfel 2010, 24). Ethymologisch leitet sich der Begriff Sucht von siech (mittelhochdeutsche Bedeutung von krank) ab und nicht, wie manchmal fälschlicherweise behauptet wird, von Suchen. Im Mittelalter wurden darunter vor allem (Fehl-) Verhaltensweisen wie Habsucht oder Streitsucht und überdies der Gebrauch von psychotropen Substanzen verstanden. Ende des 19. Jahrhunderts, als die Merkmale allgemeiner stoffgebundener wie auch nichtstoffgebundener Substanzen feststanden, wurde Sucht in vier besonders relevante Suchtformen unterteilt: Trunksucht, Morphiumsucht, Kokainsucht und Spielsucht. Die in den 1980er Jahren propagierte Trennung von stoffgebundener und nichtstoffgebundener Abhängigkeit wurde schon viel früher von anderen Autoren im frühen 20. Jahrhundert beschrieben, die zwischen Süchten nach chemischen Substanzen und Tätigkeitssüchten wie der Sammelsucht oder der Spielsucht unterschieden (vgl. Grüsser/ Thalemann 2006b, 16). Abhängigkeit ist wiederum eine Folgeerscheinung des Konsums psychotroper Substanzen (Drogen), deren Intensität und Wirkung von Faktoren wie der Menge oder der Verfassung der KonsumentIn abhängig ist. „Beim Abhängigkeitssyndrom handelt es sich um eine Gruppe körperlicher, behavioraler (verhaltensbezogener) und kognitiver Phänomene. Während sich Missbrauch durch ein schädliches Konsummuster mit negativen sozialen oder zwischenmenschlichen Folgen auszeichnet, kann das Abhängigkeitssyndrom von Entzugssymptomen und Toleranzbildung bis hin zu erheblich körperlichen und diversen schweren psychischen Beeinträchtigungen begleitet sein.“ (Grüsser/ Thalemann 2006b, 17)

Die Definition von Abhängigkeit psychotroper Substanzen ist nach Dilling et al. (2004) klar definiert. Um eine Abhängigkeitsdiagnose festzustellen, müssen mindestens drei der folgenden sechs Kriterien vorhanden sein: • • • • •

Ein großes Verlangen nach psychotropen Substanzen. Eingeschränkte Kontrolle über Zeitpunkte und Menge der Substanzaufnahme. Entzugserscheinungen, die nach der Beendigung des Konsums auftreten. Toleranzentwicklung, die den Konsumenten zur Einnahme von höhere Dosen veranlasst. Vernachlässigung von Interessen oder Kontakten, die nicht mit dem Drogenkonsum 27



verbunden sind. Für Beschaffung und Konsum der Substanz wird viel Zeit investiert. Kontinuierlicher Konsum, obwohl der Konsument die schädliche Wirkung und Folgen kennt.

Die Folgen der Abhängigkeit sind, wie im letzt genannten Zitat angeführt, einerseits auf psychischer Ebene, in Form von Gewohnheitsbildung, und andererseits auf physischer Ebene, in Form von Toleranz- und Entzugssymptomen zu beobachten.

2.2 Definition und Klassifikation von Verhaltenssucht Die Definition von Verhaltenssucht, bei der es sich um eine nichtstoffgebundene Sucht handelt, beschreibt die exzessive Ausführung einer Tätigkeit, die über das normale Maß hinausgeht. Im Gegensatz zur stoffgebundenen Abhängigkeit spielen Substanzen bei der Verhaltenssucht keine Rolle. Dennoch kann ein psychotroper Effekt im Sinn einer psychischen Abhängigkeit durch körpereigene biochemische Veränderungen auftreten (vgl. Thalemann 2009, 4). Die Funktion der Verhaltenssucht ist, gleich wie die der stoffgebundenen Sucht, die, durch exzessives und belohnendes Verhalten (z.B. intensive Computer-/Internet-Nutzung, exzessives Kaufen oder exzessives Sport treiben) Gefühle wie Frustration und Stress zu verdrängen. Wie beim Konsum von Drogen kann dabei der eigentliche Grund des Konsums (Genuss) in den Hintergrund rücken. Somit hat das exzessive Verhalten vor allem die Funktion der Stressbewältigung. „Das suchtartige Verhalten wird im Laufe einer krankhaften Verhaltensentwicklung oftmals zur noch einzig vorhandenen Bewältigungsstrategie im Sinne einer Selbstmedikation: Psychische Belastungen und Stressoren wie belastender Alltag, Ängste, Einsamkeit, Schüchternheit, Langeweile, Versagenserlebnisse, Gruppendruck oder schwierige Entwicklungsprozesse sollen auf diese Weise reduziert werden. Somit ist die Einordnung einer exzessiven Verhaltensweise als Verhaltenssucht gerechtfertigt, wenn sie bestimmte Merkmale erfüllt.“ (Grüsser/ Thalemann 2006a, 26)

Im Gegensatz zur stoffgebundenen Abhängigkeit, lässt sich Verhaltenssucht nicht anhand von einheitlichen Kriterien bestimmen, da es noch nicht in ein Klassifikationssystem aufgenommen wurde (vgl. Thalemann 2009, 4). Lediglich eine einzige suchtartige Verhaltensweise, das pathologische Glücksspiel, ist in ein Klassifikationssystem aufgenommen worden, in der Kategorie Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen als Störung der Impulskontrolle. Unter Störung der Impulskontrolle sind neben dem pathologischen Glücksspiel Verhaltensstörungen wie Pyromanie und Kleptomanie eingegliedert, also Verhaltensweisen, bei denen der Betroffene nicht in der Lage ist, dem Impuls, dem Trieb oder der Versuchung zu widerstehen (vgl. Grüsser/ Thalemann 2006b, 21). Die ersten Konzepte des Impulsstörungskonzepts stammen von Emil Kraepelin im Jahr 1896, der den Begriff des impulsiven Irreseins prägte. Er sah darunter einen Krankheitszustand, bei dem die Betroffenen einem nicht kontrollierbaren Impuls folgen, durch dessen Durchführung sie Erleichterung und Befriedigung erleben (vgl. Lampen-Imkamp/ te Wildt 2009, 123).

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„Meistens fühlt der Betroffene eine zunehmende Spannung oder Erregung, bevor er die Handlung durchführt und erlebt dann Vergnügung, Befriedigung oder ein Gefühl der Entspannung während der Durchführung der Handlung. Nach der Handlung können eventuell Reue, Selbstvorwürfe oder Schuldgefühle auftreten. Die Handlung geschieht wiederholt und ohne vernünftige Motivation.“ (Grüsser/ Thalemann 2006b, 21)

Verhaltenssucht orientiert sich an den Diagnosekriterien der pathologischen Glücksspielsucht, das als eigenständiche psychische Störung im Jahr 1980 in das psychiatrische Klassifikationssystem Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-III) der American Psychiatric Association und später auch in die internationake Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) der Weltgesundheitsorganisation WHO aufgenommen wurde (vgl. Zanki/ Fischer 2009, 67). Zu den Kriterien der Verhaltenssucht, die sich sowohl an den Kriterien für pathologisches Glücksspiel als auch an den Kriterien für Abhängigkeit orientieren, zählt Thalemann (2009, 5f) folgende Punkte: • • • • • • • • • • • • • •

Das Verhalten zeigt sich über einen Zeitraum, der mindestens 12 Monate dauert, in einer exzessiven und von der Norm abweichenden Form. Ein Kontrollverlust über die Aktivität macht sich bemerkbar. Das Verhalten wird als belohnend empfunden. Es entwickelt sich ein Toleranzgefühl, wodurch das Verhalten länger, intensiver oder häufiger ausgeführt wird, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Das anfänglich als angenehm empfundene belohnende Verhalten wird im Verlauf der Suchtentwicklung unangenehmer. Verspüren des Drangs, das Verhalten ausüben zu müssen. Die Ausübung einer Tätigkeit als Funktion, die Stimmung bzw. Gefühle zu regulieren. Die Erwartung eines angenehmen Effekts, der durch das exzessive Verhalten entsteht. In Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung werden viele Gedanken aufgebracht. Die Wahrnehmung auf bestimmte Bereiche des Verhaltens ist verzerrt. Es treten psychische und physische Entzugserscheinungen auf. Das exzessive Verhalten wird trotz schädlicher Folgen fortgesetzt. Wenn eine Konfrontation mit Reizen stattfindet, die mit dem exzessiven Verhalten assoziiert werden, treten konditionierte Reaktionen auf. Ein Leidensdruck macht sich bemerkbar.

Diese Kriterien haben eine starke Ähnlichkeit mit den Abhängigkeitskriterien; darum lassen sich auch verschiedenste Formen der Verhaltenssucht mit den diagnostischen Kriterien und dem klinischen Erscheinungsbild einer Abhängigkeitserkrankung beschreiben. Verglichen mit der stoffgebundenen Abhängigkeit lassen sich auch bei der Verhaltenssucht verschiedene Stufen der Abhängigkeit erkennen. Dazu zählen das Anfangsstadium, das Gewöhnungsstadium, sowie das Suchtstadium.30 Im Suchtstadium kann die Depravation eintreten, eine Persönlichkeitsveränderung bzw. eine Deformation der Persönlichkeit. Diese Veränderung wird durch hirnorganische Veränderungen ausgelöst. Solche Veränderungen können durch Therapie vermindert werden, sie können aber auch bleibende Schäden hinterlassen (vgl. Kunczik/ Zipfel 2010, 24). 30 Vgl. http://www.sos-spielsucht.ch/gluecksspiel/suchtentwicklung.html , abgerufen am 11.11.2012

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2.3 Internetsucht Der Begriff Internetsucht umfasst Verhaltenssüchte, die über das Medium Internet ausgeübt werden. Dazu zählen neben Verhaltenssüchten wie der Online- Kaufsucht oder dem Online- Dating auch die Onlinespielsucht. In verschiedenen Studien wird Internetsucht verschiedenartig bezeichnet; so sind im englischsprachigen Raum Begriffe wie Online Addiction, Pathological Internet Use (PIU) oder Internet Addiction Disorder (IAD) bzw. im deutschsprachigen Raum Internetsucht, Pathologischer Internetgebrauch (PIG) oder Internetabhängigkeitssyndrom (IAB) gebräuchlich (vgl. Hornung/ Lukesch 2009, 95). Der pathologische Internetgebrauch kann als tiefgreifende Störung der Affekt- und Beziehungsregulierung bezeichnet werden und lässt sich am ehesten in die Diagnoseklasse Persönlichkeits- und Verhaltensstörung einordnen (vgl. Schuhler et al. 2009,7). Die erste Beschreibungen zur Internetsucht kam von Ivan Goldber, einem Psychiater aus New York im Jahr 1995, der eine Symptomliste via E-mail an andere Experten sendete. Die eigentliche Pionierarbeit auf dem Gebiet der Internetsucht leistete jedoch Kimberley Young, die das Problem in mehreren Studien kritisch zu untersuchen begann. Aufbauend auf den Kriterien für pathologisches Glücksspiel, die im internationalen Diagnosesystem DSM-IV eingetragen sind, entwickelte sie Kriterien zur Identifizierung von internetabhängigen Personen. „Von Anfang an machte Young in ihren Arbeiten deutlich, dass die sich in exzessiver Internetnutzung niederschlagenden Psychopathologien sehr unterschiedlich manifestieren, dass es also von Bedeutung ist, ob jemand im Cyberspace hauptsächlich Computerspiele spielt, Produkte einkauft oder nach pornografischem Material sucht, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.“ (te Wildt 2009, 258)

Young definierte fünf Störungsformen im Umgang mit dem Internet, die von anderen Autoren weiterentwickelt und auf vier reduziert wurden: (vgl. Hornung/Lukesch 2009, 95f) Informationsüberlastung Der Drang nach der Suche nach Informationen, der exzessive Suchmaschinengebrauch und das zwanghafte Surfen im Internet werden als Informationsüberlastung bezeichnet. Onlinespielsucht Viele Studien untersuchen das Thema Onlinespielsucht am Beispiel des Online Rollenspiels World of Warcraft. Problematisch (hinsichtlich des Suchtpotentials) bei dieser Art von Spiel werden zum einen der hohe Gruppendruck und zum anderen der Umstand, dass sich die Spielwelt immer wieder verändert und dem Spieler dadurch ständig neue Herausforderungen gestellt werden, gesehen.

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Zwanghafte Nutzung von Netzinhalten Darunter lässt die Auslebung von Verhaltenssüchten im Internet verstehen, die nicht zwingend auf das Internet angewiesen sind. Dazu zählen zum Beispiel die Kaufsucht. Hier stellt sich die Frage, in wie weit die Verhaltenssucht durch das Internet begünstigt wird. Virtuelle Beziehungssucht Unter dieser Begrifflichkeit wird die Suche nach dem Partner oder der PartnerIn in Chat- Räumen oder Communities verstanden. Einige Menschen, die im realen Leben auf Grund ihrer Schüchternheit keinen Partner finden, versuchen im Internet ihr Glück. Während viele Autoren diese Einteilung als Grundlage der Internetsucht annehmen, gibt es Autoren wie Petry (2003), der die Kriterien auf Gamer, Surfer und Chatter reduziert. Diese, eher schwammige Einteilung macht deutlich, dass die Definition der Formen von Internetabhängigkeit noch verbesserungswürdig ist. Die Diagnosekriterien entwickeln sich bislang nach den Kriterien der stoffgebundenen Abhängigkeit. Darüber herrscht auch unter Forschergruppen weitgehend Einigkeit (vgl. te Wildt 2009, 260). Die ersten Kriterien wurden von Kimberly Young im Jahr 1996 definiert und in Folge von anderen ExpertInnen31 übernommen und weiterentwickelt. Folgende diagnostische Merkmale nennen Schuhler et al. (2009, 8): • • • • • • • •

Exzessive PC/Internet- Aktivität (im Umfang von mehr als 30 Stunden pro Woche) Verlangen nach Immersion und der Wunsch nach Anerkennung durch virtuelle Bekanntschaften Identitätsdiffusion32 Ich- Syntonie33 Defizite in der sozialen Interaktionsfähigkeit und Selbstwertregulierung Sozialer Rückzug mit sozialphobischen Vermeidungstendenzen Negative körperliche, psychische und soziale Folgen Hohe psychische Komorbidität (depressive Störungen, Angststörungen, Persönlichkeitsstörungen, Suchterkrankungen)

Anhand von Fragebögen, die nach derartigen Kriterien gestaltet wurden, haben Experten in den letzten Jahren ein missbräuchliches Internetnutzungsverhalten erörtert. Eine Studie von Greenfield (1999) in der 18000 InternetnutzerInnen befragt wurden, zeigt, dass etwa 6% der Befragten Kriterien für Internetabhängigkeit aufweisen. Eine jüngere Studie 34 des deutschen Bundesministeriums für Gesundheit besagt, dass 1% der 15000 Befragten im Alter von 14- 64 Jahren vom Internet abhängig sind. 31 z.B. Zobel (2001), Schuhler et al. (2009) 32 Die Identitätsdiffusion beschreibt eine Art Persönlichkeitskrise, in der Betroffene nicht wissen, in welche Richtung er sich entwickeln und wie sie ihr Ich beschreiben sollen. Siehe auch: http://www.psyheu.de/2577/identitaetsdiffusion-diagnose-narzissmus/ 33 Das eigene Verhalten, das einem Störungsbild zugeschrieben werden kann, wird vom Betroffenen nicht als krankhaft oder störend wahrgenommen. Siehe auch: http://www.uni-saarland.de/fak5/krause/kkol/dsmI1a.htm 34 PINTA – Prävalenz der Internetabhängigkeit, Rumpf et al. (2011)

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Weiters wurde bei 4,6% der Befragten ein problematischer Internetkonsum festgestellt. In der Altersgruppe der 14- 24 Jährigen liegt der Anteil mit 2,4% an Abhängigen und 13,6% an problematischen Internetnützern deutlich höher. Interessant ist, dass der Anteil weiblicher Internetabhängiger im Alter von 14 bis 16 Jahren mit 4,9% höher ist als der von männlichen Personen, bei denen 3,1% abhängig sind. Dies liegt laut der Studie an der vermehrten Nutzung von sozialen Netzwerken weiblicher Personen. Allgemein gestalten sich Studien zur Internetabhängigkeit als problematisch, da es keine standardisierten Methoden gibt. Außerdem werden die Fragebögen größtenteils anonym beantwortet; um aber eine psychiatrische Diagnose erstellen zu können, ist der direkte Kontakt mit dem oder der Befragten notwendig (vgl. te Wildt 2009,263). „Fast alle Studien beruhen auf Gelegenheitsstichproben, so dass eine Generalisierung der Befunde auf die Population der Internetnutzer nur sehr selten möglich ist. Zudem erschweren sowohl die Unterschiede zwischen den häufig selbst entwickelten Erhebungsinstrumenten und den verschiedenen, mehr oder weniger willkürlich festgelegten Cut-Off-Punkten die Aussage zur Prävalenz erheblich. Und auch wenn die methodischen Schwächen geringer werden, so bleibt trotzdem anzumerken, dass der Hauptteil der Untersuchungen Mängel bei der psychometrischen Messung (keine Angaben zur Reliabilität, Validität und Objektivität der Diagnostik) aufweist.“ (Hornung/ Lukesch 2009, 105)

2.4 Computerspielsucht und ihre Merkmale Wie auch der Konsum von psychotropen Substanzen, äußert exzessives Computerspielen bestimmte Hinweise und Merkmale, die auf eine Abhängigkeit schließen lassen. Zahlreiche Studien versuchen Computerspielsucht anhand von empirisch erhobenen Daten zu ermitteln. Die Angaben zur Verbreitung von Computerspielsucht gestaltet sich aufgrund unterschiedlicher Stichproben und Einschlusskriterien von Studie zu Studie als schwierig. Auch Diagnosefeststellungen sind aufgrund der Tatsache, dass Computerspielsucht noch nicht als Störungsbild in die internationalen Klassifikationssysteme Psychischer Störungen ICD-10 und DSMIV-TR aufgenommen wurde, unmöglich. Es lässt sich lediglich der Vergleich zu Diagnosekriterien anderer Verhaltenssüchte wie dem Glücksspiel herstellen. So fallen die Ergebnisse einzelner Studien unterschiedlich aus, zumal sie sich auch in grundlegenden Herangehensweisen unterscheiden. Wölfling, Thalemann und Grüsser (2007) attestieren beispielsweise 6,3% der SchülerInnen der 8.Schulstufe ein süchtiges Spielverhalten, nach einer Studie von Quandt und Wimmer (2008) sind 5% der Befragten im Alter von 14- bis 64 Jahren onlinespielsüchtig. Rehbein et al. ermitteln in einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) anhand einer Befragung von 44610 SchülerInnen, dass 4,3% der Mädchen und 15,8% Prozent der Jungen mit mehr als 4,5 Stunden Computerspielnutzung pro Tag ein exzessives Spielverhalten aufweisen. Basierend auf den Diagnosekriterien des internationalen 32

