Automatisierte Preiserhebung im Internet - Statistisches Bundesamt

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PREISE

Dipl.-Finanz- und Wirtschaftsmathematikerin Karola Brunner

Automatisierte Preiserhebung im Internet Der Internethandel hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Nach der Geschäftstypengewichtung1 des Verbraucherpreisindex für das Basisjahr 2010 beträgt der Anteil von Internet- und Versandhandel 5,1 %, bezogen auf die Gesamtheit aller Waren und Dienstleistungen. Für einzelne Güterbereiche fällt dieser Anteil deutlich höher aus.2 Dementsprechend werden für die relevanten Güterbereiche Preise zunehmend im Internet erhoben. Darüber hinaus haben mittlerweile alle großen Einzelhandelsunternehmen Onlineshops und bieten dort Güter oft zu denselben Preisen an wie in den örtlichen Filialen. Der Anteil der Güter, für die Preise im Internet erhoben werden könnten, ist daher als weitaus höher einzuschätzen als der reine Anteil aus der Geschäftstypengewichtung.

Automatisierte Preiserhebung als Teil der Multifunktionalen Preisstatistik Seit einigen Jahren werden vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) unter dem Oberbegriff „Multifunktionale Verbraucherpreisstatistik“ Projekte unterstützt, die eine Modernisierung der Preisstatistik zum Ziel haben. Zum einen soll untersucht werden, ob und inwieweit eine gemeinsame Erhebung und Datennutzung für die verschiedenen Verbraucherpreisstatistiken (Verbraucherpreisindex, Kaufkraftparitäten) möglich ist, ohne die Datenqualität zu mindern. Zum anderen sollen moderne Methoden der 1 Siehe Sandhop, K.: „Geschäftstypengewichtung im Verbraucherpreisindex“ in WiSta 3/2012, Seite 266 ff. 2 Insbesondere für Bekleidung und Schuhe (20,9 %), für Einrichtungsgegenstände (Möbel), Geräte und Ausrüstungen für den Haushalt (13,3 %) und für Freizeit, Unterhaltung und Kultur (11,1 %).

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Datenerhebung auf ihre Eignung für Zwecke der Preisstatistik getestet werden. Dazu gehören der Einsatz von mobilen Erfassungsgeräten bei der Preiserhebung in Geschäften, die Nutzung von Scannerdaten und der Einsatz von automatisierten Verfahren zur Datenerhebung aus dem Internet (sogenanntes Web Scraping). Das Statistische Bundesamt führt seit Anfang 2012 eine Machbarkeitsstudie zur automatisierten Preiserhebung im Internet durch. Zum einen werden die technischen Möglichkeiten zum automatisierten Abruf von Preisdaten im Internet untersucht, zum anderen wird geprüft, ob die Daten für Zwecke der Preisstatistik verwendbar sind. Mit einer automatisierten Preiserhebung soll zum einen der Aufwand der Preiserhebungen reduziert werden, zum anderen soll die Qualität verbessert werden. Übertragungsfehler werden durch das Verfahren reduziert und die Stichproben können – soweit erforderlich – mit sehr geringem Zusatzaufwand ausgeweitet werden. Insbesondere bei den monatlichen Preiserhebungen des Verbraucherpreisindex wird erwartet, dass der zeitliche Aufwand abnimmt. In den Statistischen Ämtern Italiens und der Niederlande werden ebenfalls Projekte zur automatisierten Preiserhebung im Internet durchgeführt. Die dort verfolgten Ansätze unterscheiden sich jedoch voneinander. Das Statistikamt der Niederlande (CBS) hat in diesem Bereich mit ersten Tests zum Thema Flüge begonnen.3 Mittlerweile wird bei CBS die Arbeit vorwiegend in zwei Bereichen vorangetrieben: Zum einen gibt es Tests mit Massendaten auf einzel 3 Siehe Hoekstra, R./ten Bosch, O./Harteveld, F.: “Automated data collection from web sources for official statistics: First experiences”, Statistical Journal of the IAOS 28.3-4 (2012), Seite 99 ff.

