Beeinflussungstendenzen bei Kopfnoten: Welche ... AWS

Konferenzordnung von der Klassenkonferenz bzw. der Jahrgangsstufenkonfe- renz beraten und beschlossen; der Klassenlehrer hat für die allgemeine Beur- teilung einen Vorschlag zu machen. Neben diesem Gesetzestext, der nur eine sehr grobe und unkonkrete Formulierung dessen darstellt, was unter einem guten ...
222KB Größe 7 Downloads 373 Ansichten
Johanna Hausmann

Beeinflussungstendenzen bei

Kopfnoten Welche Faktoren fließen in die Noten unserer Kinder ein?

Diplomica Verlag

Johanna Hausmann Beeinflussungstendenzen bei Kopfnoten: Welche Faktoren fließen in die Noten unserer Kinder ein? ISBN: 978-3-8366-4827-1 Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden und der Verlag, die Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen. © Diplomica Verlag GmbH http://www.diplomica-verlag.de, Hamburg 2010

Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ...........................................................................................................IV 1

Einleitung........................................................................................................................... 1

Teil I – Theoretische Grundlagen ........................................................................................... 3 2

3

4

Kopfnoten .......................................................................................................................... 3 2.1

Gesetzliche Grundlagen............................................................................................... 3

2.2

Interpretation von Kopfnoten ...................................................................................... 6

2.3

Schulinterne inhaltliche Konkretisierungen ................................................................ 9

Gütekriterien von Beurteilungen................................................................................... 15 3.1

Objektivität ................................................................................................................ 15

3.2

Reliabilität ................................................................................................................. 17

3.3

Validität ..................................................................................................................... 18

Problemkreise zur Beurteilung von Schülern .............................................................. 19 4.1

Beurteilungstendenzen............................................................................................... 19

4.1.1

Der Begriff der Impliziten Persönlichkeitstheorie (IPT).................................... 19

4.1.2

Modell zur Wahrnehmung und Erfassen von Informationen............................. 19

4.1.3

Informationsreduktion........................................................................................ 21

4.1.4

Selektive Wahrnehmung von Eigenschaften...................................................... 22

4.1.5

Sich-selbst-erfüllende Vorhersage ..................................................................... 23

4.1.6

Konkrete Beeinflussungsarten............................................................................ 25

4.2

Interdependenzen zwischen Schüler- und Lehrerverhalten....................................... 27

4.3

Umgang mit Beurteilungstendenzen ......................................................................... 29

Teil II Empirische Studie....................................................................................................... 31 5

Statistische Grundlagen.................................................................................................. 31 5.1

Häufigkeitsverteilungen............................................................................................. 31

5.2

T-Test für unabhängige Stichproben ......................................................................... 31

5.3

Mittelwertvergleich mit ANOVA (Analysis of Variance) ........................................ 32 I

5.4

5.4.1

Korrelationskoeffizient nach Pearson für metrisch skalierte Merkmale ............ 32

5.4.2

Kontingenzkoeffizient für nominal-skalierte Merkmale.................................... 33

5.5 6

Zusammenhangsmaße ............................................................................................... 32

Faktorenanalyse ......................................................................................................... 34

Die empirische Untersuchung........................................................................................ 35 6.1

Beschreibung der Exploration ................................................................................... 35

6.1.1

Instrumente......................................................................................................... 35

6.1.2

Beschreibung der Stichprobe ............................................................................. 35

6.1.3

Beschreibung der erhobenen Daten.................................................................... 35

6.1.4

Beschreibung des Lehrerfragebogens ................................................................ 36

6.2

Auswertung der soziologischen Daten der Umfrage................................................. 37

6.2.1

Auswertung des Merkmals Geschlecht .............................................................. 37

6.2.2

Auswertung des Merkmals Migrationshintergrund............................................ 38

6.2.3

Auswertung des Lehrer-Fragebogens - Personendaten..................................... 38

6.3

Häufigkeiten der Kopfnoten ...................................................................................... 40

6.4

Empirische Analyse der Noten .................................................................................. 41

6.4.1

Deskriptive Gesamtauswertung über alle Schulen............................................. 41

6.4.2

Häufigkeitsverteilungen der Kopfnoten ............................................................. 42

6.4.3

Häufigkeitsverteilungen von Geschlecht und Kopfnoten .................................. 43

6.4.4

Häufigkeitsverteilungen Migrationshintergrund und Kopfnoten....................... 46

6.4.5

Mittelwertvergleich zwischen den Noten (ANOVA)........................................ 48