Klassifikationssysteme Psychischer Störungen ICD-10 diagnostizieren sie bei 3% der Jungen und 0,3% der Mädchen eine Computerspielsucht. (Rehbein et al. 2009,1) Doch es herrscht unter den Forschergruppen Uneinigkeit über die Validität derartiger absoluter Ergebnisse der Computerspielsucht. So hat eine Forschergruppe des Hamburger Hans-BredowInstituts die Ergebnisse der letztgenannte Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen in Frage gestellt und eine Studie mit den gleichen Fragebögen durchgeführt. Die Anzahl der Befragten lag zwar nur bei 600, jedoch war die Studie breiter aufgestellt. Das Ergebnis zeigt, dass, nach ihrer Studie, nur 0,9% der Befragten als abhängig gelten (vgl. Stöcker 2011). Die Forschergruppe um Grüsser (Grüsser, Thalemann R., Albrecht, Thalemann C. N. 2004) haben das Klassifikationssystem DSM-IV-TR als Ausgangspunkt genommen und sechs von sieben Kriterien auf Computerspielabhängigkeit angepasst. Um die Validität der Kriterien zu prüfen, wurde von Thalemann et al. (2004) bzw. Wölfling und Müller (2008) ein Computerspielfragebogen für Kinder und Jugendliche (CSVK) entwickelt, der durch Selbstbeurteilung, die auch Bereiche der sozialen Kompetenz und schulbezogenen Leistungen beinhaltet, eine Skala zur Klassifikation erfasst (vgl. Wölfling/ Müller 2009, 292). Im Folgenden wird ein Überblick über die von Wölfling und Müller (2009, 293ff) entwickelten Kriterien für Computerspielabhängigkeit gegeben: Carving Unter Carving lässt sich der unwiderstehliche Drang nach Computerspielen bzw. Onlineaktivitäten verstehen. Als besonderes Merkmal ist das plötzliche Auftreten der Gedanken in Bezug auf das Verhalten zu sehen. (zum Beispiel während des Schulunterrichts) Andere Aktivitäten und Gedanken werden niedriger priorisiert, die SpielerIn versucht, möglichst schnell ein Computerspiel beginnen zu können. Kontrollverlust Computerspielen erfordert einen großen Zeitaufwand. Wenn SpielerInnen mit erhöhtem Suchtverhalten im Spiel versunken sind, verbringen sie unkontrolliert lange Zeit in der virtuellen Welt, weil die Kontrollfähigkeit für Beginn, Dauer und Beendigung des Computerspielens vermindert wird. Entzug Gleich wie der Missbrauch von psychotropen Substanzen, können sich auch mit der Aussetzung eines exzessives Verhaltens Entzugserscheinungen entwickeln, die in Form von Nervosität, Konzentrationsstörungen, Reizbarkeit, Unruhe bis hin zu Aggression oder Schlafstörungen auftreten können. Entzugserscheinungen und deren Intensität sind, nach der Meinung der Autoren, ein Kriterium dafür, ob bzw. ab wann Computerspielen als pathologische Abhängigkeit angenommen werden kann.

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Toleranzentwicklung Ein steigerndes belohnendes Verhalten führt zur Toleranzentwicklung, das eine gesteigerte Häufigkeit des Verhaltens zur Folge hat. Verglichen mit der stoffgebundenen Sucht muss die Dosis Schritt für Schritt erhöht werden, um die gleiche Wirkung zu erzielen. So spielen SpielerInnen in der Anfangszeit meist weniger als mit fortgeschrittenem Spielverlauf, bei dem auch Faktoren wie Kontrollverlust auftreten. Lebensbereichsbeschränkungen Vor allem bei jüngeren SpielerInnen mit exzessivem Suchtverhalten ist die Vernachlässigung schulbezogener Bereiche erkennbar. Doch auch die Reduktion sozialer Kontakte sowie ein geringeres Engagement in Vereinen lässt sich bei SpielerInnen beobachten. Negative Konsequenzen Trotz negativer Konsequenzen wie der schlechten Leistung in der Schule, Streit mit den Eltern, Übermüdung, Mangelernährung oder Spannungen im sozialen Umfeld wird das Computerspielen fortgesetzt.

Rehbein und Borchers (2009, 45) bezweifeln, dass sich die Abhängigkeitskriterien der stoffgebundenen Sucht (nach ICD 10) unbedenklich auf Computerspielsucht anwenden lassen, da sie nicht zuverlässig zwischen pathologischem und nicht-pathologischem Computerspielen trennen. Als Kernkriterien für Computerspielsucht nennen sie folgende drei: •

Aufrechterhaltung des Spielkonsums trotz negativer Konsequenzen: Negative Folgen wie der Verlust des Partners, Schlafmangel oder schulische Leistungseinbrüche werden in Kauf genommen.



Einengung des Handlungsspielraums: Computerspielen wird von allen Beschäftigungen am höchsten priorisiert, die Alltagsgestaltung wird nahezu nur noch auf das Spielen ausgerichtet.



Kontrollverlust: Die SpielerIn hat keine Kontrolle mehr über Frequenz und Dauer des Spielens, sie ist nicht in der Lage, Spielzeiten zu begrenzen bzw. ihr Spielverhalten zu verändern.

Eine qualitativen Studie von Fritz et al. (2011, 220ff) offenbart bestimmte Indikatoren, die sich in drei thematische Bereiche bündeln lassen. Ein erster Indikator ist demnach das Vernachlässigen von Pflichten. Schüler berichten von schlechten Leistungsergebnissen in der Schule, die entstehen, wenn das Computerspielen den Hausaufgaben vorgezogen wird. Dabei wird Computerspielen einerseits als Belohnungssystem (für gewisse Lernabschnitte) genutzt, andererseits dient es aber auch als Coping- Strategie, um von den 34

Problemen, die Schule oder Studium mit sich bringen, abzulenken. Als zweites Merkmal wird die Beeinträchtigung von sozialen Beziehungen genannt. SpielerInnen berichten von einer Veränderung des Beziehungsnetzwerks, von einer Vernachlässigung der FreundInnen und vom Verlust der Partnerin bzw. des Partners. Bei einigen SpielerInnen nimmt die Zahl der realen Kontakte ab, während gleichzeitig der Kontakt zu SpielerInnen in einem Online Netzwerk steigt. Die dritte Nebenwirkung sind gesundheitliche Beeinträchtigungen. Befragte berichten von gesundheitlichen Veränderungen, die sie im Zusammenhang mit ihrem Spielverhalten sehen. Besonders die Schlafgewohnheiten ändern sich mit zunehmender Spieldauer. Nicht selten verlieren SpielerInnen beim Spielen das Zeitgefühl und beenden Spielherausforderungen erst in den frühen Morgenstunden. Dies hat eine Veränderung des Schlafrhythmus zur Folge. Andere gesundheitliche Folgen können die Veränderung des Sehvermögens, Rückenbeschwerden oder eine Sehnenscheidentzündung sein. Auch wird von einer Verlagerung und dem Aufschub existentieller Bedürfnisse, wie dem der Flüssigkeitsaufnahme berichtet. Dass exzessives Computerspiel auch eine Todesfolge mit sich ziehen kann, ist vereinzelt in den Nachrichten zu lesen. Ein 28-jähriger südkoreanischer Student ist beispielsweise im Jahr 2005 tot in einem Internet- Café aufgefunden worden, nachdem er über 50 Stunden computerspielte, ohne längere Pausen einzulegen35. Speziell in Südkorea, das als Paradies der Gamer- Szene gepriesen wird, häufen sich die Meldungen psychischer und physischer Komplikationen und die damit verbundenen gesellschaftlichen Kosten. In 96 Kliniken wird die Behandlung der Computerspielsucht angeboten, deren Kosten für Beratung und Therapie mittlerweile höher sind als die Behandlungskosten für Alkohol- und Drogensucht (vgl. Hornung/ Lukesch 2009, 95). Die Bewegungsarmut während dem Spielen kann fatale Folgen für den Blutkreislauf des Menschen haben. Im Jahr 2011 starb ein Spieler im Alter von 20 Jahren nach 12 Stunden Computerspielen an den Folgen einer Lungenembolie, die durch ein Blutgerinnsel ausgelöst wurde 36. Ein aktuelles Beispiel ist der Tod eines 18 Jährigen aus Taiwan. Dieser mietete sich in einem Internet- Café einen Privatraum und spielte dort durchgehend über 40 Stunden das Computerspiel Diablo 3 ohne zu Essen oder zu Schlafen. Letztendlich starb er an einem Herz-Kreislauf-Versagen, in Folge von zu langem Sitzen37. Grüsser/Thalemann sehen in computerspielsüchtigem Verhalten eine Einengung des gewöhnlichen Verhaltens. Dies bringt eine völlige Vernachlässigung von Tätigkeiten und Aktivitäten, die nichts mit dem Computerspielen gemeinsam haben, mit sich. (2006b, 32) Wölfling/Müller erkennen im pathologischem Computerspielen einen schleichenden Weg zur Isolation. SpielerInnen in der Entwicklung der Abhängigkeitserkrankung fallen kaum auf, ihre Beschäftigung mit dem Computer wird von Freunden und Familie oftmals als Medienkompetenz interpretiert. „Erst mit zunehmender sozialer Isolation, auffälligen schulischen oder beruflichen Leistungseinbußen, familiärer oder partnerschaftlicher Verweigerungshaltung, Verwahrlosungstendenzen und der unbedingten gedanklichen Fixierung auf das Computerspiel wird das Problemverhalten für die Angehörigen offenbar.“ (2008, 130) 35 http://www.spiegel.de/netzwelt/web/herzversagen-suedkoreaner-stirbt-nach-50-stunden-computerspielen-a369018-druck.html , abgerufen am 11.11.2012 36 http://spiele.t-online.de/20-jaehriger-stirbt-nach-langer-videospiele-session/id_48504766/index , abgerufen am 11.11.2012 37 http://web.de/magazine/spiele/aktuell/15821848-tod-40-stunden-diablo-iii.html , abgerufen am 11.11.2012

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2.5 Geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf das Suchtpotential Ergebnisse von Studien zeigen, dass die Anzahl männliche Spieler über die Anzahl weiblicher Spielerinnen überwiegt. Zufolge der deutsche Studie Jugend, Information, (Multi-)Media (vgl. MPFS 2009, 39ff) deren letzte Ausgabe im Jahr 2009 publiziert wurde, sind 22% der SpielerInnen weiblich und 67 % männlich. Doch ist die Annahme richtig, dass männliche Spieler eher zur Computerspielsucht neigen? Im Folgenden wird diese Frage anhand von Studien erörtert. Ein Forscherteam um den Psychiater Allan Reiss untersuchte in einer Studie 38 die Aktivität des Belohnungssystems von jeweils zwölf männlichen und weiblichen Spieler während dem Computerspielen. Die Aufgabe bestand darin, ein Territorium durch möglichst schnelle Reaktionen zu erobern. Während dem Spielen wurde die Hirnaktivität der SpielerInnen gemessen und festgestellt, dass das Belohnungszentrum der Männer deutlich aktiver war, als das der Frauen. Folgedessen erfahren männliche Spieler beim Computerspielen mehr Glücksgefühle als weibliche Spielerinnen. Dies lässt darauf schließen, dass männliche Spieler einerseits motivierter, andererseits aber auch suchtanfälliger für Computerspiele sind. In der Studie Does Video Game Addiction Exist? mutmaßt Griffiths (2005, 365) , dass drei Kriterien ausschlaggebend dafür sind, dass Computerspiele eher männliche als weibliche Spieler ansprechen. Zum einen trägt der Inhalt der Spiele dazu bei: Obwohl es weibliche Spielfiguren wie Lara Croft gibt, überwiegen maskuline Inhalte. Hier fügt er ein Zitat von Gutman, 1982 39 an: „Video games are designed by males for males.“ Als zweiten Punkt führt er an, dass Frauen, bezogen auf das Spielen öffentlicher Arcade Games, ihre Gefühle in der Öffentlichkeit weniger gerne zeigen als Männer, die zum Beispiel bei einem Kriegsspiel in einer Spielhalle eher ihre Emotionen offenbaren. Als dritten Punkt führt er den Geschlechterunterschied an: Männer haben demnach ein (angeblich) besseres visuelles und räumliches Vorstellungsvermögen, das notwendig ist, um in der virtuellen Welt bestehen zu können. Bergmann und Hüther (2006) sehen die Mehrheit und Folge dessen die Tendenz zur Suchtanfälligkeit auch eher bei männlichen Spielern. Der Ursprung liegt demnach darin, dass einige Kinder, und im Speziellen Buben , im Entwicklungsalter keine innere Stärke entwickeln können (weil sie beispielsweise wenig Erfolgserlebnisse erfahren oder von ihren Eltern nicht durch Lob bestärkt werden), und deshalb eine extrovertierte Verhaltensweise entwickeln. Prinzipiell können Mädchen eine gleiche Verhaltensweise entwickeln, jedoch ist sie bei Jungen weitaus häufiger präsent. So werden junge Männer häufiger straffällig und neigen, im Vergleich zu Mädchen unter den selben Umständen, häufiger zu Aggression, die sie beispielsweise in Computerspielen ausleben können. (2006, 133f) Eine Studie von Fritz et al. (2011) zeigt, dass sich das Spielverhalten von Männern dem von Frauen deutlich unterscheidet: So ist der Anteil von PC- und Konsolenspielen unter männlichen Spielern deutlich höher als unter weiblichen SpielerInnen. Bei Onlinespielen (z.B via sozialen Netzwerken) 38 Hoeft, F. et al.: Gender Differences in the Mesocorticolimbic System During Computer Game Play. In: Journal of Psychiatric Research 42, S.253- 258, 2008) 39 Gutman, D. (1982): Video Games Wars. In: Video Game Player, Herbst 1982

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und Spielen auf mobilen Geräten ist der Anteil hingegen ausgewogen. Auch die Präferenzen von Spielgenres unterscheiden sich: Männliche Spieler bevorzugen demnach eher Actionspiele, Shooter und Sport-/Rennspiele, währenddessen weibliche Spielerinnen vor allem Knobel- und Denkspiele sowie Fitness- und Bewegungsspiele präferieren. Die Motivation von männlichen und weiblichen SpielerInnen unterscheidet sich laut der Studie dahingehend, dass männliche Spieler Computerspiele auf Grund ihrer Herausforderungen oder dem Erleben einer spannenden Geschichte spielen; die Motive weiblicher Spieler begründen sich hingegen eher aus dem Hinter-sich lassen des Alltags oder dem Lernen neuer Dinge. Männliche Spieler legen mehr Wert auf Faktoren wie Grenzüberschreitung und Spannung sowie auf Sozialität, während weibliche Spielerinnen Lernen und Trainieren, Eskapismus, sowie Zeit füllen als bedeutend empfinden (vgl. Fritz et al. 2011, 49ff). Cypra (2005, 105) gibt an, dass männliche Spieler eher die Meisterschaft im Spiel erringen wollen, währenddessen Frauen sich häufiger als Socializer bezeichnen und Kontakt mit anderen SpielerInnen aufnehmen.

2.6 Erklärungsansätze des exzessiven Computerspielens Die ersten empirischen Studien zum Thema Computerspielsucht wurden in den 1980er Jahren publiziert40. Vor allem in den letzten fünf Jahren haben sich die Untersuchungen gehäuft. Der Anstieg geht auf die Notwendigkeit von Diagnosekriterien zurück, da sich immer häufiger Personen mit problematischer Spielnutzung in ambulanten Einrichtungen wiederfinden. Als Forschungsmethoden der Studien kommen meist mündliche oder schriftliche Befragungen bzw. experimentelle physiologische Messungen (Herzfrequenz) zum Einsatz. Indikatoren für die Messung exzessiven Spielens sind unter anderem die Spieldauer und Häufigkeit des Spielens. Die Auswertung von mehr als 30 internationaler Studien zeigt, dass in etwa zwei Drittel der Studien Anzeichen für exzessives bzw. pathologisches Spielen zu beobachten sind (vgl. Fritz et al. 2011, 205ff). Jedoch ist der Vergleich der Studien problematisch, da es Punkte gibt, die sich nicht miteinander vergleichen lassen und somit einen Vergleich der Studien erschweren. Fritz et al. nennen 7 Punkte, die sie als problematisch erachten: (vgl. 2011, 206ff) 1. Die inhaltliche Abgrenzung des Gegenstandsbereich erweist sich als problematisch, da beispielsweise einige Studien nur die exzessive Nutzung von Onlinespielen untersuchen, während andere Studien auch die offline Nutzung von Konsolenspielen miteinbeziehen. 2. Die Dynamik des Gegenstandsbereich beschreibt den Wandel von Computerspielen in Bezug auf neue Technologien, Grafik und moderne Eingabegeräte. Auch Computerspielgenres der 1990er lassen sich auf Grund der zunehmenden Komplexität nicht mehr mit Genres heutiger Zeit vergleichen.

40 z.B: z.B .Egli/Meyers 1984, The role of video game playing in adolescent life: Is there a reason to be concerned? Bulletin of the Psychonomic Society.

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3. Kulturelle Unterschiede verursachen unterschiedliche Bewertungen des Computerspielens auf Grund von gesellschaftlichen Faktoren und Einflüssen. 4. Die verwendeten Methoden erweisen sich als eher unaussagekräftig, da sie auf standardisierten (quantitativen) Befragungen von Spielern beruhen, die nur gewisse Erkenntnisse bringen, den Gegenstandsbereich jedoch nicht, wie bei qualitativen Verfahren, erweitern. 5. Die Repräsentativität ist trotz relativ hoher Fallzahlen eingeschränkt, da die Studien nur für begrenzte Personenkreise wie zum Beispiel alle Schüler der 9. Schulstufe oder alle Mitglieder einer bestimmten Spielcommunity repräsentativ sind. 6. Ein erhebliches Problem in der Operationalisierung stellt das Fehlen einer allgemein anerkannten und studienübergreifenden Skala dar. Untersuchungen greifen lediglich auf die internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10) sowie auf das Klassifikationssystem der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung (DSM-IV) zurück. 7. Der zeitliche Schwellenwert wird als letzter Punkt angeführt und beschreibt die Uneinigkeit, ab welchem zeitlichen Spielvolumen von einer pathologischen Computerspielsucht gesprochen werden kann, bzw. wo die Schwelle zwischen exzessivem und pathologischem Spielverhalten liegt.

