ARD-Nachrichtenstudio

Das neue ARD-Nachrichtenstudio in Hamburg. Remote ... Hamburg brachte für »Tagesschau« und »Tagesthemen« ...... meraleute waren auf Handsfree-Seg-.
5MB Größe 78 Downloads 736 Ansichten
Sonderheft

Broadcast www.film-tv-video.de

3/2014

Im Überblick: Das neue ARD-Nachrichtenstudio in Hamburg Remote Production bei der Gamescom in Köln Produktion der Fußball-WM in Brasilien Leichtathletik-EM in Zürich Live-Opernübertragung aus Verona

GY-HM850 & GY-HM890 Camcorder

FIRST ON-AIR, FIRST ONLINE SEIEN SIE SCHNELLER ALS DIE ANDEREN

Die neueste JVC Camcorder Generation begeistert mit Aufnahme-Bitraten von bis zu 50Mbps, Multi-Codecs sowie erweiterten Netzwerkfunktionen. „

Aufzeichnungsmöglichkeit bis zu 1080p50 mit H.264/50 Mbit

„

Multi Codec MOV/MP4/MXF/AVCHD in unterschiedl. wählbaren Bitraten

„

Große Auswahl an HD, SD und Web-Formaten

„

Dual Encoding - bis zu zwei Formate gleichzeitig aufnehmen

„

2 Steckplätze für Dual-Backup, kontinuierliche Aufzeichnung

„

Live-Streaming* und Aufzeichnung in der Kamera vollkommen unabhängig

„

Optionale Zixi Fehlerkorrektur- und Cloud-Lösungen für störungsfreie Bildübertragung selbst in schwierigen Situationen

„

FTP-Dateiübertragung, auch während laufender Aufnahme über LTE, W-LAN oder drahtgebundene Netzwerke *UDP, TCP, RTP/RTSP, ZIXI

Weitere Informationen erhalten Sie auf unserer Homepage unter www.jvcpro.de oder auf der IBC in Halle 11, Stand G30.

ftp

GPS

H.264 50Mbps

GY-HM850

GY-HM890

• ENG Schultercamcorder • 50Mbps Aufnahme • Netzwerk Streaming & FTP • 20x Autofokus-Zoom-Objektiv

• Modularer Studio- und ENG Camcorder • Features wie GY-HM850 Camcorder • Pool-Feed Aufnahme und Live-Streaming • Fibre und Multicore Studio Optionen

Neue Technik, Workflows und Märkte

www.film-tv-video.de Die ganze Branche. Online.

Ein ganzes Heft voller Live-Produktionen: Sport in verschiedenen Facetten, Open-Air-Kultur und ein Nachrichtenstudio, das im 24/7-Betrieb genutzt wird. Aber der Reihe nach. Das Jahr 2014 ist reich an großen Sportereignissen: Weite Teile des TV-Übertragungs-Equipments, das bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi eingesetzt wurde, gaben anschließend ein Gastspiel bei der Fußball-WM in Brasilien. Eine Nummer kleiner, aber immer noch ein großes Event, war die Leichtathletik-EM in Zürich. Bei all diesen Veranstaltungen spiegelten sich technische und organisatorische Trends und Entwicklungen der TV-Welt, die man auch in anderen Segmenten der Branche wiederfindet – etwa in einem neuen Feld der Live-Produktion, das TV Skyline bedient: E-Sports-Turniere. Sowohl bei der WM in Brasilien, wie bei den E-Sports-Events wurden Remote-Production-Workflows genutzt. ARD und ZDF setzten bei der Fußball-WM in Brasilien für die Produktion auf der gemeinsamen Modera­ tionsplattform an der Copacabana keinen Ü-Wagen direkt vor Ort ein. Stattdessen war das gesamte Studio im Remote-Production-Modus mit umfangreicher Lawound Vidi-Technik per Glasfaser an die Hauptsenderegie im 35 km entfernten International Broadcast Center (IBC) angebunden. Der Mainzer TV-Dienstleister TV Skyline realisierte für den US-Game-Hersteller Riot Games einen Produktions-Workflow, bei dem E-Sports-Turniere, also Online-Computerspiele, in Europa aufgezeichnet und in den USA fertig produziert und ins Internet gestreamt werden. Neue Workflows gibt es aber nicht nur in der mobilen Produktion. Der neue Nachrichtenkomplex der ARD in Hamburg brachte für »Tagesschau« und »Tagesthemen« nicht nur einen neuen Look und neue Studiotechnik: Hier haben die Macher versucht, möglichst viel neue Technik so zu integrieren, dass die Redakteure damit schnell und vor allem intuitiv arbeiten können. Dabei mussten etliche Hürden genommen werden, die das Projekt aber im Rückblick um so interessanter machen. So unterschiedlich all diese Projekte sind, zeigen sie doch, dass die Entwicklung im Bereich Live-Produktion ungebremst weitergeht. Sie werden sehen. Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller

Inhalt Site-Report: ARD-Nachrichtenstudio ......... 4 Live-Opernübertragung aus Verona ......... 16 Produktion der Fußball-WM Brasilien ...... 20 Report: Leichtathletik-EM Zürich ............. 29 Remote Production bei der Gamescom ... 34 Impressum ................................................... 38

Seite 3 | www.film-tv-video.de

Aus dem neuen Studio von ARD-aktuell werden täglich bis zu 20 »Tagesschau«-Ausgaben, sowie »Tagesthemen«, »Nachtmagazin« und »Wochenspiegel im Ersten« gesendet, außerdem ist »Tagesschau24« wochentags elf Stunden lang mit der »Tagesschau im Viertelstundentakt« präsent, am Wochenende sechs Stunden lang.

Site-Report: Zentrales ARD-Nachrichtenstudio in Hamburg

Für die unterschiedlich großen Sprecher gibt es Presets, so dass die Größenverhältnisse für den Zuschauer immer ähnlich aussehen – unabhängig von der tatsächlichen Größe des Moderators.

ARD-Nachrichtenstudio: Grande Dame – modernisiert

Seit Ostersamstag 2014 werden die Nachrichtensendungen der ARD aus einem komplett neuen Nachrichtenstudio gesendet. Anfangs wurde viel über den neuen Look, die Kosten des damit verbundenen Modernisierungsprojekts und die Verzögerungen bei der Umsetzung gesprochen. Mittlerweile haben sich die Zuschauer längst an die geänderte Präsentationsform der Nachrichtensendungen gewöhnt. Zeit also, einen unvorbelasteten Blick auf die Technik zu werfen, die hier zum Tragen kommt. film-tv-video.de war vor Ort und hat mit den Technik-Verantwortlichen gesprochen. Autoren: Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller Fotos: NDR, NDR/Thorsten Jander, Nonkonform

Die »Tagesschau« gibt es seit nunmehr über 60 Jahren, und diese tägliche Nachrichtensendung kann man getrost als »Grande Dame« der deutschen Nachrichtensendungen bezeichnen: Sie gilt nach wie vor als Institution im Nachrichten-Business und als Hort zuverlässiger und seriöser Berichterstattung. Auch die »Tagesthemen« gehören unverändert zu den »Fixsternen« sehr vieler deutscher Fernsehzuschauer. Man ist jedoch heutzutage flexibler, wann und wo man diese Nachrichten anschaut – dank des On-Demand-Angebotes, etwa in Form der App. Bei Sendungen mit so starker Publikumsbindung, wie »TagesSeite 4 | www.film-tv-video.de

schau« und »Tagesthemen« sie haben, wird natürlich jede Veränderung besonders kritisch beäugt – und wenn dann beim Einbau eines neuen Studios Probleme auftreten und Terminpläne nicht eingehalten werden, sind negative Schlagzeilen vorprogrammiert. Dass die Modernisierung des Looks der ARD-Nachrichtensendungen aber insgesamt gelungen ist, das signalisiert unter anderem auch eine »Stern«-Umfrage vom 29.4.2014: knapp drei Vierteln der Zuschauer gefällt demnach die neue Nachrichten-Präsentation, bei den jungen Zuschauern zwischen 14 bis 29 liegt die Zustimmung noch höher. Vielleicht wäre es tatsächlich schöner gewesen, wenn die Fertigstellung des neuen Studios und der neuen Präsentationsform recht-

zeitig zum 60. Jubiläum der Tagesschau im Dezember 2012 geklappt hätte. Und natürlich sind knapp 24 Millionen Euro Investitionsvolumen viel Geld – besonders aus der Sicht von Außenstehenden. Aber wie eingangs versprochen, geht es in diesem Artikel ohnehin nicht um die Begleitumstände, sondern um die sehr anspruchsvolle Technik dieses Projekts.

Hintergrund Die gemeinsamen Nachrichtensendungen der ARD werden in einem Studio in Hamburg-Lokstedt produziert. Zuständig ist dafür der Bereich ARD-aktuell. Das ist eine Gemeinschaftsredaktion sämtlicher Landesrundfunkanstalten, die neben »Tagesschau« und »Tagesthemen«, das »Nachtmagazin«, die »Tages-

Deshalb sieht man OpenMedia-Oberflächen auch in der Regie an verschiedenen Arbeitsplätzen, wie etwa hier in der Koordination.

Im Audiobereich wird ein Stagetec-Pult genutzt.

Produktionsdirektor Dr. Rombach: »Natürlich ist die große Medienwand die auffälligste Veränderung. Doch dahinter haben wir viele Workflows neu aufgesetzt.«

schau24« und bislang auch den »Wochenspiegel« produziert. ARD-Aktuell ist auf dem Gelände des NDR in Hamburg-Lokstedt untergebracht. Dort sind aktuell rund 300 Mitarbeiter beschäftigt, um die gemeinsamen Nachrichtensendungen der ARD zu produzieren. Mit dem neuen Studio ersetzte ARD-Aktuell das bestehende Nachrichtenstudio, das schon deutlich mehr als zehn Jahre täglicher Nutzung auf dem Buckel hatte. »Wir

haben bei diesem Projekt aber nicht nur das Studio selbst modernisiert, also das, was für den Zuschauer unmittelbar sichtbar ist, sondern auch nahezu die komplette Studiotechnik, also etwa Kameras, Licht, Verkabelung und Mischpulte. Die vollständige, durchgängige Umstellung auf HD und file-basierte Workflows wurde damit umgesetzt«, erläutert Produktionsdirektor Dr. Michael Rombach. Einige Elemente der vorhandenen Infrastruktur konnten modernisiert werden, etwa die Quantel-Server, die ein Update erhielten und deren Kapazität aufgestockt wurde, aber der weit überwiegende Teil der Technik musste ersetzt und neu angeschafft werden. Ob das neue Studio eine gleich lange Laufzeit haben wird, wie das alte, muss sich angesichts des beschleunigten Technologiewandels sicherlich erst noch erweisen, aber

»wir streben in jedem Fall eine Laufzeit von mindestens zehn Jahren an«, sagt Dr. Rombach. Die Gesamtinvestition für das neue Studio beziffert ARD-aktuell mit 23,8 Millionen Euro. Dieses bereits in der frühen Planungsphase festgelegte Budget konnte trotz der zeitlichen Verzögerungen eingehalten werden. In diesem Betrag sind neben der Technik selbst, auch die Wartungsverträge für mehrere Jahre und die Schulungsmaßnahmen für die Mitarbeiter enthalten. Dr. Rombach merkt dazu an, dass dieser Betrag – auch im weltweiten Vergleich – durchaus konkurrenzfähig sei.

Neues Design Was sind die wichtigsten Veränderungen im Look und in der Präsentationsform, die das neue Studio mit sich brachte? Seite 5 | www.film-tv-video.de

... die CCUs/RCPs der Kameras ...

Am Arbeitsplatz des Produktionsingenieurs befinden sich unter anderem ...

Der Vorspann wurde auf der Bildund Tonebene modernisiert. In der vollkommen neuen Studio-Umgebung stehen zwei separate Moderationstische vor einer riesigen, gebogenen Medienwand. Alles ist als reales Studioset ausgeführt, es handelt sich nicht um ein Greenscreen-Studio. Die Medienwand wird von Projektoren mit Bildinhalten beschickt. Die Moderatoren sehen – wenn sie sich umdrehen – darauf die gleichen Bilder wie der Zuschauer zuhause. Bespielt wird die Medienwand mit großen Panoramabildern, Fotos, Grafiken, Videos und Schriften. Produktionsdirektor Dr. Michael Rombach möchte die Erneuerung aber nicht nur auf diese Aspekte reduziert wissen, sondern stellt eine Beziehung zwischen dem sichtbaren Design und den Abläufen dahinter her: »Natürlich ist die große Medienwand die auffälligste Veränderung. Doch dahinter haben wir viele Work-

flows neu aufgesetzt. Das ermöglicht neue Präsentationsformen und eröffnet neue Wege, um Inhalte zu vermitteln. Das Studioset selbst stellt nur einen Ausschnitt des wesentlich größeren Gesamtprojekts dar, das auch im redaktionellen Bereich einen großen Schritt nach vorne gebracht hat. Hier haben wir nun ein eigenes, auf unsere Bedürfnisse abgestimmtes System, das aber zum großen Teil auf den Funktionen aufsetzt, die uns das Redaktionssystem OpenMedia von Annova bietet.«

Projektplanung, Grundlagen Der NDR erteilte im Jahr 2011/12 die Einzelaufträge zur Lieferung und Inbetriebnahme der Systemtechnik. Die Studio-Hamburg-Tochter MCI erhielt dabei den Zuschlag für die Lieferung der bild-, ton- und steuerungstechnischen Einrichtungen. Ein Technik-Team des NDR arbeitete bei der Umsetzung dann eng mit den Ingenieuren von MCI zusammen, um

Von der Hauptregie aus besteht Sichtkontakt ins Studio.

Seite 6 | www.film-tv-video.de

... und die Steuerkonsole für die Robotiksysteme und Fahrstative.

das ambitionierte Projekt zu realisieren. Das Projekt umfasst im wesentlichen ein Studio, eine Hauptregie, von der aus Blickkontakt ins Studio besteht, und eine kleinere Subregie. Zudem gibt es noch einen Off-Sprecherraum und natürlich noch weitere, dem Studio zugeordnete Technikund Geräteräume mit Racks voller Rechner und Processing-Einheiten. Torsten Andresen, Projektleiter bei Studio Hamburg MCI, blickt zurück: »Nach der Auftragserteilung im Juli 2011 ging es direkt in die Planung, die wir im Februar 2012 abschlossen. Dann begannen die baulichen Maßnahmen, die wir im Sommer 2012 beenden konnten. Zu diesem Zeitpunkt war etwa der Ingest schon an ARD-aktuell übergeben. Anschließend erfolgte die stufenweise Inbetriebnahme der Studiotechnik, die

Die hier abgebildeten Objektive und Zubehörteile sind nicht im Lieferumfang enthalten.