6.4.6

Untersuchung der Kopfnoten/Fachnoten - Häufigkeiten ................................... 55

6.4.7

Vergleich von vier Klassen über zwei Schuljahre ............................................. 68

6.4.8

Faktorenanalyse.................................................................................................. 71

6.5

Auswertung des Lehrer-Fragebogens: Einflussfaktoren auf die Kopfnoten ............. 87

6.5.1

Geschlecht .......................................................................................................... 87

6.5.2

Sympathie........................................................................................................... 89

6.5.3

Außerschulische Informationen ......................................................................... 90 II

6.5.4

Kollegen ............................................................................................................. 91

6.5.5

Zusammenhang der Kopfnoten .......................................................................... 92

6.5.6

Kopfnoten als Ergänzung der Fachnoten ........................................................... 93

6.6

6.6.1

Geschlecht .......................................................................................................... 94

6.6.2

Sympathie........................................................................................................... 95

6.6.3

Außerschulische Informationen ......................................................................... 96

6.6.4

Kollegen ............................................................................................................. 97

6.6.5

Zusammenhang der Kopfnoten .......................................................................... 98

6.6.6

Kopfnoten als Ergänzung der Fachnoten ........................................................... 99

6.7 7

Altersspezifische Analyse der Lehrerdaten ............................................................... 94

Weitere Beeinflussungstendenzen........................................................................... 100

Kritische Anmerkungen zur durchgeführten Exploration ....................................... 103 7.1

Datenlage .................................................................................................................. 103

7.2

Lehrerfragebogen....................................................................................................... 104

8

Zusammenfassung der Ergebnisse .............................................................................. 106

9

Literaturverzeichnis ..................................................................................................... 108

10 Anhang............................................................................................................................ 112

III

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Hilfe zur Bewertung von Verhaltensformen

5

Abbildung 2: Interpretationen einer Mitarbeitsnote "gut"

7

Abbildung 3: Interpretation einer Verhaltensnote "befriedigend"

