Best Ager als Zielgruppe für den deutschen

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Diplomica Verlag

Manuela Pirner

Best Ager als Zielgruppe für den deutschen Lebensmitteleinzelhandel

Reihe Best Ager Band 10

Pirner, Manuela: Best Ager als Zielgruppe für den deutschen Lebensmitteleinzelhandel, Hamburg, Diplomica Verlag GmbH Umschlaggestaltung: Diplomica Verlag GmbH, Hamburg ISBN: 978-3-8366-3116-7 © Diplomica Verlag GmbH, Hamburg 2010

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Inhaltsverzeichnis 1. Einführung .......................................................................................................... 9 2. Demografische Entwicklung Deutschlands und deren Auswirkungen ..... 13 2.1 Definition: Demografie............................................................................... 13 2.2 Zahlen, Daten, Fakten zur demografischen Entwicklung.......................... 13 2.2.1 Lebenserwartung und Sterblichkeitsverhältnisse ................................. 14 2.2.2 Die sogenannte zusammengefasste Geburtenziffer ............................ 16 2.2.3 Ursachen des Geburtenrückgangs ....................................................... 18 2.3 Auswirkungen der demografischen Entwicklung ...................................... 21 2.3.1 Auswirkungen auf die sozialen Sicherungssysteme ............................ 21 2.3.1.1 Auswirkungen auf die Rentenversicherung..................................... 21 2.3.1.2 Auswirkungen auf die Krankenversicherung................................... 22 2.3.2 Wirtschaftliche Auswirkungen............................................................... 26 2.4 Zusammenfassender Überblick................................................................. 29 3. Charakteristika der Zielgruppe 50plus und der Versuch zur Klassifizierung mit Hilfe einzelner Segmentierungsmodelle ...................... 31 3.1 Zahlen, Daten und Fakten zum Thema Kaufkraft, Konsumstruktur und Konsumverhalten....................................................................................... 32 3.1.1 Kaufkraft................................................................................................ 32 3.1.2 Konsumstruktur..................................................................................... 33 3.1.3 Kaufmotive ............................................................................................ 35 3.2 Besonderheiten der Zielgruppe 50plus ..................................................... 39 3.2.1 Physiologische Besonderheiten............................................................ 40 3.2.2 Psychologische Besonderheiten........................................................... 41 3.2.3 Soziologische Besonderheiten .............................................................. 43 3.3 Ausgewählte Segmentierungsmodelle...................................................... 43 3.3.1 Konzepte und Ansätze einzelner Autoren – ein Überblick ................... 45 3.3.1 Semiometrie Modell der TNS Infratest Studie ...................................... 46 3.3.2 Segmentierungsmodell: „Harvest Agers“.............................................. 48 3.4 Zusammenfassender Überblick................................................................. 51

4. Status quo des deutschen Lebensmitteleinzelhandels und der deutschen Discounter...................................................................................... 53 4.1 Aktuelle Situation des deutschen Lebensmitteleinzelhandels................... 53 4.1.1 Begriffliche Grundlagen: Handel, Einzelhandel und Betriebsformen des Einzelhandels ................................................................................. 53 4.1.2 Begriffliche Grundlagen: Lebensmitteleinzelhandel.............................. 54 4.1.3 Zur aktuellen Situation .......................................................................... 54 4.2 Zur aktuellen Situation der Discounter im deutschen Lebensmitteleinzelhandel .......................................................................... 57 4.2.1 Begriffliche Grundlagen: Discounter ..................................................... 57 4.2.2 Begriffliche Grundlagen: Sortiment ....................................................... 57 4.2.3 Zur aktuellen Situation .......................................................................... 58 5. Zu den Möglichkeiten und Grenzen des Einzelhandelsmarketing im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion.............................. 63 5.1 Typische Fragestellungen des Handels-Marketings ................................. 63 5.1.1 Definition & Ziele des Handels-Marketing............................................. 63 5.1.2 Das Handels-Marketing Instrumentarium ............................................. 63 5.2 Handlungsempfehlungen im Rahmen des Handels-Marketing Instrumentariums ....................................................................................... 66 5.2.1 Standortpolitik........................................................................................ 66 5.2.2 Produkt- und Sortimentspolitik .............................................................. 68 5.2.3 Preispolitik ............................................................................................. 73 5.2.4 Qualitätspolitik......................................................................................... 75 5.2.5 Verkaufsraumgestaltung und Warenplatzierung................................... 78 5.2.6 Kommunikationspolitik .......................................................................... 90 5.2.7 Exkurs: Supermarkt der Generationen ................................................. 96 5.3 Fazit ........................................................................................................... 97 6. Zur Einschätzung des demografischen Wandels: einige Stimmen aus der Discounter Praxis ...................................................................................... 99 6.1 Aldi Süd – Herr Steinbrenner................................................................... 100 6.5 Edeka und der Supermarkt der Generationen ........................................ 103