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nen Webseiten ohne eine feste Stichprobe, zum anderen wird ein Programm entwickelt, welches die manuelle Arbeit bei der Preiserhebung im Internet vereinfacht. Dazu können Preiserheber ihre Stichprobe im Programm nachbilden und Preis- und Merkmalsänderungen angezeigt bekommen. Das Statistikamt Italiens (Istat) verfolgt einen Ansatz mit fester Stichprobe, der mit dem in diesem Artikel beschriebenen Verfahren vergleichbar ist. Zwischen den Statistischen Ämtern findet regelmäßig ein Erfahrungsaustausch statt, bei dem es sowohl um technische als auch um fachliche und organisatorische Fragen geht.

Preiserhebung im Internet Daten aus dem Internet werden bereits seit einiger Zeit in der Verbraucherpreisstatistik (Verbraucherpreisindex, Kaufkraftparitäten) verwendet. Die Webseiten werden üblicherweise von den Preisermittlern manuell aufgerufen und die Preise und Metadaten von Hand in Dateien oder Datenbanken übertragen. Ziel des Projektes ist es, zu untersuchen, ob diese Preiserhebungen unter Einsatz von Web-ScrapingTechniken automatisiert durchgeführt werden können. Beim Web Scraping werden Webseiten automatisch aufgerufen und zuvor definierte Daten extrahiert. Die Zeitpunkte, zu denen Daten extrahiert werden, sind vorab festgelegt. Die Eignung solcher Verfahren für die verschiedenen Verbraucherpreisstatistiken hängt dabei entscheidend davon ab, in welchen Abständen die Preiserhebungen stattfinden und inwieweit eine Konstanz der zu erhebenden Daten gegeben ist. Die Preiserhebungen für den Verbraucherpreisindex erfolgen monatlich und Preise für ein bestimmtes Produkt werden so lange erhoben, bis das Produkt an Marktbedeutung verliert oder ganz vom Markt verschwindet. In diesen Fällen wird ein Produktwechsel durchgeführt, das heißt der Preisermittler wählt ein Ersatzprodukt und führt gegebenenfalls eine Qualitätsbereinigung durch. Mit Ausnahme dieser Produktwechsel scheinen sich die Preiserhebungen für den Verbraucherpreisindex somit grundsätzlich für den Einsatz von automatisierten Verfahren zu eignen. Für die Berechnung von Kaufkraftparitäten finden die Preiserhebungen für einzelne Güterbereiche zeitversetzt alle drei Jahre statt. Es gibt daher keine Konstanz wie beim Verbraucherpreisindex, da die Produkte aufgrund der notwendigen zwischenörtlichen Vergleichbarkeit sehr detailliert spezifiziert sein müssen und für viele Produkte nach drei Jahren Änderungen der Spezifikationen auftreten können. Der Einsatz automatisierter Verfahren erscheint daher für die Kaufkraftparitäten nur für besonders umfangreiche Preis­erhebungen sinnvoll, die über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden müssen (zum Beispiel für Flugreisen). Wie bereits im vorigen Abschnitt erläutert, gibt es verschiedene Ansätze für eine automatisierte Preiserhebung im Internet. Bei der Machbarkeitsstudie im Statistischen Bundesamt wird der Ansatz verfolgt, die bisherigen manuellen Preiserhebungen zu imitieren. Die Schritte, die aktuell von einem Preiserheber durchgeführt werden, werden im Programm weitestgehend nachgebildet. Die bisher verwendeten Stichproben werden für die automatisierte Preis-

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erhebung übernommen und in einigen Fällen erweitert. Preisbestimmende Merkmale der Produkte werden, falls nötig, so aufbereitet, dass sie von einem Programm überprüft werden können. Zum Beispiel sollen für die Erhebung von Hotelpreisen für Kaufkraftparitäten zentral gelegene Hotels erfasst werden. Die Vorgabe wird erfüllt, indem ein Radius zum Zentrum festgelegt wird. Im Gegensatz zur abstrakten Vorgabe „zentral“ kann der Radius vom Programm überprüft werden. Um sinnvolle Ergebnisse zu erzielen, müssen für die Parametrisierung solcher weichen Kriterien zunächst Erfahrungen gesammelt werden. In der Machbarkeitsstudie wurde für folgende Preiserhebungen eine Automatisierung getestet: Flüge, Hotels, Versandhandel (vorwiegend Bekleidung und Schuhe), Versandapotheken, Mietwagen, Bahn und Städtereisen. Dabei werden automatisiert Preise und Produktmerkmale im Internet erhoben und geprüft. Änderungen an preisbestimmenden Merkmalen müssen bei der Berechnung des Verbraucherpreisindex berücksichtigt werden und sind dementsprechend auch von einem automatisierten Verfahren zu erfassen. Bei den Kaufkraftparitäten gibt es eng gefasste Vorgaben für die Ausprägungen der preisbestimmenden Merkmale, die eingehalten werden müssen. Bei den bisher getesteten Erhebungen wurden sowohl Preise für Waren als auch Preise für Dienstleistungen betrachtet. Preiserhebungen für Dienstleistungen sind aufwendiger zu automatisieren als für Waren, da die Navigation auf den Webseiten komplexer ist und alle Schritte in die Automatisierung einbezogen werden müssen. Die Auswertung von preisbestimmenden Merkmalen unterscheidet sich abhängig vom Anbieter in ihrer Komplexität. Bei der Erhebung von Hotelpreisen ist es beispielsweise bei einem Anbieter relativ einfach, Konditionen zur Bezahlung und Stornierung auszuwerten, da diese immer an der gleichen Stelle und mit dem gleichen Wortlaut angegeben sind. Bei anderen Anbietern sind die Informationen nicht systematisch abgelegt, dadurch gestaltet sich die Auswertung schwierig oder ist nicht möglich.