8

Abbildung 4: Bewertungskriterien für das Sozialverhalten

12

Abbildung 5: Bewertungskriterien für das Arbeitsverhalten

13

Abbildung 6: Hof-effekt

26

Abbildung 7: Richtwerte für die Interpretation von Korrelationskoeffizienten

33

Abbildung 8: Häufigkeiten: Geschlecht/Migrationshintergrund

37

Abbildung 9: Geschlecht der Lehrer

39

Abbildung 10: Alter der Lehrer

39

Abbildung 11: Häufigkeiten der Kopfnoten

40

Abbildung 12: Deskriptive Statistik der Daten

41

Abbildung 13: Beobachtete und erwartete Anzahl der Kopfnoten

42

Abbildung 14: Kreuztabelle Verhalten/Geschlecht

43

Abbildung 15: T-Test auf Unabhängigkeit Verhalten/Geschlecht

44

Abbildung 16: Kontingenzkoeffizient Verhalten/Geschlecht

44

Abbildung 17: Kreuztabelle Mitarbeit/Geschlecht

45

Abbildung 18: Kontingenzkoeffizient Mitarbeit/Geschlecht

45

Abbildung 19: Zusammenhang Verhalten/Migrationshintergrund

46

Abbildung 20: Zusammenhang Mitarbeit/Migrationshintergrund

47

Abbildung 21: Mittelvertvergleich Verhalten/Mitarbeit

48

Abbildung 22: Deskriptive Statistiken ANOVA: Mitarbeit zu Verhalten

48

Abbildung 23: Deskriptive Statistiken ANOVA: Verhalten zu Mitarbeit

49

Abbildung 24: gepaarte Stichprobe: Mitarbeit/Verhalten

49

Abbildung 25: Korrelation Verhalten/Mitarbeit

49

Abbildung 26: Graphischer Mittelwertvergleich Verhalten/Fachnoten, I

50

Abbildung 27: Graphischer Mittelwertvergleich Verhalten/Fachnoten, II

51

Abbildung 28: Deskriptive Statistiken ANOVA: Verhalten/Fachnoten

52

Abbildung 29: Grafischer Mittelwertvergleich Mitarbeit/Fachnoten, I

53

Abbildung 30: Grafischer Mittelwertvergleich Mitarbeit/Fachnoten, II

54

IV

Abbildung 31: Deskriptive Statistiken ANOVA: Mitarbeit/Fachnoten

55

Abbildung 32: Korrelation Verhalten/Deutsch

56

Abbildung 33: Korrelation Verhalten/Englisch

57

Abbildung 34: Korrelation Verhalten/Mathematik

58

Abbildung 35: Korrelation Verhalten/Sport

59

Abbildung 36: Korrelation Mitarbeit/Deutsch

60

Abbildung 37: Korrelation Mitarbeit/Englisch

61

Abbildung 38: Korrelation Mitarbeit/Mathematik

62

Abbildung 39: Korrelation Mitarbeit/Sport

63

Abbildung 40: Korrelationen der Noten, Gesamtauswertung

64

Abbildung 41: Korrelationen der Noten in Schule 1

65

Abbildung 42: Korrelationen der Noten in Schule 2

66

Abbildung 43: Korrelationen der Noten in Schule 3

67

Abbildung 44: Korrelationen der Noten in Schule 4

68

Abbildung 45: Korrelationen Schule 2, 2007

69

Abbildung 46: Korrelationen Schule 2, 2008

70

Abbildung 47: Kommunalitäten für die ermittelte Lösung, Gesamtauswertung

71

Abbildung 48: Erklärte Gesamtvarianz, Gesamtauswertung

71

Abbildung 49: Komponentenmatrix, Gesamtauswertung

72

Abbildung 50: Erklärte Gesamtvarianz Schule 1

73

Abbildung 51: Kommunalitäten Schule 1

73

Abbildung 52: Rotierte Komponentenmatrix Schule 1

74

Abbildung 53: Zusammenhang Geschlecht/Verhalten Schule 1

76

Abbildung 54: Zusammenhang Geschlecht/Mitarbeit Schule 1

76

Abbildung 55: Zusammenhang Migrationshintergrund/Verhalten Schule 1

77

Abbildung 56: Zusammenhang Migrationshintergrund/Mitarbeit Schule 1

77

Abbildung 57: Kommunalitäten Schule 2 2007

79

Abbildung 58: Erklärte Gesamtvarianz Schule 2 2007

80

Abbildung 59: Rotierte Komponanentenmatrix Schule 2 2007

80

Abbildung 60: Erklärte Gesamtvarianz Schule 2 2008

81

Abbildung 61: Kommunalitäten Schule 2 2008

82

Abbildung 62: Komponentenmatrix Schule 2 2008

82

Abbildung 63: Kommunalitäten Schule 3

84

Abbildung 64: Erklärte Gesamtvarianz Schule 3

84

V

Abbildung 65: Komponentenmatrix Schule 3

84

Abbildung 66: Kommunalitäten Schule 4

85

Abbildung 67: Erklärte Gesamtvarianz Schule 4

85

Abbildung 68: Komponentenmatrix Schule 4

86

Abbildung 69: Lehrerfragebogen: Geschlecht

87

Abbildung 70: Lehrerfragebogen: Sympathie

89

Abbildung 71: Lehrerfragebogen: Außerschulische Informationen

90

Abbildung 72: Lehrerfragebogen: Kollegen

91

Abbildung 73: Lehrerfragebogen: Zusammenhang der Kopfnoten

92

Abbildung 74: Lehrerfragebogen: Kopfnoten als Ergänzung der Fachnoten

93

Abbildung 75: Zusammenhang Alter/Geschlecht

94

Abbildung 76: Zusammenhang Alter/Sympathie

95

Abbildung 77: Zusammenhang Alter/Außerschulische Informationen

96

Abbildung 78: Zusammenhang Alter/Beeinflussung durch Kollegen

97

Abbildung 79: Zusammenhang Alter/Unabhängigkeit der Kopfnoten