7. Zur Situation der Einzelhandels-Discounter aus marketingorientierter Sicht: eine SWOT Analyse ............................................................................ 107 7.2 Stärken .................................................................................................... 108 7.2 Schwächen .............................................................................................. 108 7.3 Chancen .................................................................................................. 109 7.4 Risiken ..................................................................................................... 110 8. Zusammenfassender Überblick ................................................................... 113 9. Schlussbetrachtung und Fazit ..................................................................... 121 Abbildungsverzeichnis ...................................................................................... 125 Tabellenverzeichnis ........................................................................................... 127 Literaturverzeichnis ........................................................................................... 131

1. Einführung „Die demografische Krise verhindern“1, „Das deutsche Drama“2, „Bevölkerung schrumpft trotz Geburtenanstiegs“3, „Demografie wird zum Machtfaktor“4

So oder so ähnlich lauten die Schlagzeilen der großen deutschen Wirtschaftsmagazine. Die mediale Auseinandersetzung mit der Altersthematik ist allgegenwärtig und flächendeckend.

Der mit zunehmender Dynamik verlaufende Alterungsprozess der Bevölkerung hat inzwischen die ganze Welt erfasst.5 Diese Entwicklung ist kurzfristig nicht zu korrigieren – sie ist auf Jahrzehnte hinaus unumkehrbar.6 Für die Wirtschaft heißt das, es muss sich mit den Auswirkungen dieser tief greifenden gesellschaftlichen Veränderungen auseinandergesetzt werden, damit auch die Zukunft aktiv gestaltet werden kann.

Die Auswirkungen des demografischen Wandels auf Kundenstrukturen und Kundenwünsche werden dabei zu maßgeblichen Wettbewerbsfaktoren. Die über 50jährigen werden zu einer wesentlichen Zielgruppe der Zukunft. Die Gruppe der Menschen im Erwerbsalter von 50 bis unter 65 Jahren wird deutlich zunehmen. Zurzeit gehören 30 % zur Gruppe der Älteren von 50 bis 64 Jahren. 2020 wird die Gruppe der Älteren mit etwa 40 % nahezu gleich stark zur mittleren Altersgruppe von 30 bis 49 Jahren sein. Damit verschiebt sich die Altersstruktur innerhalb des Erwerbsalters deutlich zu den Älteren.7 Abbildung 1 zeigt den Altersaufbau der deutschen Bevölkerung, die sogenannte „Alterspyramide“ im Vergleich 1910 zu 2005 und 2050. Während diese 1910 noch die Form eines Tannenbaums hatte, ist diese im Jahr 2005 – und erst recht im Jahr 2050 – einem Dönerspieß sehr viel ähnlicher. Die Alterspyramide verdeutlicht den strukturellen Wandel der deutschen Gesellschaft hin zur Gruppe der Älteren im Alter von 50 bis 64 Jahren. Die breite Basis bildeten 1910 1 2 3 4 5 6 7

Vgl. Wiwo vom 20.06.2007. Vgl. Manager Magazin vom 05.05.2006. Vgl. Handelsblatt vom 16.01.2008. Vgl. Handelsblatt vom 19.10.2007. Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2008a), S. 8. Vgl. Birg (2005b), S. 4. Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland (2006), S. 21 ff.

9

Menschen im Alter bis 30 Jahre. Schon 2050 wird die Gruppe der Älteren dominieren.

Abb.1: Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland in den Jahren 1910, 2000 8 und 2050 in %

Senioren

verfügen

über

enorme

Kaufkraft,

weichen

aber

in

ihrem

Konsumverhalten deutlich von jüngeren Menschen ab. Dabei unterscheiden sich Ihre Anforderungen an Lebensmittel, Ernährungsweise und Einkaufsstätten von denen der jungen Generation.9 Ältere Konsumenten definieren sich nicht mehr über ihr Alter, sondern über die physische Verfassung, ihre Lebenseinstellung und über ihr Konsumverhalten.10 Die Lebensmittelwirtschaft muss sich auf diese Veränderungen einstellen und die passenden Produkt- und Marketingkonzepte entwickeln. Welche Handlungsoptionen und Ansatzpunkte sich für den Lebensmitteleinzelhandel, speziell die Discounter, mit Hilfe des Marketing-Instrumentariums ergeben, ist Kern dieses Buches. Insbesondere geht es dabei um die Instrumente

8 9 10

10

Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland (2003), S. 123. Vgl. Pompe (2007), S. 76. Vgl. Pompe (2007), S. 18.