Verwendete Software Bei der Auswahl der Software war ein wesentliches Kriterium, dass sie einfach zu bedienen ist. Die Wahl fiel auf das Web-Scraping-Tool iMacros. Die Software ähnelt einem gewöhnlichen Browser mit dem Unterschied, dass während der Navigation auf Webseiten die einzelnen Schritte aufgezeichnet werden können. Das Ausfüllen von Formularen und Suchmasken kann ebenso aufgezeichnet werden wie die Navigation auf der Webseite. Außerdem ist es möglich, Bereiche der Webseite festzulegen, die extrahiert werden sollen. Der hierdurch generierte Programmcode kann nachträglich bearbeitet werden, es besteht immer ein Bezug zur HTMLStruktur der Webseite. Zur Identifikation von bestimmten Teilen der Webseite können sowohl Elemente als auch Attribute des HTML-Dokuments verwendet werden. Ebenso ist es möglich, Texte innerhalb der Webseite zur Identifikation einzubeziehen. Beim Aufzeichnen erfolgt die Auswahl der Referenz automatisch, die zur Identifikation verwendeten Elemente, Attribute oder Texte können jedoch auch gezielt festgelegt werden, indem der Code nachträglich bearbeitet

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wird. Angaben über das jeweilige Produkt können in den Code mithilfe von Variablen einbezogen werden. Abhängig von den Produkten ist es bei Preiserhebungen nötig, eine Auswahl zu treffen oder eine bestimmte Logik einzuhalten. Für eine automatisierte Preiserhebung reicht es nicht immer, die Produkte anhand einer Liste aufzurufen und den Preis zu extrahieren. Zum Teil kann es notwendig sein, produktspezifische Merkmale bei der Auswahl des Preises zu berücksichtigen. Beispielsweise gibt es für die Erhebung von Hotelpreisen für die Berechnung von Kaufkraftparitäten die Vorgabe, dass eine kostenlose Stornierung möglich ist und die Preise das Frühstück umfassen. Konkret bedeutet dies, auf der Webseite muss der Preis anhand dieser Merkmale selektiert werden. Das Programm soll die Daten prüfen und Entscheidungen treffen. Komplexe Vorgaben, wie die eben beschriebenen, sind bei ausschließlicher Verwendung von iMacros ohne den Einsatz weiterer Software nicht umsetzbar.

mit dem relevanten Preis angezeigt wird. Ist die Navigation bis zur Seite, auf der die Produktdaten angezeigt werden, abgeschlossen, werden zuvor definierte Produktmerkmale und der Preis extrahiert. Die Daten werden bereinigt (zum Beispiel um unterschiedliche Formate) und teilweise erfolgt eine erste Plausibilisierung. Das Ergebnis wird anschließend in der Datenbank gespeichert. Schaubild 1 Schema der automatisierten Preiserhebung im Internet

Erhebungsvorgaben

Java "Preiserheber"