98

Abbildung 80: Zusammenhang Alter/Kopfnoten als Ergänzung sinnvoll

99

VI

1  Einleitung  Die Geschichte der Kopfnoten, d. h. der Noten der allgemeinen Beurteilung eines Schülers, die wegen ihrer Stellung am Kopf des Zeugnisses Kopfnoten genannt werden, ist sehr wechselvoll (vgl. im Folgenden THOMAS 2007, S. 116). So war es Anfang des 20. Jahrhunderts allgemein üblich, dass in deutschen Schulen Zensuren für „Betragen“, Ordnungsliebe“ und „Fleiß“ vergeben wurden. In den 60er - 70er Jahren wurden die Kopfnoten in den meisten alten Bundesländern, nach der Wende auch in den neuen Bundesländern, abgeschafft (vgl. ARNOLD/VOLLSTÄDT 2001, S. 201). Dies geschah nicht zuletzt deshalb, weil die Ungenauigkeit der Erfassung des Schülerverhaltens in den Blick gerückt wurde. Daneben galt, dass es nicht in den Aufgabenbereich der Schule gehören dürfe, die Persönlichkeit der Schüler1 zu beurteilen (vgl. IM BRAHM 2006, S. 351): „Die Schule beurteilt Leistungen, nicht Charaktere“ (HAMMES 2008). Umso mehr überrascht die Kehrtwende, die viele Bundesländer in den letzten Jahren vollzogen haben. Seit Ende der 1990er Jahre findet sich in immer mehr Bundesländern eine Verordnung zur Wiedereinführung von Kopfnoten (vgl. ARNOLD/ VOLLSTÄDT 2001, S. 202). Die Wiedereinführung von Noten, die einige Jahre zuvor bewusst abgeschafft worden sind, legt nahe, dass diesen eine wichtige Bedeutung vonseiten der Beteiligten zugemessen wird (vgl. im Folgenden BEUTEL 2005, S. 134f.). So keimte z. B. in Thüringen die Hoffnung auf, dass durch eine Wiedereinführung der Noten-ergänzenden Beurteilung eine Qualitätsnachbesserung erreicht werden könne. Oder wie Nordrhein-Westfalens Schulministerin Barbara Sommer Ende 2008 formulierte: "Kopfnoten ermöglichen eine transparente und differenzierte Rückmeldung zum Entwicklungsstand von Kindern und Jugendlichen. So können wir jedes einzelne Kind noch individueller in den Blick nehmen" (Pressemeldung des Ministeriums für Schule und Weiterbildung NRW 2008, vgl. im Folgenden ebenda). Für die Schüler bedeute, so die Pressemeldung, die Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens eine klare und hilfreiche Rückmeldung. Für die Eltern und Arbeitgeber ergebe sich durch diese Maßnahme ein zusätzliches Bild über die Persönlichkeit des Schülers, als sinn-

1

In der vorliegenden Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit der Begriff ‚Schüler‘, soweit

nicht anders vermerkt, für beide Geschlechter verwendet. Dies gilt auch für den Begriff ‚Lehrer‘.

1

volle Ergänzung zu den Fachnoten. Solch euphorischen Aussagen wecken den Wunsch, die Noten aufgrund ihres Gehaltes zu überprüfen. Werden die Noten tatsächlich dieser Rolle gerecht? Für eine Qualitätsverbesserung des Zeugnisses müssten mit den Kopfnoten demnach zusätzliche Informationen, über die fachliche Leistungsbeurteilung hinaus, erteilt werden. Weiterhin müssten diese Informationen wesentlich für das erhobene Merkmal sein. Die hier vorliegende Arbeit gliedert sich in zwei große Teile, einen Theorieteil und einen praktischen Teil. Im Theorieteil in Kapitel 2 werden der inhaltliche Gehalt und die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Kopfnoten abgeklärt. In Kapitel 3 werden die Kriterien aufgezeigt, nach denen die Qualität einer Beurteilung bewertet werden kann. In Kapitel 4 erfolgt eine Darstellung der Problematik der Beurteilung von Menschen durch den Menschen. Es werden die wahrnehmungs-, persönlichkeits- und sozial-spezifischen Faktoren aufgezeigt, die negativ auf die Güte einer Beurteilung wirken. Weiter sollen Lösungsversuche aufgezeigt werden, um diesen Tendenzen bewusst entgegenwirken zu können. Im praktischen Teil der Arbeit wird eine Exploration mit Erhebungsdaten aus BadenWürttemberg durchgeführt. Exploration soll mit HÄCKER/STAPF (vgl. 2004, S. 285) als eine diagnostische Methode aufgefasst werden, die neben dem Bereitstellen von Datenmaterial vor allem Hinweise auf die Gestaltung von weiteren Untersuchungen liefern soll oder auch Empfehlungen zur weiteren Auswahl von Testinstrumenten. Darüber hinaus wird versucht, die im Theorieteil genannten Problemkreise anhand des hier vorliegenden Datenmaterials zu überprüfen und zu ersten empirischen Schlüssen zu gelangen. Kann durch die Vergabe von Kopfnoten die Qualität von Zeugnissen verbessert werden?

