Beschluss des Rechtsausschusses

22.02.2017 - Das Präsidium und der ASTA-Vorstand haben ebenso Stellung genommen, ... e. Somit hat die alte Geschäftsordnung keine Gültigkeit mehr.
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Beschluss des Rechtsausschusses In der Sache Beschwerde zur Verabschiedungspflicht einer Geschäftsordnung hat der Ausschuss nach Beratungen in den Sitzungen vom 18.1., 8.2. und 22.2.2017 entschieden: Entscheidungsformel: I. II. III. IV.

Der Rechtsausschuss ist an die Rechtsansicht der Universitätsverwaltung nicht gebunden. Die alte Geschäftsordnung gilt mangels Beschlusses des Studierendenparlaments nicht fort. Ein Verstoß gegen § 9 III Satzung der Studierendenschaft der HHU (SHHU) liegt nicht vor. Die Beschlüsse des Studierendenparlaments sind auch ohne Verabschiedung einer Geschäftsordnung gültig.

Gründe: I. Das Studierendenparlament traf sich zu seiner konstituierenden Sitzung im Dezember 2016. Dabei stellte sich die Frage, ob nach der alten Geschäftsordnung verfahren werden sollte. Eine lose Abfrage des Sitzungsleiters ergab, dass man nicht nach der alten Geschäftsordnung verfahren wollte. Danach wurde die Tagesordnung weiter behandelt, das Parlament konnte sich allerdings auf keine neue Geschäftsordnung einigen, weshalb die Sitzung unterbrochen wurde. 1. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass sich aus § 9 III SHHU ergebe, dass ein Beschluss über die Geschäftsordnung zwangsläufig in der ersten Sitzung stattfinden müsse. 2. Fabian Koglin hat zu dem Sachverhalt Stellung genommen, auf die Stellungnahme sei als Anlage verwiesen. 3. Das Präsidium und der ASTA-Vorstand haben ebenso Stellung genommen, die Stellungnahmen sind beigefügt, verweisen im Wesentlichen auf die Rechtsauffassung des Justiziariats. II. Die Beschwerde ist zunächst zulässig. Der Rechtsausschuss ist nach § 26 II SHHU insbesondere für Satzungsbeschwerden zuständig. Da mit § 9 III SHHU der Verstoß gegen Satzungsrecht gerügt wird, ist die Zuständigkeit gegeben. III. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. 1. Zunächst ist festzustellen, dass der Rechtsausschuss als unabhängiges und selbständiges Schlichtungsorgan der Studierendenschaft nicht zwangsläufig an die Rechtsauslegung des Justiziariats gebunden ist. Somit sind die Ausführungen von Herrn Cyperek, die dem Verfahren hinzugezogen wurden, für den Ausschuss nicht bindend. 2. Die alte Geschäftsordnung gilt mangels Beschlusses des Studierendenparlaments nicht fort. a. Bei der Geschäftsordnung handelt es sich um Innenrecht des Parlaments, welches nur die Parlamentsmitglieder bindet. Die Geschäftsordnung regelt die parlamentsinterne Organisation. Sie

muss einen Ausgleich finden zwischen der Arbeitsfähigkeit des Parlaments einerseits und der Rechte der einzelnen Mitglieder andererseits. (vgl. zur GOBT: Morlok, Staatsorganisationsrecht, § 11, Rn. 726) b. Dabei unterliegt auch die Geschäftsordnung dem Grundsatz der Diskontinuität. Sie gilt somit nur bis zum Ende der Wahlperiode und verliert ihre Gültigkeit bereits mit Zusammentritt des neuen Parlaments (vgl. zur GOBT: Jarass/Pieroth, GG, Art. 40, Rn. 7; Badura, Staatsrecht, E Rn. 43). Das neue Parlament gibt sich eine neue Geschäftsordnung und ist von vornherein nicht an die alte Geschäftsordnung gebunden. Andernfalls könnte das scheidende Parlament über eine Änderung der Geschäftsordnung das neue Parlament verpflichten. (vgl. zur GOBT: Morlok, Staatsorganisationsrecht, § 11, Rn. 731.) c. Die Regelungen des SP sollten nach dem Willen des Satzungsgebers an diejenigen angenähert werden, die für den Bundestag gelten. Dies geht aus der Stellungnahme von Fabian Koglin hervor und wird vom Rechtsausschuss auch so befürwortet. d. Nach den Feststellungen des Rechtsausschusses erfolgte kein Beschluss über eine Geschäftsordnung auf der fraglichen Sitzung des Studierendenparlaments. Auch eine durch schlüssiges Verhalten beabsichtigte Fortgeltung der alten Geschäftsordnung kann mangels tatsächlicher Anhaltspunkte nicht angenommen werden. Nach alledem endete die Gültigkeit der Geschäftsordnung mit dem Zusammentritt des neuen Parlaments. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Sitzungsleitung die Befolgung der alten Geschäftsordnung angeboten hat und dies mehr oder weniger förmlich abgelehnt wurde. Entscheidend ist umgekehrt, dass kein positiver Beschluss über eine Geschäftsordnung gefasst wurde. e. Somit hat die alte Geschäftsordnung keine Gültigkeit mehr. f. Der Rechtsausschuss empfiehlt dem Studierendenparlament jedoch, sich schnellstmöglich eine neue Geschäftsordnung zu geben, um einen transparenten und rechtssicheren Ablauf der SPSitzungen sicherzustellen. Aktuell gilt damit lediglich die Satzung des Studierendenparlaments, die Sitzungsleitung muss zudem demokratischen Grundsätzen entsprechen. 3. Die vom Beschwerdeführer angenommene Verpflichtung zur Verabschiedung einer Geschäftsordnung (§ 9 III SHHU) liegt hingegen nicht vor. a. § 9 III SHHU besagt, dass sich das Studierendenparlament in „der konstituierenden Sitzung einer jeden Wahlperiode eine Geschäftsordnung gibt.“ Zwar ist unstreitig, dass sich das Studierendenparlament in seiner konstituierenden Sitzung keine Geschäftsordnung gegeben hat, allerdings ist der Wortlaut nicht eindeutig, ob es sich um zwingendes Recht oder lediglich eine Ordnungsvorschrift handelt. b. Eine Auslegung der Norm ergibt dabei, dass es sich bei § 9 III SHHU lediglich um eine Ordnungsvorschrift handelt und eine Nichtbeachtung keine Rechtsfolgen entfaltet. (1) Der Wortlaut der Norm ist zwar unergiebig, spricht aber in wesentlichen Punkten gegen eine zwingende Vorschrift: Zum einen hat der Satzungsgeber bewusst auf eine „Muss“-Formulierung verzichtet, wie er sie an anderen Stellen der Satzung verwendet. Außerdem wurde auch keine Regelung der Rechtsfolge für eine Nichtbeachtung vorgenommen, was ebenso für eine reine Ordnungsvorschrift spricht.