Erhobene Daten

Datenbank

Datenbank

iMacros Web-Scraping-Tool

Es ist jedoch möglich, iMacros über eine COM-Schnittstelle4 zu steuern und hierfür eine geeignete Programmiersprache zu verwenden. Für die Machbarkeitsstudie zur automatisierten Preiserhebung im Internet wird Java für die Steuerung des Ablaufs und den Aufruf von iMacros eingesetzt. Java übernimmt die komplette Steuerung der Abläufe sowie das Lesen und Speichern von Daten in eine Datenbank. Java nimmt somit bildlich gesprochen die Rolle des Preiserhebers ein. Sämtliche Regeln, die bei einer Preiserhebung zu beachten sind, müssen vorab definiert werden. Die Intuition des Preiserhebers geht bei einer automatisierten Erhebung verloren. Regeln, die nicht explizit vorgegeben wurden, können somit nicht befolgt werden. Hieraus entstehen Nachteile, wenn Inhalte der Webseite geändert werden, die einem Preiserheber beim Abruf der Seite auffallen, vom Programm jedoch nicht geprüft werden. Solche Änderungen können zur Erhebung falscher Daten oder zu Lücken im Daten­material führen. Andererseits kann ein Vorgehen nach festen Regeln auch ein Vorteil sein, wenn bei einem Preis­erheber persönliche Präferenzen bei der Auswahl von Produkten eine Rolle spielen würden. Ein Programm hält sich strikt an die Vorgaben. Bei einer manuellen Preiserhebung kann es eher passieren, dass Details nicht berücksichtigt werden oder Flüchtigkeitsfehler passieren, besonders wenn es sich um komplexe Vorgaben handelt. Um eine Webseite aufzurufen, wird iMacros über eine COM-Schnittstelle gestartet und die Befehle zur Steuerung der Webseite erfolgen ebenfalls über diese Schnittstelle. Sind Formulare oder Suchmasken auszufüllen, werden die benötigten Daten aus einer Datenbank abgerufen und über Variablen an iMacros übergeben. Die extrahierten Daten werden dem Java-Programm ebenfalls über eine Schnittstelle von iMacros zur Verfügung gestellt, im Programm ausgewertet und sie bestimmen gegebenenfalls den weiteren Ablauf. Sollen beispielsweise Preise für ein zentral gelegenes Hotel ermittelt werden, so wird mithilfe von iMacros eine Liste der Hotels und die Entfernung zum Zentrum von der Webseite extrahiert. Im Programm werden anschließend alle Hotels verworfen, die eine zuvor festgelegte Entfernung überschreiten. Abhängig von der Erhebung können mehrere Schritte nötig sein, bis das Produkt 4 Siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Component_Object_Model.

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Webseiten

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Die Programme werden individuell auf die einzelnen Webseiten abgestimmt. Für jede Webseite, auf der Preise automatisiert ermittelt werden, entsteht folglich ein bestimmter Aufwand. Werden Preise für eine Gütergruppe auf mehreren Webseiten erhoben, so steigt der Aufwand jedoch nicht proportional zur Anzahl der Webseiten. Die Schritte sind nur teilweise von der einzelnen Webseite abhängig. Die von der Webseite unabhängigen Schritte können für eine Erhebung wiederverwendet werden, die von der Webseite abhängigen Schritte sind jeweils neu zu erstellen. In der Programmierung wird dies mithilfe von Vererbung und Abstraktion realisiert. Beim Einsatz von Web Scraping ist immer mit einem Folgeaufwand zu rechnen, wenn es Änderungen an der Struktur der Webseite gibt. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass dieser Folgeaufwand im Vergleich zur erstmaligen Entwicklung der Automatisierung nur gering ist.

Rechtliche Situation Im Rahmen der Machbarkeitsstudie wurde auch geprüft, ob rechtliche Bedenken gegenüber dem Einsatz von Web Scraping bestehen. In Deutschland sind Werke grundsätzlich durch das Urheberrecht geschützt. Bei Urheberrechtsverletzungen im Internet geht es häufig um Musik, Filme oder Texte. Bei Preiserhebungen werden Produktmerkmale und Preise aus dem Internet kopiert, es handelt sich hierbei um Fakten und nicht um Werke, sodass kein geistiges Eigentum verletzt wird.5 Diese Fakten selbst unterliegen nicht dem Urheberrecht, jedoch wäre es möglich, dass das Recht auf eine geschützte Datenbank (§ 87b Urheberrechtsgesetz6) 5 Siehe Sonntag, M.: „Zur Urheberrechtlichen Zulässigkeit von Screen Scraping“ in Schweighofer, E./Kummer, F. (Herausgeber): „Europäische Projektkultur als Beitrag zur Rationalisierung des Rechts“, Wien 2011. 6 Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 9. September 1965 (BGBl. I Seite 1273), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 1. Oktober 2013 (BGBl. I Seite 3728).