2

Teil I – Theoretische Grundlagen  2 Kopfnoten  2.1 Gesetzliche Grundlagen Als inhaltliche Grundlage für die Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens gilt, was im Strukturplan für das Bildungswesen 1970 festgehalten wurde. Dort wird als umfassendes Ziel von Bildung „die Fähigkeit des einzelnen zu individuellem und gesellschaftlichem Leben, verstanden als seine Fähigkeit, die Freiheit und die Freiheiten zu verwirklichen, die ihm die Verfassung gewährt und auferlegt“, festgelegt (DEUTSCHER BILDUNGSRAT 1970 S. 29). „Das Leben soll den ganzen Menschen fördern [...]. Das soziale System des Lernens soll in allen Bildungseinrichtungen dazu führen, daß die für das Zusammenleben erforderlichen Verhaltensweisen erwartet werden“ (ebenda, S. 30). Inhaltlich konkreter wird ein „gültiger Anspruch“ bzw. ein „durchgängiges Prinzip“ für das gesamte Schulwesen formuliert: „Einige der heute als besonders dringlich oder wichtig angesehenen allgemeinen Lernziele sind: selbständiges und kritisches Denken, [...] kulturelle Aufgeschlossenheit, [...] Kooperationsfähigkeit, soziale Sensibilität, Verantwortungsbewusstsein und Fähigkeit zur Selbstverantwortung (ebenda, S. 84). Dies soll dazu dienen, den „Lernenden zu mündigem Denken und Verhalten zu befähigen“ (ebenda). Wie ist aber ein solches Verhalten konkret durch den Lehrer zu benoten? Die gesetzlichen Grundlagen über die Notengebung sind nicht im allgemeinen deutschen Schulgesetz verankert, sondern werden in den Bundesländern eigenständig festgelegt.2 Für Baden-Württemberg ist dies in der Verordnung des Kultusministers über die Notenbildung geregelt (im Folgenden Auszüge aus der Verordnung des Kultusministers über die Notenbildung (NVO) vom 5. Mai 1983, § 6). Für die allgemeine Beurteilung von Verhalten und Mitarbeit gilt danach Folgendes:

2

Dieser Sachverhalt geht auf die sogenannte Kulturhoheit der Länder im Bereich der Bildungspolitik

zurück. Dies ist nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 23.5.1949 geregelt (vgl. http://www.kmk.org/wir-ueber-uns/aufgaben-der-kmk.html, zugegriffen am 13.10.2009)

3

(1) Die allgemeine Beurteilung beinhaltet Aussagen zur Arbeitshaltung (z. B. Fleiß, Sorgfalt), zur Selbstständigkeit (z. B. Eigeninitiative, Verantwortungsbereitschaft) und zur Zusammenarbeit (z. B. Hilfsbereitschaft, Fairness) in der Klassen- und Schulgemeinschaft. (2) Das Verhalten und die Mitarbeit der Schüler werden mit folgenden Noten bewertet: [...] 1. Die Note »sehr gut« soll erteilt werden, wenn das Verhalten bzw. die Mitarbeit des Schülers besondere Anerkennung verdienen. 2. Die Note »gut« soll erteilt werden, wenn das Verhalten bzw. die Mitarbeit des Schülers den an ihn zu stellenden Erwartungen entspricht. 3. Die Note »befriedigend« soll erteilt werden, wenn das Verhalten bzw. die Mitarbeit des Schülers den an ihn zu stellenden Erwartungen im ganzen ohne wesentliche Einschränkung entspricht. 4. Die Note »unbefriedigend« soll erteilt werden, wenn das Verhalten bzw. die Mitarbeit des Schülers den an ihn zu stellenden Erwartungen nicht entspricht. Verhalten bezeichnet sowohl das Betragen im allgemeinen als auch die Fähigkeit und tätige Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Mitarbeit bezieht sich vor allem auf den Arbeitswillen, der sich in Beiträgen zu den selbständig oder gemeinsam mit anderen zu lösenden Aufgaben äußert. [...] (5) Die allgemeine Beurteilung, die Noten für Verhalten und Mitarbeit und die Bemerkungen werden als Teil des Zeugnisses gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 Konferenzordnung von der Klassenkonferenz bzw. der Jahrgangsstufenkonferenz beraten und beschlossen; der Klassenlehrer hat für die allgemeine Beurteilung einen Vorschlag zu machen. Neben diesem Gesetzestext, der nur eine sehr grobe und unkonkrete Formulierung dessen darstellt, was unter einem guten Verhalten oder einer guten Mitarbeit zu verstehen ist, gibt es einen Muster-Entwurf als Anlage zur Gewinnung der Verhaltensund Mitarbeitsnoten (siehe Anlage zur NVO, Kapitel J. 5. 4). Dort findet man unter Verhaltensformen folgende Tabelle bzgl. guten bzw. schlechten Verhaltens:

4