Standortpolitik,

Produkt-

und

Sortimentspolitik,

Preispolitik,

Qualitätspolitik,

Verkaufsraumgestaltung und Warenplatzierung sowie Kommunikationspolitik. Auf Grundlage der theoretischen Erkenntnisse und der empirischen Erhebung wird zu Ende des Buches die derzeitige Ist-Situation der deutschen LebensmittelDiscounter mit Hilfe einer SWOT Analyse dargestellt.

Das

Buch

gliedert

sich

in

insgesamt

neun

Kapitel.

Bevor

konkrete

Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden können, bedarf es zunächst einer genauen Analyse der derzeitigen Situation mit Zahlen, Daten und Fakten. Die Konzeption einer Marketingstrategie erfordert allerdings ein dezidiertes Wissen über die jeweilige Zielgruppe. So werden in Kapitel drei Charakteristika der Zielgruppe 50plus herausgearbeitet. Anschließend folgt eine Darstellung des Status quo des deutschen Lebensmitteleinzelhandels und der deutschen Discounter. Kapitel fünf stellt auf Grundlage der vorangegangen Kapitel ausführlich mögliche Handlungsempfehlungen im Rahmen des MarketingInstrumentariums dar, bevor unter Kapitel sechs der theoretische Teil durch eine empirische Erhebung im Rahmen von Experteninterviews unterstützt wird. Darauf folgt eine SWOT-Analyse, welche alle gewonnenen theoretischen Erkenntnisse mit den Ergebnissen der Experteninterviews kombiniert und einen Ist-Status der deutschen Discounter und Ihren bisherigen Bemühungen in Bezug auf die Zielgruppe 50plus abbildet. Bevor abschließend unter Kapitel neun eine Schlussbetrachtung und ein Fazit folgt, wird die Präsentation „Demografischer Wandel in Deutschland – welche Handlungsoptionen gibt es für die deutschen Discounter?“ dargestellt.

11

2. Demografische Entwicklung Deutschlands und deren Auswirkungen Im Folgenden wird zunächst der Begriff Demografie erläutert, bevor anschließend Zahlen, Daten und Fakten zur demografischen Entwicklung eruiert werden. Hierbei geht es vor allem um die Ursachen der demografischen Entwicklung und deren Treiber. Abschließend werden die Auswirkungen auf die sozialen Sicherungssysteme sowie die Wirtschaft verdeutlicht.

2.1 Definition: Demografie Das Wort Demografie entstammt dem Griechischen und bedeutet "Volk beschreiben".

Dementsprechend

beschreibt

Demografie

mit

Zahlen

und

Kennziffern, wie sich die Bevölkerung in ihrer Zahl und ihren Strukturen (Alter, Geschlecht,

Familienstand,

Lebensform,

Nationalität,

Kinderzahl,

Region,

Gesundheitszustand und ähnliches) durch demografische Verhaltensmuster bzw. Ereignisse (Kinder haben, heiraten, sich scheiden lassen, umziehen, sich gesund erhalten oder sterben) verändert.11

2.2 Zahlen, Daten, Fakten zur demografischen Entwicklung „Nun ist es nicht etwa fünf Minuten vor zwölf, wenn es darum geht, die Gesellschaft wieder zu verjüngen – es ist dreißig Jahre zu spät.“12

Unter den Begriff „demografischer Wandel“ werden zwei Ausprägungen unterschieden: zum einen geht es um den Bevölkerungsrückgang insgesamt, zum anderen um den Strukturwechsel innerhalb der Gesellschaft, hin zu einer immer älter werdenden Gesellschaft. In vorliegendem Buch liegt der Fokus auf die Strukturänderung hin zu einer alternden Gesellschaft. Maßgebliche Komponenten dieses demografischen Prozesses sind Sterbefälle, Geburten und Wanderungen.13 Seit der Wiedervereinigung in Deutschland gibt es in jedem Jahr mehr Sterbefälle als Geburten. Die Bevölkerung nahm jedoch bis 2002 mit Ausnahme des Jahres 11 12 13

Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2008b). Vgl. Birg (2005b), S. 2. Vgl. Statistisches Bundesamt (2008g), S. 39.