Ein Modell, das den Weg zu Computerspielsucht beschreibt, wurde von Wölfling/Müller entworfen (vgl. 2009, 301). Wie der Grafik auf der nächsten Seite zu entnehmen ist, bilden den Ausgangspunkt der Sucht Formen von Introversion, Neurotizismus, soziale Inhibition, geringes Leistungsmotiv und Boredom Susceptibility41. Personen, die von diesen Formen betroffen sind und in ihrer Umwelt negative Lernerfahrungen erfahren, neigen dazu, diese durch exzessive Mediengebrauch auszugleichen. „Der aufgrund negativer Lernerlebnisse erfahrene Stress von Risikopersonen wird weniger adaptiv und funktional verarbeitet. Handelt es sich um einen sozialen Stressor, […] wirkt neben den schwachen Copingressourcen zudem noch die habituell schwach ausgebildete soziale Kompetenz als zusätzliches Belastungsmoment. Konkret gesprochen bedeutet dies, dass wenn eine Risikoperson in der Schule in eine soziale Konfliktsituation gerät, sie diesen Konflikt zum einen selbstwertrelevant bewertet und zum anderen sich nicht in der Lage sieht, funktionelle Unterstützung in der sozialen Gruppe zu besorgen.“ (Wölfling/Müller 2009, 303)

41 Anfälligkeit für Langeweile

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Abb.2.: Integratives ätiologisches Modell zur Computerspielsucht nach Wölfling/Müller (2009, 301)

Die daraus resultierende negative Einstellung zur Schule führt zu schlechten Schulleistungen, die wiederum eine Abnahme der Selbstverwirklichkeitserwartung zur Folge hat. Die einhergehende Abnahme von Sozialbeziehungen führt letztendlich dazu, dass sich die Person anderen Tätigkeiten zuwendet, die eher im geschützten, häuslichen Bereich liegen; wie dem Computerspielen. Die virtuelle Welt ermöglicht der Person, Defizite im realen Leben auszugleichen und Status und soziale Anerkennung zu erlangen. Computerspiele bieten die Möglichkeit von Spielgemeinschaften, innerhalb der sich die SpielerIn soziale Anerkennung beschaffen kann, indem sie ihre Fähigkeiten mittels ihrem Avatar den anderen SpielteilnehmerInnen offenbart. Die Versuche der Eltern, das exzessive Computerspielen einzudämmen, werden als Bedrohung aufgefasst, immerhin möchte die SpielerIn ihre neu geknüpften Kontakte nicht verlieren. Darum häufen sich oft innerfamiliäre Konflikte, genauso wie Konflikte, die mit der Schule in Verbindung stehen. Die beiden Konfliktherde, die immer größer werden, sind nur mit medialem Coping zu begleichen. Unter medialem Coping lässt sich eine Bewältigungsstrategie wie dem Computerspielen verstehen (vgl. 2009, 303f). Das Ziel dieser Personen ist das Gefühl von Selbstwirksamkeit, also innerhalb einer (virtuellen) Welt Sozialstatus und Anerkennung zu erreichen.

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Eine breit angelegte Studie von Grüsser und Thalemann, die Einblick in die subjektive Einschätzung von Kindern und ihrem Computerspielverhalten geben soll, belegt, dass Computerspiele von exzessiv spielenden Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden, um Stress und negative Gefühle regulieren zu können. Die Computernutzung könnte für exzessiv computerspielende Kinder eine „spezifische Funktion im Sinne einer inadäquaten Stressbewältigungsstrategie“ erhalten. Anstatt emotional erregende Zustände zu kommunizieren, werden diese durch das Spielen unterdrückt. So bietet exzessives Computerspielen einerseits eine belohnende Funktion der Stressbewältigung, andererseits unterdrückt es jedoch „gleichzeitig eine adäquate, emotionsregulierende und aktive (reflektierte) Auseinandersetzung des Kindes mit seinen negativen Gefühlen. Die Entwicklung eines vielseitigen, situativ angemessenen Verhaltensrepertoires und der sozialen Kompetenz wird beeinträchtigt und kann in der Folge als Risikofaktor eine Abhängigkeitserkrankung in der Adoleszenz begünstigen.“ (Grüsser/ Thalemann 2006b, 175) „Das Verhalten wird nicht mehr aufgrund seines ursprünglichen Zweckes durchgeführt, sondern zweckentfremdet (es ist zum „Trostspenden“ bei psychischem Unwohlsein, Not und Langeweile geworden).“ (Grüsser/Thalemann, 2006a, 34) Auch Misek- Schneider (2008) erwähnt einen ähnlichen Ansatz, er unterscheidet zwischen einer komplementären und einer kompensatorischen Funktion des Spielens. Die komplementäre Funktion beschreibt das Spielen als Ergänzung zur Unterhaltung sowie als zusätzlicher Erfahrungsgewinn zum täglichen Leben und wird von sozial integrierten SpielerInnen genutzt. Die kompensatorische Funktion von Computerspielen wird von pathologischen SpielerInnen genutzt. Für diese gilt das Spielen als Kompensation zu im Alltag erlebten negativen Erfahrungen oder Frustration (vgl. 2008, 163ff). Bergmann und Hüther sehen im exzessiven Computerspielen ebenfalls eine Kompensation von Defiziten: Jemand spielt nicht, weil das Gehirn nicht richtig funktioniert, sondern weil SpielerInnen Bedürfnisse haben, die ihnen im realen Leben oftmals verwehrt bleiben. Im Computerspiel finden sie eine Reihe von Aufgaben, die bei Erfüllung Erfolg versprechen. Bei Nicht-Erfüllung bleiben langfristige negative Konsequenzen aus und die SpielerIn erfährt nach Spielabschnitten immer wieder kleine Belohnungen, die im realen Leben manchmal ausbleiben. Außerdem bieten Computerspiele meist klare Strukturen, die im realen Leben teils verschwommen sind. „In der von uns geschaffenen Lebenswelt, in unseren Familien, in unseren Kindergärten und nicht zuletzt in unseren Schulen finden diese Kinder offenbar nicht das, was sie zum wachsen, zum Über-sich-Hinauswachsen und damit zum Erwachsenwerden brauchen: klare Regeln und durchschaubare, verlässliche Strukturen, spannende Abenteuer und faszinierende Entdeckungen, schwierige Aufgaben, hohe Leistungsanforderungen bei entsprechender Anerkennung erbrachter Leistungen und, nicht zuletzt, Gelegenheit zu eigener Entscheidung und zur Übernahme von Verantwortung für das, wofür sie sich entschieden haben. […] Nun wird auch klar, welche Kinder und Jugendlichen besonders leicht vom Strudel der von den elektronischen Medien erzeugten virtuellen Welten erfasst und - wenn ihnen niemand zu Hilfe kommt - mitgerissen werden: solche, die all das, was ihnen diese virtuellen Welten nicht bieten, im realen Leben am wenigsten finden können.“ (Bergmann/Hüther 2006, 129)

Bergmann und Hüther sehen den Ursprung exzessivem Spielens also in der Monotonie des realen Lebens, die der Menschen meist schon im Kindesalter erfährt. 40

Computerspiele bieten eine lebendige Welt, die immer wieder neue Abwechslung bringt. Diese lebendige Welt wird durch technische Erneuerungen, wie der immer besser werdenden grafischen Darstellung und moderne Eingabegeräte unterstützt. Hoffmann und Wagner gehen davon aus, dass die verstärkte Zuwendung zu Computerspielen vor allem durch die steigenden Realitätsnähe bewirkt wird (vgl. Hoffmann/Wagner 1995, 167). Die Forschergruppe Griffiths und Davies (2005, 362f) beschreiben vier Erklärungsversuche für Computerspielsucht: Zum einen nennen sie Spielsucht als Folge von Imagination und Phantasie. Der zweite Erklärungsversuch beschreibt Computerspielsucht als ein Resultat von Effekten der Erregung, die beim Spielen auftreten; durch die Erregung wollen Betroffene diese noch zusätzlich erhöhen, oder auf ein beruhigendes Niveau senken. Ein dritter Ansatzpunkt beschreibt das Suchtverhalten als Erscheinung von einer ohnehin schon zur Abhängigkeit neigenden, inneren Persönlichkeit einer Person. Als vierten Erklärungsversuch deuten sie Computerspielsucht als Folge von Unterhaltung. Ein Faktor, der suchtbezogene Verhaltensweisen wie das Computerspielen außerdem begünstigen kann, ist eine überdurchschnittlich ausgeprägte Ängstlichkeit bzw. Menschen mit sozialphobischen Angststörungen (vgl. Wölfling/ Müller 2009, 296). Eine weitere wichtige Rolle kann dem Konzept des Sensation Seekings zugeschrieben werden. Dabei wendet sich eine Person einer Aktivität zu, die potentiell gefährlich erscheint und deswegen Aufregung verspricht. Die Suche nach einer extremen Erfahrung kann unter Umständen nur dann befriedigt werde, wenn dadurch auch soziale Normen überschritten werden. Dies trifft vor allem beim anfänglichen Drogenkonsum ein, es kann jedoch auch bei bei heranwachsenden Jugendlichen zutreffen, die ohne der Einwilligung der Eltern Spiele mit Altersbeschränkung spielen (vgl. 2009, 297). Ein wichtiger Erklärungsansatz für exzessives Computerspielen, der auch im Kapitel 3.2 näher erläutert wird, sind soziale Kontakte in Form von Peerbeziehungen. Unter Peerbeziehungen lassen sich Spielergemeinschaften verstehen, also Gleichgesinnte, die gemeinsame Ziele verfolgen und die gemeinsame Interessen verbinden. Mücken (2009, 116) geht davon aus, dass Peerbeziehungen besonders für den Einstieg bedeutsam sind; sie könne die Neugier am Spielen erwecken und die Dauer und Intensität des Computerspielens beeinflussen. SpielerInnen wählen ihre Kontakte nach ihren Wünschen und Bedürfnissen gezielt aus. Andererseits bieten Peerbeziehungen besonders bei einsamen Menschen die Möglichkeit der Kontaktaufnahme. Besonders SpielerInnen, die in der realen Welt kaum sozial integriert sind, verbringen lange Zeit in virtuellen Welten, um ihr soziales Defizit zu kompensieren. „Im Falle der Computerspielsucht berichten die Klienten, dass sie den Mangel an sozialen Kontakten durch das Computerspiel kompensieren konnten. Die im Spiel geknüpften Kontakte (Online- Beziehung) ersetzten das Defizit in der Realität. Die Spielmotive für den Einstieg in die Computerspielwelt bestanden in dem erlebten Zugehörigkeitsgefühl, dem Zeitvertrieb und dem gemeinsamen Spaßerleben.“ (Mücken 2009, 116)

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Eine weitere Erklärung für suchtanfälliges Verhalten gibt das Homoöstatische Modell, das im Folgenden anhand der Computerspielsucht erklärt wird. Das Konzept des Modells beschreibt das menschliche Anstreben nach Ausgleich und Wohlbefinden sowie nach einem biochemischen Gleichgewicht des Körpers. Um die Ausgeglichenheit zu gewährleisten treten bei dem Aufkommen von Stresssituationen Prozesse ein (wie zum Beispiel Nahrungsbeschaffung oder Verteidigung), die nach einem erfolgreichen Abschluss der Handlung wieder abklingen. Die Homöostase beschreibt das Gleichgewicht, also die Zeit ohne stressiger Erregung, die lebensnotwendig ist, da der Mensch nicht unter einem lang anhaltendem Dauerstress leben könnte. Jedes Verhalten, das den Körper ins Gleichgewicht bringt, wirkt belohnend. Dies hat zur Folge, dass auch der Drogenkonsum, der dem gestressten Menschen ein Gefühl der Befreiung von Stressfaktoren gibt, als Belohnung wirkt (vgl. Grüsser/ Thalemann 2006a, 42). „Bei dem Homoöstasemodell der (Verhaltens-) Sucht wird also nun davon ausgegangen, dass bei einer (Sollwert-) Abweichnung im körpereigenen biochemischen Gleichgewicht durch einen positiven oder negativen Stressor vom Individuum in der Regel Verhaltensstrategien eingesetzt werden, um das Gleichgewicht (Homoöstase) wieder herzustellen. Bei einer chronischen Abweichung des Erregungsniveaus oder der Stimmung in den Minusbereich und auch in den positiven Bereich- wie es zum Beispiel bei einer psychischen Störung oder bei einer dauerhaft gestressten Person der Fall ist- können dann therapeutische Psychopharmaka und wirkungsvolle Stressverarbeitungsstrategien für die Wiederherstellung oder Stabilisierung des biochemischen Gleichgewichts eingesetzt werden.“ (ebd.)

Das Spielen von Computerspielen kann demnach einer computerspielsüchtigen Person helfen, das Gleichgewicht, das durch Stressfaktoren wie Schule oder Elternhaus verschoben wurde, wieder herzustellen. Somit kann exzessives Spielen die Funktion der Stressbewältigung erfüllen. Der Weg zur (pathologischen) Computerspielsucht ist sehr komplex, da viele verschiedene Einflüsse und Faktoren das Gebilde der Sucht ergeben. Generell kommen Verhaltensstörungen nur durch ein komplexes und dynamisches Geflecht an Beziehungen zustande. In diesem Geflecht spielen vor allem biologische, psychische und soziale Umstände eine Rolle, also die Veranlagung und die Persönlichkeit der SpielerIn, ihre psychische Verfassung und ihr soziales Umfeld (vgl. Schneider et al. 2009, 27). Wenn SpielerInnen zur Computerspielsucht neigen, genügen meist kleine Reize, wie Gefühlszustände oder Stresssituationen, die mit dem Suchtverhalten assoziiert werden, um das Suchtverhalten in Gang zu setzen. So kann beispielsweise der Anblick eines Monitors ein Verlangen nach Computerspielen auslösen (vgl. Grüsser/ Thalemann 2006a, 45). Es ist fraglich, in wieweit einzelne Spiele und Genres ein Suchtverhalten auslösen können. Jedoch können einzelne Komponenten eines Spiels bzw. Genres den Reiz und somit das Verlangen verstärken. Dazu zählen mitunter eine persistente Spielwelt, also eine Welt, die dauerhaft für SpielerInnen zugänglich ist (vor allem in Multiplayer Online Spielen) sowie das soziale Miteinander. Diese Faktoren, die in Multiplayer Spielen auftreten, werden in Kapitel 3 näher gebracht.

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2.7 Was im Gehirn passiert - Computerspielsucht im neuronalen Kontext Neben außenstehenden, soziologischen Faktoren haben innere psychologische und neurobiologische Faktoren eine große Bedeutung für das Suchtverhalten. Süchtiges Verhalten ist ein komplexes Gebilde an äußerlichen und innerlichen Vorgängen und ist abhängig von unseren Gedanken, Gefühlen, Empfindungen und Prozessen, die im menschlichen Körper ausgelöst werden. Als Ursache für das Suchtverhalten werden konditionierte Lernprozesse gesehen, die durch neurologische Veränderungen beibehalten werden, eine Toleranzentwicklung mit sich bringen und immer wieder verstärkt wiederholt werden müssen (vgl. Grüsser/Thalemann 2006a, 39). Um die Wirkungsweise von psychologischen und neurobiologischen Faktoren zu erörtern, muss ein Verständnis für die Entwicklung der Gehirnstrukturen geschaffen werden. Im Folgenden wird versucht, die Bildung neuronale Netzwerke zu beschreiben und ihren Zusammenhang mit der Computerspielnutzung zu beleuchten. Die Entwicklung des Gedächtnis ist stark von der Ausformung und Reifung der Gehirnstrukturen abhängig. Bereits in der Gebärmutter werden die neuronalen Verknüpfungen gebildet, die sich nach der Geburt entwickeln. Die Ausreifung dieser synaptischer Netzwerke bedarf regelmäßiger Stimulationen, die durch die Interaktion mit Menschen gegeben wird. Die Stimulationen, die in Form von Erlebnissen auftreten, aktivieren die neuralen Netzwerke und verknüpfen sie miteinander. Das Gehirn empfängt Reize und Muster in seinen Netzwerken; diese Erfahrungen und die sich daraus ergebenden Verschaltungsmuster können jedoch von neueren Mustern überlagert und somit verändert werden. In den letzten 10 Jahren ist es Medizinern und Psychologen mittels bildgebender Verfahren gelungen, die Verschaltungen im Kindesalter zu erörtern. Es wurde ersichtlich, welche Nervenzellen sich durch frühere Beziehungserfahrungen besonders schnell vernetzen und welche weniger ausgeformt werden (vgl. Bergmann/Hüther 2006, 76f). Computerspielen sendet in großem Maß Reize und Signale an das Gehirn. Dadurch werden die Strukturen im Gehirn verändert, Netzwerke neu verknüpft und somit Empfindungen und Wahrnehmungen neu arrangiert. Speziell im ersten Lebensjahr verdreifacht sich das Großhirn, um Platz für die Fortsetzung vorhandener Nervenzellen und Strukturen zu schaffen. Aus einem anfänglichen Überangebot von Nervenzellen und Verschaltungen entwickeln sich im späteren Lebensverlauf nur diejenigen heraus, die wirklich beansprucht werden. Die restlichen, in der Frühphase bereitgestellten Verschaltungen bilden sich bei Nichtgebrauch wieder zurück. Deshalb hat das Kind in den ersten Lebensjahren eine hohes Lernpotential; vorausgesetzt es interessiert sich für den Inhalt. Kinder haben einen Drang zur Entdeckung neuer Dinge; während der Entdeckungsversuch noch mit Spannung und Erregung verbunden ist, tauchen beim Erfolgserlebnis Gefühle des Wohlbehagens und der Zufriedenheit auf. Die Intensität des Erfolgserlebnisses und der damit verbundenen Gefühle ist mit der Schwierigkeit der Aufgabe verbunden. Im Gehirn werden beim Erfolgserlebnis Botenstoffe freigesetzt, die für diesen Glückseffekt sorgen. Der gleiche Botenstoff wird auch bei Drogensüchtigen freigesetzt, wenn diese psychotrope Substanzen aufnehmen. Je mehr der Mensch erkundet, desto mehr Nervennetzwerke werden gebildet, die letztendlich im Frontal- oder Stirnlappen zusammenlaufen. In dieser Region des Gehirns treffen alle 43