Die neue Blackmagic Studio Camera. Mit Glasfaser, Talkback, Tally und einem kolossalen 10-Zoll-Sucher Die Blackmagic Studio Camera ist die weltweit progressivste BroadcastKamera für Live- und Mehrkameraproduktionen! Verpackt in ihr sagenhaft robustes, leichtes Magnesiumgehäuse mit 10-Zoll-Suchermonitor sind ein Akku mit vierstündiger Laufzeit, Talkback, Tally-Anzeigen, phantomgespeiste Mikrofonbuchsen und eingebaute Glasfaser- und SDI-Anschlüsse. Eine völlig autonome Live-Kameralösung auf Broadcast-Niveau! HD-Sucher in voller Größe Die Blackmagic Studio Camera punktet mit dem größten eingebauten Suchermonitor der Welt! Der hochaufgelöste, kolossale 10”-Monitor ist sehr hell und bietet einen enorm breiten Betrachtungswinkel. So sehen Sie Ihre Aufnahmen selbst bei grellem Tageslicht in vortrefflichem Detail! Dieser Sucher der Profiklasse erleichtert die Bildausschnittswahl, Fokussierung, Blendeneinstellung und lässt Sie sogar mitten im On-Air-Betrieb risikofrei Feinabstimmungen vornehmen. Glasfaser- und 6G-SDI-Anschlüsse Koppeln Sie die Blackmagic Studio Camera mit Glasfaserkabel über den integrierten Glasfaseranschluss oder mit regulären BNC-Videokabeln über 6G-SDI an Ihren Live-Produktionsmischer. Die bidirektionalen Videoanschlüsse transportieren HD- bzw. Ultra-HD-Video mit eingebetteten Audio-, Talkback-, Tally- und sogar Kamerafernsteuerungssignalen. Mit preisgünstigen normalen Glasfaserkabeln können Sie Ihre Kameras auch über weite Entfernungen anschließen!

www.blackmagicdesign.com/de

*Der empfohlene Verkaufspreis beinhaltet alle Liefer- und Versandkosten sowie Umsatzsteuer (SRP €1549 SRP €2335)

Talkback und Tally Die integrierte Talkback-Feature der Blackmagic Studio Camera erlaubt den Einsatz gängiger Luftfahrt-Headsets. Das gibt Ihnen bessere Geräuschunterdrückung und mehr Gebrauchskomfort für viel weniger Geld. Die eingebauten Tally-Leuchten zeigen den On-Air-Status der Kamera automatisch an. Cast und Crew sehen auf einen Blick, welche Kamera auf Sendung ist. Talkback- und Tallysignale werden in das an die Kamera zurückgesendete End- oder Vorschaubild eingebettet – die Verlegung separater Kabel entfällt. Micro-Four-Thirds-Objektivanschluss Der aktive Micro-Four-Thirds-Mount ist mit einem immensen Spektrum an Objektiven und Adaptern kompatibel. Benutzen Sie für weniger aufwendige Setups oder fest montierte Kameras Ihre vorhandenen Fotoobjektive oder setzen Sie mittels B4-Bajonett extrem hochwertige ENG-Objektive ein. Mittels Fremdherstelleradaptern können Sie sogar highendige Kinofilm-PL-Optiken verwenden. So einfach lässt sich Ihre Kamera für Produktionen aller Größenordnungen individualisieren!

Blackmagic Studio Camera HD

1859 185

€*

Blackmagic Studio Camera 4K

2805€*

Verschiedene Beleuchtungs-Presets sind in den Bricks hinterlegt, das ...

sich bei einem so großen und komplexen Projekt natürlich über mehrere Monate erstreckt. Zum Herbst 2012 war im Studio die grundlegende technische Betriebsfähigkeit der gelieferten Systeme erreicht.« Ab dann übernahm eine aus NDR-Mitarbeitern zusammengesetzte »On-Air-Gruppe« die Optimierung der technischen Systemkonfiguration und der Workflows.

Als Schaltzentrale für alle Workflows bei Erstellung und Ablauf der ...

... Lichtpult erlaubt aber jederzeit manuelle Korrekturen.

die vorhandene Fläche nutzen und umbauen werden«, erläutert Stefan Rickmann, Projektleiter für die Studio- und Regietechnik. Wie schon im alten Studio, arbeiten auch im neuen Studio keine Kameraleute. Neben automatisierten Stativen kommen im neuen Studio aber auch Kameraroboter zum Einsatz. Nur so lässt sich eine hohe Automatisierung in der Produktion von visuell anspruchsvollen Nachrichtensendungen realisieren. Gleichzeitig sollten aus gestalterischen Gründen möglichst viele Moderationspositionen und kranartige Fahrten im Studio möglich sein. Die Lösung bestand darin, drei Roboterarme, die sich schnell bewegen können, an Schienensystemen mit Linearmotoren unter der Studio­ decke aufzuhängen. Um die Last

Die Gruppe arbeitete vor Ort eng mit einem Expertenteam des Herstellers Orad zusammen, das für die Umsetzung des Designs in das von der Firma gelieferte Echtzeitgrafiksystem verantwortlich war. Bis Ostern 2014 mit dem Sendebetrieb gestartet werden konnte, mussten noch einige Hürden überwunden werden.

Neubau im alten Havariestudio Das neue Studio befindet sich in unmittelbarer Nähe des früheren Nachrichtenstudios. Es wurde in einem bestehenden Gebäude realisiert: im früheren Havariestudio von ARD-aktuell, in dem viele Jahre auch das Programm von »Tagesschau24« produziert wurde. »Ein Neubau auf der grünen Wiese stand nie zur Diskussion. Es war aus verschiedenen Gründen von Anfang an klar, dass wir Seite 8 | www.film-tv-video.de

diese Systeme einzubauen.« Klaus Kluth, Abteilungsleiter Studio Bild und Ton, verdeutlicht mit einem Beispiel, welche Kräfte hierbei wirken könnten: »Wenn sich das System bewegt, kann es im Fehlerfall eine Kraft entwickeln, die mit der eines etwa zwei Tonnen schweren Fahrzeugs vergleichbar ist, das mit 30 Stundenkilometern auf ein Hindernis aufprallt.« Zu Beginn des Umbaus wurde zunächst das alte Studio mit seinen 320 qm Grundfläche komplett entkernt und dann die Tragekonstruktion eingebaut. MCI-Projektleiter Torsten Andresen erklärt, dass diese baulichen Aspekte das Gesamtprojekt beeinflussten. So musste etwa die gesamte Robotik im Studio auf der Basis eines umfangreichen Sicherheitskonzepts durch den TÜV geprüft und abgenommen werden: »Für den TÜV war ein solches Projekt in vielen Fällen ebenfalls Neuland«, so Andresen. Ein Beispiel: Aus TÜV-

... Nachrichtensendungen dient das Redaktionssystem OpenMedia ...

der jeweils rund 500 kg schweren Robotersysteme tragen und die bei den Fahrten auftretenden Kräfte aufnehmen zu können, wurde unter der Studiodecke eine Stahlkonstruktion eingebaut. Stefan Rickmann erläutert: »Ohne diese Stahlkonstruktion wäre es gar nicht möglich gewesen,

... von Annova und das hiermit umgesetzte Brick-Konzept.

Sicht handelt es sich bei einem roboterisierten Nachrichtenstudio um einen »begehbaren Maschinenraum« und es sind entsprechend die dafür geltenden Sicherheitsbestimmungen einzuhalten.

Grundlegende Überlegungen, Brick-Konzept Das On-Air-Design der neuen Tagesschau stand längst fest, bevor die technische Umsetzung des Projekts begann. Es wurde vom ehemaligen Leiter des Teams Strategie und Innovation bei ARD-aktuell, Hans-Georg Grommes, maßgeblich initiiert und entwickelt. Die zentrale Idee des Sets im neuen Nachrichtenstudio bestand darin, nicht eine reale Dekoration vor einer grünen Wand zu haben, wie heutzutage in einer Vielzahl moderner Nachrichtenstudios der Fall. Vielmehr sollten die Moderationspulte vor einer realen Projektionswand stehen, auf der die Moderatoren die gleichen Bilder sehen, wie die Zuschauer zuhause. Dr. Kai Gniffke, Erster Chefredakteur ARD-aktuell, erläutert dazu: »Nachrichten leben von Verlässlichkeit, Sicherheit und Glaubwürdigkeit. Dem folgt die Grundidee des neuen Studios: Alles, was die Zuschauer auf dem Bildschirm sehen, ist real im Studio vorhanden.« »Die von der Redaktion formulierte Grundidee war für die technische Planung eine zentrale Anforderung und Vorgabe, die in den einzelnen Produktionsbereichen etliche innovative Lösungen nach sich zog«, berichtet Wolfgang Kuhlmann, Projektkoordinator für das Gesamtprojekt. »Aber es ging natürlich auch

Vor einer Tafel mit Meilensteinen der Geschichte von ARD-aktuell: Stephan Persdorf, Klaus Kluth, Stefan Rickmann und Wolfgang Kuhlmann. Torsten Andresen, Projektleiter bei Studio Hamburg MCI: »Für den TÜV war ein solches Projekt in vielen Fällen ebenfalls Neuland.«

darum, die bisherigen Abläufe und Arbeitsweisen sehr genau zu untersuchen und bestmöglich neu aufzusetzen.« Klaus Kluth, Abteilungsleiter Studio Bild und Ton, erklärt: »Wir hatten zum einen eine technische Ersatzinvestition für das alte Studio umzusetzen. Zusätzlich gab es aber auch ein komplettes Re-Design und dann auch noch die Änderung aller Arbeitsabläufe. Diese Komplexität des Projekts forderte allen Beteiligten viel Einsatz ab.« Bei der Analyse der bestehenden Arbeitsabläufe kristallisierte sich unter anderem heraus, dass bei der Produktion der Nachrichtensendungen früher viele Arbeiten und Aktionen mehrfach manuell ausgeführt werden mussten. Nach der Modernisierung sollten die Abläufe hingegen modulartig gegliedert sein und viele Arbeitsschritte computer-unterstützt ablaufen. Die Planer haben dafür den Begriff »Brick-Konzept« gefunden: die Sendungen und Abläufe sind in standardisierte Bausteine untergliedert. Um diesen Ansatz etwas besser zu verstehen, muss man vielleicht zunächst einen Schritt zurückgehen: Bei der Produktion einer Nachrichtensendung gibt es einerseits viele wiederkehrende, technisch standardisierte Elemente, andererseits ist auch möglichst viel Flexibilität nötig, um in letzter Sekunde noch Beiträge aktualisieren, austauschen oder optimieren zu können. Ein weiterer Aspekt besteht darin, dass die Technik die Redakteure unterstüt-

zen und nicht einschränken soll: Sie sollen sich ja nicht vorrangig mit der Technik, sondern mit den Inhalten der Sendung beschäftigen. Die technische Komplexität soll sich also möglichst hinter einfach zu handhabenden Workflows verbergen. »Unsere Aufgabe war es letztlich, für alle Gewerke übergreifend Werkzeuge und Abläufe zu entwickeln, die schnelles und intuitives Arbeiten innerhalb einheitlicher Standards erlauben«, berichten Stefan Rickmann und Wolfgang Kuhlmann. Das führende System innerhalb des so entstandenen Brick-Konzepts wurde das Redaktionssystem OpenMedia von Annova. Ohne zu weit in die Tiefe gehen zu wollen: Jeder Brick stellt eine Sammlung standardisierter Abläufe dar, die in OpenMedia einmal angelegt und programmiert wurden und die dann von den Redakteuren genutzt werden können, um – wie mit intelligenten Legosteinen – eine Sendung zusammenzubauen.

Schaltzentrale OpenMedia In den einzelnen Bricks sind alle Templates, Vorlagen, Steuerbefehle und Metadaten miteinander verknüpft, die erforderlich sind, um bestimmte Sendungselemente zu realisieren. OpenMedia fungiert also als zentrales Planungsinstrument, das im Hintergrund zahlreiche Aktionen und Systeme koordiniert, um die sich der anwendende Redakteur nicht im einzelnen kümmern muss. Wolfgang Kuhlmann erläutert: »Wir können via Active-X-Plug-In in OpenMedia nicht nur Clips, sondern auch Inserts, Vordergrund-Grafiken und auch Medienwandgrafiken integrieren, Texte eingeben, Agenturmeldungen aufrufen und einbauen. Seite 9 | www.film-tv-video.de

Vom gemeinsamen Pult des Sendepiloten und der Regie aus, hat man den besten Blick auf die Monitorwand.

Kurzum: OpenMedia – ist für uns die zentrale Oberfläche, auf der nahezu alle produktionsrelevanten Entscheidungen getroffen werden.« Als Bricks sind etwa auch bestimmte Schaltsituationen, diverse Sprecherpositionen oder Kamerafahrten angelegt. Andreas Lützkendorf, Redakteur bei ARD-aktuell und Programmchef von Tagesschau24, erläutert das Konzept der Bricks mit einem konkreten Beispiel: »Der Redakteur entscheidet aufgrund der Produktionssituation, wie er seine Sendung in OpenMedia aufbaut. Er kann beispielsweise mit einer frontalen Einstellung beginnen, aber auch mit einer seitlichen, offenen Position. Für den Redakteur ist das zunächst eine dramaturgische, inhaltlich Entscheidung. In OpenMedia sind damit aber jede Menge Templates und Aktionen verbunden, will heißen: Wählt der Redakteur den Brick „Frontale Einstellung“, sind darin auch die richtige Kameraposition, die korrekte Einstellung des Lichts und vieles mehr hinterlegt. Darum muss sich der Redakteur gar nicht kümmern – das nimmt ihm OpenMedia im Zusammenspiel mit der Mosart-Automation ab.« Dr. Rombach ergänzt: »Man muss sehen, dass bei der gesamten Planung immer der Anwender, also der Redakteur, im Vordergrund stand. Deshalb haben wir das Brick-Konzept in OpenMedia auch so optimiert, dass der Redakteur nur Bricks miteinander kombinieren kann, die tatsächlich zusammenpassen.« Die Bricks sind sogar so intelligent angelegt, dass es möglich ist, einmal mit Inhalten gefüllte Bricks aus den Seite 10 | www.film-tv-video.de

Die Pulte können per Fußschalter in der Höhe verstellt und so an die Bedürfnisse der Moderatorinnen und Moderatoren angepasst werden.

»Tagesthemen« zu kopieren und sie bei einer »Tagesschau« einzubauen – was bei anderen Systemen nicht möglich wäre, denn hier sind ja möglicherweise andere Kamerapositionen und Grafikgrößen festgelegt. Beim Arbeiten mit Bricks prüft das von ARD-aktuell genutzte System in diesem Fall aber eigenständig, welche Elemente des »Tagesthemen«-Bricks auch bei der »Tagesschau« übernommen werden können und dürfen. Art Director Stephan Persdorf sagt, dass die Tests, die hinter dieser Logik stehen, zu den größten Aufgaben des gesamten Projekts zählten. »Es war beispielsweise eine Riesenaufgabe, die Bricks so anzulegen, dass für den, der am System sitzt, wirklich nur die relevanten Optionen zur Verfügung stehen. Wir arbeiten hier im 24/7-Schichtbetrieb und alle müssen mit so einem System klarkommen: Darin besteht letztlich die eigentliche Herausforderung.« Die Redaktion war von Beginn an in die Entwicklung des Brick-Konzepts eingebunden. Die Bricks wurden von Mitarbeitern aus dem Bereich Produktion »gebaut«. »Das waren sicher Gründe dafür, dass die Mitarbeiter in Redaktion und Produktion von Anfang an die Arbeit mit den vordefinierten Presets sehr gut angenommen haben«, resümiert Wolfgang Kuhlmann.

Mosart-Automation Eine fundamentale Veränderung gab es im Zuge der neuen Workflows auch in der Regie: Hier ist nun die Automationslösung Mosart integriert, die aus dem OpenMe-

Vor dem Studio kann man auf einem Display den aktuellen Sendeplan ablesen, weiß also auch immer, ob man das Studio gerade betreten kann oder nicht.

dia-Sendungsablauf alle notwendigen Infos und Metadaten bezieht und die richtigen Steuerungsbefehle an alle Produktions-Devices wie Bildund Ton-Mischpult, Quantel-Server, Kameras, Robotik, Lichttechnik, Teleprompter etc. ausgibt. Wolfgang Kuhlmann erklärt: »In der Regie wird während der Sendung lediglich an einem Bedienplatz der aktuelle OpenMedia-Sendungsablauf manuell abgefahren. Dieser Workflow garantiert ARD-aktuell vielfältige dramaturgische Möglichkeiten im Studio, bei guter Bedienbarkeit und hoher Sendesicherheit.«

Ingest, Schnitt und Playout mit Quantel Seit 2006 schon nutzt ARD-aktuell das Server-System Enterprise sQ von Quantel. Damit hatte die server-basierte Nachrichtenproduk­ tion Einzug gehalten, in diesem Bereich war ARD-aktuell also durchaus up-to-date. Nun wurde im Rahmen der Modernisierung das Server-System auf die HD-Produktion umgerüstet. Andreas Lützkendorf, Redakteur bei ARD-aktuell und Programmchef

INGEST | MULTICAM PRODUCTION | PLAYOUT | RT-GRAPHICS | WORKFLOW AUTOMATION | STORAGE | NEWSROOM INTEGRATION | ASSET MANAGEMENT

IBC 2014 @ Booth 7.G45

tv station in a Mac with a little help from Linux The first Storage Solution built by Broadcast Professionals for Broadcast Professionals. Whether you’re planning to use flow:rage as standalone storage for media asset management and archiving, as an integrated part of an Apple Final Cut Pro, Adobe Premiere Pro or AVID workflow, or in combination with our own ToolsOnAir Broadcast Suite, flow:rage is the ideal storage solution for state of the art deployments.