(2) Aus der Systematik der Satzung ergibt sich ferner, dass jedenfalls die Frage der Wirksamkeit von Beschlüssen originär aus § 14 I SHHU hervorgeht. Diese Norm regelt, unter welchen Voraussetzungen ein Beschluss unwirksam ist. Voraussetzung ist die ordnungsgemäße Einberufung, die Anwesenheit mehr als der Hälfte der Mitglieder und eine Stimmenmehrheit für den Antrag. Eine Geschäftsordnung ist demnach keine zwingende Voraussetzung für die Gültigkeit von Beschlüssen. Die Einberufung ergibt sich auch nicht aus der Geschäftsordnung, sondern unmittelbar aus der Satzung (§ 13 SHHU). Somit kann die fehlende Geschäftsordnung bereits nicht zu einer Unwirksamkeit führen, da die Beschlüsse bereits gemäß § 14 I SHHU gültig sind. (3) Unter historischen Gesichtspunkten ergibt sich aus den Berichten der damals mit der Neuordnung der Satzung Befassten, dass eine Angleichung an die im Bundestag geltenden Vorschriften geplant war. Dies wurde u.a. dadurch erreicht, dass die Fassung des Art. 40 I 2 GG nahezu wortgleich übernommen wurde. Auch die Geschäftsordnung des Bundestages ist nicht Wirksamkeitsvoraussetzung von Beschlüssen, die Wirksamkeit ergibt sich ferner aus dem Grundgesetz selbst. Ebenso führt eine unwirksame oder nicht verabschiedete Geschäftsordnung nicht zur Beschlussunfähigkeit des Parlaments. (4) Auch nach Sinn und Zweck der Regelung sprechen die besseren Gründe dafür, die Norm als bloße Ordnungsvorschrift einzustufen. So muss die Normwertigkeit der Geschäftsordnung als Innenrecht beachtet werden, im Gegensatz dazu die auch vom Studierendenparlament zu beachtende Satzung. Sinn und Zweck der Geschäftsordnung ist, für häufig auftretende Fallgestaltungen für das Parlament „Verabredungen“ zu treffen. Dies ist zum einen nötig, um die Arbeitsfähigkeit des Parlamentes zu erhalten, stärkt aber auch die Mitwirkung der Opposition. Diese Einordnung als interne „Verfahrens-Verabredungen“ des Parlaments führen dazu, dass auch ein Parlament ohne Geschäftsordnung existieren kann: Lediglich bei Verstößen gegen die Satzung oder demokratische Grundsätze ist dies zu beanstanden. (5) Im Ergebnis liegt damit lediglich ein Verstoß gegen eine Ordnungsvorschrift vor, die keine Rechtswirkungen auf die gefassten Beschlüsse hat. c. Somit ist das Studierendenparlament nicht verpflichtet gewesen, sich auf der konstituierenden Sitzung eine Geschäftsordnung zu geben. d. Die Beschlüsse des Studierendenparlaments sind auch ohne Verabschiedung einer Geschäftsordnung gültig. 4. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzulehnen.

Die Mitglieder des Rechtsausschusses, Düsseldorf, den 22.2.2017 Bartels, Boecker, Hobusch, Krzyzanowski