Erregungsmuster zusammen und bilden ein Gesamtbild; hier werden vor allem die Weichen für die Erziehung und Sozialisation des Menschen gestellt. Eine Gefahr für die Entwicklung des Menschen besteht darin, dass die Nervenzellverschaltungen zu einseitig benutzt werden. Dies hat zwar den Vorteil, dass der Mensch in jeder Situation weiß, welche Lösung sich für das entsprechende Problem bewährt, und diese Lösung auch anwendet; jedoch geht die Vielfältigkeit kreativer, unkonventioneller und vor allem neuer Lösungswege verloren. Der Grund auf bewährte Gehirnstrukturen aufzubauen und alternative Lösungs- und Denkmuster zu vermeiden ist schlichtweg das Gefühl der Angst. Angst entsteht durch die Ungewissheit, auf bestimmte Probleme nicht adäquat reagieren zu können. (ebd.) „Je weniger ein Mensch im Laufe seines Lebens Gelegenheit findet, vielfältige Strategien der Angstbewältigung kennen zu lernen und zu erproben, desto stärker läuft er Gefahr, einzelne, einmal gefundene oder von Anderen übernommene Strategien für bedeutsamer, wichtiger und effizienter zu halten, als sie das tatsächlich, also auf lange Sicht, sind. Allzu leicht kommt es unter diesen Bedingungen zu einseitigen und vorschnellen Bahnungs- und Kanalisierungsprozessen der dabei immer wieder aktivierten neuronalen Verschaltungsmuster, die später um so schwerer wieder auflösbar sind, je früher sie entstanden sind und je häufiger die diesen Bewältigungsstrategien zugrunde liegenden neuronalen Verschaltungsmuster benutzt und dabei aktiviert werden.“ (Bergmann/Hüther 2006, 74) Diesen Kanalisierungsprozessen lässt sich durch Interaktion, zum Beispiel in Form von Gesprächen mit anderen Menschen, wie zum Beispiel den Eltern, entgegenwirken; dadurch wird der Mensch angeregt, Denkmuster zu reflektieren und weiter zu entwickeln. Andererseits können solche Kanalisierungsprozesse durch passive Tätigkeiten, wie dem Fernsehen, verstärkt werden. Das Fernsehen bietet keine aktive Interaktion und verlangt keine Entscheidungsbzw. Handlungskompetenz. Im Gebrauch neuer Medien besteht die Gefahr, dass durch einseitige Handlungen neuronale Netzwerke verkümmern, weil sie schlichtweg nicht mehr gebraucht werden. Die sensomotorischen Netzwerke, die unter anderem die Bewegungsabläufe regulieren, erfahren im Einsatz neuer Medien eine sehr reduzierte und einseitige Beanspruchung; so muss beim schreiben einer SMS lediglich die Daumenfunktion professionalisiert werden, um die SMS möglichste schnell zu schreiben. Auch beim Computerspielen erfolgt eine sensomotorische Beanspruchung lediglich durch die Fingerbewegung des Joysticks, sowie beim Hören und Sehen. Die Kombination und Verknüpfung von mehreren Signalmustern, die von den Sinnesorganen aufgenommen werden (zum Beispiel Fühlen, Riechen, Hören, Sehen) und ein einheitliches Gesamtbild ergeben, wird im Assoziationskortex vollzogen. In diesem Rindenbereich des Großhirns werden ständig Eindrücke miteinander verknüpft und neue assoziative Muster generiert, die in ihrer Intensität und Beständigkeit variieren. Im Umgang mit Computerspielen ist jene Tatsache insofern problematisch, als dass die assoziativen Netzwerke nur sehr eingeschränkt beansprucht werden und dies zu einer Verkümmerung der Netzwerkstruktur führt. Jedoch werden die beanspruchten Netzwerke wie die Verknüpfung von Sehen und der Fingermotorik sehr intensiv geformt, wodurch es zu einer erhöhten Sensitivisierung und Kompetenz der SpielerInnen kommt. Neben den sensomotorischen und den assoziativen Netzwerken spielen die frontkortikalen Netzwerke eine ebenso große Rolle bei der Verarbeitung der Wahrnehmungen bzw. bei der Steuerung des Verhaltens. Dieser Hirnbereich ist für die Steuerung von Funktionen und Leistungen zuständig. Dazu zählen zum Beispiel die Fähigkeit, vorausschauend zu denken und zu handeln, 44

Probleme zu erkennen und diese zu lösen, die Aufmerksamkeit auf die Lösung eines Problems zu richten, sich motivieren und konzentrieren zu können und seine Impulse in angespannten Situationen unter Kontrolle zu halten. Die Entwicklung dieser Hirnregion basiert auf Lernprozessen, die auf Erfahrungen beruhen. Frontkortikale Netzwerke sind in drei unterschiedlichen Regionen des Stirnlappens aktiv: Im dorsolateralem Frontalkortex werden Handlungsstrategien auf Basis von früheren Erfahrungen entworfen. Nach Abschluss der Handlung wird diese bewertet und in den Erfahrungsschatz aufgenommen werden. Im orbitalen Frontakortex wird die Konzentration und die Aufmerksamkeitsintensität auf einen Reiz gelegt. Um die Konzentration zu gewährleisten, müssen störende Impulse, die von tiefer liegenden Hirnregionen generiert werden, gehemmt werden. Im dorsomedialen Frontalkortex wird die Motivation gebildet, ein Problem trotz ihrer Schwierigkeit zu lösen. Mit jedem gelösten Problem wächst das Selbstvertrauen des Kindes und ermutigt es zum Lösen weiterer Herausforderungen (vgl. Bergmann/Hüther 2006, 74ff). Die Entstehung der Verhaltenssucht beruht also auf stark verfestigten Nervenzellverschaltungen, die sich durch regelmäßige Aktivitäten (oder beim Drogenkonsum, durch die regelmäßige Einnahme) immer weiter und stärker herausbilden. Eine entscheidende Komponente, die ein regelmäßiges Verhalten erst zur Sucht macht ist das Glücksgefühl, das während dem Verhalten auftritt. Dieses Glücksgefühl, das durch die Aktivierung der emotionalen Zentren im Gehirn entsteht, hat zur Folge, dass negative Gefühle, die die Person möglicherweise vor der Ausführung eines Verhaltens hatte, von den positiv erlebten Glücksgefühlen kurzzeitig überschattet werden. Aus Gefühlen der Angst, Ratlosigkeit, Ungewissheit und Unordnung entstehen, während der Ausübung der Tätigkeit, Gefühle der Harmonie und Ordnung. Für die Ausschüttung dieser positiven Gefühle ist das Belohnugszentrum verantwortlich. „Die in diesem Belohnungszentrum liegenden Nervenzellen haben lange Fortsätze, die sich vielfach verzweigen und wie ein Baum mit seinen Ästen weit hinauf bis in die höheren Bereiche des Großhirns reichen. An den Enden dieser Fortsätze wird immer dann, wenn die Nervenzellen unten im Belohnungszentrum aktiviert werden, ein Botenstoff ausgeschüttet, der Dopamin heißt und ganz besondere Wirkungen hat.“ (Bergmann/Hüther 2006, 124)

Der Neurotransmitter Dopamin bewirkt die Freisetzung von Botenstoffen wie den Opiaten, die für den Rauschzustand und das Glücksgefühl sorgen.42 Dopamin bewirkt ebenfalls die Verfestigung der Nervenzellverschaltungen. Dies bewirkt, dass die Person die Tätigkeit, auch aufgrund ihrer befriedigenden Eigenschaft, immer und immer wieder gerne ausführt. (ebd. 2006, 124)

42 Siehe auch: http://www.nrc-iol.org/cores/mialab/fijc/files/2002/120402_koepp_nature_1998.pdf , abgerufen am 16.10.2012

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„In einem aktuelle, psychologische und neurobiologische Modelle integrierenden Erklärungsansatz wird postuliert, dass durch eine Überregbarkeit (Sensitivierung) des (zentralen dopaminergen) verhaltensverstärkenden Systems eine erlernte (konditionierte) Aufmerksamkeitszuwendung gegenüber den suchtmittelassoziierten Reizen ausgelöst wird. Dieser Vorgang zeigt sich dann in einer erhöhten Aufmerksamkeit für und im bevorzugten Aufsuchen von suchtmittelassoziierte(n) Reizen und des Suchtmittels selbst und stellt eine eigenständige Komponente der Motivation und Verstärkung dar.“ (Robinson/Berridge, 2003 zitiert nach Grüsser/Thalemann 2006a, 46)

Ein Anzeichen für eine Abhängigkeit könnte die sofortige Assoziation zwischen Objekten, die an das Suchtverhalten erinnern und dem Suchtverhalten sein. Der Blick auf einen Monitor kann bei Computerspielsüchtigen möglicherweise unmittelbar den Reiz auf das Computerspielen auslösen. Thalemann, Wölfling und Grüsser berichten in einer Studie43, dass das Gehirn von Computerspielabhängigen auf den Screenshot ihres Lieblingsspiels ähnlich reagieren wie Alkoholiker beim Anblick von Bier. Nachgewiesen wurde dies im Jahr 2007 an der Charité, einem bekannten Krankenhaus in Berlin, als sie die Hirnstromsignale von 30 ComputerspielerInnen per Elektroenzephalografie (EEG) analysierten. 15 Versuchspersonen erfüllten dabei die Kriterien der Abhängigkeit, während die anderen 15 Personen nur gelegentlich Computerspiele spielten. Der Test ergab, dass bestimmte Bereiche im Scheitellappen (eine Gehirnregion, die für die sensorischen Informationen zuständig ist) des Gehirns bei den Gruppen unterschiedlich stark auf die Screenshots reagierten. Die Gehirnströme der Spielabhängigen veränderten sich anders, da sie die Bilder stärker emotional verarbeiteten als die Gelegenheitsspieler, die die Bilder als neutrale Reize bewerteten. Computerspielen beruht demnach auf den gleichen hirnpsychologischen Prozessen wie der Alkohol Konsum. „Die Spielszenen würden beim exzessiven Zocken durch wiederholte Lernerfahrungen emotional positiv besetzt und so das mesolimbische Belohnungssystem für sie sensibilisiert. Gemeinsam mit anderen Hirnstrukturen bildet dieses das so genannte Suchtgedächtnis, das Reize, die mit dem Spiel assoziiert werden, mit einer Belohnungserwartung verbindet und auf diese Weise zum erneuten Spielen motiviert.“ (Wölfling 2009, 31)

43 Specific Cue Reactivity on Computer Game-Related Cues in Excessive Gamers. In: Behavioral Neurosciene 121(3), 2007, S.614-618

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2.8 Komorbidität und Therapieformen der Computerspielsucht

Aufgrund der Tatsache, dass Computerspielsucht noch nicht als Krankheit anerkannt wurde und deshalb nur eine ungefähre Gestalt des Störungsbilds existiert, gibt es aktuell keine evidenzbasierten Therapieempfehlungen. Dennoch finden sich immer häufiger Betroffene in psychiatrischen Kliniken ein. Als deutschlandweit erste Ambulanz für Computerspielsüchtige zählt die Mainzer Universitätsklinik. Sie bietet seit März 2008 eine ambulante Therapie an (vgl. Wölfling 2009, 29). Durch das Fehlen eigener Behandlungsmethoden bedienen sich Therapeuten an anderen psychotherapeutische Therapieverfahren. „Aktuell werden sowohl verhaltenstherapeutische als auch tiefenpsychologische Therapieverfahren eingesetzt. Die auf der Lerntheorie basierende Verhaltenstherapie, die Internetabhängigkeit als Suchtkrankheit einstuft, empfiehlt die verhaltenstherapeutischen Verfahren, die sich in der Behandlung von Menschen mit stoffgebundenen Abhängigkeiten bewährt haben. Dem gegenüber stehen die psychoanalytischen Erkenntnisse der tiefenpsychologischen Therapieverfahren, die stoffgebundene Abhängigkeitsphänomene als Symptome bekannter psychischer Störungen verstehen. Wenn die vorgängigen beziehungsweise komorbiden psychischen Störungen mit einem entsprechend hohen Leistungsdruck einhergehen, können zusätzlich auch somatische Therapieansätze, insbesondere die Gabe von Psychopharmaka, angezeigt sein.“ (Lampen-Imkamp/ te Wildt 2009, 128)

Die Komorbidät, also das gemeinsame Auftreten von Erkrankungen bzw. Störungen ist, wie bei anderen Suchterkrankungen, auch bei der Computerspielsucht zu erkennen. Diese Komorbiditäten können sich zum Beispiel in Form von Drogenkonsum, Depression, Ängstlichkeit und Wahnvorstellungen ausdrücken (vgl. Grüsser/Thalemann 2006, 46). „Das Computerspielen fungiert im Sinne des Selbstmedikationsansatzes als Rettungsanker während depressiver Episoden. Darüber hinaus wurde das Computerspielverhalten [von Betroffenen] als aufrechterhaltende Bedingung für die depressive Symptomatik empfunden.“ (Mücken 2009, 119) Schon in älteren Studien zum Computer- und Internetgebrauch wurde ein Zusammenhang zwischen Internetabhängigkeit und Depression, Einsamkeit und sozialer Isolation festgestellt. Obwohl das Internet eine soziale Technik ist, steigt die Einsamkeit der InternetnutzerInnen, da sie reale soziale Aktivitäten vernachlässigen (vgl. Grüsser/ Thalemann 2006b,172). Auch eine Derealisation, also ein Gefühl des gestörten Umwelterlebens, bei dem die Betroffenen die Umgebung und Menschen als fremd erleben, sowie eine Depersonalisation, bei der die Betroffenen eine Veränderung ihrer geistigen Aktivität, ihrer Gefühle oder ihres Körpers erleben, werden als Komorbidität beobachtet (vgl. Grüsser/Thalemann 2006a, 48). Eine stark verbreitete Komorbidität unter Computerspielsüchtigen sind soziale Ängste; hierbei gehen Experten davon aus, dass die Betroffenen ein Beziehungsproblem haben. Einerseits in der 47

Beziehung zu sich selbst, andererseits aber auch zu anderen Menschen. Hierfür eignet sich die Gruppentherapie und Gruppenteilnahme am besten, durch die die Betroffenen soziale und reale Beziehungen aufbauen können. (Fritz et al. 2011, 246) „Ergänzend oder auch alternativ können nicht-gesprächszentrierte Gruppenaktivitäten und erlebnispädagogische Angebote wie das gemeinsame Kanu-Fahren oder Grillen die Behandlungsziele unterstützen und zudem die Körper- und Sinneswahrnehmung der Klienten fördern.“ (ebd.) In Bezug auf Internetabhängigkeit formuliert Kimberly Young (1999) folgende acht Vorschläge, die sie Therapeuten als Therapiemaßnahme empfiehlt. Diese Vorschläge lassen sich auch auf Computerspielsucht übertragen. practice the opposite Eine wichtige Therapiemaßnahme ist, dass Abhängige ihre zeitliche Mediennutzung vor Auge führen. Daraufhin sollten die Verhaltensweisen reflektiert werden, zu welchen Zeitpunkten das Medium verwendet wird und wieviel Zeit die Betroffenen der Mediennutzung schenken. Danach ist es sinnvoll, einen neuen Zeitplan zu konstruieren. Der Zeitplan sollte Tätigkeiten beinhalten, die die Betroffenen anstelle der gewohnten Mediennutzung zu einem bestimmten Zeitpunkt ausführen. (Wenn eine Person jeden Morgen seine E-mails abruft, sollte er diesen Brauch in ein morgentliches Duschen umwandeln.) external stoppers Um die Mediennutzung zu begrenzen, sollten Betroffene external stoppers, also äußere Unterbrechungssignale ( wie einen Wecker) verwenden, die sie auf die Dauer bzw. auf das Ende der Mediennutzung hinweist. setting globals Unter setting globals ist die Erstellung eines Zeitplans für eine vernünftige und angemessene Mediennutzung gemeint, den Betroffene befolgen sollten. abstinence Betroffene sollten Spiele, Programme oder Anwendung mit besonders hohem Suchtpotential vermeiden. reminder cards Um den oder die Betroffene an die Mediensucht zu erinnern, sollten kleine Karten erstellt werden, auf denen die Folgen der Sucht zu lesen sind. In Momenten des Verlangens sollten Betroffene die Karten ansehen um damit das Verlangen zu tilgen. personal inventory Wichtig für ein Loskommen der Sucht ist die Bewusstwerdung anderer Hobbies, die die 48

Betroffenen möglicherweise verdrängt oder vergessen haben. support groups Um Betroffene auf dem Weg zur Abstinenz zu unterstützen, ist es hilfreich, sich diversen Gruppen wie Sportgruppen oder auch Selbsthilfegruppen anzuschließen. family therapy Es ist sinnvoll, mit der Familie über Suchtprobleme zu reden und somit auch Aufklärungsarbeit innerhalb der Familie zu leisten.

2.9 Résumé Computerspiele haben durch ihre starke Anziehungskraft die Möglichkeit, SpielerInnen an sich zu binden und letztendlich abhängig zu machen. Gründe für die Bindung sind vielfältig und von Fall zu Fall unterschiedlich. Ab wann eine Computerspielabhängigkeit diagnostiziert werden kann, bzw. wie Computerspielsucht definiert wird, darüber sind sich Experten unschlüssig. Die Begrifflichkeiten Computerspielsucht, Computerspielabhängigkeit, pathologisches Spielen und extremes/exzessives Spielen ähneln zwar einander, es gibt allerdings unterschiedliche Auffassungen über ihre Bedeutung. Auch herrscht Uneinigkeit, ob und inwiefern Computerspielsucht als Verhaltenssucht in internationale Diagnosesystem eingetragen werden soll und nach welchen Kriterien Computerspielsucht festgestellt werden sollte. Lediglich über drei Diagnosekriterien sind sich Experten bislang einig: Kontrollverlust, Toleranzentwicklung und Entzugserscheinungen. (Schneider et al. 2009, 69) Ein Kritikpunkt an bisherigen Studien könnte das Faktum sein, dass Forschungsergebnisse vor allem auf quantitativen Erhebungen beruhen. Dies birgt die Gefahr, dass subjektive Hintergrundinformationen der StudienteilnehmerInnen ignoriert werden. Damit pathologisches Computerspielen als Verhaltenssucht in Diagnostikbücher Platz findet, müssen qualitative Kriterien eher bevorzugt werden als die Ergebnisse einer quantitativen Nutzung. „Ohne persönliches Gespräch und Hintergrundinformationen darüber, welche Funktion das Computerspielen für den Betroffenen bekommen hat, sollte die Diagnose Computerspielsucht nicht gestellt werden.“ (Grüsser/Thalemann 2006b, 36) So wird in quantitativen Erhebungen meist nicht erörtert, ob Angststörungen oder Depressionen ein Folgeprodukt von exzessivem Computerspielen sind oder ob Computerspielen als Selbstmedikation eingesetzt wird, um Angststörungen und Depressionen zu unterdrücken. Obwohl sich viele Studienergebnisse besonders in den prozentualen Angaben von abhängigen SpielerInnen unterscheiden, liefern sie teils homogene Erkenntnisse über Bereiche wie Entstehung, Verlauf, und Komorbiditäten von Computerspielsucht. Einige wichtige Erkenntnisse werden zum Beispiel in einer qualitativen Studie von Mücken (2009, 113ff) erwähnt: •

Die Mehrzahl der Computerspielsüchtigen bevorzugt Online-Spiele. 49

• • • • • • • • • •

• • • • •

Pathologische Computerspieler sind überwiegend männlich. Bei der Wahl der Online-Spiels werden Online-Rollenspiele bevorzugt. Computerspielsüchtige erfüllen die Kriterien (ICD-10) der stoffgebundenen Abhängigkeit. Freizeitaktivitäten gelangen durch das Computerspielen in den Hintergrund. Computerspielen verursacht eine dysfunktionale Affektregulation 44. Mit zunehmender Spieldauer bildet sich eine Toleranzentwicklung, durch die die Spieldauer erhöht wird. Bei Spielunterbrechungen kommen Entzugserscheinungen in Form von Nervosität oder Unruhe zum Vorschein. Beim Versuch, die Dauer des Computerspielens zu reduzieren, werden die SpielerInnen rückfällig. Gründe dafür sind die Verhaltensgewohnheit, sowie ein Mangel an Erfolgserlebnissen und das Fehlen von (Spiel-internen) sozialen Beziehungen. Computerspielen hat negative Auswirkungen auf soziale Kontakte in der realen Welt. Betroffene berichten vom Verlust von Freunden und Partnern, sowie familiäre Auseinandersetzungen. Die Suchtentwicklung wird durch eine Kombination von sozialen, personalen und spielspezifischen Faktoren begünstigt; Betroffene sehen die Ursachen der Suchtentwicklung in einer Kombination aus belastenden Umständen, persönlichen Defiziten und Elementen des Computerspiels. Belastende Lebensumstände wie die Trennung der Eltern, die Alkoholsucht eines Elternteils oder ein inkonsequenter Erziehungsstil tragen zur Suchtentwicklung bei. Computerspielinterne Kontakte, sogenannte Peerbeziehungen, erleichtern den Einstieg in das Spiel und haben die Funktion, das Fehlen von sozialen Kontakten in der realen Welt zu kompensieren. FreundInnen, die in ihrer Freizeit nicht computerspielen, können einen positiven Effekt auf die Minderung der Computerspielsucht der SpielerIn haben. Der Ausstieg aus der Computerspielwelt wird von einer Konfrontation mit Freunden begünstigt; ein klares negatives Feedback von Freunden fördert demnach die Motivation, das Spielverhalten zu reduzieren. Eine enge Bindung zur Spielergemeinschaft erschwert den Ausstieg.