Partners :

Ham burg : c re a tiv etools. d e | M ü nc hen : d ve -x.com | K öl n: m oo vit .d e

a d d r e s s e A - 1 0 2 0 W i e n | Z i r k u s g a s s e 3 9 | w e b s i t e w w w. t o o l s o n a i r. c o m T h e T OA B r o a d c a s t S u i t e : j u s t : i n | l i v e : c u t | f l o w : r a g e | j u s t : p l a y | j u s t : l i v e | c o m p o s i t i o n : b u i l d e r | j u s t : n e w s r o o m

Die Shotoku-Fahrstative nehmen automatisch die jeweils richtige Position ein.

Die drei Roboterarme von Camerobot im Studio sind mit schallschluckendem Material ummantelt. An vorderen Ende sind Kamera und Teleprompter montiert.

von »Tagesschau24«, erläutert, dass die Server-Kapazität dabei so erweitert wurde, dass die 600 Stunden Speicherkapazität, die vormals in SD-Qualität zur Verfügung standen, nun auch in HD bereitstehen. ARD-aktuell setzt bei der Konfiguration des Sende-Servers auf extrem hohe Sendesicherheit und hat ein »Zwei-Zonen-Modell« entwickelt. Das erlaubt es, im Falle einer Havarie blitzschnell auf die zweite Zone umzuschalten, auf der das komplette Material redundant vorgehalten wird. Außerdem ermöglicht es auch System-Upgrades bei laufendem 24/7-Sendebetrieb. Für die Produktion in den Newsrooms bei ARD-aktuell stehen den Redakteuren insgesamt 100 Arbeitsplätze zur Verfügung, die zum Browsen und Schneiden mit der Quantel-Software sQ Cut X ausgestattet sind. Mit diesem Editor ist es möglich, schon sieben Sekunden nach Ingest-Beginn mit dem weiterhin auflaufenden Material zu schneiden (Edit-while-Ingest) – im Nachrichten-Business bietet das einen wichtigen Zeitvorteil. Zu den Roh-Editoren kommen weitere zehn sQ-Edit-Plus-Versionen für die Cutter hinzu, die damit aufwändigere Beiträge schneiden. Seite 12 | www.film-tv-video.de

Medienwand, neue Bildsprache Die Medienwand der Tagesschau ist sicher der größte Hingucker im neuen Studio: Auf einer Breite von rund 18 m bietet sie eine durchgehende Bildfläche, auf der sich Panoramafotos, Grafiken, Videos und Schrifteinblendungen ohne Übergänge oder Stege darstellen lassen. Mit großformatigen Fotos können Themen damit sehr ausdrucksstark bebildert werden. Art Director Stephan Persdorf erläutert: »Bilder werden in der Kommunikation allgemein immer wichtiger, das gilt nicht nur für den Entertainment- sondern auch für den News-Bereich. Mit den großformatigen Fotos können wir den Zuschauern eine Nachricht auch emotional näherbringen. Um das zu transportieren, ist die große Medienwand natürlich ein idealer Träger. Doch das ist natürlich nicht die einzige Ebene, mit der wir arbeiten: Sprache, Text, Ton sind weitere wichtige Ebenen, und alle zusammen sprechen den Zuschauer auf ganz unterschiedlichen Wegen an.« Aus technischer Sicht war die Installation der Medienwand nicht ganz einfach zu realisieren, berichtet NDR-Projektleiter Stefan Rickmann. Schnell sei klar geworden, dass sie nur durch eine Rückprojektion realisiert werden konnte. Mit den Firmen Ambion und Lang AG wurden Partner gefunden, die das ehrgeizige Unterfangen auch umsetzen konnten. Schlussendlich kamen sie-

ben Panasonic-Projektoren zum Einsatz (PT-DS20), die das Bild über ein Spiegelsystem auf die Rückprojektionswand lenken. Die Projektoren sind in einem Doppelboden in speziellen, gekapselten Klimagehäusen untergebracht. Von hier gibt es keine direkte Verbindung zum Studioboden, so dass sich die Bewegungen der Moderatoren im Studio nicht auf die Medienwand auswirken. Klaus Kluth erläutert, dass alle Projektoren vernetzt sind und regelmäßig den eigenen Lichtstrom messen, damit sich Unterschiede sofort ausgleichen lassen. Die Projektoren werden mit rund 15.000 ANSI-Lumen betrieben, obwohl seitens der Geräte prinzipiell eine höhere Lichtleistung möglich wäre. Der niedrigere Wert hat sich aber als gute Kompromisslösung zwischen Steuer- und Regeltechnik und einer über die Lampenlebensdauer gleichmäßige Projektionsleistung im Zusammenspiel mit der Studiobeleuchtung erwiesen. Die Zuspielung der Medienwand wickelt das Orad-Grafiksystem ab. Wenn man die komplette Medienwand betrachtet, ergibt sich dafür eine Auflösung von 8.260 x 1.050 Bildpunkten. In puncto Dynamikumfang würden sich die NDR-Techniker noch eine Steigerung der Qualität der Projektion wünschen. Den Unterschied zwischen dem Zuspielmaterial und dem, was man auf der Bildwand sieht, kann man auch als Zuschauer sehen: Wenn etwa bei Live-Schaltungen der Korrespondent zunächst auf der Bildwand mit Moderator davor zu sehen ist und dann bildfüllend, wirkt das Bild auf der Monitorwand im Direktvergleich deutlich flauer als das Korrespondenten-Vollbild. »Damit müssen wir leben, mehr gibt die aktuelle Technik noch nicht her und wir dürfen natürlich auch nicht das notwendige Studiolicht vergessen«, erläutert Klaus Kluth. Sollte die Medienwand trotz aller Sicherheitsvorkehrungen, die das verhindern sollen, einmal ausfallen, gibt es im Studio eine Notlösung: Vor der Medienwand lässt sich einfach eine Leinwand herunterziehen, sodass die Sendung dann vor einem neutralen Hintergrund weiterlaufen kann.

Grafik Die Medienwand spielt eine zentrale Rolle im neuen Studio und um sie mit Fotos, Grafiken, Animation und Schriften bespielen zu können, war ein ausgefeiltes Grafiksystem notwendig, das der Hersteller Orad lieferte. Grundlage des Systems waren Orads HDVG-Grafikkomponenten. Die Software von Orad musste allerdings angepasst werden, um die besonderen Herausforderungen zu meistern, die aus dem Zusammenspiel der gebogenen Medienwand mit seitlichen Kamerapositionen resultieren. Ein Beispiel macht das klarer: Blickt eine Kamera in flachem Winkel auf ein Plakat mit einer Schrift, dann sind die einzelnen Schriftzeichen im Kamerabild um so größer, je näher sie an der Kamera liegen. Es gibt also lineare Verzerrungen. Bei einem gebogenen Plakat werden daraus dann auch noch nichtlineare Verzerrungen. Beides will man natürlich in einer Nachrichtensendung nicht haben. Im neuen ARD-Nachrichtenstudio kam dann noch hinzu, dass die Sen-

Anzeige-FilmTVVideo Kopie.pdf 1 14.08.2014 15:57:46

Das Grundlicht ist auf die Medienwand abgestimmt.

dung ja mit mehreren Kameras produziert wird, die sich zudem noch an verschiedene Positionen bewegen. Abhängig von der jeweiligen Kameraposition würden also Schriften, Grafiken und Fotos auf der Medienwand ganz unterschiedlich verzerrt dargestellt. Wie stark sich das in der Praxis auswirkt, zeigte sich dann im ersten Probebetrieb und es wurde klar, dass

man hierfür eine Lösung braucht – und dass dies eine ausgesprochen komplexe Aufgabe ist. Diese Situation verlangte dann von allen Beteiligten starke Nerven, denn ohne die funktionierende Darstellung von Schriften auf der Medienwand hätte letztlich das komplette Design des neuen Studios auf der Kippe gestanden. Dr. Michael Rombach erinnert sich: »Alle haben die volle Komple-

Visit us at hall 3 booth A33 at IBC, Amsterdam

www.annova.tv

xität der Echtzeitgrafik innerhalb unseres Projekts zunächst nicht in vollem Umfang erkannt.« Durch enge Kooperation aller beteiligten Firmen und einen enormen Einsatz des Herstellers Orad konnten die Probleme aber schließlich gelöst werden. Die gefundene Lösung des Problems sieht so aus, dass das Grafiksystem die Schriften abhängig von der jeweiligen Kameraperspektive vorverzerrt, so dass sie dann im Sendebild wieder normal dargestellt werden. Dr. Rombach fasst zusammen: »Die mit einem Echtzeitgrafiksystem bespielte, reale Medienwand, die unsere Nachrichtenpräsentation von der anderer Sender unterscheidet und für die es sehr gute redaktionelle Gründe gibt, fordert auf der technischen Seite einen gewissen Tribut: Es gab zusätzliche Herausforderungen bei allen Abbildungsfragen zu meistern und das technische Gesamtsystem ist auch ein gutes Stück komplexer. Beides haben wir aber im Schulterschluss mit den Herstellern erfolgreich gemeistert.«

Studio: Robotiksysteme, Kameras Ein wichtiges Element der visuellen Gestaltung stellen die im Studio verwendeten Kamera-Robotersysteme dar: Sie ermöglichen die dynamische Bildgestaltung und erlauben zahlreiche Kameraperspektiven. Die Positionierung und Steuerung der Kameras läuft automatisiert ab. Stefan Rickmann berichtet, dass man sich im Vorfeld ganz unterschiedliche Systeme angesehen habe, aber aufgrund der baulichen Gegebenheiten des Studios bestimmte Systeme schon von vornherein ausgeschieden seien. »Außerdem war ein Kamerabetrieb ganz ohne Kamerapersonal vorgegeben«, ergänzt Wolfgang Kuhlmann. Die Entscheidung fiel letztlich auf die an der Decke installierten Camerobot-Systeme, ergänzt um Robotik-Fahrstative von Shotoku. Damit der Moderator oder auch andere Mitarbeiter oder Studiogäste nicht mit den Kamera-Robotern zusammenstoßen, gibt es definierte Sicherheitsbereiche. Insgesamt neun Laserscanner ermitteln, ob eine Person diese Bereiche verlässt und Seite 14 | www.film-tv-video.de

Die kleinere, abgetrennte Subregie ist überwiegender Produktionsort für »­Tagesschau24«, sie dient aber auch als Havariesystem und wird genutzt, wenn in der Hauptregie vorbereitende Arbeiten umgesetzt werden oder Wartungsarbeiten stattfinden.

sorgen dafür, dass die Robotik dann sofort gestoppt wird. »Wir haben von der Firma Camerobot ein Collision Detection System installieren lassen, um den unbemannten Betrieb zu ermöglichen«, ergänzt Stefan Rickmann, »dadurch können wir auch aus der Subregie, also ohne direkten Sichtkontakt ins Studio, alle Kameras steuern, ohne dabei Gefahr zu laufen, einen Scheinwerfer abzuräumen oder mit einem anderen Kamera-System zusammenzustoßen.« Auf den drei Camerobot-Systemen sind HDC-P1-Kameraköpfe von Sony montiert. »Bei den Camerobot-Systemen mussten wir natürlich auf das Gewicht achten, deshalb wurden hier die leichteren Sony-HDC-P1-Köpfe verwendet. Wir haben außerdem auch einen speziellen, leichteren Teleprompter installiert, um das Gesamtgewicht am Roboterarm zur Vermeidung von Vibrationen bei Kamerabewegungen soweit möglich zu reduzieren«, berichtet Stefan Rickmann. Auf dem Boden sind Shotoku-Systeme im Einsatz, auf denen Sony-Systemkameras des Typs HDC-2400 mit ENG-Optiken montiert sind. Diese Systeme können ebenfalls unbemannt und automatisiert im Studio eingesetzt werden. Wie schon weiter oben beschrieben, müssen die verschiedenen

Kamerabewegungen einer Sendung nur ein Mal als Preset angelegt werden, dann können sie einfach immer wieder verwendet werden. Wird der entsprechende Brick verwendet, überträgt das Redaktionssystem die Informationen an die Mosart-Automation, die dann den jeweiligen Camerobot und die Shotoku-Fahrstative entsprechend ansteuert.

Lichtanlage Die gesamte Scheinwerfertechnik des neuen Studios basiert auf LED-Scheinwerfern von Arri. Die LED-Technik hat den Vorteil, dass sich das Studio nicht mehr so stark aufheizt, wie das früher der Fall war und vor allem in Richtung der Moderatoren nicht mehr so viel Hitze abgestrahlt wird. Beides zusammen hat wiederum den angenehmen Nebeneffekt, dass auch die Leistungsfähigkeit der Klimatechnik etwas reduziert werden konnte. Eine Besonderheit des Studios besteht darin, dass es mit einer Farbtemperatur von rund 6.000 K (Tageslicht) ausgeleuchtet ist. Das ist der Medienwand geschuldet, die bei klassischen 3.200 K (Kunstlicht), nicht im optimalen Leistungsbereich arbeiten würde. Klaus Kluth berichtet, dass man sich deshalb für den Tageslicht-Betrieb entschieden habe.

Regie Der Regiebereich grenzt direkt ans Studio an. Aus der Hauptregie kann man durch ein Fensterband direkt ins Studio schauen. Die hier verantwortlichen Mitarbeiter, wie etwa Regisseur/in, Produktionsingenieurin oder CvD, haben also Blickkontakt zu den Moderatoren im Studio. Neben der Hauptregie gibt es eine räumlich davon abgekoppelte Subregie. Die Subregie ist überwiegender Produktionsort für »Tagesschau24«, sie dient aber auch als Havariesystem. Die Regien werden wechselweise genutzt, wenn in der jeweils anderen Regie vorbereitende Arbeiten umgesetzt werden oder Wartungsarbeiten erfolgen. Einen klassischen Bildmischer sucht man in der Regie zunächst vergebens, obwohl die Funktionalität eines MVS-7000X von Sony zur Verfügung steht: »Das Bildmischer-Bedienpult haben wir durch die Bedien­ oberfläche des Mosart-Systems ersetzt«, erläutert Projektleiter Stefan Rickmann. Diese Entscheidung hat sich erst im Verlauf des Projekts

ergeben. »Vor eineinhalb Jahren hatten wir noch eine Bedienkonsole vorgesehen, um die Sendungen zu fahren. Jetzt nutzen wir sie nur noch für Konfigurationsarbeiten.« Die Tonpulte in den Regien stammen von Stagetec (Typ Crescendo). Die Hauptregie ist für acht reguläre Arbeitsplätze ausgelegt (Ton, Regie, Sendepilot, CvD, Koordination, Produktionsingenieur, Licht, Prompter). Weiter gibt es einen Arbeitsplatz  zur Bedienung des Orad-Systems, der in Sondersituationen genutzt  wird. Die räumlich abgetrennte Subregie ist für drei Mitarbeiter (Sendepilot, Produktions/Ton-Ingenieur, CvD) konzipiert.

Weitere Komponenten Wie auch in den übrigen Regien am NDR-Hauptstandort Lokstedt, hat man sich für das VSM (Virtual Studio Manager) System von L-S-B zur zentralen Steuerung der Videokreuzschiene, der IMDs und UMDs, Lichtstellpulte, Server sowie des Tally-Systems entschieden. Weitere Broadcast-Komponenten, die eingebaut wurden, sind Displays

www.asperasoft.com moving the world’s data at maximum speed

von Penta und Panasonic, Multiviewer sowie zentrale Infrastrukturprodukte von Evertz und Lynx. Als zentrale Kommando-Matrix wurde eine Clear-Com Eclipse-Omega mit dem neuartigen Madi-Interface integriert.

Hard- oder Software-Projekt? Bei Projekten dieser Größenordnung fließen viel Zeit und Energie in die Anpassung der Schnittstellen zwischen den Systemen, aber auch in die Vereinfachung komplexer Abläufe. Dabei geht es immer darum, ein optimales Zusammenspiel von Soft- und Hardware zu finden, denn die eine Seite funktioniert ohne die andere nicht. Dr. Rombach bilanziert: »Wenn Sie einen Teil der Komplexität aus dem Alltag der Mitarbeiter herausnehmen wollen bzw. müssen, dann bleibt nur, diese in die Automation und die Presets zu integrieren. Das war ein großer Anspruch und hat auch sehr viel Arbeit gemacht, aber wir sind nun im täglichen Betrieb mit dem Ergebnis sehr zufrieden.«

©2014 Aspera, an IBM company. All rights reserved.