13

1998 aufgrund eines höheren Wanderungsüberschusses zu. Rückläufig sind die Bevölkerungszahlen aufgrund des geringen Zuwanderungsüberschusses seit 2003.14 Im Jahr 2007 stieg die Zahl der Geburten erstmalig seit 1997 um 1,8 % gegenüber 2006 wieder an. Dennoch erfolgte von 2006 auf 2007 ein Bevölkerungsrückgang um 97.000 beziehungsweise 0,1 %.15 Diese Entwicklung der Bevölkerung ergibt sich zum einen aus den Geburten und Sterbefällen und zum anderen aus den Wanderungsbewegungen (Zu- und Fortzüge).16 Das wachsende Defizit der Geburten gegenüber den Sterbefällen (142 000 Personen) wurde durch den rückläufigen

Zuwanderungsüberschuss

(44

000

Personen)

nicht

mehr

ausgeglichen, wodurch sich der Bevölkerungsrückgang ergibt.17

2.2.1

Lebenserwartung und Sterblichkeitsverhältnisse

Die Lebenserwartung sowie die Sterblichkeitsverhältnisse wurden erstmals 1871 (seit Gründung des Deutschen Reichs) regelmäßig mit Hilfe von so genannten Periodensterbetafeln nachgewiesen. Grundsätzlich lässt sich aus ihnen die durchschnittliche Lebenserwartung eines Neugeborenen ablesen. Darüber hinaus wird für die Personen, die ein bestimmtes Alter schon erreicht haben, die Anzahl der weiteren Lebensjahre mit der so genannten durchschnittlichen ferneren Lebenserwartung angegeben. Die Dreiecksform der Altersstruktur von 1871 ist die Folge einer hohen Sterblichkeit und einer hohen Geburtenhäufigkeit, wie sie vor dem ersten demografischen Übergang18 bestanden hat.19 Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug 1871/1881 bei Geburt für Jungen 35,6 Jahre und für Mädchen 38,4 Jahre. Seitdem hat sich die Lebenserwartung

-

vorausgesetzt

die

unterschiedlichen

Gebietsstände

werden

vernachlässigt - mehr als verdoppelt. 2005/2007 lag die durchschnittliche Lebens-

14 15

16 17 18

19

14

Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland (2006a), S. 36 ff. In den Jahren 1996 und 1997 waren – abweichend von der seit 1991 rückläufigen Tendenz – die Geburtenzahlen vorübergehend angestiegen. Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland (2008a). Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland (2008a). Seit Anfang der 70er Jahre sinkt die Geburtenrate stärker als die Sterberate, so dass die Wachstumsrate seitdem kleiner wird. Dieser Befund wird als „demographischer Übergang bezeichnet“. Für weitere Informationen sei auf Kingsley Davis und Frank Notestein vom Office for Population Research der Universität Princeton verwiesen, welche im Jahr 1945 das Konzept der „demographischen Transition“ oder des „Demographischen Übergangs“ entwickelten; vgl. Birg (2006), S. 26. Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2008c).

erwartung in Deutschland bereits bei 76,89 Jahren für Jungen und 82,25 Jahren für Mädchen.20 21

Die Veränderungen von 1871/1881 zu 2005/2007 und 2002/2004 im Überblick: 1871/1881:

35,6 Jahre fernere Lebenserwartung von Männern 38,4 Jahre fernere Lebenserwartung von Frauen 74.727 Überlebende von 100.000 männlichen Neugeborenen 78.260 Überlebende von 100.000 weiblichen Neugeborenen

2005/2007:

76,89 Jahre fernere Lebenserwartung von Männern 82,25 Jahre fernere Lebenserwartung von Frauen

2002/2004:

99.544 Überlebende von 100.000 männlichen Neugeborenen 99.620 Überlebende von 100.000 weiblichen Neugeborenen22

Folge des Sterblichkeitsrückgangs ist, dass die geburtenstarken Jahrgänge ein höheres Lebensalter erreichen können. Die nachrückenden Jahrgänge werden kleiner, was der nachfolgende Geburtenrückgang bewirkt. Somit hat das Altern der Bevölkerung begonnen; zu diesem Zeitpunkt ist es ausschließlich fertilitätsgeleitet.23 Zwischen den Jahren 1965 und 1975 folgt durch die verbesserten Möglichkeiten der