Obgleich Computerspielsucht noch nicht als pathologische Suchterkrankung angesehen wird, geben vor allem Entzugserscheinungen den Hinweis, dass es sich dabei um ein ernst zunehmendes krankhaftes Verhalten ähnlich der stoffgebundenen Abhängigkeit handelt; Wölfling und Müller sehen in Entzugserscheinungen die Schwelle, die stark gehäuftes Computerspielen von einem exzessivem pathologischen Spielverhalten unterscheidet. „Entzugserscheinungen stellen das Kriterium dar, dass aus psychometrischer Sicht mit der höchsten Trennschärfe zwischen psychopathologischem und lediglich regelmäßigem Computerkonsum differenziert. Die Bandbreite an berichteten Symptomen ist dabei groß, wobei jedoch auffällt, dass es vornehmlich aggressive Verhaltensentgleisungen sind, die sich als Reaktion auf versagten Spielkonsum gerade bei den Betroffenen jüngeren Lebensalters manifestieren.“ (Wölfling/ Müller 2009, 294) 44 Während am Anfang Spaß und Unterhaltung im Vordergrund des Spielens stehen, bekommt Computerspielen mit zunehmenden Fortschritt die Funktion der Stressbewältigung und dient als Regulation von negativen Gefühlszuständen.

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3. Multiplayer Games und ihr Suchtpotential

Während sich das vorige Kapitel der Suchtproblematik im Allgemeinen widmet und sie in Beziehung zu Computerspielen untersucht, versucht folgendes Kapitel die Suchtproblematik speziell bei Computerspielen im Mehrspieler- Modus zu erörtern. Folglich werden zuerst Grundbegriffe, Definitionen und Varianten von Multiplayergames beschrieben, um danach auf die soziale Komponente solcher Computerspiele einzugehen. Letztendlich sollte mit diesem Kapitel der Forschungsfrage, welchen Einfluss gemeinsames Spielen im Multiplayer Modus auf das Suchtpotential hat, nähergekommen werden.

3.1 Spielen im Multiplayer- Modus Mit der zunehmenden Zahl an Breitbandanschlüssen, ist in den letzten 10 Jahren nicht nur die Zahl der InternetuserInnen gestiegen. Auch viele ComputerspielerInnen, die das gemeinsame Spielen vormals nur über LAN- Netzwerke ausübten, erlebten durch die Möglichkeit des online-Spielens eine völlig neue Spielerfahrung. In den 70er Jahren entwickelten sich erste Online Spiele in Form von Multi User Dungeons (MUDs), die in den Anfängen überwiegend auf Text basierten. Bei MUDs handelt es sich um Rollenspiele, die auf zentralen Servern laufen. SpielerInnen können sich im Spiel einloggen und mitspielen. Etliche neu erscheinenden Spiele bieten die Option des Mehrspieler Modus, der von UserInnen gerne genutzt wird. Das Zusammen- oder Gegeneinaderspielen in einer gemeinsamen virtuellen Welt bedeutet, dass andere Mitspieler die Handlungen meiner Spielfigur mitverfolgen können. Des weiteren bieten Spiele im Mehrspieler- Modus die Möglichkeit, soziale Kontakte zu knüpfen und mit anderen SpielerInnen zu kommunizieren. Diese soziale Komponente unterscheidet Singleplayer- Spiele von Multiplayer- Spielen und trägt maßgeblich zur Populariät von MultiplayerSpielen bei. Die Meinung, dass ein (online-) Multiplayer- Spiel in der heutigen Zeit größeren Erfolg verspricht, als ein Spiel im Singleplayer- Modus, wird auch von Experten unterstützt. Der Sozialpädagoge Thomas Graf lässt den Erfolg eines Spiels von seiner Spielergemeinschaft (Gamecommunity) abhängen, mit der via Internet intensiv interagiert werden kann. „Das Mit- und Gegeneinanderspielen im Netz, gepaart mit größtmöglichen Gestaltungsspielräumen für den Einzelnen, wird zu einem maßgeblichen Erfolgsfaktor für Videound Computerspiele der neuesten Generation.“ (Graf 2009, 28) Im Zusammenhang mit Online Spielen fällt immer wieder der Name des im Jahr 2005 veröffentlichten Spiels World of Warcaft, ein Online Rollenspiel, das als Schlüsselfaktor für die Entwicklung der Online Spiele zum Massenphänomen gilt (vgl. Quandt/ Wimmer 2008, 169). Dieses hat sich aus dem Strategiespiel Warcraft zu einem Onlinespiel weiter entwickelt und ist mit mehr als 12 Millionen SpielerInnen im Jahr 201045 als das erfolgreichste MMORPG zu bewerten. 45 http://de.statista.com/statistik/daten/studie/208146/umfrage/anzahl-der-abonnenten-von-world-of-warcraft/ abgerufen am 12.11.2012

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Mit 9,1 Millionen Spieler im Jahr 2012 ist die Erfolgsquote jedoch leicht rückläufig. Nach einer Prognose des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) verlagert sich die Nachfrage von Computerspielen mit hohem Tempo vom traditionellen Handel ins Internet und von der Offlinewelt immer mehr in die Onlinewelt (vgl. BITKOM, 2012).

3.1.1 Multiplayer Online Games Multiplayer Online Games zeichnen sich dadurch aus, dass Spielfiguren und Spielwelt nicht beständig sind, dass sie also bei jedem Neustart des Spiels neu zurückgesetzt werden. Speziell im Shooter Genre bieten MOGs den SpielerInnen Spielarenen, in denen sie gewisse Aufgaben erfüllen müssen. (Zum Beispiel die GegnerIn besiegen, den gegnerischen Stützpunkt besetzen, oder in einer vorgegebenen Zeitspanne möglichst viel Gegenstände sammeln) Populäre Multiplayer Spiele, die über das Internet oder ein LAN- Netzwerk gespielt werden, sind beispielsweise der EgoShooter Counter-Strike46 oder das Fußballspiel FIFA47. Während in früheren Jahren der Chat als Kommunikationsmittel während eines Spiels populär war, haben SpielerInnen mit der Verbreitung von schnelleren Internetanschlüssen nun die Möglichkeit, Strategien und Taktiken bequem über Kommunikationsplatformen wie Skype oder Teamspeak abzusprechen. Die Besonderheit an Multiplayer Online Games liegt darin, dass solche Spiele zügig gespielt werden können und, im Gegensatz zu MMORPGs, endlich sind. Im Folgenden werden drei verschiedene MOG Genres beschrieben und danach miteinander verglichen. FiFA FIFA ist dem Genre der Sportspiele anzurechnen. SpielerInnen haben die Aufgabe, einen Fußballspieler oder die ganze Fußballmannschaft zu steuern, die sich aus einem Pool von europäischen Fußballvereinen auswählen lässt. Im Managermodus ist es der SpielerIn außerdem möglich, Fußballer von anderen Mannschaften einzukaufen, bzw. eigene Fußballer zu verkaufen. Auf Grund seiner realistischen und detailgetreuen Darstellung, die zum Beispiel eine korrekte Abbildung der einzelnen Spieler beinhaltet, ist FIFA ein attraktives Spiel für Fußballfans. Um einen möglichst hohen Realitätsgrad zu erreichen, werden regelmäßig Updates bereitgestellt, um aktuelle Spieler- und Vereinsdaten zu aktualisieren. Das Kernkonzept von FIFA liegt hauptsächlich im Wettkampf. Die SpielerIn ist motiviert, die eigenen Fähigkeiten zu trainieren und das Eingabegerät zu beherrschen, um flüssig spielen zu können und die Mannschaft der gegnerischen SpielerIn besiegen zu können. Eine Studie von Tilo Hartmann (2008) besagt, dass kompetitives Computerspielen, wie es im Sportspiel FIFA der Fall ist, ein menschliches Bedürfnis ist, das durch einen Mix von Erlebnisqualitäten, in denen auch die soziale Komponente inkludiert ist, befriedigt wird (vgl. 2008, 223).

46 Valve, 2000 47 EA Sports, 1993

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Counter-Strike Das Computerspiel Counter-Strike ist dem Spielgenre Taktik-Shooter zuzuschreiben. Innerhalb eines abgegrenzetn Arreals bekämpfen sich zwei Gruppen, die Terroristen und die Spezialeinheit. Die Ich-Perspektive veranlasst die SpielerIn, genau das Sichtfeld der Spielfigur zu sehen; dies trägt zu einer erhöhten Identifikation mit der Spielfigur und der virtuellen Welt bei. Gleichzeitig wird der SpielerIn eine hohe sensumotorische Fähigkeit abverlangt, da die GegnerIn blitzschnell auftauchen kann und die SpielerIn darauf entsprechend (schnell) reagieren muss. Die Regeln des Spiels sind einfach zu verstehen, prinzipiell muss die SpielerIn taktische Entscheidungen treffen, um ihr eigenes Leben und das Überleben des Teams zu wahren. Der Reiz von Counter-Strike liegt vor allem im gemeinsamen Teamspiel. „Durch die soziale Einbettung des Spielens – von den eher situativen Vergemeinschaftungsformen auf LAN – Parties über die wettkampforientierten Clans bis hin zu den professionell organisierten Liegen des eSport – liefert es aber auch Identitätsressourcen, insbesondere Gefühle der Gruppenzugehörigkeit und des Zusammenhalts in einer Gemeinschaft mit ähnlichen Interessen.“ (Fritz et al. 2011, 76) Counter-Strike bedarf einen hohen Zeitaufwand und viel Übung, um sich mit anderen messen zu können. Fritz et al. merken außerdem an, dass sich das Interesse am Computerspiel abschwächt, je mehr Sozialbeziehungen außerhalb der Spielerszene geknüpft werden (vgl. 2011, 81). Warzone 2100 Als drittes Beispiel der MOGs kann Warzone 2100 genannt werden, das im Genre der Echtzeit Streategiespiele angesiedelt ist. Primär wurde das Spiel im Single-Player Modus konzipiert, in denen SpielerInnen verschiedene Missionen erfüllen müssen. Mit der Zunahme von Breitband Internetverbindungen erfreut sich seit den letzten 5 Jahre der Online Multiplayer Modus immer größerer Beliebtheit. Das Spielprinzip ähnelt vielen anderen Genre- verwandten Spielen: Durch das Abbauen von Rohstoffen (bzw. durch Energieförderung) gewinnt die SpielerIn Energie, die sie zur Technologieforschung benötigt, um letztendlich Kampfeinheit zu produzieren und damit gegnerische Gebiete erobern zu können. Im Multiplayer Modus können per Co-Op48 Modus bis zu 10 SpielerInnen gleichzeitig spielen. Warzone 2100 verlangt von SpielerInnen vor allem strategische und taktische Entscheidungen, um gegnerische Einheiten möglichst effektiv zu eliminieren. Warzone 2100 hat sich trotz veralteter Grafik bislang am Leben gehalten. Dies geht vor allem auf seine Simplizität und auf die gleichzeitig komplexe Möglichkeit der Interaktion zwischen den SpielerInnen zurück. Obwohl sich die drei beschriebenen Spiele in ihren Genres unterscheiden, haben sie eine ausschlaggebende Gemeinsamkeit: die soziale Komponente. Das Spielen im Multiplayermodus birgt den großen Reiz, gegen reale SpielerInnen zu spielen anstatt gegen Gegner, die mit beschränkter künstlicher Intelligenz die Spielwelt auf- und ablaufen. Dieser Umstand erzeugt eine hohes Maß an Social Presence und trägt letztendlich stark zur Immersion bei. Hinsichtlich des Suchtpotentials lässt sich feststellen, dass alle drei Spiele aufgrund der sozialen 48 Im Co-Op (Kooperations) Modus spielen SpielerInnen in einem Team zusammen gegen ein anderes Team.

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Interaktion eine starke Wirkung auf SpielerInnen haben. Während FIFA und Counterstrike eher schnell gespielt werden können, kommt bei Warzone 2100 zusätzlich zur sozialen Komponente noch ein entscheidender Aspekt hinzu, der sich womöglich noch stärker auf das Suchtpotential auswirkt: Die, für Strategiespiele typischen Erfordernisse, vor der Kampfhandlung Rohstoffe abzubauen, Technologien zu entwickeln und Gebäude sowie Fahrzeuge zu erstellen. Diese Vorbereitungsphase veranlasst den Spieler, viel Zeit in das Spiel zu investieren, wodurch das Eintauchen in die Spielwelt und die Identifikation mit selbiger begünstigt wird. Bezüglich der Immersion lässt sich beim Spiel Warzone2100 aber auch ein Nachteil gegenüber den Spielen FIFA und Counterstrike feststellen: Die Grafik von Spielen wie Counter-Strike: Global Offensive oder FIFA 12 entwickelt sich stetig weiter und führt eher zu Immersion als die Grafik von Warzone 2100, die nach dem Konkurs des Entwicklers Pumpkin Studios seit 1999 nicht mehr weiterentwickelt wurde.

3.1.2 Massively Multiplayer Online Games In Massively Multiplayer Online Games (MMOGs) treffen etliche SpielerInnen, die durch ihre Avatare repäsentiert werden, in einer virtuellen Spielwelt im Internet aufeinander. SpielerInnen treten also nicht alleine gegen computergesteuerte Gegner an, sondern verbünden sich mit anderen NutzerInnen zu Spielgemeinschaften, um wiederum gegen andere Spielgemeinschaften zu konkurrieren. MMOGs unterscheiden sich im Vergleich zu Multiplayer Online Games dadurch, dass die Spielwelt persistent ist. Dies bedeutet, dass die Spielwelt und die Spielfiguren fortan erhalten bleiben und sich weiterentwickeln, währenddessen sich die Spielwelt in MOGs bei jedem Neustart zurücksetzt. Außerdem werden MMORPGs, im Gegensatz zu MOGs lediglich auf wenigen dezidierten Servern verwaltet, damit das Spiel fortwährend online erreichbar ist. Ein besonderes Kennzeichen von MMOGs ist der immense Zeitaufwand, den SpielerInnen für das Spiel erbringen. Eine Studie von Nicholas Yee (2006) in welcher der durchschnittliche Zeitaufwand von 30.000 SpielerInnen gemessen wurde, zeigt, dass sich die SpielerInnen im Durchschnitt 22.72 Stunden pro Woche mit Computerspielen beschäftigen. Acht Prozent der UserInnen verbrachten sogar mehr als 40 Stunden pro Woche in virtuellen Welten. MMOGs lassen sich in viele verschiedene Spielgenres unterteilen wie zum Beispiel MMORTS 49, MMOFPS50 oder MMORPG51. Am meisten Bekanntheit hat das Spielgenre MMORPG erlangt, dem Spiele wie World of Warcraft oder League of Legends zuzuschreiben sind. Castronova beschreibt MMORPGs als Bühne, die Menschen die Möglichkeit bieten, in verschiedene Rollen zu schlüpfen: „Similarly, MMORPGs take the concept of an ordinary stage and extend it radically. These places are theatrical locales in the sense that they are not of the Earth, and in that they allow people to take on many roles (including their true self if desired).“ (2005, 10) Weiters verwendet er für Spielwelten, wie sie in MMORPGs existieren den Begriff Synthetic World, den er wie folgt beschreibt: „Synthetic world is an expansive, world-like, large-group environment made by humans, for humans, and which is maintained, recorded, and rendered by a computer.“ (ebd. 2005, 11) 49 Massive Multiplayer Online Real Time Strategy Games (Online- Strategiespiele) 50 Massive Multiplayer Online First Person Shooter (Online- Shooter) 51 Massive Multiplayer Online Role Play Game (Online- Rollenspiele)