Live-Opernübertragung aus der Arena von Verona

Aus der Arena in die Wohnzimmer: »Carmen« Im Amphitheater von Verona wurde in diesem Sommer die äußerst populäre Oper »Carmen« von Georges Bizet aufgeführt. Aus »Carmen« stammen einige der Smash-Hits des Klassikgenres und mit der Arena von Verona kam auch noch ein sehr eindrucksvoller, attraktiver Spielort hinzu. TV Skyline realisierte im Auftrag eines französischen Produzententeams die Fernsehübertragung der aufwändigen Opernproduktion. Arte zeigte die Oper in kompletter Länge, das ZDF strahlte Höhepunkte der Aufführung aus. Autoren: Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller Fotos: TV Skyline

»Carmen« von Georges Bizet gehört zu den populärsten Opern der Welt. Sie enthält einige der bekanntesten klassischen Melodien. Das Vorspiel und die berühmten Arien der »Carmen« sind weltbekannt, das Torero-Lied der Oper können die meisten mitsummen: »Auf in den Kampf«. Für die Aufführung in der historischen Arena von Verona schöpfte Regisseur Franco Zeffirelli aus dem Vollen und machte »Carmen« auf der riesigen Bühne zu einem Massenspektakel, das er bis ins kleinste Detail durchinszenierte. Kraftvolle und authentische Bilder sollten das Publikum mit auf eine Zeitreise ins 19. Jahrhundert nehmen. Seite 16 | www.film-tv-video.de

Henrik Nánási, Generalmusikdirektor der Komischen Oper Berlin, leitete das Sängerensemble mit Ekaterina Semenchuck als Carmen, Carlo Ventre als Don Jose und Carlos Alvarez als Escamillo. TV Skyline war mit seinem neuen Ü-Wagen Ü7 vor Ort und realisierte die technische Umsetzung des Spektakels fürs Fernsehen. Für die Zuschauer sind Aufführungen in einer Arena wie in Verona natürlich ein sehr eindrucksvolles Erlebnis: Vor historischer Kulisse eine Open-Air-Aufführung zu erleben, hat natürlich seinen ganz eigenen, besonderen Reiz und Charme. Für TV-Dienstleister bergen solche Aufführungsorte aber auch häufig große, zusätzliche Herausforderungen. Das fängt damit an, dass die bauliche Substanz sehr sensibel

und natürlich nicht für große Lasten ausgerichtet ist. »Man erarbeitet sich an so einem Ort jede Kamera­ position komplett neu, die Kabelund Laufwege sind meist sehr lange und natürlich gibt es auch keine festen Plätze für die Ü-Wagen-Technik. Zudem geht es meist recht eng her und man muss sich den wenigen Raum meist mit anderen technischen Gewerken teilen«, berichtet TV-Skyline-Geschäftsführer Robert Kis, der den Einsatz des erfahrenen Klassikproduzenten TV Skyline aus Mainz in Verona leitete.

Aufbau, Logistik Wegen anderer Veranstaltungen in der Arena blieb für die Produktion und den Auf- und Abbau in Verona nur sehr wenig Zeit. Es galt für TV Skyline, die Produktionstage prä-

zise durchzutakten: So wurde sogar der Aufbautag schon spontan für die Aufzeichnung der ersten Probe genutzt. Von diesem Plan erfuhr der TV-Dienstleister zwar erst auf der Anreise, aber »dank eines hochmotivierten und erfahrenen Teams klappte schlussendlich alles gut«, blickt Robert Kis zurück.

Kamera-Setup Die Produktion wurde mit insgesamt 16 Kameras realisiert. Sechs davon waren mit 99fach-Zoomobjektiven ausgerüstet, konnten also auch aus größeren Entfernungen sehr nahe, intime Einstellungen liefern. Neben regulären Broadcast-Kameras von Ikegami waren auch zahlreiche Spezialkameras im Einsatz, wie TV Skyline sie ja selbst entwickelt und einsetzt. So kamen etwa zwei der kompakten QubeCams an der Bühnenkante zum Einsatz, während eine Sportscam 5 eine Totale lieferte. Drei der anderen Kameras waren auf fernbedienbaren Schwenk/Neige-Köpfen des Typs Gentle Mote montiert: Eine diente als Dirigentenkamera, die andere war direkt auf der Bühne im Einsatz, die dritte lieferte Bilder aus einer einzigartigen Perspektive, indem sie aus den Katakomben der Arena durch die Bühne in den Zuschauerraum hineinblickte. Eine Krankamera lieferte Stadtpanoramen und eine Totale der Arena.

Tontechnik auf der Bühne Die Inszenierung von Franco Zeffirelli ließ nur wenig Raum für die bei einer Klassikübertragung natürlich üblicherweise sehr hohen Anforderungen an die Tontechnik auf der Bühne. Hier galt es, kreative und tragfähige Lösungen für die Herausforderungen zu finden: So konnte der Chor nur mit Rampenmikrofonen aufgenommen werden, denn es gab keine Möglichkeit, Mikrofone von oben zu hängen, was in manchen Opernhäusern ja machbar ist. Das war insbesondere bei jenen Passagen der Oper eine Herausforderung, in denen etwa Schmuggler ihre Karren über die Bühne schoben oder sich echte Pferde an der Bühnenrampe entlang bewegten. Weiter benötigen die Mikrofone für Bühne und Orchester auch einen

Arte zeigte »Carmen« in kompletter ­L änge, das ZDF übertrug Höhepunkte der Aufführung aus Verona.

sehr effektiven Windschutz: Schließlich ist die Arena von Verona ein großes, offenes, antikes Amphitheater. Bei der Außenübertragung von einer solchen Location muss man natürlich dafür sorgen, dass der Ton auch bei widrigen Bedingungen ordentlich klingt. Trotz aller Vorbereitung braucht man aber letztlich auch immer etwas Glück: So war etwa der Wind während der ersten Probe so stark, dass man trotz intensiver Windschutzmaßnahmen deutlich Windgeräusche hören konnte – aber rechtzeitig vor der Aufführung beruhigte sich dann glücklicherweise das Wetter. 16 drahtlose Microports waren für die Protagonisten der Oper im Einsatz, vier der Sänger waren aus Sicherheitsgründen doppelt verkabelt – natürlich unsichtbar für die Zuschauer. Auf der Bühnenrampe waren insgesamt sechs Mikros des Typs KM 140 platziert, zusätzlich wurde noch ein MS-Pärchen angebracht. Insgesamt wurden mehr als 64 Mikrofone verwendet.

den Pult-Support und die Kommando-Koordination. Im Audio-Bereich hat sich TV-Skyline bei seinem neuen Ü7 für ein großes Lawo MC266-Pult und einen passenden Router entschieden. Das Lawo-Pult kann virtuell aufgeteilt werden und erlaubt es so, pa­­ rallel unterschiedliche Mischungen zu realisieren. Zudem bietet das Pult auch sehr leistungsstarke Automatisierungsmöglichkeiten. Im Live-Betrieb wird diese Funktionalität in der Regel eher selten genutzt, aber in Verona war sie jedoch von großem Nutzen, als es darum ging, automatisiert und schnell eine Audiokorrektur an einigen Stellen der Aufzeichnung auszuführen.

Mehrspuraufzeichnung

Mehrfache Auswertung

TV Skyline zeichnete in Verona den Ton auf 64 Spuren redundant auf. In der Tonregie herrscht bei einer so aufwändigen Opernproduktion emsige Betriebsamkeit: Neben einem französischen Tonmeister, der als Supervisor fungierte, war ein weiterer Tonmeister im Einsatz, der für die Mischung der Oper verantwortlich war. Ein Toningenieur übernahm

Weil neben Arte und dem ZDF, auch Classica Italia und NHK die Bilder von TV Skyline übernahmen, sowie eine Aufzeichnung für die spätere DVD-Auswertung erfolgte, wurden die Ressourcen des Ü7 intensiv genutzt. Arte zeigte die Opernübertragung in kompletter Länge, das ZDF konzentrierte sich auf die Highlights Seite 17 | www.film-tv-video.de

Auf der Bühnenkante waren zwei ­QubeCams im Einsatz.

Für die Zuschauer sind Aufführungen wie in Verona sehr eindrucksvoll – für die TV-Dienstleister bergen sie viele ­Herausforderungen.

der Oper, aber beide Sender hatten Moderationen vor Ort und entsprechende Anchor-Positionen gebucht. Das Vorprogramm mit Moderationen, Pausenprogrammen, Interviews und Zuspielern für Arte und das ZDF wurde in der Hauptregie des Ü7 realisiert. Parallel wurden per EVS die jeweiligen Sendefassungen für Arte und ZDF konfektioniert sowie kleinere Ausbesserungen des LiveFeeds im Bereich Bild und Ton vorgenommen. In der Subregie des Ü7 realisierte ein weiteres Team die Live-Produktion für Classica Italia. Das japanische Staatsfernsehen NHK hatte einen Live-Mitschnitt in Auftrag gegeben und für die spätere DVD-Auswertung musste ebenfalls eine Aufzeichnung erfolgen. Hierfür nutzte TV Skyline vier EVS-Server, um die Signale aller 16 Kameras für die Postproduktion aufzuzeichnen. Durch den Einsatz des EVS-Schnittprogramms IP-Director war es dann möglich, innerhalb kurzer Zeit viele unterschiedliche Versionen des Materials fertigzustellen. Seite 18 | www.film-tv-video.de

Das internationale Produktionsteam umfasste rund 40 Mitarbeiter. Robert Kis resümiert: »Es kam uns dabei sehr zugute, dass unsere Mitarbeiter international sehr erfahren und auch mehrsprachig sind.«

Raumkonzept Bei Klassikproduktionen ist üblicherweise ein großes Team involviert. Zu den Mitarbeitern für Regie, Bildmischung, Script, Music Supervisor und Partitur-Leser kamen bei der Produktion in Verona auch noch Produzenten, sowie Vertreter der Redaktionen von Arte und ZDF hinzu. Hier zahlte sich das flexible Nutzungskonzept des Ü7 aus: Damit sich die einzelnen Mitarbeiter nicht gegenseitig störten, wurden die Glaswände innerhalb des Fahrzeugs so versetzt, dass es abgeschlossene Bereiche gab und sensible Produktionsbereiche in Ruhe arbeiten konnten. Robert Kis bilanziert: »Es ist schön, dass die Kunden dieses Raumkonzept gut annehmen.«

Resüme Nach den Bayreuther und Salzburger Festspielen, der Staatsoper München, dem Festspielhaus Baden Baden, der Mailänder Scala und der Deutschen Oper Berlin, war Verona für den TV-Dienstleister TV Skyline ein weiterer Meilenstein auf der kulturellen Landkarte großer und berühmter Opern-Locations erläutert Robert Kis: »Es ist schon etwas Besonders, bei einer so großen Produktion mit derart vielen Gewerken zu arbeiten. Die hintere Hälfte der Arena und die Katakomben waren während der Produktion voll mit Statisten, Künstlern, Tieren, Maskenbildnern, Musikern und Bühnenarbeitern. Die Arbeitsschritte aller Gewerke mussten genauestens aufeinander abgestimmt sein, und ein Rad musste perfekt ins andere greifen. Es ist sehr eindrucksvoll, wenn ein so komplexes Zusammenspiel funktioniert, denn alle müssen gut kooperieren und vor allem schnell und unkompliziert reagieren.«

Der Moment, in dem Sie komplett fokussiert und doch völlig flexibel sind. Für diesen Moment arbeiten wir.

// FLEXIBILITÄT MADE BY ZEISS

ZEISS Compact Zoom CZ.2 family Wenn Ihre volle Konzentration dieser einen, unwiederholbaren Szene gilt, sind Sie mit unseren Vollformat Compact Zooms CZ.2 optimal ausgerüstet. Denn neben geringem Gewicht und dem einzigartigen Wechsel-Mount-System, bieten sie Ihnen mit Brennweiten von 15-30 mm, 28-80 mm und 70-200 mm alle Möglichkeiten, Ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Dank ihres herausragenden color-matching sind sie eine optimale Ergänzung zu allen ZEISS Cine-Objektiven – Master Prime, Ultra Prime und Compact Prime. www.zeiss.com/cine/compactzoom Besuchen Sie uns auf der IBC Show 2014 | 12. – 16. September | Amsterdam | Stand 11.F50

ARD und ZDF berichteten von einer gemeinsam genutzten Moderationsplattform an der Copacabana. Grafiken wurden dabei mit einer ganz neuen Technologie eingebunden.

Produktionsreport: Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien

Fußballfest im Zuckerhut-Land Die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien war für ARD und ZDF eines der Highlights der Sportberichterstattung 2014: Mehr Zuschauer lockte kein anderes Fernsehereignis vor die Schirme, das Finale erreichte mit 35,65 Millionen Zuschauern eine neue Rekordquote. film-tv-video.de hat mit Carsten Higler und Vito Zoiro gesprochen, die in Brasilien für die Technik der WM-Übertragung bei ARD und ZDF verantwortlich waren. Autoren: Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller Fotos: SWR/Alexander Kluge, ZDF/Werner Rudhart, V. Zoiro, J. Fröhling

Damit hatte nun wirklich kaum jemand gerechnet: Dass Deutschland den Pott in Brasilien holen würde, galt vielen vor der Weltmeisterschaft in Brasilien zumindest als unwahrscheinlich. Umso größer war die Freude, als es die Nationalelf dann doch schaffte, in einem packenden Finale die Argentinier zu bezwingen. Mario Götzes Siegtreffer wird nicht nur in diesem Jahr noch in vielen Rückblicken zu sehen sein ... Für die ARD und das ZDF, die in der Zeit vom 12. Juni bis zum 13. Juli alle 64 Spiele der Weltmeisterschaft übertrugen, war die Produktion in Brasilien durchaus eine Herausforderung, denn es galt einerseits, die hohen Kosten, die ein solches SportSeite 20 | www.film-tv-video.de

großereignis auf der Rechteseite und auch in der technischen Umsetzung der Berichterstattung zwangsläufig verursacht, zu rechtfertigen, und andererseits, die vielen technischen Herausforderungen in der Vorbeitung zu bewältigen. Die guten Quoten der Fußball-WM belohnten die Anstrengungen der beiden Sender aber durchaus. Bei der Übertragung der Fußball-WM 2014 kooperierten ARD und ZDF enger als in früheren Jahren, erläutert Bertram Bittel, ARD-Teamchef der Fußball-WM 2014: »Noch nie zuvor gab es eine so enge Zusammenarbeit von ARD und ZDF, wie bei dieser Fußball-WM. Durch die entstandenen Synergien ist es uns gelungen, unser programmliches Konzept cross-medialer und stärker denn je auszubauen, technische Innovationen zu integrieren und

Bei der Übertragung der Fußball-WM 2014 arbeiteten ARD und ZDF so eng zusammen wie nie zuvor, erläutert Bertram Bittel, ARD-Teamchef der Fußball-WM 2014.

gleichzeitig Kosten zu sparen.« Bittel ist Direktor für Technik und Produktion des SWR und bei diesem Sender lag die Federführung für die WM-Berichterstattung der ARD – und auch die Gesamtfederführung für die technische Seite der gemeinsam von ARD und ZDF realisierten Übertragung der Fußball-WM, die sich die beiden großen öffentlich-rechtlichen Programme in Deutschland teilten.