Schwangerschaftsverhütung

sowie

Individualisierungstrends

in

der

Gesellschaft der zweite Geburtenrückgang. Seitdem ist die Geburtenhäufigkeit auf einem sehr niedrigen Niveau verblieben.24 Im Jahr 2006 sank die Zahl der lebend geborenen Kinder gegenüber dem Vorjahr um 13 000 bzw. um 1,9 % auf 673 000. Damit gab es wie 2005 wieder einen deutlichen Geburtenrückgang.25 Der Vergleich zum Jahr 1964, in dem 1.357.000 Kinder geboren wurden, zeigt die Dimension des Geburtenrückgangs an. Die Geburtenzahlen haben sich in dieser Zeit nahezu halbiert.26 Die Betrachtung des 20 21 22 23

24 25 26

Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland (2008d). Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland (2008e). Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland (2006a), S. 37. Fertilität ist vom lateinischen fertilitas abgeleitet und bezeichnet die Fruchtbarkeit; vgl. Duden (1996), S. 277. Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2008c). Vgl. Bevölkerungsentwicklung (2006), S. 39. Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2008d). Bei Analyse der Tabellen des Statistischen Bundesamtes über Lebendgeborenen von 1946 bis 2007 sind die 1.357.304 Geborenen im Jahr 1964 der mit Abstand höchste Wert. Trotz dieser unsauberen statistischen Analyse der Autoren - die Lage ist ernst.

15

Überschuss der Gestorbenen über die Geborenen macht die prekäre Situation noch deutlicher. So gab es von 1947 - 1971 kontinuierlich einen Überschuss der Geborenen über die Gestorbenen. Seit 1972 hat sich das Blatt gewendet, seitdem gibt es einen kontinuierlichen Überschuss der Gestorbenen über die Geborenen in Höhe von durchschnittlich 100.000 pro Jahr.27

2.2.2

Die sogenannte zusammengefasste Geburtenziffer

Zur Ermittlung des Geburtenrückgangs wird üblicherweise die sogenannte zusammengefasste Geburtenziffer (auch durchschnittliche Kinderzahl genannt) herangezogen. Diese wird zur Beschreibung des aktuellen Geburtenverhaltens eingesetzt und gibt an, wie viele Kinder eine Frau im Laufe ihres Lebens bekommen würde, wenn ihr Geburtenverhalten so wäre wie das aller Frauen zwischen 15 und 49 Jahren im jeweils betrachteten Jahr. Bei der Berechnung der durchschnittlichen Kinderzahl je Frau werden alle Kinder berücksichtigt, die im Laufe eines Jahres geboren werden. Im Jahr 2007 betrug die zusammengefasste Geburtenziffer in Deutschland je Frau 1,37.28 Für die Zeit von 1980 bis 2002 sind die Geburtenziffern in fast allen europäischen Mitgliedsstaaten erheblich gefallen. 1980 lag die durchschnittliche Geburtenziffer in Europa bei 1,88 Kindern pro Frau, im Jahr 2002 sank diese auf 1,46.29 Im europäischen Vergleich liegt Deutschland mit einem Wert von 1,37 somit unterhalb des Durchschnitts. In diesem Zusammenhang wird auch die sogenannte Nettoreproduktionsziffer

zum

Ersatz

der

Elterngenerationen

(Bestand-

erhaltung)30 ermittelt. Einfach formuliert, sagt die Nettoreproduktionssziffer aus, ob ein gewisses Niveau erreicht wird, damit die Elterngeneration sich durch die Geburt von Kindern ersetzt. Da in die Berechnung auch die Sterblichkeit einfließt, ändert sich im Verlauf der Zeit die Anzahl der Kinder je Frau, die für diesen einfachen Ersatz der Elterngeneration nötig sind. Im Geburtsjahr 1865 waren es noch durchschnittlich 3,49 Geburten je Frau. Heute sind noch 2,08 Geburten je Frau notwendig, um einen Ersatz der Elterngeneration zu gewährleisten.31 Mit einer zusammengefassten Geburtenziffer in Deutschland in Höhe von 1,37 ist also 27 28 29 30

31

16

Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland (2008c). Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland (2008b). Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2005), S. 228. Sind von 1000 Frauen eines Geburtsjahrgangs bis zu ihrem 49. Lebensjahr wiederum 1000 Mädchen geboren worden, so spricht man vom einfachen Ersatz der Elterngeneration. Ist die Zahl größer bzw. kleiner als 1000, hat ein erweiterter oder reduzierter Ersatz der Elterngeneration stattgefunden. Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2004), S.89.