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Im Folgenden wird anhand von World of Warcraft ein tieferer Einblick in das Spielgenre MMORPG gegeben. Obwohl es schon lange Zeit vor World of Warcraft MMORPGs gab, wie zum Beispiel Ultima Online, Everquest oder Final Fantasy XI, erlangte kein anderes Spiel annähernd die 12 Millionen Spieler Marke von World of Warcraft.52 Mittlerweile (Herbst 2012) geht der Erfolg von World of Warcraft wieder leicht zurück. Das MMORPG League of Legends verbucht mit 1,3 Millionen Spielstunden im vergangegen Jahr einen größeren Erfolg als World of Warcraft, das nur auf 622 Millionen Spielstunden kommt.53 Der rasante Erfolg von Legaue of Legends lässt sich unter anderem durch die kostenfreie Nutzung des Spiels erklären. World of Warcraft ist aber dennoch (auch wirtschaftlich) erfolgreich: Um das Spiel zu spielen, müssen die SpielerInnen eine Zugangssoftware erwerben und einen Account erstellen. Dieser ist mit einer monatlichen Gebühr verbunden, die, je nach Zahlungsmodi, zwischen 11 und 13 Euro pro Monat liegt. Um das Spiel in vollen Zügen nutzen zu können, ist es notwendig, den Monatsbeitrag zu zahlen. Wenn also in etwa 12 Millionen NutzerInnen im Jahr 2010 einen durchschnittlichen Betrag von 12 Euro zahlen, betrugen die Einnahmen in diesem Jahr in etwa 1,7 Milliarden Euro. Einnahmen von Add-ons und umfangreiche Merchandiseartikel bescheren dem Unternehmen einen zusätzlichen Geldregen (vgl. Graf 2009, 29). Das Spielprinzip, das auch anderen MMORPGs ähnelt, lautet: Erstelle eine Spielfigur, entwickle diese und schließe dich mit anderen SpielerInnen zu einer Gemeinschaft zusammen. Ein Spielziel bzw. ein Ende des Spiels gibt es nicht. In virtuellen Welten der MMORPGs gibt es immer wieder neue Ziele, die die SpielerIn erreichen kann (vgl. Chan/Vorderer 2006, 80ff). Inhaltlich spielt das Spiel in einer großen Fantasywelt, in der sich zwei Gruppen, die Allianz und Horde genannt werden, gegenseitig bekämpfen um an die Macht zu kommen. Die Geschichte dieser Gruppen wird vor Beginn des Spiels erzählt. Am Anfang müssen SpielerInnen eine Entscheidung treffen, in welcher Spielumgebung sie spielen wollen. Dafür stehen zwei Arten von Server zu Verfügung: PvP und PvE; der PvP Server (Player versus Player) bietet die Möglichkeit, dass die SpielerIn auch außerhalb ihres Heimatgebietes von gegnerischen SpielerInnen angegriffen wird. Der PvP Server (Player versus Environment) bietet diese Option nicht, hier steht der Kampf mit Computergegnern im Vordergrund (vgl. Grunewald 2009, 60). Außerdem stehen für beide Servertypen auch Rollenspielserver zur Verfügung, die den SpielerInnen ein noch intensiveres rollenspieltypisches Verhalten ermöglichen, wie beispielsweise der Benutzung sprachlicher Eigenheiten. Bei der Wahl der Spielfigur stehen der SpielerIn auf beiden Gruppen jeweils fünf unterschiedliche Völker zur Verfügung. Bei der Alianz lässt sich zwischen Menschen, Nachtelfen, Zwerge, Gnome, Draenei oder Worgen auswählen, bei der Horde zwischen Orcs, Tauren, Untote, Trolle, Blutelfen und Goblins. Des weiteren kann die SpielerIn aus verschiedenen Klassen wie zum Beispiel Druide,Magier Hexenmeister, Jäger, Krieger, etc. wählen. Anschließend steht es der SpielerIn offen, ihren Charakter individuell zu gestalten. Körperform, Hautfarbe, Haare, etc können beliebig verändert werden. Nach Abschluss dieses Bereichs wird die Spielerin noch kurz in das Spiel eingeleitet und kann 52 Im Oktober 2010 erreichte World of Warcraft die höchste Abonnement Zahl mit 12 Millionen Spieler. Ab diesem Zeitpunkt sind die Zahlen rückläufig, im 2.Quartal 2012 beträgt die Spieleranzahl nur noch 9,1 Millionen. http://de.statista.com/statistik/daten/studie/208146/umfrage/anzahl-der-abonnenten-von-world-of-warcraft/ abgerufen am 01.11.2012 53 http://www.pcgames.de/League-of-Legends-PC-218399/News/League-Of-Legends-Spielzeit-LoL-988820/ , abgerufen, am 01.11.2002

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danach beginnen, verschiedene Aufgaben, die von computergesteuerten Figuren vergeben werden, zu erfüllen. Mit dem Erfüllen einer Aufgabe bekommt die SpielerIn Erfahrungspunkte und kann damit ihren Avatar größer und stärker machen. Sie beginnt bei der Charakterstufe 1 und kann ihren Avatar bis zur Charakterstufe 80 weiterentwickeln. Erfüllte Aufgaben können auch mit Gegenständen belohnt werden, wie zum Beispiel bessere Waffen oder Rüstungen. Mit dem Spielfortschritt werden die Aufgaben immer schwieriger, sodass sich die SpielerIn Verbündete suchen muss, um die Aufgaben gemeinsam zu lösen. Mit immer schwerer werdenden Aufgaben ist koordiniertes und taktisches Spielen erforderlich. Die Spielergemeinschaften werden in World of Warcraft Gilden genannt. „Die Gilde bietet ein wesentliches Gerüst, um im Spielverlauf weiter voranzukommen. Sie bietet Unterstützung, Austausch und einen persönlicheren Kontakt zu anderen Mitspielerinnen und Mitspielern. […] Die schwierigsten Aufgaben können nur noch in eingespielten Gemeinschaften bewältigt werden. Ebenso können die besten Gegenstände nur noch von computergesteuerten Gegnern erbeutet werden, die nur in einer eingespielten Gruppe besiegt werden können.“ (Grunewald 2009,62)

Die SpielerInnen haben im Verlauf des Spiels die Möglichkeit, Berufe zu erlernen und sind im Stande, Waren zu kaufen und zu verkaufen. Neben einer eigenen Bank, in der die Gegenstände gelagert werden, gibt es auch eine Gildenbank, in der Gegenstände für die Gilde zur Verfügung stehen. World of Warcraft ist ein komplexes MMORPG, das der SpielerIn, auch auf Grund seiner großen Spiellandschaft, unzählige Möglichkeiten bietet, sich und ihre Gilde weiter zu entwickeln. „World of Warcraft is currently the most successful MMORPG in the world, but its success has been born from the ashes of previous online games. In essence it was a combination of several key aspects from preciously successful MMORPGs, such as a fantasy setting, player based economy, 3D environment, party based gameplay, and a seamless virtual world.“ (Tyrer. 2008, 20)

Ein Kritikpunkt in MMORPGs liegt darin, dass SpielerInnen, im Gegensatz zu klassischen Rollenspielen, ihr Tempo nicht selber steuern können. Es gibt weder einen Pause-Knopf, noch können Spielstände gespeichert werden. Darum können SpielerInnen das Gefühl entwickeln, etwas zu versäumen, wenn sie das Spiel abbrechen. „Das Leben und die Geschichte in der virtuellen Welt gehen weiter- ob [der Spieler] es will oder nicht. Diese Umstände können zu einem enormen Zeitaufwand führen. Hierbei […] besteht die Gefahr, dass der Betroffene wesentlich mehr spielt und sein alltägliches Leben vernachlässigt.“ 54 Auch andere Massive Multiplayer Online Games wie das MMORPG EVE Online beruhen auf dem Prinzip, dass sich die Spielwelt oder auch die Fähigkeiten der SpielerIn kontinuierlich weiterentwickeln, auch wenn die SpielerIn aus dem Spiel ausgeloggt ist.

54 http://www.rollenspielsucht.de/resources/RS2-Bekannteste+MMORPGs.pdf , abgerufen am 01.11.2012

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3.2 Soziale Aspekte von Online Games Die Popularität von Online-Spielen wächst stetig. Im Jahr 2008 lag der Anteil der OnlinespielerInnen aller InternetnutzerInnen im Alter von 12 bis 19 Jahren bei 71%. Das Internet ist nach dem Offline Spielen das zweitbeliebteste Medium für das Computerspielen (vgl. Schorb et al. 2008a). Wie auf Abbildung 3 zu sehen ist, wird für Online-Spiele im Vergleich zu Offline-Spielen viel mehr Zeit in Anspruch genommen. Unter 324 befragten Personen, die sowohl online als auch offline gespielt haben, spielten demnach 50% im Internet und 40% offline (vgl. Schorb et al. 2008b, 5).

Abb.3 : Häufigkeit der Nutzung elektronischer Spiele (vgl. Schorb et al. 2008a)

Die Befragten äußerten zu den verschiedenen Aspekten des Online Spielens eine unterschiedliche Wertschätzung. 82% der SpielerInnen sahen einen starken Reiz, zusammen mit anderen menschlichen SpielerInnen zu spielen. 77% sahen eine große Bedeutung, gegen reale Menschen zu spielen. Ein wichtiger Nebenaspekt ist das Bewusstsein, gegen menschliche GegnerInnen zu spielen, anstatt von programmierten Kontrahenten mit künstlicher Intelligenz. Neben dem soziale Aspekt hat auch der Wunsch, Neues zu entdecken oder in eine andere Rolle zu schlüpfen, einen hohen Stellenwert.

Abb.4: Wertschätzung verschiedener Aspekte von Multiplayer- Spielen (Schorb et al. 2008a)

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„Ein Grund die soziale Interaktion besonders zu mögen, besteht darin, dass das Internet Online-SpielerInnen die Möglichkeit bietet über den oft beschränkten, sozialen Nahraum hinaus mit anderen in Kontakt zu treten, die zumindest in Bezug auf das Spiel die gleichen Interessen haben. Arthur (17) mag es bspw. besonders, dass er im Internet Menschen aus verschiedensten Ländern treffen und mit ihnen spielen kann: „Letztens war ich online, da spielte ich zusammen mit ein paar Holländern, waren Norweger mit dabei, ein paar aus Canada und ein paar Amerikaner und dann zieht man halt durch die Welt und tötet andere Monster. […] Also im Internet da kennst du drei Millionen Leute, die mittlerweile World of Warcraft spielen, die kannst du treffen und wenn du raus vor die Tür gehst, hast du halt die zwei Dutzend Leute, die in deinem Dorf rumrennen.“ Das Spielen von Online-Spielen ist also eng verbunden mit dem Wunsch nach sozialer Interaktion und dem Wunsch nach Kommunikation. Miteinander zu spielen, miteinander zu reden, Kontakte zu knüpfen und selbst Freundschaften auch über das Spiel hinaus zu schließen, ist medialer Alltag von vielen Online-SpielerInnen.“ (Schorb et al. 2008b, 17)

Eine weite Fankultur, die sich in Form von groß angelegten SpielerInnentreffen sowie Cosplays55 preisgibt, zeugt von dem Bedürfnis, Bestandteile und Inhalte virtueller Welten auch in die reale Welt und Öffentlichkeit zu verlagern, um mit SpielerInnen auch real- menschlich verbunden zu sein. Auch werden viele bekannte Spiele in anderen Medien verbreitet, vermarktet oder von Fangemeinden zelibriert.56 Eine spezielle Form von Spielgemeinschaften bilden Clans. Ein Clan ist ein Zusammenschluss von Spielern, der vorwiegend im Genre der Ego-Shooter aktiv ist und unterscheidet sich zu anderen Spielgemeinschaften meist dadurch, dass sich die Kommunikationsebene nicht nur auf die virtuellen Ebene beschränkt, sondern dass auch reale Kommunikations- und Gemeinschaftsprozesse stattfinden (vgl. Wimmer et al. 2008, 150f). War es in den Anfangszeiten des Shooter Genres nur möglich, als Einzelperson zu agieren, wurde durch das Aufkommen von Multiplayer Shootern eine völlig neue soziale Dimension geschaffen. Die große Faszinationskraft der sozialen Dimension verhalf dem Shooter Genre zu großer Popularität, worauf eine Vielzahl von Shooter Spielen folgte. Einige Shooter Größen sind beispielsweise die Quake-Spielserien, Half-Life und Counterstrike. Aus vereinzelten Treffen bei Lan-Partys haben sich viele Clans zu professionellen Spielgemeinschaften weiterentwickelt, die über claneigene (online-) Computernetzwerke verbunden sind und intern oder gegen andere Clans spielen. „Mittlerweile haben sich diese Art vernetzter digitaler Wettkämpfe unter dem Schlagwort „eSport“ stark institutionalisiert und zum Teil sogar professionalisiert. So sollen über 35.000 bis 40.000 Clans mit geschätzten 1,5 Millionen Spielern allein in Deutschland existieren.“ (Wimmer et al. 2008, 152)

55 Cosplay setzt sich aus den Wörtern Costume und Play zusammen und bedeutet die Imitation einer Spielfigur in Kleidung und Auftreten. Die, ursprünglich aus Japan stammenden Cosplay-Shows sind meist Wettbewerbe, welche TeilnehmerIn am besten ihre Lieblingsfigur originalgetreu darstellen kann. Die größte Veranstaltung ist der Wettbewerb World Cosplay Summit, mit mehr als 10.000 Besuchern. Siehe auch: http://www.tv-aichi.co.jp/wcs/e/what/index.html abgerufen am 02.10.2012 56 Ein Beispiel ist ein deutschsprachiges Lied über World of Warcraft, das bereits über 4 Millionen mal über Youtube abgerufen wurde: http://www.youtube.com/watch?v=UKnkc-4ZzEU (Stand: 14.11.2012)

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In MMORPGs werden Spielergemeinschaften Gilden genannt. In einer empirischen Studie zu Online-Rollenspielen bekundeten 80,6% der 9226 befragten Personen, Mitglied einer Gilde zu sein (vgl. Cypra 2005, 89). Dies gibt einerseits Aufschluss über die hohe Bedeutung des Miteinader- Spielens, andererseits ist es im Lauf eines Rollenspiels wie zum Beispiel World of Warcraft notwendig, einer Gilde beizutreten, da stärkere Gegner nur in der Gemeinschaft besiegt werden können. Mit der Gilde hat die SpielerIn ein gewisses Maß an Verpflichtungen. Diese Verpflichtung ist von Gilde zu Gilde unterschiedlich und hängt vom Ehrgeiz und der Strebsamkeit der Gilde ab. Gemeinsame Abenteuer bzw. Aufgaben (sogenannte Raids) kann von mehreren Stunden bis hin zu einem ganzen Tag/Nacht dauern (vgl. Graf 2009, 30). Jede SpielerIn hat dabei die Verpflichtung, ihre Gilde bis zum Ende der Aufgabe zu unterstützen. „Durch den Gruppendruck in der Gilde kann die Spielzeit nicht immer autonom bestimmt werden, da man sich der Gilde gegenüber verpflichtet fühlt. Gerade Heranwachsende haben oft Probleme, sich gegenüber Vereinnahmungen von außen abzugrenzen.“ (2009, 30) Besonders zusammengewachsene Gilden sind teilweise auch spielübergreifend aktiv, diese werden Multigaming Gilden genannt57. Die sozialen online- Beziehungen, die sich zum Beispiel beim gemeinsamen Spielen einer Gilde ergeben, übertragen sich bei vielen SpielerInnen auch auf ihre offline- Welt. Kolo und Baur (2004) haben in einer Studie die soziale Dynamik von MMORPGs und im Speziellen von Ultima Online untersucht und sehen die offline- Beziehungen zwischen SpielerInnen als wichtige Voraussetzung für das online- Spielen. „One should expect that these intense online relations are not without effects on offline relations and vice versa.“ (2004, 11) Befragte gaben in der Studie an, dass ihnen die Beziehungen in Online Netzwerken weitaus wichtiger sind als in der offline- Welt. Von einer Reduktion der offline Kontakte durch vermehrtes Spielen von Online Spielen gehen die Autoren jedoch nicht aus. „Over 90 percent of the participants in the survey explained that their social relations did not change at all (51 percent) or only slightly (39 percent) due to playing Ultima Online.“ (2004, 13) Eine Studie von Cypra (2005) gibt an, dass die Wichtigkeit der virtuellen Kontakte mit zunehmendem Spielkonsum zwar ausgeprägter werden, jedoch nie das Niveau von realen Kontakten erreichen. „Kaum eine Person bewertet die virtuellen Lebensbereiche Gilde und Online-community immer höher als die Familie, den Partner, die realweltlichen Freunde und die Arbeitskollegen.“ (2005, 90) Zur Qualität der virtuellen Beziehungen gaben 27% der Befragten an, dass diese genauso so gut seien wie die realweltlichen Kontakte, 6% stuften virtuelle Kontakte sogar als qualitativer ein. (ebd.) Lo et al. sehen im Online Spielen eine Gefahr für zwischenmenschliche Beziehungen: In einer Studie, in der 174 Menschen nach dem Zusammenhang zwischen der Dauer des Spielens, der sozialen Ängstlichkeit und der Qualität und Vielfalt der sozialen Kontakte befragt wurden, konnten die Autoren feststellen, dass sich die zwischenmenschlichen Beziehungen umso deutlicher verschlechtern, je länger die Befragten Zeit mit Computerspielen verbringen. Auch die soziale Ängstlichkeit wuchs mit der Dauer des Online Spielens (vgl. 2005, 15ff). Während sich soziale Kontakte innerhalb einer Spielgemeinschaft also durchaus verfestigen können und ins reale Leben übertragen lassen, bergen Computerspiele andererseits die Gefahr, dass vorher bestandene soziale Kontakte vernachlässigt werden. 57 http://www.buffed.de/buffedde-Brands-143860/Specials/Gilden-in-MMORPGs-x-Mehr-Erfolg-durch-Teamplay791559/ abgerufen am 12.11.2012

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Zusammenfassend lässt sich behaupten, dass die sozialen Aspekte in Online Games positiv auf das Spielerlebnis beitragen und sich, wie Cypra (2005, 91) feststellt, auch auf die Dauer des Spielkonsums auswirken.