Bei den ganz grundlegenden Technikfragen haben sich ARD und ZDF auf die Produktion in HD festgelegt und zwar im in Brasilien gebräuchlichen Format 1080i59,94. Erst unmittelbar vor der Ausstrahlung in Deutschland wurde dieses Signal dann in 720p50 gewandelt. Den Ton produzierten die beiden Sender in Dolby 5.1. Einen Großteil der Bilder und Töne für ihre Berichterstattung erhielten ARD und ZDF – wie seit vielen Jahren üblich – von HBS, dem Host-Broadcaster der WM. HBS hat die Produktion der Fußball-Weltmeisterschaften über die Jahre immer weiter perfektioniert und lieferte den Lizenznehmern, die beim Fußballverband Fifa die entsprechenden Rechte gekauft hatten, Programm-Feeds und -Pakete auf höchstem Qualitätsniveau. Rein rechtlich lief das so, dass die Fifa den Dienstleister HBS mit den Aufgaben eines Host-Broadcasters betraute. Dazu gehörte es, die fernsehtechnische Infrastruktur für die TV-Übertragung der WM aufzubauen und dann während des laufenden Events die Lizenznehmer mit Bildern und Tönen zu beliefern und verschiedene Services bereitzustellen. Sender wie ARD und ZDF produzierten zusätzlich vor Ort eigenes Material, wie etwa die Moderationen und Diskussionen vor und nach dem Spiel, sowie ergänzende Beiträge, die für das deutsche Publikum interessant waren, etwa aus dem Mannschaftsquartier des deutschen Teams.

Weltbild-Produktion HBS: Weltbild, Kameras HBS ist seit vielen Jahren technischer Dienstleister der Fifa und produzierte das Weltbild, das den Rechteinhabern in ganz unterschiedlichen Paketen zur Verfügung gestellt wurde. Auch die Berichterstattung von ARD und ZDF basierte wesentlich auf den Feeds von HBS, besonders bei den einzelnen Matches. Das von HBS bereitgestellte Material wurde aber von den öffentlich-rechtlichen deutschen Sendern natürlich um eigene Bilder ergänzt. SWR-Mann Carsten Higler, Technischer Leiter für die ARD, berich-

Sony hat im Jahr 2012 mit der Fifa und deren Broadcast-Dienstleister HBS einen Vertrag geschlossen, auf dessen Basis Sony die gesamte Live-Broadcast-Technik und das technische Bedienpersonal der Fußball-WM 2014 bereitstellte. Sony wurde somit Prime-Contractor der Fußball-WM 2014.

tet, dass HBS sein Angebot über die Jahre immer weiter ausgebaut und optimiert habe. »Mittlerweile können auch kleinere Sender, die keine Möglichkeiten haben, mit einem großen Team vor Ort zu sein, mit den HBS-Feeds eine sehr anspruchsvolle Berichterstattung realisieren.« Vito Zoiro, Higlers Counterpart beim ZDF, ergänzt: »Gerade die Inhalte des Fifa-Max-Servers boten tolles Material, unter anderem auch von den über 40 ENG-Teams, die HBS während der WM zu diesem Zweck in ganz Brasilien einsetzte.« Aufgrund der Dimensionen des Landes und der enormen Entfernungen zwischen den einzelnen Stadien hatte HBS das Konzept mobiler Regien, das letztlich in Südafrika erstmals umgesetzt wurde, für den Einsatz in Brasilien weiter verfeinert. HBS hatte hierfür einen Rahmenvertrag mit Sony als Prime-Contractor geschlossen. Konkret waren in den Stadien in Brasilien mobile Produktions-Container installiert, die das deutsche Systemhaus SonoVTS im Auftrag des Prime-Contractors Sony gebaut und unter anderem auch mit umfangreichem Equipment von Imagine (früher Harris) vorinstalliert hatte. Die Container wurden dann nach Brasilien verschifft und zu den einzelnen Austragungsorten transportiert. Dort wurden sie innerhalb von nur zwei Wochen mit EVS-Servern und

Kamera­ anbindungen ergänzt und während der WM für die Produktion des Weltbildes eingesetzt. Um eine Vorstellung der Equipment-Dimensionen zu bekommen: Allein 196 XT3-Server von EVS waren insgesamt an den zwölf Venues der Fußball-WM im Einsatz. Die Anzahl der maximal pro Spiel eingesetzten Kameras hatte HBS bei der Produktion der WM in Brasilien nochmals erhöht: Dort waren bis zu 34 Kameras pro Spiel im Einsatz. Neben den klassischen Kameras, die fix auf den Rängen und am Spielfeldrand platziert waren oder mobil auf Steadicam-Systemen genutzt wurden, kamen auch zahlreiche Spezialkameras zum Einsatz. So war etwa jedes der zwölf Stadien mit einer an Seilen aufgehängten, beweglichen Spidercam ausgerüstet. Movietech lieferte für die Produktion in den Stadien 27 Kamerakräne, die hinter den Toren platziert wurden. Dabei wurde der Crane 120 mit dem Pele-Remote-Head kombiniert und für mobile Einsätze mit dem Dolly CD5 ergänzt. Weiter gab es neben Broadcast-Slomo-Kameras auch jeweils zwei Ultra-Motion-Kameras, die noch höhere Bildraten schafften, sowie Torkameras, Tunnel-Cams, Beauty- und Player-Cams – und natürlich auch Hubschrauber-Kameras. Viele der Spezialkameras stammten von TV Skyline. Seite 21 | www.film-tv-video.de

In Rio war umfangreiches Modular-Equipment im Einsatz.

In puncto Bildregie setzte HBS wie bei den vergangenen WMs darauf, mit sogenannten Dreamteams zu arbeiten, also mit eingespielten Kernmannschaften, denen jeweils die Bildführung obliegt. HBS benannte hierfür acht bekannte Bildregisseure aus verschiedenen Ländern, die dann jeweils mit ihren Produktionsteams die TV-Aufbereitung der Spiele gestalteten. Acht Produktionsteams setzte HBS für die TV-Produktion der Fußball-WM ein. Diese Produktionsteams wechselten zwischen den zwölf Stadien und nahmen dabei auch Teile des technischen Equipments mit. Die Feeds aus den Stadien wurden über mehr als 100 IP-Director-Systeme von EVS im international Broad­ cast Center (IBC) der Fußball-WM in Rio de Janeiro administriert. Damit war es den Rechteinhabern möglich, das umfangreiche Material auf dem Fifa-Max-Server zu durchsuchen und abzurufen. Insgesamt wurden rund 4.500 Stunden Content auf diesem EVS XStore SAN gespeichert. Das deutsche Unternehmen Moov-IT arbeitete übrigens auch mit HBS zusammen: Moov-IT-Geschäftsführer Wolfgang Felix erklärt, dass durch eine speziell entwickelte Software Highlights eines Spiels annähernd in Echtzeit geschnitten wurden. Darüber hinaus wurden Clips fürs Web und mobile Endgeräte produziert. Alle entscheidenden Szenen eines Spiels wurden in 14 Sprachen innerhalb von nur drei Minuten zur Ausspielung vorbereitet. Trotz dieses enormen Aufwands hatte HBS natürlich letztlich immer Seite 22 | www.film-tv-video.de

das Große und Ganze des Events im Auge und konzentrierte sich eher auf die relativ neutrale Aufbereitung der einzelnen Begegnungen. Die nationalen Sender hingegen brauchten mehr Infos, mehr Nähe und mehr Drumherum über das jeweils eigene Team und wollten zudem ihr individuelles Rahmenprogramm produzieren – das wiederum erforderte ergänzendes eigenes Equipment und Personal vor Ort.

HBS: Tonaufzeichnung HBS setzte während der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien in großem Umfang auf Audio- und Mikrofontechnik von Sennheiser. Unter anderem kam auch das neue Surround-Mikrofonsystem Esfera zum Einsatz. Mit Esfera ist es möglich, aus dem Signal eines Stereomikrofons einen vollständigen 5.1-Surround-Tond zu erzeugen. HBS setzte die Esfera-Mikrofone in Brasilien in mehreren Bereichen ein, etwa im Spielertunnel, als Außen-Ambience-Mikrofon und als 5.1-Havarie-Mikro an der Führungskamera. Neben Esfera nutzte HBS in Brasilien aber noch weitere Sennheiser-Technik: So waren etwa zur Aufnahme der Ball- und Spielgeräusche insgesamt rund 300 Richtrohrmikrofone im Einsatz, die in den einzelnen Stadien installiert waren. Das lange Richtrohr MKH 8070 wurde beispielsweise am Spielfeldrand für die Aufnahme weit entfernter Schallquellen eingesetzt. Auch das kurze Richtrohr MKH 8060 wurde verwendet: etwa in Kombination mit einem Aufstecksender der 2000er-Serie an den freischwebenden Spidercams. Weiter waren in den Stadien insge-

samt 96 Stereo-Richtrohrmikrofone MKH 418-S angebracht. Auch die für HBS produzierenden Reportage-Teams nutzten Ton-Equipment von Sennheiser, darunter 120 Reportagemikrofone vom Typ MD 46. Den Teams standen zudem HD-25-Kopfhörer zum Audio-Monitoring zur Verfügung. Für die kabellose Tonübertragung wurden Funkstrecken aus der 2000er-Serie genutzt, etwa der Kameraempfänger EK 2000, der Handsender SKM 2000 oder auch der Taschensender SK 2000.

HBS: Second Screen Den Bereich Second Screen hatte HBS enorm ausgebaut und beispielsweise eine eigene App entwickelt, die pünktlich zur WM in den AppStores zum Download bereit stand. Darüber konnten die Nutzer umfangreiches zusätzliches Info- und Videomaterial abrufen. »Das ist ein tolles Tool, das HBS hier entwickelt hat. Es lieferte den Zuschauern einen echten Mehrwert«, urteilt Carsten Higler. Mit der App konnten die Zuschauer gerade im Spiel abgelaufene Szenen auf ihrem Smartphone oder Tablet noch einmal abrufen und beispielsweise aus einer anderen Kameraperspektive betrachten. Die Applikationen, die HBS im Second-Screen-Bereich angeboten hatte, basierten letztlich auf der C-Cast-Technologie von EVS. Sie verband die Live-Produktionsumgebung von HBS mit der zentralen, cloud-basierten Plattform, die Live-Streams, Clips unterschiedlicher Blickwinkel und auch Socia­lMedia-Feeds integrierte und in Form einer White-Label-App zur Verfügung stellte. Die Lizenznehmer konnten sie dann selber labeln und im eigenen Portfolio anbieten.

4K und 8K bei der WM Bei der Produktion von Fußball-Weltmeisterschaften geht es auch immer darum, neue Technologien zu testen. In diesem Jahr war das auf breiterer Basis die 4K-Technik, aber auch 8K setzte die Fifa gemeinsam mit den Partnern Sony und NHK ein. Das Achtelfinale am 28. Juni, das Viertelfinale am 4. Juli und das Finalspiel am 13. Juli 2014 wurden in 4K-Auflösung produziert. Sony

Carsten Higler (SWR), Technischer Leiter, erläutert, dass bei den Deutschland-Spielen acht zusätzliche, eigene Kameras von ARD und ZDF im Einsatz waren. (Archivfoto)

Vito Zoiro (ZDF), Technischer Leiter, berichtet, dass von den Venues aus auch die Möglichkeit der file-basierten Übertragung ins IBC genutzt wurde. (Archivfoto)

unterstützte die Fifa dabei umfassend technisch und richtete ein 4K-Live-Produktionssystem ein. Für die Aufzeichnung kamen unter anderem Kameras des Typs PMW-F55, 4K-Multiport-AV-Speichereinheiten (PWS-4400), sowie 4K-LCD-Monitore (PVM-X300) und der 4K-Multiformatmischer MVS-7000X zum Einsatz. Insgesamt waren pro Spiel zwölf 4K-Kameras im Einsatz. Das mit diesen Kameras aufgenommene

4K-Material wurde für den offiziellen 4K-Film zusammengeschnitten. Es gab sogar eine 4K-Live-Übertragung: Sony und Vue Entertainment übertrugen das Viertelfinale Deutschland – Frankreich am 4. Juli und auch das Endspiel der Fußball-WM 2014 am 13. Juli live in 4K-Auflösung in ein englisches Kino. Nach der WM 2014 haben Sony und die Fifa zudem den offiziellen Film zur Fußballweltmeisterschaft 2014 in 4K

München MOC Stand FG01

nachbearbeitet. Der Film beinhaltet eine Auswahl an Highlights verschiedener Spiele, unter anderem natürlich aus dem Finale. Neben der Fifa und Sony waren in den 4K-Tests natürlich auch der Host HBS, der brasilianische Satellitenanbieter Globsat, der Ü-Wagen-Dienstleister Telegenic und der Hersteller EVS mit rund 45 Mitarbeitern beteiligt. Gemeinsam mit dem japanischen Broadcaster NHK gab es auch 8K-Tests während der WM, und zwar bei neun Spielen – unter anderem natürlich auch beim Finale. Dabei wurden jeweils fünf Kameras eingesetzt: zwei an der Mittellinie, zwei am jeweils seitlichen Spielfeldrand (Pitch Level) und eine hinter dem rechten Tor. NHK will mit diesen Produktionen weiter testen, wie sich die enormen Datenmengen bei 8K-Produktionen vernünftig bewältigen lassen.

ARD/ZDF-Produktion Allein schon aus logistischer Sicht war die Berichterstattung aus Brasilien für ARD und ZDF eine Herausforderung, denn die Spiele fanden in zwölf verschiedenen Stadien statt,

Amsterdam Halle 11 Stand G-34

Der legendäre

Weltmeisterkran Crane 120 + Pelé bot! Ange ne 2014! s e l el rä Aktu er WM-K d f u a bverk

© PMT

A

[email protected] filmtvvideo_anz_weltmeister_170x115.indd 1

www.abc-products.de

+49 89 43 68 913 30.07.14 12:39

Seite 23 | www.film-tv-video.de

die teilweise einige tausend Kilometer voneinander entfernt lagen. Spielstätten befanden sich in Belo Horizonte, Brasilia, Cuiaba, Curitiba, Fortaleza, Manaus, Natal, Porto Alegre, Recife, Rio de Janeiro, Salvador und Sao Paulo. Das ZDF startete die Berichterstattung mit dem Eröffnungsspiel Brasilien/Kroatien. Die weiteren Spiele fanden dann im wesentlichen im Wechsel statt. Das denkwürdige Finalspiel hatte schließlich die ARD im Programm. Das Technikpersonal von ARD und ZDF war annähernd hälftig aufgeteilt, die Technikteams arbeiteten gemeinsam für beide Sender.

Equipment: Von Sotschi nach Rio Weite Teile des Equipments, das ARD und ZDF einsetzten, reisten direkt nach den Olympischen Winterspielen von Sotschi in rund 40 Containern per Schiff nach Brasilien. Dabei war nicht nur Equipment aus der mobilen Produktionseinheit (MPE) vertreten, sondern auch umfangreiches angemietetes Equipment, das zu Teilen von Wellen+Nöthen stammt. Wellen+Nöthen ergänzte die MPE unter anderem mit Technik für Schnitt, Redaktion sowie die Grafik. Zentrale Komponenten des Miet-Equipments waren Komponenten von Avid und EVS, mit denen die Sender eine file-basierte HD-Produktionsumgebung realisierten. Aus diesem Rental-Pool bestritt Wellen+Nöthen in kleinen Teilen auch die technische Ausstattung der Produktionsstätten mit Dry-Hire-Equipment für die Bereiche Monitoring, Recording sowie Audio- und Video-Processing. So waren unter anderem rund 200 Sony-Displays der LMD- und PVM-Serien, mehr als 65 Displays von Eizo, Multiviewer-Systeme von Evertz, MAZen und Recorder von Sony und Panasonic, sowie Komponenten von Jünger, Wohler, DK Technologies und Lynx im Einsatz.

Moderationsplattform an der Copacabana Die wichtigste Neuerung und Veränderung in der Berichterstattung für ARD und ZDF war eine von beiden Sendern gemeinsam genutzte Seite 24 | www.film-tv-video.de

Im Audiobereich produzierten die beiden Sender Dolby-5.1-Ton mit einem Lawo MC90-System.

