HINTERGRUND 3

DONNERST A G, 10 . MÄ RZ 20 16

Bundesheer würde gerne

aufrüsten

Sollte das Kanzleramt mehr Personal und das Finanzministerium mehr Geld zur Verfügung stellen, wüsste das Heer, wie es in mehr Sicherheit investieren würde. Ob das wirklich passiert? ALEXANDER PURGER

GRAFIK: SN/APA, QUELLE: APA/BMLVS

WIEN. Die Lagebeurteilung des Generalstabschefs lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. „Wer noch nicht begriffen hat, dass auf Europa eine ganz massive Bedrohung zukommt, der lebt auf dem Mond“, sagt General Othmar Commenda. Österreich sei dafür nur mangelhaft gerüstet. „Ein Terroranschlag wie in Paris hätte uns nicht passieren dürfen.“ Der Staat hätte keine ausreichenden Mittel gehabt, um darauf zu reagieren. Schon jetzt sei das Bundesheer mit dem Grenzeinsatz von 1500 Mann und den Auslandseinsätzen von rund 1000 Mann an seiner Kapazitätsgrenze angelangt. Sollte noch ein EU-Kampfeinsatz dazukommen, zu dem sich Österreich im „Battle Group“-Konzept an sich verpflichtet hat, könnte das Bundesheer das gar nicht mehr leisten, gesteht der Generalstabschef. Auch der neue Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) wirkt rund 50 Tage nach seiner Angelobung leicht geschockt: „Was ist bei einem Terrorangriff? Was ist, wenn der Ukraine- oder der Nahost-Konflikt eskalieren? Was ist, BILD: SN/ wenn es weiterhin keine Gesamtlö- Ein eisiger Wind blies dem Bundesheer bisher budgetär entgegen. Nun wird über eine Budgetaufstockung verhandelt. sung für die Flüchtlingsproblematik gibt?“, fragt er. Seine Antwort: „Wir Bundesheer werden mehr Geld brauchen.“ ber wieder attraktiver wird. Auch freiwilligen Miliz bleiben. An die Das ist keine Neuigkeit, aber im- die Zahl der Grundwehrdiener soll Wiedereinführung verpflichtender Wie reagieren Soldaten? merhin wird zwischen Verteidi- wieder erhöht werden. Milizübungen und eine Verlängegungs- und Finanzministerium nun rung des Grundwehrdienstes ist verhandelt. Finanzminister Hans Dezentralisierung: Die Militärkom- nicht gedacht. Das Interesse am österreichischen Lukas G. ist Zugsführer beim Jörg Schelling (ÖVP) hat zwar be- manden in den Bundesländern, die Bundesheer habe in den vergangePanzergrenadierbataillon 35 in reits erklärt, dass er zu keiner Er- in den vergangenen Jahren als Aus- Kasernen behalten: Doskozil hat der Jansa-Kaserne in Großmittel. nen Monaten generell zugenomhöhung des Wehrbudgets bereit ist. laufmodelle galten, sollen wieder die Kasernenverkäufe in Tamsweg, men, berichtet Pressesprecher Die Höhen und Tiefen des HeeAber Schellings Meinung ist, wie aufgewertet werden. Man habe Horn, Freistadt, Lienz und Bleiburg Oberst Michael Bauer. Viele Rekrures in den vergangenen Jahren man zuletzt schon mehrfach gese- beim Grenzeinsatz gemerkt, dass gestoppt. Und zwar so lange, bis hat er voll miterlebt. Derzeit wer- ten würden sich derzeit für eine hen hat, nicht unbedingt die maß- eine dezentrale Führung in der Re- Klarheit über das künftige AusseVerlängerung des Grundwehrde das Heer viel positiver wahrgebliche in der Koalition. gion nötig sei, um rasch und wirk- hen des Heeres und seinen Raumdienstes interessieren, um im genommen als noch vor einem Doskozil und Commenda haben sam auf Krisen reagieren zu kön- bedarf herrscht. Der Teilverkauf Grenzeinsatz tätig zu sein. Von den Jahr, als über