3.3 Motivations- und Suchtpotentiale von Multiplayer Games Multiplayer Games haben aufgrund ihrer Komplexität und Faktoren wie dem des gesellschaftlichen Spielen ein erhöhtes Suchtpotential im Vergleich zu Singleplayer Games. Diese Problematik spricht auch Nicholas Yee an, in dessen Studie immerhin 15% der Befragten 3989 SpielerInnen von MMORPGs zustimmten, dass sie während einer Spiel-Abstinenz aufgebracht und gereizt sind (vgl. Yee 2006). Dass Multiplayer Games wie MMORPGs ein höheres Suchtpotential als Singleplayer Games aufweisen, zeigt eine Studie (Cypra 2005), in der sich knapp 20% der TeilnehmerInnen als computerspielsüchtig sehen und weitere 43% zumindest von einer (leichten) Abhängigkeit sprechen. „Dem Statement Online-Rollenspiele können süchtig machen stimmen 64% voll und ganz, weitere 25% eher zu.“ (Cypra 2005, 99) Die Zusammenfassung bisheriger Erkenntnisse macht ersichtlich, dass die Motivation, ein Multiplayer-Spiel zu spielen vor allem dadurch begünstigt wird , dass SpielerInnen durch integrierte Kommunikationswerkzeuge die Möglichkeiten haben, soziale Kontakte aufzubauen und diese festigen zu können. Umso intensiver sich SpielerInnen in virtuellen Welten aufhalten und miteinander interagieren, umso stärker wird die Bindung untereinander und zum Spiel. Ein besonderer Reiz besteht auch darin, dass sich in virtuellen Welten verschiedene Rollen ausleben lassen. Menschen, deren Arbeit im realen Leben trist und monoton erscheint, können in Spielen wie World of Warcraft Rollen wie die des Magiers übernehmen, die sie viel stärker herausfordern als die Rolle im täglichen Alltag. Als hohen Motivationsfaktor, der letztendlich auch das Suchtverhalten begünstigt, nennen Fritz und Witting das Motiv des Wettbewerbs. Reale GegenspielerInnen bieten demnach eine viel höhere Spielmotivation, da sie flexibler auf Situationen reagieren und Verhaltensweisen zeigen, die bei computergesteuerten Gegnern fehlen. „Ein Sieg über einen realen Mitstreiter stellt sich somit als größere Leistung dar, als ein Sieg über einen programmierten, „dummen“ Bot - vorausgesetzt die wettstreitenden Spieler verfügen über ein ähnliches Kompetenzniveau im Umgang mit dem Spiel.“ (Fritz/Witting 2009, 310) Der Sieg über eine reale GegnerIn wirkt insofern belohnender, weil die besiegte Person der spielerischen Leistung des Siegers Anerkennung entgegenbringt. „Spielerfolge werden hier von einem bedeutsamen Anderen und nicht mehr nur allein vor dem Computer erlebt.“ (ebd.) Meisterschaft und Herrschaft tragen laut Cypra (2005, 103) erheblich zum Suchtverhalten bei: SpielerInnen haben demnach eine hohe Motivation, auf den höchsten Level zu kommen, alle Fähigkeiten zu meistern, Einfluss zu haben, Herrschaft auszuüben und Befehle zu geben. Der Studie nach überwiegt das Bestreben nach Herrschaft dem der Meisterschaft. 60

Doch auch untereinander erfahren die zusammenspielenden Personen gegenseitige Wertschätzungen, die stark motivierend wirken. Durch Fähigkeiten und Handlungen, die für die Gruppe gewinnbringend sind, erfahren SpielerInnen durch die Wertschätzung ihres Könnens und Engagements eine innerpsychische Bestätigung der eigenen Bedeutsamkeit. Einen weiteren, starken Einfluss auf die Spieldynamik und insbesondere auf das Suchtpotential sehen Fritz und Witting in der Beständigkeit einer virtuellen Welt. Ein Browserspiel, welches den Zweck einer kurzen Unterhaltung erfüllen soll, hat weniger Potential, ein Suchtverhalten zu schüren, als ein komplexes Spiel mit persistenter Spielwelt (vgl. 2009, 313). Vergleicht man die die beiden Shooter Spiele Counterstrike und PlanetSide, lässt sich ein klarer Unterschied feststellen: Während in Counterstrike in einer nicht- persistenten Umgebung in etwa ein dutzend SpielerInnen gegeneinander kämpfen, spielen in PlanetSide über 100 SpielerInnen in einer durch und durch beständigen Spielwelt. Auch der Charakter lässt sich, gleich wie in anderen MMOGs, ausbauen und mit Hilfe von Erfahrungspunkten weiterentwickeln. Diese Beständigkeit, immer wieder mit der aktuell entwickelten Spielfigur in das Spiel einsteigen zu können, bietet ein viel immersiveres Spielerlebnis, als ein nicht- persistenes Spiel. Dadurch, dass sich die Spielwelt in einer peristenten Online Spielwelt immer weiterentwickelt, ist die Versuchung groß, die Abwesenheit in der Spielwelt möglichst gering zu halten, um beispielsweise den Anschluss zu anderen SpielerInnen nicht zu verpassen. Auch das MMORPG Eve Online beinhaltet etliche Abhängigkeitsmechanismen , die aber nicht nur dazu dienen, die SpielerIn am Spielen zu halten, sondern sie vor allem zum Weiterführen des Abonnements verleiten sollen (vgl. Funke 2010, 20). Ein großer Unterschied zu anderen MMORPGs, wie World of Warcraft oder PlanetSide besteht darin, dass die SpielerIn ihre Fähigkeiten in Eve Online nicht durch gewonnene Erfahrungspunkte verbessern kann, sondern dass Fähigkeiten alleine durch die Zeit entwickelt werden. Diese zeitliche Entwicklung von Fähigkeiten läuft auch fort, wenn die SpielerIn offline ist. Auch Fähigkeiten werden sowohl Online als auch Offline weiterentwickelt. Der Abbau von Rohstoffen bedarf einem großen Zeitaufwand. Generell gestaltet sich der Abbau von Rohstoffen mit nur einem Account als schwierig. Darum verwenden einige SpielerInnen mehrere Accounts, damit sie beispielsweise mit einem Account den Rohstoff abbauen und diesen mit einem anderen Account aus dem Asteroidenfeld abtransportieren können. Accounts lassen sich auch mit virtuellem Geld bezahlen. So entsteht die Problematik, dass einige SpielerInnen, die sich bereits in einer Abhängigkeitsspirale befinden, viel Zeit aufbringen, um mit virtuellem Geld ihre zusätzlichen Accounts zu finanzieren. Einen weiteren starken Abhängigkeitsmechanismus beinhaltet World of Warcraft, der sich, neben sozialen Aspekten, auf den Sammeltrieb des Menschen konzentriert. Für viele Berufe in World of Warcraft ist ein Vorrat an Rohstoffen notwendig, wodurch Spieler meistens einen verarbeitenden Beruf (zum Beispiel die Schmiedekunst) mit einem Sammelberuf wie dem Bergbau kombinieren. Die Tätigkeit des Sammelns ist auch ein wichtiger Bestandteil des Spiels Diablo 3, ein Spiel, das sowohl im Singleplayer- als auch im Multiplayer- Modus gespielt werden kann. Auf einem eigenen internen Marktplatz lassen sich gefundene Gegenstände an andere SpielerInnen um reales Geld verkaufen. Je höher die eigene Spielfigur entwickelt ist, desto wertvollere Gegenstände lassen sich in der Spielwelt finden, die die SpielerIn um einen 61

entsprechend hohen Preis verkaufen kann. Viele SpielerInnen sehen darin eine gute Möglichkeit, spielerisch Geld zu verdienen. Problematisch, in Bezug auf das Suchtpotential, ist jener Aspekt, dass das eigentliche Vergnügen des Spielens durch kommerzielle Hintergedanken verloren geht und die extrinsisch motivierte Handlung der Geldbeschaffung in ein suchtähnliches Verhalten umschlagen kann. Andererseits kann der kommerzielle Aspekt auch negativ auf die Motivation der SpielerInnen wirken; MitspielerInnen im Multiplayer- Modus haben durch den Kauf von Gegenständen gewisse Vorteile im Spiel, die sie schneller zum Spielerfolg bringen als andere SpielerInnen. Ein Spieler beklagt beispielsweise in seinem Blog, dass der Spielspaß durch den MultiplayerModus und den kommerziellen Handel verloren geht: „Ich will meinen Account nicht sharen, meine Helden in Multiplayer- Metzeleien töten oder irgendwelche virtuellen Waren in einem überflüssigen Auktionshaus für virtuelles oder ab Mitte Juni echtes Geld kaufen und verkaufen. Ich will doch nur spielen.“58 Wie auch bei anderen Spielgenres, erweisen die Motivationsfaktoren von MMORPGs geschlechtsspezifische Unterschiede. Um die Motivationsunterschiede zwischen weiblichen Spielerinnen und männlichen Spielern zu ermitteln, hat Yee (2006) die Motivation der SpielerInnen in MMORPGs anhand fünf verschiedener Faktoren gemessen: • • • • •

Relationship: Das Verlangen nach Interaktion mit anderen SpielerInnen. Manipulation: Das Verlangen, andere Personen für das eigene Interesse zu beeinflussen. Immersion: Das Verlangen, in die virtuelle Welt einzutauchen und jemand anders zu sein. Escapism: Das Verlangen, mittels der virtuellen Welt, die reale Welt zu verdrängen. Achievement: Das Verlangen, durch das Erreichen von Zielen mächtig zu werden.

Die Ergebnisse der ausgewerteten Daten ergaben, dass männliche Spieler eher zu Manipulation und Achievement neigen, währenddessen weibliche Spielerinnen Faktoren wie Relationship, Immersion und Escapism vorziehen. Männliche Spieler sind also eher zu Wettkampf geneigt, um Ziele zu erreichen; weibliche Spieler ziehen es vor, Kontakte zu knüpfen und in die Welt einzutauchen.

58 http://www.urks.de/2012/05/30/diablo-iii-am-hollentor-abgeblitzt , abgerufen am 04.11.2012

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3.4 Faszination und Motivation von MMORPGs am Beispiel von World of Warcraft Der wachsende Erfolg von Online Spielen bringt eine zunehmende Bedeutung derartiger Unterhaltungsmedien für die Medien- und Kommunikationswissenschaften mit sich. Die einzigartige Spielform von MMORPGs kann durch Merkmale wie einer unbegrenzten Anzahl von NutzerInnen, einer persistenten Spielwelt oder einer Server- zentrierten Netzwerkarchitektur als Veränderung für das Feld der digitalen Spiele gesehen werden. Besonders die Komponente der Beständigkeit, die den Fortbestand der virtuellen Welt auch in Offline- Zeiten der SpielerIn beschreibt sowie die kontinuierliche Weiterentwicklung der Spielwelt sind markante Bestandteile eines immersiven Spielerlebnisses. Eine Studie des Krimonologischen Forschungsinstituts Niedersachsen im Jahr 2009 attestiert dem Spiel World of Warcraft die höchste Anzahl abhängiger SpielerInnen unter 10 beliebten (Online) Spielen unterschiedlicher Genres. Demnach sind 8.5% der Befragten abhängig, weitere 11,6% weisen eine Gefährdung zur Abhängigkeit auf59 (vgl. Rehbein 2009, 26). Die gigantische Erlebniswelt von World of Warcraft und die mit ihr verbundene Suchtproblematik, bringt ein Phänomen des Spiels besonders in den Vordergrund, das im Mittelpunkt des Interesses verschiedener Forschergruppen steht und den Schwerpunkt zahlreicher Studien bildet: die soziale Dynamik. Der Medienkonvergenz Monitoring Online-Spieler Report 2008 sieht in den sozialen Aspekten die wesentlichen Beweggründe für das Spielen im Internet. Die Studie sieht jedoch keinen Anhaltspunkt, dass sich, auf Grund des sozialen Engagements in der virtuellen Welt, die reale Sozialität der Befragten im Virtuellen auflöst (vgl. Schrob et al. 2008, 12). Auch Cole und Griffiths (2007) untersuchten die Bedeutung der sozialen Interaktion in World of Warcraft anhand von 912 SpielerInnen im Alter zwischen 11 und 63 Jahren aus 45 Ländern. Demnach ist die soziale Komponente von hoher Bedeutung und stellt ein zentrales Element des Spiels dar. Mehr als 70% der SpielerInnen gaben an, eine Freundschaft im Spiel gebildet zu haben, die über das Spiel in das reale Leben hinausgeht. „The development of virtual friendships can be very enjoyable for gamers, and anecdotal evidence has suggested they sometimes develop into serious real-life friendships and relationships. Not only do MMORPGs facilitate formation of relationships, they are also windows into and catalysts in existing relationships.“ (2007, 576)

Das Spiel bietet die Möglichkeit, Dinge zu tun und sich auszudrücken, wie es im realen Leben oftmals nicht möglich ist: „The virtual world that these games offer allows players to express themselves in ways they may not feel comfortable doing in real life because of their appearance, gender, sexuality, age, or other factors. They also offer a place where teamwork, encouragement, and fun can be experienced.“ (ebd. 583) 59 Mittlerweile mögen andere Spiele ein höheres Abhängigkeitspotential aufweisen, aktuell (November 2012) sind jedoch keine vergleichbaren wissenschaftlichen Studien bekannt.

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Wolstein sieht den entscheidenden Punkt darin, dass SpielerInnen nur dann am erfolgreichsten sind, wenn sie in einer Gruppe Aufgaben lösen oder gegen Gegner kämpfen. Überhaupt können SpielerInnen starke Gegner nur mit Hilfe der anderen Gildenmitglieder bekämpfen; durch das Aufsteigen in ein höheres Level, das SpielerInnen durch Übung und Spieldauer erreichen, erlangen sie ebenfalls Ansehen der anderen SpielerInnen (vgl. 2007, 3). Ein besonderes Merkmal von MMORPGs ist die lange Nutzungsdauer dieser Spiele, die sich über Jahre hinausstrecken kann. Obwohl kein wirklicher Nutzen von MMORPGs erkennbar ist, erbringen die SpielerInnen eine hohe Erwartungshaltung, die sie zum Spielen motiviert. In einer Studie von Seifert und Jöckel (2008) wird versucht, eine Antwort über die Langzeitmotivation der SpielerInnen von World of Warcraft zu finden. Die Autoren vermuten, dass sich die Langzeitmotivation daraus ergibt, dass unterschiedlich motivierten SpielerInnen jeweils eine adäquate Erfahrungswelt geboten wird. Um die subjektiven Empfindungen beschreiben zu können, bedienen sich die Autoren der Flow Theorie. Sie sehen das Zusammenspiel des Flow Erlebnisses mit unterschiedlichen Belohnungsstrukturen als wichtige Grundlage für den Erfolg eines Spiels. Als Operationalisierung wurden die von Csikszentmihalyi verwendeten Items zur Ermittlung des Flow-Erlebnisses verwendet und das Spielen von World of Warcraft mit realweltlichen Aktivitäten verglichen. So wurden in einer Online Umfrage im Oktober 2005 mehr als 10.000 NutzerInnen über die Zusammenhänge zwischen Nutzungsmotive und Spielererlebnisse befragt. Die Auswertung der Fragebögen ergab, dass besonders Wettbewerb und Gemeinschaft als zentrale Motivation des Spiels gesehen werden. Diese zwei Merkmale können auch als Basis der Belohnung, die SpielerInnen suchen, gesehen werden. Eskapismus und Spielmechanik haben hingegen eine geringere Bedeutung für die SpielerInnen. Der Zusammenhang von Player-experience und Nutzungsmotiven ist insofern erkenntlich, als dass SpielerInnen der Realitätsintegration eine große Bedeutung schenken. „Es scheint so, dass Nutzungsmotive, die sich auf die Verbindung zwischen Spiel und realer Welt beziehen, am besten zur Erklärung für ein Spiel als Gemeinschaftserlebnis geeignet sind. Spieler, die das Spiel als Gemeinschaftserlebnis erfahren, wenden sich ihm vor allem zu, weil sie die gemeinsamen Aktivitäten darin schätzen und Verbindungen zwischen diesen und ihrem realen Leben ziehen.“ (2008, 307)

Die Autoren kommen zum Entschluss, dass die Stärke von World of Warcraft in ihrem großen Spektrum an Nutzungsmotiven liegt, die in unterschiedlichen Formen befriedigt werden können. Fraglich bleibt jedoch, in wieweit sich einzelne Nutzungsmotive im Spielverlauf ändern und ob bzw. wie stark sich dadurch das Spielererlebnis verformt. Seifert und Jöckel gehen davon aus, dass die Motivation am Beginn des Spielens eher im Wettbewerb liegt und sich nach einer Teambildung und dem vermehrten gemeinschaftlichen Spielen auf das Miteinander innerhalb der Gilde verlagert. (2008, 308) Hier stehen Kommunikationswerkzeuge zur Verfügung, die die Bindung der Gilde verfestigt und zur spielerischen und kommunikativen Vernetzung beiträgt, wie Pfeiffer (o.J.) beschreibt: „Der Spieler bewegt sich in einer mythischen Welt, die pausenlos Unterhaltsames und Überraschendes für ihn bereit hält und die es ihm gleichzeitig ermöglicht, mit seinen Mit‐Spielern über Voice‐Chat zu kommunizieren. Während sein Alter‐Ego schöner,

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stärker, reicher, schneller und zaubermächtiger wird, kann er sich mit einem der realen Mitspieler oder Mitspielerinnen über Persönliches und Privates unterhalten. Diese Kombination von spielerischer und kommunikativer Vernetzung trägt entscheidend zur Attraktivität und gleichzeitig zum Suchtpotential von World of Warcraft bei. Angehörige WoW‐süchtiger Spieler hören immer wieder den Satz: „Ich kann doch meine Gilde nicht im Stich lassen“. Die enge Bindung entsteht eben nicht nur durch die erwähnten Kooperationsformen und das Gefühl von Unentbehrlichkeit, das sie erzeugen, sondern durch die zusätzliche Chat‐Room Erfahrung, die ja, wie wir wissen, in sich selbst ein Suchtpotential entfalten kann. Und: der Spieler chattet hier nicht mit einem Fremden, sondern mit jemandem, der ihn auch als Helden und Kämpfer wahrgenommen hat.“

Auch Fritz et al. sehen die Motivation von World of Warcraft hauptsächlich in ihrem unmittelbaren sozialen Nutzen, der Kontakt, Kommunikation und Kooperation in Aussicht stellt. „Diese Möglichkeit zur Selbstmediaktion verstärkt sich durch Beachtung, Respekt, Anerkennung und Wertschätzung von den Mitspielern: im Spielprozess und darüber hinaus.“ (Fritz et al. 2011, 91) Doch dieser Nutzen bringt laut Fritz et al. auch eine Gefahr mit sich; die Gefahr der Abhängigkeit: „In dem Maße, in dem Spieler diese Gratifikationen nur noch in virtuellen Spielräumen suchen und andere Beziehungen vermeiden, werden die Belohnungswerte immer stärker existentiell notwendig. Die soziale Bedürftigkeit, der Mangel an menschlicher Zuwendung erhöht zwar die Spielmotivation und bringt durch ein gesteigertes (auch zeitliches) Engagement dem Spieler einen unmittelbaren sozialen und emotionalen Nutzen. Dies vergrößert jedoch zugleich das Ausmaß der Gefährdungen, wenn es nicht gelingt, ein Beziehungsnetz aus verlässlichen und emotional befriedigenden Kontakten über den Rahmen virtueller Spielwelten hinaus aufzubauen. Exzessives Spielen bei sozialer Verarmung kann eine Abwärtsspirale in Gang setzen, die die Gefahr der Abhängigkeit in sich birgt.“ (ebd.)

Auch die Autoren Pfeiffer und Pfeiffer sehen einen fundamentalen Motivationsfaktor, der letztendlich zum Suchtverhalten führt, im „äußerst raffinierten System der Belohnungsvergabe“. Doch meinen sie damit nicht nur die soziale Belohnung in Form von Lob und Anerkennung, sondern auch spielseitige Belohnungen, wenn beispielsweise ein getöteter Drache ein Item droppt. „Er droppt diese gewissermaßen so, wie ein Osterhase Eier legt. Auf diese sogenannten Items sind alle Spieler scharf, denn sie machen ihre virtuellen Stellvertreter schneller, stärker, erfolgreicher.“ (Pfeiffer/Pfeiffer 2009, 3) Jedoch droppen getötete Monster in World of Warcraft ihre Icons unregelmäßig. Der SpielerIn ist zwar bewusst, dass der Gegner ein bestimmtes Item, wie etwa eine Rüstung, mit sich trägt. Ob er es aber nach dem Kampf droppt, ist ungewiss. Und genau das ist nach Ansicht von Pfeiffer und Pfeiffer der ausschlaggebende Aspekt des Suchtprinzips. Ähnlich wie das Prinzip eines Spielautomaten, weiß die SpielerIn nie, ob der nächste Versuch Gewinn bringt oder nicht. Diese Ungewissheit erzeugt bei der SpielerIn ein Gefühl der positiven Anspannung. Hinsichtlich des Suchtverhaltens erweisen exzessive SpielerInnen beim Anblick von einem Monster eine ähnliche Konditionierung wie Betroffene der Glücksspielsucht, die einen Spielautomaten sehen: Schon der Anblick eines Monsters versetzt die SpielerIn in einen positiv erregten Zustand (vgl. Böning/Grüsser-Sinopoli 2009, 51). 65

Regine Pfeiffer, die als teilnehmende Beobachterin einer Studie drei World of Warcraft Spieler begleitet hat, sieht das Suchtpotential im stetigen Flow von Belohnungen. Die Erwartung, eine Belohnung zu bekommen, wird dadurch verstärkt, dass nicht jedes getötete Monster ein Item fallen lässt, das die SpielerIn aufsammeln kann. Dieser Umstand der intermittierenden Verstärkung versetzt die SpielerIn in einen Dauerzustand von erregter Glücks- Erwartung, ähnlich wie sie beim Spiel mit Glücksspielautomaten auftritt. „Die Lerntheorie weiß: Intermittierend verstärktes Verhalten ist löschungs- resistenter als kontinuierlich verstärktes; je unregelmäßiger die intermittierende Verstärkung, desto löschungsresistenter das Verhalten.“ (Pfeiffer o.J.) Mit den gewonnenen Items, die der SpielerIn als Belohnung gegeben wird, werden wiederum Triebe wie der Sammeltrieb oder der des Wettstreits befriedigt, da jene SpielerIn, die mehr Items gesammelt hat auch gleichzeitig bessere Fähigkeiten oder eine bessere Rüstung besitzt. „Die Belohnungs-Items in dieser magischen WoW Welt haben nun eine ganz besondere Qualität, und zwar sowohl die simplen Gegenstände, die der Spieler beim Questen erhält, als auch die Teile von Rüstungssets und andere Items, für die er dann in den Instanzen und Raids kämpft. Sie erhöhen bei Gebrauch die Fähigkeiten seines Avatars in mathematisch genau festgelegten Dimensionen, allerdings manche nur für kurze Zeit: die so genannte Intelligenz, seine offensiven und defensiven Kampffähigkeiten, seine Ausdauer, seine Zaubermacht und mit allem zusammen seinen Status in der realen Spielergruppe. Das heißt, für den Spieler bedeutet MehrHaben immer auch Besser-Sein; darin besteht das Geheimnis der entstehenden Kampf- und Sammelleidenschaft.“ (ebd.)