Moderationsplattform. Die befand sich auf einer Dachterrasse an der Copacabana. ARD und ZDF waren nicht zuletzt aus Kostengründen davon abgewichen, so wie früher unterschiedliche Produktionsorte für die Vor- und Nachbereitung der Spiele zu nutzen. Bei der Fußball-EM in Polen und der Ukraine etwa, hatte das ZDF von der Ferieninsel Usedom und die ARD direkt aus den Stadien berichtet. In Rio berichteten die beiden Sender stattdessen also von einer gemeinsamen Dachterrasse an der Copacabana, die rund 35 km vom IBC entfernt ist. De facto wurde die Plattform als Remote Production betrieben, denn die gesamte Technik der Dachterrasse war per Glasfaser an die Regie im IBC angebunden. Mit diesem Konstrukt konnten die beiden Sender massiv Kosten einsparen, erläutert Vito Zoiro, Technischer Leiter des ZDF: »Wir betrieben in Rio damit nur eine Regie, was schon einiges an Personal einsparte.« Carsten Higler vom SWR ergänzt, dass diese Form der Remote Production aus technischer Sicht letztlich für ARD und ZDF bei einer solchen Produktion zwar Neuland, aber durchaus zu bewältigen war: »Allerdings mussten sich die Mitarbeiter etwas umstellen, weil es eben nicht mehr möglich war, kurz von der Regie ins Studio zu gehen, etwa um offene Fragen zu besprechen.« Die Dachterrasse selbst war für die WM-Berichterstattung gut ausgestattet: Im Kamerabereich waren ein Fahrstativ, eine Polecam, eine

Steadicam, eine größere Kamera mit langer Optik, die auch in Richtung Public Viewing blicken kann, eine tragbare Kamera sowie zwei Drahtlos-Kameras im Einsatz. Letztere konnten auch am Strand eingesetzt werden. »Bei den Public Viewings an der Copacabana setzten wir unter anderem die zwei Drahtlos-Kameras ein, die auf Distanzen von zwei, drei Kilometern übertragen wurden«, erläutert Carsten Higler. Audio- und Videosignale von der Dachterrasse gelangten via Glasfaser in Form von Gigabit-IP-Verbindungen ins IBC. HBS hatte unterhalb der Dachterrasse von ARD und ZDF ebenfalls ein großes Studio für uni­ laterale Broadcaster gebaut, so dass es möglich war, die benötigte Glasfaserleitung über den Host-Broadcaster zu buchen. »Videoseitig nutzten wir für die Übertragung der Kamerasignale JPEG-2000-Wandler, die Anbindung dafür realisierte die Firma Vidi. Über eine Lawo-Verbindung wurden die Audiosignale übertragen. Da es bei der Entfernung ins IBC spürbare Laufzeiten gab, realisierten wir auf der Dachterrasse über ein kleines Sapphire-Standalone-Pult gleich noch eine kleine Mischung und ferngesteuert übers große Lawo-Pult im IBC die In-Ear-Versorgung für die Moderatoren. Das war zwar etwas aufwändiger, aber auch wichtig für die Moderatoren, für die sich die Produktion so anfühlen sollte, als stünden sie direkt in einem Glasstudio im Stadion«, so Carsten Higler. Im Grafikbereich nutzten ARD und ZDF die noch ganz neue, innovative Technologie von Ncam. Damit kön-

Heimkino, Beamer, Plasma & LCD Computertechnik - PC & Mac Drucker, Plotter, Kopierer Audio & Videotechnik Netzwerktechnik · Schulungen

uvm..

VSH-tapelessProduction: von der Produktion über die Postproduktion, das Archivieren bis zum automatisierten Playout

- Spitzentechnologie aus Bayern

VSH-Acquisition » Broadcast Wireless System Die Dachterrasse ermöglichte den beiden Sendern für ihre Moderationen eindrucksvolle Ausblicke auf die Copacabana. Zwei kabellos angebundene Kameras konnten Impressionen vom Public Viewing am Strand einfangen.

nen Grafikelemente ohne Greenscreen live in Realszenen eingeblendet werden – und zwar so, dass ein absolut realistischer Bildeindruck entsteht: Die reale Kamera steuerte in Rio virtuell ein Grafiksystem. So ließen sich live eine 3D-Animation und ein reale Szene kombinieren. Neben den Moderatoren sah der Zuschauer dann die Grafiken, als würden sie vor Ort auf der Dachterrasse stehen. Eine Steadicam-Kamera war mit der notwendigen zusätzlichen Sensorik ausgestattet und steuerte darüber ein Vizrt-Grafiksystem im IBC. »Auf der Dachterrasse ersetzte diese Technologie letztlich den Monitor, den man aus dem Glasstudio kennt und der üblicherweise genutzt wird, um Aufstellungen oder ähnliches zu visualisieren. Mit einem Monitor konnten wir auf der Dachterrasse, von der wir auch tagsüber berichteten, nicht arbeiten, weil es dafür zu hell war. Für solche Dinge, aber auch für Übergänge zu Stadionschalten, arbeiteten wir mit dem Ncam-System«, erklärt Carsten Higler. In der Spielanalyse arbeiteten ARD und ZDF mit dem System Liberovision, das der Grafikanbieter Vizrt übernommen und in sein Portfolio integriert hat.

DFB-Quartier Die Berichterstattung aus dem DFB-Quartier spielt bei großen Turnieren immer eine wichtige Rolle. Bei der WM in Brasilien logierte die Nationalmannschaft im abgeschiedenen Fischerdorf Campo Bahia bei Porto Seguro, einem Ort zwischen Rio und Salvador. Von diesem Quartier aus war die Anreise zu den Orten der Vor-

Drahtlose Bild- und Tonübertragung in erstklassiger Broadcast-Qualität. Modernste Hardware ermöglicht diese Qualität bei geringem Bandbreitenbedarf. Der WLC1 sowie die kompakte Version WLC1c ist sowohl via SD/HD oder umschaltbar SD-HD erhältlich. Durch die optionale Standortvernetzung ist auch eine Relaise-Verbindung bis zu 300 km möglich. In Kombination mit VSH-SATcaster ist eine europaweite Live-Übertragung möglich!

VSH-Produktionsserver » Server Based Editing Unser VSH-Produktionsserver ermöglicht Ihrem Unternehmen einen effizienten und reibungslosen Workflow. Individuell an Ihre Situation angepasst, verwenden wir hochwertigste VSH-Technologie aus 30 Jahren Erfahrung. Dieser Server stellt hochverfügbaren Speicher mit extrem schnellen Controllern zur Verfügung. Dies ermöglicht je nach Version die zentrale Verwendung über Netzwerk auf bis zu 20 Schnittsystemen gleichzeitig, ohne dass Content auf die einzelnen NLE´s kopiert werden muss.

Basic System Advanced System High-Perfomance System Basic System Zertifiziert für 4 Schnittsysteme im Parallelbetrieb, inkl. 6 TB Speicher (brutto), basierend auf VSH-BeschleunigerTechnologie, zertifiziert für Final Cut Studio, Grassvalley Edius, Avid Media Composer, Adobe Premiere CC

5.990,- EUR *

7.490,- *(12 TB)

weitere Systeme finden Sie online

VSH-HD-Playout-Komplettsystem Der VSH-Playout-Server ist ein einfach zu bedienendes Multitalent zum Abspielen digitaler Videos. Für komplexe automatisierte Sendungen oder Zuspielung in diversen Produktionsumgebungen bietet das System alle Möglichkeiten.

Technische Innovationen zur Steigerung der Kreativität und Wirtschaftlichkeit

www.vsh-online.com *Alle Preise in Euro, solange Vorrat reicht, zzgl. MwSt. Bei Versand zzgl. Versandkosten / Transportversicherung, Zwischenverkauf und Irrtürmer vorbehalten. Abbildungen teilweise ähnlich.

www.vsh-online.com / VSH-tapelessProduction

Das Team musste auf vergleichsweise engem Raum arbeiten.

rundenspiele in Salvador, Fortaleza und Recife vergleichsweise kurz. Aus fernsehtechnischer Sicht war der Ort allerdings durchaus herausfordernd, weil bis vor kurz vor Beginn der WM noch offen war, ob überhaupt eine Glasfaser-Anbindung in Kombination mit einer Richtfunkanlage zu dem Ort möglich sein würde und weil auch die Verfügbarkeit eines Handy-Netzes alles andere als gesichert war. Rechtzeitig vor Beginn der WM wurde aber eine Anbindung realisiert, so dass ARD und ZDF zumindest in dieser Hinsicht problemlos berichten konnten und die Datenanbindung ans IBC gegeben war. Beim DFB-Quartier hatten sich ARD und ZDF dazu entschieden, eine mobile Regie mit Komponenten von WDR, SWR und aus dem Equipment-Pool MPE zu nutzen. Konkret waren immer zwei Regien für ARD und ZDF vor Ort, weiter insgesamt sechs vernetzte Avid-Schnittplätze und zwei EVS-Maschinen für Ingest und Zuspielung. Der WDR übernahm nach der Vorplanung durch den SWR diesen Bereich der Berichterstattung, für den Harald Glaser als Technischer Leiter verantwortlich war. Die Pressekonferenzen im DFB-Quartier realisiert der DFB seit dem Jahr 2011 in Eigenregie – bei früheren Weltmeisterschaften hatten das noch die Sender für den Verband übernommen. Weiter waren im Rahmen der Berichterstattung über die Mannschaft zwei SNG-Fahrzeuge der Firma Satcom im Einsatz, die mit zwei Kameras und zwei Schnittplätzen ausgestattet waren und an den verschiedenen Spielorten direkt von der Mannschaft und ihrem jeweiligen Quartier berichteten. Seite 26 | www.film-tv-video.de

Dennoch war umfangreiches Equipment im Einsatz.

Venues Für ergänzende Berichterstattung aus den Stadien waren bei den Spielen der deutschen Mannschaft zwei Ü-Wagen der Firma HD-Signs im Einsatz. Carsten Higler erläutert, dass die eigenen Fahrzeuge von ARD und ZDF über den Sommer bei etlichen anderen Events im Einsatz waren, so dass es letztlich in der Kalkulation günstiger war, einen externen Dienstleister zu buchen. Es zeigte sich zudem, dass es preisgünstiger war, Ü-Wagen aus Deutschland nach Brasilien zu verschiffen, als dort welche anzumieten. Eines der beiden HD-Signs-Fahrzeug produzierte die Vorrundenspiele in Salvador Fortaleza und Recife, wobei hier eine Technik-Crew des SWR auf dem Fahrzeug arbeitete. Als Backup-Team waren drei HD-Signs-Mitarbeiter vor Ort. Aufgrund der großen Entfernungen war ein zweites Fahrzeug von HD-Signs für das Halbfinale und das Finale vorgesehen. Hier war eine ZDF-Crew im Einsatz. Im Zusammenspiel mit den HD-Signs-Fahrzeugen wurden Grass-Valley-Kameras der Typen LDK 600 und LDK 8000 genutzt. Insgesamt waren bei den Deutschland-Spielen acht zusätzliche, eigene Kameras von ARD und ZDF im Einsatz: für Flash-Interviews, im VIP-Bereich, in der Mixed Zone im Kellerbereich des Stadions (Trainer-/ Spielerinterviews), sowie Kameras, die am Spielfeld zusätzliche Bilder vom Spiel einfangen konnten. »Inhaltlich haben wir natürlich schon vor dem eigentlichen Spiel mit der Vorberichterstattung begonnen. In der Halbzeitpause und im Anschluss an die Spiele haben wir von der Dachterrasse ins Sta-

dion geschaltet und wieder zurück«, erläutert Carsten Higler.

Spiel-Kategorien Die Spiele der deutschen Nationalmannschaft stießen beim deutschen Publikum natürlich auf das größte Interesse, deshalb berichteten ARD und ZDF bei diesen Spielen auch mit besonders großem Aufwand. Generell arbeiteten die Sender wie auch bei anderen Fußball-Turnieren mit Kategorisierungen, die letztlich den Technikaufwand beschreiben, mit dem ein Spiel produziert wird. In Brasilien gab es die folgenden Kategorien: • Kategorie A: Deutsche Spiele, Halbfinale, Finale. Hier war jeweils ein eigener Ü-Wagen vor Ort. • Kategorie B: Wichtige Spiele ohne deutsche Beteiligung. Diese Spiele wurden ohne eigenen Ü-Wagen produziert. Hier nutzten zwei eigene Kameraleute von ARD und ZDF ein 2-Camera-Kit des Host-Broadcasters HBS, das ans IBC angebunden war. An vorverkabelten Positionen in unterschiedlichen Bereichen konnten dann mit dem 2-Camera-Kit Interviews realisiert werden. • Kategorie C+: Spiele, von denen man zwar eine Berichterstattung haben wollte, die über das Standard-HBS-Angebot hinausging, die aber mit möglichst geringem Technikaufwand realisiert werden sollten. Dabei wurde eine EB-Kamera über eine Verkabelung des Host-Broadcasters HBS per Glasfaserwandler live-fähig ans IBC angebunden. »Über eine ganz normale Vanda-Box bekamen wir mit diesem Setup eine EB-Kamera samt Ton ins IBC, um etwa

Flash-Interviews oder andere Elemente auf unsere EVS-Server einspielen und mit kurzem Zeitversatz in die Berichterstattung einbauen zu können«, erläutert Carsten Higler. • Kategorie C: Spiele von geringerer Bedeutung. Diese wurden ohne zusätzliche eigene Technik nur mit einem Kommentator vor Ort realisiert.

EB-Teams ARD und ZDF schickten in Brasilien mehr als zehn eigene EB-Teams durch das Land, um unabhängig Stimmungen, Entwicklungen und Ereignisse jenseits der Spiele einfangen zu können. Drei davon waren am DFB-Quartier stationiert und reisten mit der Mannschaft (mit XDCAM- und P2-Camcordern). SWR-seitig waren

ARD und ZDF schickten in Brasilien mehr als zehn eigene EB-Teams durch das Land, um unabhängig Stimmungen, Entwicklungen und Ereignisse jenseits der Spiele einfangen zu können.

vier sogenannte smarte EB-Teams unterwegs, bestehend aus Kameramann, Cutter und Story-Macher. Sie waren mit PDW-300-Kameras von Sony und einem Avid-LaptopSchnittplatz ausgerüstet. Drei weitere EB-Teams waren in Rio stationiert.

International Broadcast Center Das IBC der Weltmeisterschaft in Brasilien befand sich im Riocentro Exhibition Complex in Barra da Tijuca, westlich von Rio. Diese Gegend ist besonders für ihre Strände bekannt und gilt auch als sehr sicher – ein Aspekt, der für die Wahl dieser Location nicht ganz unerheblich gewesen sein dürfte. Der Riocentro Exhibition Complex soll in zwei Jahren auch bei den Olympischen Spielen eingesetzt werden. Das Gelände ist nur 20 km vom berühmten Maracana-Stadion und

rund 30 km vom internationalen Flughafen Rio de Janeiro Galeao entfernt. In den Hallen des Komplexes waren die internationalen Broadcaster sowie die Headquarter von Fifa TV, HBS und FBST untergebracht. ARD und ZDF belegten im IBC eine Fläche von rund 2.250 qm. Das Sendezentrum bediente alle Bereiche: Fernsehen, Radio und Internet. Neben der Remote-Regie, die per Glasfaser an die Moderationsplattform angebunden war, waren dort sowohl der Schaltraum, die Redaktionen, die Produktion, der Schnitt, als auch die Sprecherstudios untergebracht. Im IBC kam für den zentralen Ingest, den Materialtransfer, die Bearbeitung, sowie im Bereich des Highlight-Schnitts und Playouts ein integriertes System zum Einsatz, das aus der Avid-Software Interplay, dem Speichersystem Isis 7000, Ingest- und Playout-Servern des Typs AirSpeed 5000 sowie XT-3-Ser-

Dabei arbeiteten die Teams unter anderem auch mit Drohnen.

vern von EVS und den zugehörigen IP-Director-Systemen von EVS bestand. »Wenn wir die Gesamtausstattung der EVS-Plätze zusammenzählen, ergab das 50 Eingangskanäle und eine Aufzeichnungskapazität von 3.000 Stunden«, erläutert Vito Zoiro. »Beim Isis-System hatten wir eine Kapazität von 3.500 Stunden in HD.« Vito Zoiro erklärt weiter, welche Signale bei ARD und ZDF im IBC aufliefen und bearbeitet wurden: »Zum einen hatten wir die verschiedenen HBS-Feeds, die alle direkt auf dem Isis-Speichersystem aufliefen und dann auch sofort zur Bearbeitung zur Verfügung standen. Zusätzlich hatten wir einen Sonderformate-Raum, wo wir den zentralen Ingest für EB- oder auch für Archiv-Material realisierten. Dieses Material stand nach dem Ingest aufs

»Die App war wirklich großartig und ein echter Mehrwert für die Zuschauer«, urteilt Carsten Higler.