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verletzt wird. Es existieren einige Fälle, in denen von den Betreibern der betroffenen Webseiten gegen die Anwendung von Web Scraping durch kommerzielle Nutzer geklagt wurde. In einem Fall7 wurden die Flugdaten und Preise bei einer Fluggesellschaft mittels Web Scraping ausgelesen und auf einer anderen Webseite angeboten, die Flugtickets wurden auf Anforderung der Kunden erworben und direkt weiterverkauft. Der Klage wurde in diesem Fall stattgegeben. Eine solche Konstellation ist im Rahmen der Preisstatistik nicht gegeben, daher ist dieses Urteil für die Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des Einsatzes von Web Scraping für die Durchführung von Preiserhebungen nicht relevant. In drei Fällen handelte es sich bei den Klägern um Onlineportale beziehungsweise Drittanbieter (zwei Fluggesellschaften und eine Automobil-Onlinebörse). In diesen drei Fällen wurden die ausgelesenen Daten für Flugreisen beziehungsweise Automobile verwendet, um auf eigenen Webseiten die jeweils günstigsten Angebote ermitteln zu können. Ein Erwerb und Weiterverkauf fand nicht statt.8 In den relevanten Fällen wurde ein Verstoß gegen § 87b Urheberrechtsgesetz geprüft. § 87b Rechte des Datenbankherstellers (1) Der Datenbankhersteller hat das ausschließliche Recht, die Datenbank insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe eines nach Art oder Umfang wesentlichen Teils der Datenbank steht die wiederholte und systematische Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe von nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen der Datenbank gleich, sofern diese Handlungen einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufen oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen. In den Urteilen wird zwischen zwei Fällen unterschieden, je nachdem, ob ein wesentlicher Teil der Datenbank vervielfältigt wird oder ein unwesentlicher Teil. Bei der automatisierten Preiserhebung im Internet werden zielgerichtete Abfragen anhand einer Stichprobe durchgeführt. Die Stichprobengrößen sind im Vergleich zur Produktvielfalt der Webseiten klein, sodass hier gemäß Rechtsprechung kein wesentlicher Teil der Datenbank von der Webseite abgerufen wird. Der Abruf eines unwesentlichen Teils der Datenbank kann ebenfalls unrechtmäßig sein, wenn durch die Abfragen insgesamt ein wesentlicher Teil der Datenbank abgerufen wird oder wenn die Auswertung nicht der normalen Nutzung entspricht oder den Betreiber unzumutbar belastet. Auch diese Punkte sind bei der Verwendung von Web Scraping für die Preiserhebung nicht gegeben. Durch die Vorgabe einer Stichprobe, die über einen längeren Zeitraum möglichst konstant bleibt, wird auch bei wiederholten Abfragen insgesamt kein wesentlicher Teil der Datenbank abgerufen. Im oben genannten Fall, aber auch bei anderen Webseiten, wird eine Nutzung der Webseite durch Web 7 OLG Hamburg 28.5.2009, 3 U 191/08 (LG Hamburg 28.8.2008, 315 O 326/08). 8 OLG Frankfurt 5.3.2009, 6 U 221/08 (LG Frankfurt 24.8.2008, 2/6 O 478/08), Bundesgerichtshof 22.06.2011, ZR 159/10 (OLG Hamburg 16.4.2009, 5 U 101/08, LG Hamburg 13.12.2007, 310 O 407/07), LG Hamburg 1.10.2010, 308 O 162/09.

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Scraping in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen können jedoch nicht einseitig vom Betreiber der Webseite abgeschlossen werden. Nur wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen explizit akzeptiert werden müssen oder auf andere Weise ein Nutzungsvertrag geschlossen wird, sind die Vorgaben aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einzuhalten. Bei den bisherigen Erhebungen war eine Bestätigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bisher nicht notwendig. Das Umgehen technischer Hürden ist als problematisch anzusehen (zum Beispiel das Lösen eines Captcha9) und könnte als nicht gewöhnliche Nutzung aufgefasst werden. Bei den bisherigen Tests waren solche Barrieren jedoch nicht vorhanden. Grundsätzlich ist es für die Betreiber der Webseite jederzeit möglich, für die automatisierte Preiserhebung den Zugang zu Informationen auf der Webseite einzuschränken. Aktuell handelt es sich lediglich um eine Machbarkeitsstudie. In dieser werden die technischen Möglichkeiten getestet und es werden Erfahrungen mit dem Verfahren gesammelt, sodass Chancen und Risiken beurteilt werden können. Sofern ein dauerhafter Einsatz von Web Scraping für die Preisstatistik erfolgen soll, müsste geprüft werden, ob die Erlaubnis der Webseitenbetreiber eingeholt werden muss oder eine Rechtsgrundlage zu schaffen ist. Nur dann kann ein dauerhafter Zugang zu den Daten sichergestellt werden.