World of Warcraft spricht grundlegende menschliche Bedürfnisse an und bietet SpielerInnen eine Spielwelt, die sie emotional und kognitiv fordert. Pfeiffer (o.J.) nennt in folgender Grafik Faktoren, die zur Motivation und Faszination des Spiels beitragen:

Abb.5 : Faszination von World of Warcraft (Pfeiffer o.J.)

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4. Erkenntnisse, Résumé und Ausblick

Die vorliegende Masterthesis versucht, mittels Literaturrecherche, eine Antwort auf die am Anfang gestellte Forschungsfrage zu ermitteln: Welchen Einfluss hat gemeinsames Spielen im Multiplayer- Modus auf das Suchtpotential von Computerspiele? Die Beantwortung der Frage bedarf einer umfangreichen Auseinandersetzung mit der Suchtproblematik einerseits und die Untersuchung verschiedener Aspekte des Computerspielens andererseits. Der untersuchte Gegenstand lässt annehmen, dass das gemeinsame Spielen im Multiplayer-Modus einen starken Effekt auf das Suchtverhalten der SpielerInnen in sich birgt. Im Folgenden wird diese Annahme expliziert, in dem zuerst die Erkenntnisse der Kapitel geschildert werden, die folglich als Ausgangspunkt für eine Diskussion dienen. Kapitel 1 gibt Aufschluss über die Funktion des Spielens und die Motivationshintergründe der SpielerInnen, ein Spiel zu spielen. Wichtige Konzepte sind beispielsweise Unterhaltung eines Spiels sowie die Ausübung von Macht und Herrschaft in der virtuellen Welt, deren Ausübungen der SpielerIn in der realen Welt möglicherweise verwehrt bleibt. Doch auch grundlegende Fähigkeiten, ein Spiel auf sensumotorischer oder kognitiver Basis beherrschen zu können sind wichtige Voraussetzungen, um aus diesem Geflecht von Grundvoraussetzungen einen Zustand zu erreichen, der die Basis von exzessivem Computerspielen bildet: Immersion, also das Eintauchen in die virtuelle Welt, in der die SpielerIn die volle Aufmerksamkeit auf das Spiel richtet. Eine Komponente, die den Vorgang der Immersion unterstützt und nicht nur beim Computerspielen, sondern in vielen anderen Tätigkeiten, wie dem Autofahren oder dem Schwimmen erlebt werden kann ist das Flow Erlebnis. Für Murphy et al. (2011) ist Flow nicht nur eine wichtige Komponente der Immersion, sondern, neben Kontrolle und Belohnung, eines der Hauptmerkmale, ein Spiel überhaupt gerne zu spielen. Kapitel 2 gibt einen Einblick über die Definition von Verhaltenssucht und erörtert Kriterien der Verhaltenssüchte anhand von Diagnosekriterien des pathologischen Glücksspiels. Neben psychischen und physischen Merkmalen des exzessiven Computerspielens versucht das Kapitel, Erklärungsansätze des exzessiven Computerspielens zu finden. Dabei werden Erkenntnisse verschiedener Forscher geschildert, die beispielsweise davon ausgehen, dass Computerspielsucht als Stressbewältigung ausgeübt wird, bzw. als Kompensation, negative Erlebnisse im Alltag durch Belohnungen im Computerspiel auszugleichen. Besondere Relevanz hinsichtlich der Beantwortung der Forschungsfrage trägt der Erklärungsansatz, Computerspiele auf Grund ihrer Möglichkeit zur Interaktion mit anderen SpielerInnen zu spielen. Des Weiteren beschreibt das Kapitel wie das Suchtverhalten im Gehirn entsteht und welche Prozesse dafür verantwortlich sind. Kapitel 3 fokusiert auf die sozialen Faktoren des Computerspielens, indem es das Abhängigkeitspotential von Multiplayer Games anhand verschiedener Studienerkenntnisse und Expertenmeinungen untersucht. Beispielsweise wird die Bedeutung der Gilde dargelegt: 67

Menschliche Spielgemeinschaften haben demnach eine starke Auswirkung auf das individuelle Spielerlebnis der SpielerInnen und wirken oft über die virtuelle Welt hinaus. Neben Motivationsund Suchtpotentialen von Multiplayer Games und im Speziellen von MMORPGs wird die Faszination und Motivation derartiger Spiele anhand des Spiels World of Warcraft erkundet und besondere Merkmale mit dem Suchtverhalten in Bezug gesetzt. Hierbei zeigt sich, dass das Suchtverhalten von World of Warcraft speziell aufgrund verschiedener Komponenten, wie dem ausgeklügelten Belohnungsmechanismus und dem sozialen Zusammenspiel der SpielerInnen hervorgeht. Doch sind derartige Komponenten nicht automatisch süchtig machend, sondern tragen nur zum exzessiven Spielen. Die Basis der Computerspielsucht im pathologischen Sinn lässt sich eher in der Psychologie finden, die davon ausgeht, dass es sich beim Computerspielen um eine Bewältigungsstrategie handelt. Hierbei wird der Prozess, wenn das Computerspiel bei der SpielerIn die eigentliche Funktion als Unterhaltungsmedium verliert und die Funktion der Kompensation real- weltlicher Defizite einnimmt, als bedeutendes Merkmal der Computerspielsucht gesehen. Nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch erwachsene Menschen, die real- weltliche Defizite aufweisen, erkennen im Computerspielen eine individuelle Bewältigungsstrategie (CopingStrategie), um negative Alltagserlebnisse mit Computerspielen zu überdecken. Auch gesellschaftliche oder familiäre Unterdrückung sowie ein niedriger sozialer Status können den Drang erwecken, Erfolg, Macht und Prestige in Computerspielen zu suchen. „Die Aneignung von Macht gehört dazu, auch das gierige Streben nach Reichtum und Besitz, und wenn das nicht klappt, wenigstens der Erwerb und die Zurschaustellung von Statussymbolen, die Einfluss, Bedeutung oder materielle Unabhängigkeit vorgaukeln.“ (Bergmann, Hüther 2006, 125) Diese Aneignung von Macht, Reichtum und Besitz trägt in Singleplayer Games eine ganz andere Bedeutung als in Multiplayer Games. Während Macht und Besitz im Singleplayer- Modus lediglich die Funktion haben, Gegner problemlos zu bekämpfen oder Aufgaben gut zu erfüllen, spielen sie im Multiplayer -Modus eine weitaus wichtigere Rolle: Sie verleihen der SpielerIn Prestige und eine Aufwertung ihres sozialen Status. Speziell bei Online Rollenspielen ist diese Tatsache ausschlaggebend für die Motivation der SpielerInnen. Je länger SpielerInnen spielen und je höhere Spiellevels sie erreichen, desto bessere Items erhalten sie, die wiederum ihr Ansehen innerhalb einer Spielergruppe verbessern. In MMORPGs ist ein Zusammenwirken mehrerer Faktoren zu beobachten, die zusammen möglicherweise ausschlaggebend für ein gesteigertes Suchtpotential solcher Spielgenres sind; Die Schwierigkeit einer Diagnose zur Computerspielsucht besteht drin, dass sich ein Suchtverhalten individuell entwickelt und verschiedene Faktoren auf das Spielerlebnis der SpielerInnen einen unterschiedlich starken Einfluss haben. „All of the motivational factors may lead to an addictive realationship, but it ultimately depends on what type of person you are, and under what physical and psychological influences you are being subjected to, as addiction is abnormality of the behavioural system within the brain in order to counter extreme external factors. Therefore it cannot be quantified into one particular reason as to why MMORPGs are addictive, as it involves a combination of factors that exist externally to the game.“ (Tyrer 2008, 30)

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Ob ein Mensch ein Suchtverhalten entwickelt, hängt also von einer Vielzahl von Faktoren ab. Um den komplexen Verlauf einer Suchterkrankung am Beispiel der Computerspielsucht zu explizieren, ist die Erklärung anhand eines Beispiels notwendig: Ein junges Kind erfährt in der elterlichen Erziehung Defizite. Vielleicht fühlt es sich nicht geborgen, oder vermisst klare Regeln, Strukturen, Belohnungen oder Aufmerksamkeit. Somit ist es im Sinne des Homöostatisschen Modells (vgl. Kapitel 2.6) geneigt, diese Defizite auszugleichen, nämlich in Computerspielwelten, die dem Kind Aufmerksamkeit, Belohnung und Erfolge vermitteln. Ein Modell, das diesen Weg genauer beschreibt, ist das Integrative ätiologische Modell zur Computerspielsucht nach Wölfling/Müller (vgl. Kapitel 2.6). Im Laufe des Erwachsenwerdens hat der, mittlerweile, junge Mann gelernt, Probleme, die ihn bedrücken, durch das Computerspielen vorübergehend zu vergessen. Andere Problemlösungsstrategien zieht der junge Mann nicht mehr in Erwägung, da sich die Nervenverbindungen, in der Computerspielen als Problemlösung eingespeichert ist, verfestigt und bewährt haben, im Gegensatz zu vielen anderen Nervenstrukturen, die auf Grund des seltenen Zugriffs abgestumpft sind. In Folge vieler negativer Erfahrungen, wie beispielsweise schlechten schulischen Leistungen ergeben sich immer häufiger Probleme, die der junge Mann durch das Computerspielen zu unterdrücken versucht. Die zunehmende Zeit, die er aufgrund der aufkommende Toleranzentwicklung durch intensives Computerspielen investiert, hat zur Folge, dass sich soziale Kontakte vermindern und sich Reibungspunkte mit Familie, Freunde und der Partnerin ergeben. Dies hat wiederum zur Folge, dass Computerspielen mehr und mehr die Funktion der Kompensation von realweltlichen Probleme übernimmt und das Spielen, ähnlich wie bei der fortgeschrittenen stoffgebundenen Abhängigkeit, eine Flucht aus dem Alltag bedeutet. Nachdem er etliche realweltliche Kontakte verloren hat, sucht er den Anschluss zu Gleichgesinnten und entdeckt eine Möglichkeit in Online- Rollenspielen. Während er sich anfangs noch alleine durch die Wälder schlägt, entwickeln sich nach und nach Bekanntschaften, die letztendlich zum Zusammenschluss einer Gilde führen. Die Gilde bietet ihm nun ein völlig neues Spielerlebnis, als die Singleplayer Games, die er die Jahre zuvor spielte. In der Gilde kann er sich anderen MitspielerInnen beweisen; er kann sich mit seiner Rolle einbringen und Ruhm und Anerkennung für geleistete Aktionen einholen. Dieses Gefühl des sozial- realen Feedbacks erlebt er viel verstärkter als beim Spielen mit computergesteuerten Mitspielern. In der Gilde hat er Verpflichtungen (z.B. bei Kämpfen anwesend zu sein), die sich auch auf die Spieldauer auswirken, wodurch er gezwungener Maßen (aber sicher nicht gegen seinen Willen) noch längere Zeit in der virtuellen Welt verbringt und sich – letztendlich möglicherweise in einer Suchtspirale befindet. Im fortgeschrittenen Spiel (das vor allem bei Online- Rollenspielen kein Ziel oder Ende aufweist), lassen sich Gegner nur noch in der Gruppe besiegen. Dies führt zu einer immer tieferen Verbundenheit mit den anderen MitspielerInnen und kann als elementarer Bestandteil des Spiels und als Sucht- begünstigende Komponente gesehen werden. Die Tatsache, dass SpielerInnen beim Töten eines Monsters in Spielen wie World of Warcraft nach dem Zufallsprinzip belohnt (oder eben nicht belohnt) werden, kann ebenfalls ein ausschlaggebender Faktor des exzessiven Spielens sein. Diese intermittierenden Verstärkung, wie sie Rehbein und Borchers (2009) nennen, hat einen ähnlichen Effekt wie das Glücksspielautomaten-Spiel. Die intermittierenden Verstärkung trägt dazu bei, dass das Verhalten durch unregelmäßige Belohnungen regelmäßiger durchgeführt wird 60. Ähnlich dem Glücksspiel baut sich bei der SpielerIn ein Spannungseffekt auf, ob das getötete Monster einen Gegenstand 60 Siehe auch: http://www.uni-due.de/edit/lp/behavior/skinner.htm , abgerufen am 12.11.2012

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abwirft oder nicht. Zusätzlich kann um den Gegenstand gewürfelt werden; die SpielerIn mit der höchsten Würfelzahl darf den Gegenstand behalten. Hier verursacht das Glücksprinzip einen internen Wettkampf innerhalb der Gilde: wer schafft es, möglichst gute Gegenstände wie Rüstungen oder ähnliches zu sammeln? Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass sich Computerspielsucht aus einem komplexen Gebilde aus spielinternen und spielexternen Komponenten zusammensetzt. Es lässt sich nicht behaupten, dass soziale Faktoren automatisch zum Suchtverhalten führen, wohl aber können sie positiv zur Suchtentwicklung beitragen. Die Sozialität, die SpielerInnen in Multiplayer Games suchen und finden, ist unter Umständen nur eine Kompensation des nichtErfahrens der realweltlichen Sozialität des eigenen Umfelds. „Die Ursache dafür, dass Kinder und Jugendliche computersüchtig werden, sind nicht ihre Computer oder Computerspiele, auch nicht ihre ungünstigen genetischen Veranlagungen oder gar ihre falsch verdrahteten Gehirne, sondern die gestörten Beziehungen der Menschen, unter deren Einfluss sie auf- und in deren Gemeinschaft sie hineinwachsen.“ (Bergmann/Hüther 2006, 140)

Um die Erkenntnisse dem dieser Masterhesis zugrunde liegendem Computerspiel Of Light and Shadow anzuwenden, lässt sich feststellen, dass ein Mehrspielermodus61 als durchaus sinnvoll erscheint, obwohl das Spiel62 in seiner Grundstruktur als Singleplayer- Game konzipiert wurde. Die Besonderheit des Spiels liegt darin, eine Spielfigur, Mr. Light, durch die Welt zu führen, die sich per Knopfdruck zu Dr. Shadow verwandeln kann. Die Notwendigkeit des Switchens zwischen den beiden Figuren wird durch den Umstand hervorgerufen, dass sich Mr. Light nur im Licht bewegen kann, währenddessen sich Dr. Shadow nur im Schatten aufhalten darf. Ein weiterer Unterschied der beiden Charaktere ist in ihren Fähigkeiten zu finden: Während sich Mr. Light schnell und dynamisch durch die Spielwelt, die aus Licht und Schattenquellen besteht, bewegen kann, bewegt sich Dr. Shadow nur langsam gehend durch die Spielwelt, dafür aber mit der Fähigkeit, vertikale Wände zu beschreiten. Außerdem besitzt er die Fähigkeit, Lichtschalter zu betätigen, um Lichtquellen ausund einzuschalten, sowie Objekte zu verschieben. Während die SpielerIn im Singleplayer- Modus beide Figuren in einer Figur spielt, wäre es eine interessante Ausgangssituation, wenn die beiden Figuren separiert werden und je eine Spielfigur von einer SpielerIn gesteuert werden könnte.63 So könnten sich die zwei SpielerInnen mit ihren Spielfiguren gegenseitig unterstützen und Rätsel und Aufgaben mit Hilfe der anderen SpielerIn lösen. Verbunden mit speziellen Belohnungsmechanismen könnte dies sowohl die Motivation steigern, möglichst viele Aufgaben zu lösen, als auch die eigenen Fähigkeiten verbessern. Die soziale Interaktion wird im Multiplayer- Modus zu einem motivierendem Triebwerk und kann zu einem erhöhten Spielerlebnis beitragen. Problematisch wäre jedoch, wenn sich die Begabungen der SpielerInnen, die Spielfiguren zu steuern, unterscheiden würden; dies würde sich negativ auf das Flow Erlebnis der geübteren SpielerIn auswirken, wenn sie beispielsweise immer auf die andere SpielerIn warten müsste.

61 Die Struktur des Spiels würde eine maximale Anzahl von zwei SpielerInnen erlauben. 62 Of Light and Shadow ist dem Genre „Jump 'n' Run in einer 2.5D Seitenansicht zuzuordnen. 63 Eine Voraussetzung dafür wäre, dass sich beide Spielfiguren im gleichen Tempo fortbewegen könnten, um den Spielfluss nicht zu beeinträchtigen.

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In Hinblick auf weiterführende Gedanken, die den Zusammenhang zwischen sozialer Interaktion und Computerspielsucht untersuchen, wäre die Erkenntnis interessant, in wieweit ein kausaler Zusammenhang zwischen entwicklungspsychologischen Defiziten und dem Bedürfnis, diese Defizite in einer Computerspielgemeinschaft zu suchen, besteht, da sich diesbezüglich wenig wissenschaftliche Studien finden lassen. Eine weitere Fragestellung wäre, wie sich dieser Problematik entgegen lenken ließe, bzw. welche pädagogischen Maßnahmen ergriffen werden müssten. Auf Seiten der Spielentwicklung wäre eine detailierte empirische Untersuchung interessant, in wieweit die soziale Interaktion das Flow Erlebnis fördert oder auch beeinträchtigen kann. Weitere Erkenntnisse über die Bedeutung der sozialen Interaktion könnte die Messung des Spielererlebnisses anhand eines direkten Vergleichs des Spielens im Singleplayer- Modus mit dem Spielen im Multiplayer- Modus bringen.

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