Die Tore gab es bei der App aus jeder Position.

Isis-System ebenfalls allen Schnittplätzen zur Verfügung. Des weiteren gab es aus den Venues noch eine File-Transfer-Möglichkeit, was Bestandteil des Fifa-Max-Systems war.« Über das Fifa-Max-Angebot von HBS hatten ARD und ZDF einerseits Zugriff auf umfangreiches EB-Material, das HBS in ganz Brasilien mit großem Aufwand produzierte. Andererseits war es den eigenen EB-Teams von ARD und ZDF aber auch möglich, Material von den Venues in den Technical Operation Centers (TOC), file-basiert ins IBC zu überspielen. »Diese file-basierte Übertragung hatte für uns den Vorteil, dass wir damit sehr flexibel waren, weil wir keine festen Zeiten für eine Übertragung buchen mussten«, erläutert Vito Zoiro. Wie schon bei einigen GroßEvents in den Vorjahren setzten die beiden Sender auch in Rio auf das Konzept, topaktuelle Beiträge mit EVS-, längere Stücke hingegen mit Avid-Systemen zu schneiden. »Dieses Setup hat sich für uns bewährt, weil wir oft auch parallel an verschiedenen Auswertungen arbeiten«, so Zoiro. »Der klassische Workflow sah aber üblicherweise so aus, das wir einen Beitrag am Avid schnitten, ihn dann an den Audiomix posteten, wo eine Sprachaufnahme stattfand, bevor das Stück dann wieder zurück an den Sende-Server ging oder auch überspielt wurde nach Baden-Baden/Mainz, wo es für den aktuellen Bereich weiterbearbeitet wurde.« Der Hi-Res-Schnitt erfolgte im IBC mit 13 Media-Composer-Schnittplätzen von Avid in der Nitris-DX-Ausführung. Den Redakteuren standen sowohl das Redaktionssystem iNews/Open Media zur Verfügung, wie auch diverse Interplay-Clients für

die News-Produktion. Weiter gab es im IBC einen EVS-Zuspielplatz und zwei EVS-Highlight-Schnittplätze. Im Audiobereich produzierten die beiden Sender Dolby-5.1-Ton. »Es gab eine zentrale Dolby-Mischung im IBC und wir arbeiteten mit einem Lawo MC90-System«, erläutert Vito Zoiro den Ablauf in der Audioproduktion.

Seite 28 | www.film-tv-video.de

hier aus wurden alle Hörfunkwellen der ARD mit Storys, Nachrichtenminuten und Live-Talks versorgt. Erstmalig bei einer WM gab es ab dem Viertelfinale und bei allen Spielen mit DFB-Beteiligung eine Hörfunk-Vollreportage, die den Zuschauerinnen und Zuschauern auf den Audio-Description-Kanälen bei ARD und ZDF zur Verfügung stand.

Online/App

Heimatredaktion Baden-Baden Für die Berichterstattung der aktuellen Sendungen hatte die ARD in Baden-Baden eine Heimatredaktion eingerichtet: Dort befanden sich eine Sende- und Havarie-Regie sowie sieben Schnittplätze, die alle Beiträge produzierten, die außerhalb der eigentlichen Sportsendungen stattfanden – also etwa in den Nachrichtensendungen. Weiter produzierte die ARD alle Grafiken, Trailer oder Bauchbinden in Baden-Baden. »Bei der Übertragung des Contents nach Deutschland wollten wir verstärkt file-basiert arbeiten, mussten aber aufgrund der 60/50-Hz-Wandlung nun doch verstärkt auf Videoüberspielung setzen, um eine möglichst gute Bildqualität zu erhalten«, erklärt Carsten Higler.

Hörfunk Auch beim ARD Hörfunk wurde mit Remote Production gearbeitet: Hier setzte man auf eine Remote-Regie, die in der Heimatredaktion am SWR-Standort Baden-Baden integriert wurde. In 9.000 km Entfernung wurden so die Spiele in Brasilien koordiniert und betreut. Vor Ort in Rio war ein voll digitales Hörfunk-Produktionszentrum entstanden, das im Wesentlichen unverändert bereits bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi zum Einsatz kam. Von

ARD und ZDF setzten auf eine Erweiterung des Online-Angebots, wobei die Bereiche Online-TV und Radio sehr eng verzahnt arbeiteten. Zudem boten ARD und ZDF eine umfangreiche WM-App an, die letztlich von HBS entwickelt wurde, als White-Label-App aber mit dem Branding des Senders vertrieben wurde. Die technische Grundlage dieser App war unter anderem die C-Cast-Technologie von EVS. Parallel zur App gab es natürlich auf den Web-Seiten der Sender eine umfangreiche Bild- und Tonberichterstattung zu sehen, zusätzlich waren die Spiele auch online abrufbar. »Die App war wirklich großartig und ein echter Mehrwert für die Zuschauer«, urteilt Carsten Higler.

Übertragung Die Fernseh-, Hörfunk-, Daten- und Kommunikationsverbindungen wurden über eine Leitungsverbindung übertragen, die aus Havariegründen über zwei Glasfaser-Seekabel geführt wurde. Eine weitere Übertragungsmöglichkeit über Satellit diente als Backup.

Zuschauer in der ganzen Welt Die 64 Spiele der Weltmeisterschaft wurden in 220 Länder weltweit übertragen, und der Host Broadcaster produzierte während der WM rund 5.000 Stunden an Material für die Broadcaster in aller Welt. An Inhalten mangelte es für die TV-Stationen also nicht. Für die deutschen Zuschauer endete die WM zudem mit einer Riesenüberraschung, und die Bilder der WM aus Brasilien werden uns im positiven Sinn noch über einen langen Zeitraum begleiten. Dieser Produktionsaufwand hat sich nicht nur wegen des WM-Titels gelohnt.

Produktionsreport: Leichtathletik-EM 2014 in Zürich

Leichtathletik-WM: Vom Letzigrund in die Welt Im August fand in Zürich die Leichtathletik-Europameisterschaft 2014 statt. An sechs Wettkampftagen traf sich die Elite europäischer Athleten im dortigen Stadion Letzigrund – und weltweit konnten rund 370 Millionen Zuschauer die Wettkämpfe im Fernsehen, im Radio wie auch Online verfolgen. film-tv-video.de sprach mit Verantwortlichen des HostBroadcasters, der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG SSR) über die TV-Übertragung des Events. Autoren: Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller Fotos: Nonkonform, Scheib

2014 ist reich an großen Sport­ ereignissen: Die Olympischen Winterspiele in Sotschi und die Fußball-WM in Brasilien überstrahlen natürlich vom Publikumsinteresse und vom Aufwand für die TV-Übertragung alles andere. Aber auch die Leichtathletik-EM, die im Sommer in Zürich stattfand, war ein Sport-Groß­ ereignis, das weltweit im Fernsehen gezeigt wurde. Der Veranstaltungsort, das Stadion Letzigrund in Zürich, ist Leichtathletik-Fans durch die Austragung des Leichtathletik-Events »Weltklasse Zürich« bekannt. Aber auch Fußballfans und Open-Air-Konzertbesucher kennen das 2007 an historischem Ort neu eröffnete Stadion.

Nachdem die Entscheidung für Zürich als Austragungsort der EM gefallen war, ging es vor rund vier Jahren auch für den Host-Broadcaster in die Vorplanung. »Die intensive Vorbereitung lief dann seit ungefähr einem Jahr, wobei die fernsehtechnische Planung komplett von TPC im Auftrag der SRG SSR umgesetzt wurde«, erläutert Dani Richiger, Broadcast-Koordinator des lokalen Organisations-Kommittees (LOC). TPC ist eine Tochtergesellschaft der SRG SSR und fungiert für die Mutter, aber auch für andere Auftraggeber, als technischer Dienstleister im TV-, Radio und Multimedia-Bereich. Wegen des jährlich stattfindenden, eintägigen Leichtathletik-Meetings »Weltklasse Zürich« liegen schon umfassende Erfahrungen mit der Übertragung von Leichtathle-

tikwettbewerben aus dem Letzigrund vor – aber eine Europameisterschaft ist natürlich eine andere Hausnummer und erreicht in vielen Aspekten eine ganz andere Dimension. Dani Richiger bestätigt das: »Die Austragung einer Leichtathletik-EM ist eine organisatorische Herausforderung, denn es gibt sehr viele Wettkämpfe und Disziplinen und auch viele parallele Entscheidungen, die im Stadion stattfinden. Das erfordert eine detaillierte Organisation und Planung. Die größten Herausforderungen, die wir bewältigen mussten, waren letztlich der schieren Größe dieser Produktion sowie der Gleichzeitigkeit vieler Wettkämpfe und der kurzen Installations- und Aufbauzeit im Stadion sowie im TV-Compound geschuldet.«

SRG: Weltbild und nationales Programm In Zürich war die SRG als Host-Broadcaster zusammen mit ihrer Tochterfirma TPC verantwortlich für die Seite 29 | www.film-tv-video.de

ARD und ZDF brachten eigene, zusätzliche Kameras mit nach Zürich.

Bereitstellung der Clean-Feeds von 47 Wettbewerben, die im Rahmen der EM ausgetragen wurden. Produziert wurde in HD 1080i/25 mit Stereoton. Rund 250 Personen beschäftigte der Host-Broadcaster aus dem Mitarbeiter-Pool der SRG, wobei etwa 60 % aus der Deutsch-Schweiz, 30 % aus der französischen Schweiz und 10 % aus der italienischen Schweiz kamen. Zusätzlich zum Weltbild musste die SRG auch die nationalen Programme für das Schweizer Fernsehen SRF, RTS, RSI und RTS produzieren und war deshalb auch mit einem größeren Team für diese Produktionsbereiche vertreten. »SRF, RTS und RSI sendeten während der EM täglich mehr als acht Stunden live aus Zürich«, berichtet Dani Richiger.

IBC, TV-Compound Auf dem TV-Compound direkt neben dem Stadion installierte die SRG innerhalb von 1 ½ Wochen als Host-Broadcaster das komplette Broadcast-Center. Hier wurden vom LOC 106 Container aufgebaut, die gemeinsam mit rund 20 Ü-Wagen und 40 Rüstwagen die Infrastruktur des TV-Compounds darstellten. Insgesamt waren 37 TV- und Radiostationen in Zürich, berichtet Andreas Lattmann, CTO der TPC AG und der SRG Sport Großevents.

Seite 30 | www.film-tv-video.de

Spezielle Kameratechnik im Letzigrund und in der Stadt Ein besonderes Augenmerk legte der Host-Broadcaster auf die Kameratechnik, um die unterschiedlichen Sportarten und Wettbewerbe jeweils optimal in Szene setzen zu können. Allein im Letzigrund-Stadion waren 72 Kameras aufgebaut, weitere 22 Kameras waren außerhalb des Stadions bei den Laufwettbewerben im Einsatz und fingen dort Bilder von Marathon und Gehen ein. René Salvini, Technischer Leiter der SRG Produktion im Letzigrund, fasst die großen Fragen bei der Bildgestaltung von Sportproduktionen so zusammen: »Wer gewinnt? Welche Emotionen löst der Wettkampf bei Athleten, aber auch Zuschauern aus?« Den ersten Schritt, um diese beiden Themen spannend und packend vermitteln zu können, stellen die Kamerapositionen dar. Um hier optimale Ergebnisse zu erzielen, waren in Zürich die unterschiedlichsten Kamerasysteme im Einsatz. Neben vielen kabelgebundenen Standard-Broadcast-Kameras, die übers ganze Stadion verteilt waren, setzte der Host-Broadcaster auch viele Drahtlos-Kameras und Steadicam-Systeme ein. Zwei Drahtlos-Kameraleute waren auf Handsfree-Segways unterwegs. Sie fuhren mit den elektrisch angetriebenen Fahrzeugen teilweise parallel zu den Läufern

mit, um packende und nahe Bilder einzufangen. »Mit den zwölf Drahtlos-Kameras im Stadion konnten wir die Athleten sehr intensiv begleiten«, resümiert Salvini und berichtet, dass zusätzlich zu den Drahtlos- und den Standard-Kameras auch noch zahlreiche weitere Spezialkameras im Einsatz waren. Sie sollten für ganz besondere Bilder und Perspektiven sorgen. So wurden in Zürich vier Supermotion-Systeme mit Slomo-Kameras der Grass Valley LDK-Serie und mit HDC-3300-Kameras von Sony verwendet. Zusätzlich nutzte der Host-Broadcaster fünf Highspeed-Systeme: »Eines davon stammte von Ikegami, das haben wir seit kurzem im eigenen GerätePool. Zusätzlich hatten wir Superloupe-Systeme von Digital Video Sud zugemietet – die haben sich unter anderem auch beim Tennisturnier Roland Garros und bei vielen anderen hochkarätigen Sport-Events bewährt, um extreme Zeitlupen zu liefern.« Die eigentliche Herausforderung bei extremen Zeitlupen sieht René Salvini im Rahmen von Leichtathletik-Events mittlerweile darin, sie im eng gepackten, straffen Wettkampfablauf überhaupt ausreichend unterzubringen und zu würdigen: »Beim Kugelstoßen bleibt beispielsweise gar nicht viel Zeit, um nach dem Wurf und der Angabe der gestoßenen Weite auch noch eine Slomo einzubauen, denn dann geht schon der nächste Athlet an den Start.« Eine schnelle Schienenkamera des Anbieters RTS, die der Hamburger Dienstleister PMT installierte, gehörte ebenfalls zum Produktions-Equipment im Stadion. Sie war mit zwei Kameraköpfen bestückt und begleitete die Sprinter entlang der 100-m-Strecke. »Auf der Schiene des RTS-Systems lief zum einen eine Standardkamera, zum anderen eine Supermotion mit – beide auf stabilisierten Köpfen«, erläutert René Salvini. Für spektakuläre Bilder von oben sorgte eine WingCam, die in Höhe des Stadiondachs entlangglitt. Bei der WingCam sitzt die teilstabilisierte Kamera auf einem Schlitten, der auf Seilen fährt – mit Geschwindigkeiten von bis zu 70 km/h. SRG setzt die

WingCam oft im Wintersport ein. »Das System hat den Vorteil, dass es sich sehr leicht umbauen lässt. In Zürich hatten wir die WingCam auf der einen Stadionseite fix installiert«, erläutert Salvini. »Auf der anderen Stadionseite gab es drei unterschiedliche Endpunkte. Die Seile lagen auf dem Stadiondach, und je nachdem, welche Disziplin wir aufzeichnen wollten, nutzen wir eben die passenden Kabel.« Eine Linie der WingCam führte während der WM entlang der 100-m-Bahn, eine weitere über den Speerwettkampf und die dritte schließlich über den Hammer/Diskus-Käfig. Als Kamera nutzt das WingCam-System der Firma Airtime Unlimited einen HDC-1500Kamerablock von Sony, das LinkSystem stammte von der SRG und das Telemetrie-System von Airtime Unlimited. »Bei den Bildern der WingCam wünschte sich die Regie, dass der Anflug von außerhalb des Stadions beginnt, deshalb haben wir die Anschlagpunkte entsprechend gesetzt«, erklärt René Salvini. Auch drei Kräne waren bei der EM im Einsatz: Einer war am Hochsprung platziert, ein weiterer entlang der Laufbahn und ein dritter sorgte für Beauty-Shots aus dem Publikum. Die Kräne stammten von Egripment, sie waren mit Hot-Shot-Köpfen und Sony HDC-1500-Kameras bestückt. Fünf fernsteuerbare RemoteKöpfe (Pan/Tilt) bestückte der Host sowohl mit Grass Valley LDK-Supermotion-Systemen, als auch mit Sony HDC-1500-Kameras. »Diese fernbedienten Setups setzten wir vor allem beim Kugelstoßen oder auch beim Hammerwurf ein, wo wir aus Sicherheitsgründen nicht mit Kameraleuten arbeiten konnten«, führt René Salvini aus. Eine weitere fernbediente Kamera war im Call-Room der Athleten installiert. Dort sollte sie, so dezent wie möglich, die Athleten bei ihren Vorbereitungen vor dem Start zeigen. Kleine und kompakte Kameras waren ebenfalls an diversen Stellen installiert. Beim Dreisprung, wie auch beim Weitsprung etwa, hatte der Host-Broadcaster kompakte Q-Ball-Kameras von Camera Corps installiert. René Salvini erklärt:

Eine WingCam sorgte für eindrucksvolle Bilder von oben.