Ausblick Der weitere Fokus bei der Machbarkeitsstudie zur automatisierten Preiserhebung im Internet liegt auf der möglichen Nutzung der entwickelten Verfahren für die Produktion der Verbraucherpreisstatistiken. Die Anforderungen an die Verfügbarkeit der Daten sowie der Zugriff auf die extrahierten Daten für die jeweiligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bisher nicht in ausreichendem Maße gegeben.10 Diese Punkte sollen in Zukunft optimiert werden. Änderungen an Webseiten können zu Ausfällen der zu erhebenden Daten führen. Hier soll zum einen ein gezieltes Monitoring der Änderungen erfolgen, außerdem soll ein Konzept zum Umgang mit solchen technisch bedingten Ausfällen erstellt werden. Bisher liegen noch keine langfristigen Erfahrungen dazu vor, wie stabil das Verfahren ist. Auch fehlen langfristige Informationen zum Folgeaufwand nach WebseitenÄnderungen. Es sind weitere Erfahrungen nötig, um die Praxistauglichkeit und Wirtschaftlichkeit beim Einsatz von Web Scraping für Preiserhebungen abschließend zu beurteilen.

9 Captcha ist die Abkürzung für Completely Automated Public Turing-Test to tell Computers and Humans Apart. Captchas werden auf Webseiten eingesetzt, um zu prüfen, ob die Webseite von einem Menschen oder einer Maschine aufgerufen wird. Hierzu wird meist ein Bild mit verzerrt dargestellten Zeichen eingeblendet, diese müssen über die Tastatur in ein dafür vorgesehenes Feld auf der Webseite eingegeben werden. 10 Die Verfahren laufen aus Sicherheitsgründen auf einem Rechner, der nicht mit anderen Arbeitsplatzrechnern vernetzt ist.

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IMPRESSUM

Auszug aus Wirtschaft und Statistik Herausgeber Statistisches Bundesamt, Wiesbaden www.destatis.de Schriftleitung Dieter Sarreither, Vizepräsident des Statistischen Bundesamtes Redaktion: Ellen Römer Telefon: + 49 (0) 6 11 / 75 23 41 Ihr Kontakt zu uns www.destatis.de/kontakt Statistischer Informationsservice Telefon: + 49 (0) 6 11 / 75 24 05

Abkürzungen

Zeichenerklärung

WiSta

= Wirtschaft und Statistik

p

= vorläufige Zahl

MD

= Monatsdurchschnitt

r

= berichtigte Zahl

VjD

= Vierteljahresdurchschnitt

s

= geschätzte Zahl

HjD

= Halbjahresdurchschnitt



= nichts vorhanden

JD

= Jahresdurchschnitt

0

D

= Durchschnitt (bei nicht addierfähigen Größen)

= weniger als die Hälfte von 1 in der letzten besetzten Stelle, jedoch mehr als nichts

.

= Zahlenwert unbekannt oder geheim zu halten

Vj

= Vierteljahr

Hj

= Halbjahr

...

= Angabe fällt später an

a. n. g.

= anderweitig nicht genannt

X

o. a. S.

= ohne ausgeprägten Schwerpunkt

= Tabellenfach gesperrt, weil Aussage nicht sinnvoll

St

= Stück

I oder —

Mill.

= Million

= grundsätzliche Änderung innerhalb einer Reihe, die den zeitlichen Vergleich beeinträchtigt

Mrd.

= Milliarde

/

= keine Angaben, da Zahlenwert nicht sicher genug

()

= Aussagewert eingeschränkt, da der Zahlenwert statistisch relativ unsicher ist

Abweichungen in den Summen ergeben sich durch Runden der Zahlen.

© Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2014 Vervielfältigung und Verbreitung, auch auszugsweise, mit Quellenangabe gestattet.