Bereicherung für den Gaumen

anderen südostasiatischen. Küchen ermöglicht. Traditionelle kantonesische Küche: Ravioli Dim Sum im Restaurant Zen in Adliswil. (Bild: Karin Hofer / NZZ).
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China trifft Zürich

Bereicherung für den Gaumen von Markus Ganz / 26.7.2016, 09:00 Uhr

Chinesische Restaurants gehörten zu den ersten Anbietern von «Ethno-Food» in Zürich. Sie haben den Zürchern auch den Zugang zu anderen südostasiatischen Küchen ermöglicht. Traditionelle kantonesische Küche: Ravioli Dim Sum im Restaurant Zen in Adliswil. (Bild: Karin Hofer / NZZ)

Exotische Kost hat längst Einzug in unsere Essgewohnheiten gehalten. Selbstverständlich bestellen wir in Restaurants Gerichte aus fernen, auffallend oft südostasiatischen Ländern. Den Weg dafür bereitet haben chinesische Restaurants. Bereits 1958, nur drei Jahre nach der ersten Pizzeria, wurde «das erste echte chinesische Restaurant der Stadt» eröffnet, wie das Restaurant Hongkong damals in einer Anzeige in der NZZ verkündete. Dass diese Küche damals noch weitgehend unbekannt war, lässt folgender Satz erahnen: «Gäste werden mit chinesischen Gerichten bekannt gemacht.» Das Restaurant im Seefeld war von einer Schweizerin gegründet worden, deren Mann ein Koch aus Hongkong war. Dies ist von Thomas Meier zu erfahren, der 1996 das «Hongkong» mit seiner aus Chengdu stammenden Gattin übernahm und bis 2007 führte. Zuvor hatte er auch im «Li Tai Pe» am Schanzengraben gewirkt, dem heute nicht mehr existierenden Ableger des 1965 eröffneten gleichnamigen Lokals in Luzern. Bereits 1959 war in der Zürcher Altstadt das zweite chinesische und bis heute bestehende Restaurant «Gelber Schnabel» eröffnet worden. Diese drei Lokale prägten lange das Bild des China-Restaurants in der Stadt, zu dem edles traditionelles Dekor ebenso gehören wie süsse kantonesische Musik und Glückskekse.

Kantonesische Küche dominiert Dieses bis heute übliche Ambiente soll nicht zuletzt die Authentizität der chinesischen Küche signalisieren. Und die ist nicht so eindeutig festzustellen, spricht man doch von den vier Grundküchen und den zwölf grossen Küchen. Vor allem aber gab es lange kaum Köche aus der Volksrepublik China. Denn diese war bis Ende der siebziger Jahre ein weitgehend abgeschlossenes Land; nur rund 200 ihrer Einwohner sollen damals in der Schweiz gelebt haben, und das änderte sich nur langsam. Dass es in den folgenden Jahren trotzdem zu einer ganzen Reihe von neuen chinesischen Restaurants in Zürich kam, ist vor allem auf ethnische Chinesen aus anderen Ländern Südostchinas zurückzuführen; viele davon waren vor den Kriegswirren in Indochina geflüchtet. Dies erklärt auch die breite Palette an Speisen, die in diesen Restaurants angeboten werden. Bis heute dominiert dort die kantonesische Küche, weil viele dieser Familien ursprünglich aus Südchina stammen. Auf der Speisekarte stehen aber meist auch Gerichte aus den Ländern, wo sie zuvor lebten. Hinzu kommen oft – Chinesen gelten ja als gute Geschäftsleute – weitere ostasiatische Klassiker, insbesondere aus der thailändischen und zunehmend aus der japanischen Küche. Exemplarisch dafür steht die bekannte Restaurantkette Suan Long, die 1987 von zwei chinesischen

Brüdern aus Kambodscha gegründet wurde. Daraus sind rund zwanzig Restaurants mit teilweise unterschiedlichen Namen, unterschiedlicher Ausrichtung und sich überschneidenden Beteiligungen entstanden. Die Brüder Ly erkannten die Notwendigkeit der Diversifikation. Sie boten insbesondere auch jüngeren Liebhabern asiatischer Speisen die Möglichkeit, unkompliziert und günstig zu essen, wie man es vom Ausland her kennt. Sie forcierten aber nicht nur das Take-away-Angebot, sondern auch das «prime dine», wie Leap Choeun Ly 2011 zur Eröffnung seines «Ly's Asia» beim Prime Tower meinte. Sein inzwischen verstorbener Bruder Leap Kheng Ly hatte diesen Anspruch bereits 2005 mit dem «Angkor» im Puls 5 verwirklicht. Dass hervorragendes chinesisches Essen nicht an einen noblen Rahmen gebunden sein muss, zeigt das 2004 eröffnete Restaurant Beyond. Die in der Schweiz wenig bekannten Spezialitäten aus den Regionen Sichuan, Hangzhou und Schanghai munden, obwohl man auf Holzbänken ohne Lehnen sitzt. Speziell ist, dass das schlichte Lokal von drei Freunden aus der Volksrepublik China geprägt wurde, die sich in der Schweiz kennengelernt haben. Es gehört zu den Trends der letzten Jahre, dass zunehmend Chinesen aus der Volksrepublik Restaurants gründen und eine regionale, auffallend häufig nordchinesische Küche pflegen, etwa im «Ach'i» oder im «Weibian». Zu einem Trend bei einem jüngeren Zielpublikum könnten «Street Food»Konzepte wie die von «Wesley's Kitchen» werden. Der aus Schanghai stammende Koch Wesley Qian setzt auf wenige Gerichte und lässt sich dabei «von der japanischen, italienischen und spanischen Küche inspirieren».

Die Innenstadt verlassen Solche Fusion-Küche kennt man aus Hongkong. Und wenn man Glück hat, bekommt man im Adliswiler Restaurant Zen Spezialitäten wie Hummer an Käsesauce. Christin und Kin Chuen Li pflegen aber in erster Linie eine traditionelle kantonesische Küche, die so leicht und elegant wie die Inneneinrichtung des Lokals ist. Unübertroffen sind die Auswahl und die Qualität der Dim Sum. Kein Zufall jedoch ist, dass das Paar nicht mehr in der Zürcher Innenstadt wirtet: Der finanzielle Druck sei dort zu gross geworden. Auch der von «Gault Millau» ausgezeichnete Koch Luo zog weg, nach Dietikon. Und auch das «Hongkong», das erste Zürcher China-Restaurant, musste im Jahr 2007 wegen Eigenbedarfs des Hausbesitzers seinen Standort im Seefeld aufgeben. Geschadet hat es dem Unternehmerpaar Mey Meier offenbar nicht: Unter dem Namen «Hong-Kong Food Paradise» ist es nun an vier Standorten in der Stadt präsent.