Sparkonzepte gejedenfalls bereits ein Grobkonzept nen, sagt Commenda. Die Militär- der Schwarzenbergkaserne in sprochen wurde und darüber, ob 2700 Abrüstern des vergangenen erarbeitet, wie sie in die Sicherheit kommanden sollen daher von Wals-Siezenheim ist von dem Verman die Armee überhaupt brau- Jahrgangs hätten sich 400 weiterinvestieren würden, wenn es mehr Verwaltungseinheiten wieder zu kaufsstopp nicht betroffen. verpflichtet. Ein Beispiel dafür ist che. „Das Interesse an dem, was Geld gäbe. Die wichtigsten Punkte: militärischen Führungsstäben umdas knapp 200-köpfige Jägerbatailwir machen, ist deutlich gestieAufrüstung: Schließlich wollen gebaut werden. lon 18 in St. Michael. 74 Rekruten, gen. Selbst die, die gesagt haMehr Einsatzkräfte: Die Zahl der Doskozil und Commenda in die darunter zwei Frauen, haben sich ben, dass man uns nicht mehr rasch verfügbaren Zeit- und Berufs- Miliz aufwerten: Um personelle Re- Rüstung investieren. Konkret nenfür die Miliz gemeldet – um für den braucht, sind nun froh, dass es soldaten soll von derzeit 2200 in serven aufzubauen, möchte Dosko- nen sie den Ankauf von Drohnen. Assistenzeinsatz des Bundesheeres uns gibt“, erzählt er. einem ersten Schritt auf 2500 und zil in den Wiederaufbau der Miliz an der Grenze zur Verfügung zu Aber das sei auch früher imlangfristig auf 6000 erhöht werden. investieren. Sie soll in puncto MobiAlles das, so betonen Minister stehen. Das macht sich auch finanmer wieder der Fall gewesen. Das soll die Durchhaltefähigkeit des lität und Ausrüstung deutlich bes- wie Generalstabschef, ist aber Zuziell bemerkbar. Mit der EinsatzpräWenn das Heer benötigt wurde, Bundesheeres erhöhen. Vorausset- sere Rahmenbedingungen bekom- kunftsmusik. Ohne grünes Licht etwa bei einem Hochwasserein- mie kommt ein Gefreiter auf ein zung ist, dass das Heer als Arbeitge- men. Allerdings soll es bei einer des Finanzministeriums und des satz, dann seien die Leute dank- Bruttomonatsgehalt von 2770 Euro. Kanzleramts, das für das Personal bar gewesen, sagt der Soldat. Er zuständig ist, geht gar nichts. Um Trotz dieses Trends wird der Zivilselbst sei zum Heer gegangen, die entscheidenden Herren gnädig dienst als Ersatzdienst zum Heer in damit er für Leute einstehe, die zu stimmen, will das VerteidigungsÖsterreich immer beliebter. Im Jahr Hilfe brauchten. ministerium demonstrativ bei sich 2015 wurden 14.431 Männer als Zivilselbst sparen. Eine bereits 2015 eindiener den Trägerorganisationen Dass die Heeresangehörigen geleitete Ministeriumsreform soll derzeit ein wenig beunruhigt sei- zugewiesen. Größte Dienstgeber eine Sektion einsparen. Auch die sind unverändert das Rote Kreuz en, sei klar. Derzeit wisse man Ebene der Kommanden, Ämter und nicht, ob und wann man im Som- und der Arbeiter-Samariterbund. Schulen wird reformiert. So wird Ebenfalls stark sind die Johanniter, mer auf Urlaub gehen könne, das erst 2006 geschaffene Streitdie Lebenshilfe,die Caritas, die Diaweil man ja zum Grenzeinsatz kräfteführungskommando aufgeabkommandiert werden könnte. konie und die Feuerwehren. Die löst und der alte Zustand mit einem Zahl der Präsenzdiener liegt nur Die kommenden Jahre werden Land- und einem Luftstreitkräftenoch um knapp 5000 über der der aber, in ganz Europa, unruhiger kommando wiederhergestellt. alf Zivildiener. werden als die vergangenen.