»Damit zeigten wir bei den Sprungdisziplinen den Absprungbalken und beim Kugelstoßen die Fußfehler.« Die Q-Ball-Kameras lassen sich per Pan/ Tilt-Kopf bewegen und via RCP in den Kameraparametern fernsteuern. Eng ging es beim Hochsprung und beim Stabhochsprung zu. Dort installierte der Host-Broadcaster am Stabhaltekasten jeweils HD1200- und HD1100-Kameras von TV Skyline. Sie zeigten, wie der Stab bei Fehlversuchen aus der Halterung sprang. »Bei den Hochsprungdisziplinen entschieden wir uns für diese Kameras, weil sie extrem klein und kompakt sind. An diesen Stellen mussten die Kameras nicht bewegt werden, wir richteten sie lediglich einmal fix ein, weitere Steuermöglich­keiten der Kamera waren an dieser Stelle nicht notwendig«, führt René Salvini aus. Außerhalb des Stadions nutzte der Host-Broadcaster beim Marathon und beim Gehen HF-Technik, um Kamerasignale kabellos zu übertragen. »Neben Sony-Kameras auf Motorrädern setzten wir auch eine kreiselstabilisierte Wescam auf einem Fahrzeug ein. Zudem schickten wir einen Hubschrauber mit ebenfalls kreiselstabilisierter Cineflex in die Luft.« Beauty-Shot-Kameras auf dem Bürkliplatz in Zürich, dem Uetliberg und der Polyterrasse sowie Kameras in den Warm-Up-Stadien rundeten das Kamera-Equipment im Außenbereich ab.

Zwei Kameraleute waren auf Handsfree-Segways unterwegs.

Als wichtigen Punkt der Kameraplanung führt René Salvini die Logistik in Zürich auf: »Die Veranstalter möchten generell immer so viel Sport wie möglich und so wenig Technik wie möglich im Stadion haben. Das war auch in Zürich so und bedeutete für uns, dass wir immer möglichst wenig Mitarbeiter auf dem Feld haben sollten. Aus diesem Grund waren die Kameraleute bei uns diesmal auch dafür verantwortlich, ihr Equipment ohne weiteres Personal jeweils an die korrekte Position zu bringen und es am Ende des Produktionstages auch wieder in den Kamerabereich zu transferieren.« Spricht man René Salvini auf die immer umfangreicher werdende Kameratechnik an, die in Zürich genauso wie bei vielen anderen großen Sport-Events im Einsatz ist, sagt er: »Man will besondere Bilder liefern, muss aber auch immer die Kosten im Blick haben. Bei der WM in Zürich haben wir versucht, zwischen diesen beiden Polen die richtige Balance zu finden.« Seite 31 | www.film-tv-video.de

Andreas Lattmann, CTO der TPC AG und der SRG Sport Großevents.

Dani Richiger war Broadcast-Koordinator des LOC.

René Salvini war Technischer Leiter der SRG-Produktion im Letzigrund.

Hub-Konzept im Stadion

nen als Regien hatten, ordneten wir die Kameras im IBC hardware-mäßig über den Hub mittels einfachem Patch der jeweiligen Regie zu«, erklärt René Salvini den Hintergrund.

gnale aus dem Stadion und von den Außenstrecken verarbeiteten. Die Regien waren in fünf Ü-Wagen, zwei Flight-Case-Regien im Stadionumfeld, sowie einem weiteren Fahrzeug an der Außenstrecke untergebracht. »Neben den großen Ü-Wagen von TPC, dem größten technischen Dienstleister der SRG, waren weitere SRG-Produktionsfahrzeuge von RTS und RSI vor Ort in Zürich, um die diversen Disziplinen produzieren zu können«, berichtet TPC-Technikchef

Innerhalb des Stadions arbeitete der Host-Broadcaster SRG mit Anschlussboxen für die Kameras, die als Hubs bezeichnet wurden. Diese Anschluss-Stationen waren per Dark Fibre an die IBC-Infrastruktur angebunden. Ein Telecast-Adapter setzte am Hub die Kamerasignale für die Übertragung per Glasfaser um. Es konnten Kameras mit SMPTE- und mit Hybridverkabelung angeschlossen werden. »Weil wir mehr Diszipli-

Host-Broadcasting mit acht Regien Für die Aufgaben als Host-Broadcaster hatte die SRG acht Regien aufgebaut, die für die Produktion der verschiedenen Disziplinen genutzt wurden und die Kamerasi-

ARD und ZDF bei der Leichtathletik-EM ARD und ZDF arbeiteten bei der EM in Zürich wieder in mittlerweile bewährter Weise zusammen. Seitens der federführenden ARD war Björn König vom NDR als technischer Leiter vor Ort, vom ZDF war Jan Henrik Wagner für die Produktion zuständig. Neben dem Hauptprogramm für ARD und ZDF und dem Hörfunkangebot produzierten ARD und ZDF in Zürich ein kommentiertes Stream-Signal für Sieben- und Zehnkampf, sowie umfangreiche Online-Angebote mit weiteren On-Demand-Clips und Sportlerprofilen. Der NDR konzentrierte sich in Zürich mit zwei Ü-Wagen auf die Produktion, während das ZDF den Postproduktionsbereich abdeckte. »Diese Aufteilung haben wir auch schon bei Leichtathletik-Events in Moskau und Helsinki erfolgreich praktiziert«, erläutert Björn König. Mit sechs eigenen Kameras ergänzten ARD und ZDF das Weltbild um eigene, unilaterale Feeds. Dabei ging es in erster Linie darum, die deutschen Athleten und deren Trainer mit eigenen Kameras in den Fokus der

Seite 32 | www.film-tv-video.de

Berichterstattung rücken und etwa auch die Laufdisziplinen mit eigenen Bildern unterfüttern zu können. Neben einer Drahtloskamera, mit der unter anderem Trainerreaktionen eingefangen wurden, hatten ARD und ZDF eine weitere Kamera in der MixedZone für Interviews mit den Sportlern platziert. »Zudem haben wir traditionell eine Kamera in der linken Kurve am Start der Läufer, eine in der Mitte, um alles abdecken zu können, eine in der rechten Kurve für den 400m-Start und eine eigene Head-On-Kamera für Super-Slomos von den Läufen«, berichtet Björn König. Im größeren NDR-Ü-Wagen Ü1 wurde das Hauptprogramm produziert, der Ü2 diente als Schaltraum, für Uplink, In- und Outgest und auch für die Produktion des Internet-Streams von der Leichtathletik-EM. Mit vier Schnittplätzen deckte das ZDF den Postproduktionsbereich und die server-basierte Vernetzung des Setups in Zürich ab. Drei davon waren im ZDF-DPM-Schnittmobil untergebracht, das auch eine Avid-Isis-Speicherinfrastruktur bietet. Zusätzlich

gab es einen externen Schnittplatz im MPS-E-Container, hier waren auch die Avid- und EVS-Admins untergebracht. Im MPS-R-Container, der als Subregie mit drei EVS-Plätzen ausgerüstet war und dem Ü1 zuspielte, wurden die jeweiligen Feeds zusammengefasst und bearbeitet, um sie zeitnah nach den Live-Beiträgen senden zu können. Die Austauschmöglichkeiten zwischen Avid- und EVS-Welt nutzen ARD und ZDF auch in Zürich. »Üblicherweise bedienen wir uns bei solchen Groß-Events auch gerne aus der MPE, dem gemeinsamen Gerätepool von ARD und ZDF. Aber dieses Equipment ist aktuell noch auf der Rückreise von der WM in Brasilien, sodass wir darauf nicht zurückgreifen konnten« erklärt Björn König, der sich insgesamt sehr zufrieden über die Produktion in Zürich äußert: »Die Zusammenarbeit mit dem Host-Broadcaster und mit dem LOC in Zürich war wirklich hervorragend, wir hatten sehr kurze Wege und trafen auf eine bestens vorbereitete Installation in Zürich.«

EBU: Kameratest zu UHD, HDR und HFR

Andreas Lattmann. Drei der Fahrzeuge waren fix zugeteilt und produzierten Integrated Feed, Track Feed und Throws, während die Regien vier bis sieben den Wettkämpfen jeweils flexibel zugeordnet wurden. Die Flightcase-Regien produzierten ausschließlich Qualifikationsläufe, die auch mit weniger Kameras aufgezeichnet wurden. Im Winter setzt TPC die gleichen mobilen Regien ebenfalls oft für Sportproduktionen ein. Die Produktions-Feeds wurden dann im TOC (Technical Operations Center) verteilt. Hier wurden auch die Kommentatoren-Einheiten und die unilateralen Feeds geschaltet – alles dirigiert von einer BFE-Steuerung und verteilt über eine Imagine-Platinum-Kreuzschiene. Die Multiviewer stammten von Miranda. Audioseitig setzte der Host-Broadcaster auf Technik von Stagetec, die ohnehin in den SRG-Ü-Wagen verbaut ist. So übernahm ein Nexus-Netzwerk aus einem NexusStar und fünf Nexus-Basisgeräten die Verteilung des Host-Signals. In den insgesamt sieben Regien waren fünf Aurus- und zwei Crescendo-Pulte installiert, sie koordinierten die Übertragungen aus dem Inneren des Stadions. Den Signalaustausch zwischen den Übertragungswagen und dem Stadion ermöglichte ein Nexus-Netzwerk aus insgesamt 16 Basisgeräten.

Neue Auswertungen, Streaming Auf begleitende Apps, Se­ cond-Screen-Angebote oder Live­ Streaming verzichtete der HostBroad­ caster bei der Leichtathletik-EM. »SRF nutzte bei der Fußball-WM und auch in Sotschi solche neuen Auswertungsformen, doch bei der Leichtathletik-EM haben wir weder als nationaler Broadcaster noch als Host-Broadcaster solche Distributionsformen umgesetzt. Als Host-Broadcaster boten wir HD-SDI-Signale mit Stereoton an. Was darüber hinaus in Richtung Streaming oder App passieren sollte, realisierten die jeweiligen Rechteinhaber selbst«, erläutert TPC-Technikchef Andreas Lattmann.

Stadion-Studios Im Stadion selbst waren Fernsehstudios für die BBC aus England, France TV aus Frankreich, TV4 aus Schweden und zwei für die SRG (SRF/ RTS) eingebaut. Zusätzlich wurde eine Reihe von Presenter-Positionen installiert, für die sich auch ARD und ZDF, RAI und TVP aus Polen entschieden hatten. Rund 60 Kommentatorenplätze und eine große MixedZone rundeten das Angebot im Stadion ab. »All das wurde innerhalb einer einzigen Woche eingebaut«, erzählt Dani Richiger, »da zuvor noch Fußballspiele stattfanden, konnten wir das Innere des Stadions erst eine Woche vor der EM übernehmen.«

Die EBU nutzte die EM für die Produktion von Referenzmaterial, das Aspekte wie UHD-Auflösung, High Dynamic Range und High Frame Rate abbilden sollte. Im Einsatz waren auf der Kameraseite der Anbieter Arri mit einer Amira, die Schweizer Produktionsfirma Kamerawerk mit einer Phantom Flex und Grass Valley mit einer LDX XtremeSpeed und einer LDX WorldCam mit HDR-Ausgang. Die Amira zeichnete mit 100 und 200 fps in 1080p auf und speicherte das Material in ProRes 4444 auf Speicherkarten. Grass Valley verfolgte mit seinen Kameras einen Live-Workflow und zeichnete Sequenzen in zwei Varianten auf: in 1080p150, SDR mit 100% Shutter und in 1080p50, HDR mit 100% Shutter. Die Phantom Flex zeichnete in 4K-Auflösung Bilder mit 100, 300 und 1.000 fps auf Speichermagazine auf. In den kommenden Wochen will die EBU in Zusammenarbeit mit den Partnern aus diesem Material die finalen Testsequenzen produzieren, die dann den Mitgliedern und auch der Industrie zur Verfügung gestellt werden sollen. Im Fokus steht dabei auch das Grading des Materials, denn für die Auswertung von HDR-Material gibt es aktuell unterschiedliche Wege, die Hersteller wie Dolby, Philips und Technicolor, sowie die BBC verfolgen. Die EBU unterstützt hierfür die Standardisierung.

4K bei SRF und TPC SRF und der technische Dienstleister TPC stehen der 4K-Entwicklung aktuell eher skeptisch gegenüber, denn schließlich habe man gerade eben erst den Schritt zu HD bewerkstelligt. Andreas Lattmann sagt: »Augenblicklich beschäftigen uns eher die zahlreichen neuen Medien und die neuen Nutzungsformen der Zuschauern, und nicht eine höhere Auflösung. Bis zum Jahr 2015 werden wir das Thema der höheren Auflösung nicht im Sinne einer neuen Produktionsstrategie verfolgen, sondern allenfalls, wie hier in Zürich, gemeinsam mit anderen Partnern die neue Technologie testen.

Seite 33 | www.film-tv-video.de

Report: Remote-Production bei E-Sports-Event

Gamers Paradise Mobile Produktion, 18 Kameras, 22 Remote-Signale, Videomischer an der Auslastungsgrenze, technisch höchster Anspruch: Da denkt man bisher in Deutschland zuerst an eine große Fußballübertragung. Was TV Skyline unter diesen Vorzeichen in Köln realisierte, kommt aber aus einer ganz anderen Ecke: Der Spiele­ hersteller Riot Games realisierte im Rahmen der Computerspielmesse Gamescom ein Turnier der »­League of Legends Championship Series«, ließ es AV-technisch aufwändig in Szene setzen und streamte es weltweit. Autoren: Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller Fotos: TV Skyline

Die Gamescom ist das weltweit größte Event-Highlight für Computer- und Konsolen-Spieler. In diesem Jahr zog die Messe mehr als 335.000 Gamer nach Köln. Riot Games, der Hersteller des populären Online-Spiels »League of Legends«, nutzte die Messe auch, um ein E-Sports-Turnier seiner »ChampiSeite 34 | www.film-tv-video.de

onship Series« in Köln auszutragen und weltweit live zu streamen. Als technischen Dienstleister beauftragte Riot Games nach 2013 abermals das Mainzer Unternehmen TV Skyline mit der Live-Produktion vor Ort. 18 Kameras wurden eingesetzt, um die Turnierspieler – zwei Teams aus je fünf Spielern –, die Kommentatoren und weitere Bilder aus der Veranstaltungshalle aufzunehmen. Zusammen mit dem com-

putergenerierten Spielgeschehen, wurde daraus vor Ort ein Live-Programm für die Leinwand in der Halle produziert. Parallel wurden die insgesamt 22 Signale in die USA übertragen, dort ebenfalls live für den internationalen Markt aufbereitet und anschließend als Stream via Internet verbreitet. TV Skyline ist schon seit längerem für Riot Games in diesem Bereich tätig und hat für den Spiele-Her-

Die aufwändige Programmierung des Mischers ist ein Merkmal von E-Sports-Produktionen.

Hinter den Spielern ist das Spiel­ geschehen auf drei LED-Wänden zu sehen. Zudem können über den Mischer alle Aux-Wege beschaltet und für Übergänge separat genutzt werden.

steller Veranstaltungen an verschiedenen Orten in Europa auf diese Weise produziert. Seit Januar 2014 realisiert TV Skyline wöchentlich ein E-Sports-Turnier für den Computerspiel-Hersteller in dieser Form als Remote-Production. Üblicherweise ist das Ziel von Remote-Production, die Teams und den Aufwand vor Ort zu reduzieren und stattdessen die Signale in die Zentrale zu übertragen und dort mit der vorhandenen Technik daraus das Programm zu gestalten. Bei den Veranstaltungen der »League of Legends Championship Series« ist das prinzipiell ähnlich, aber es muss eben auch für das Publikum vor Ort ein Live-Bild ohne Laufzeiten und zeitliche Verzögerung auf der Leinwand geben, deshalb wird paral-

TV Skyline setzte für die Produktion in Köln 18 Kameras ein, darunter etliche von Ikegami.

lel produziert: Das Veranstaltungsbild entsteht komplett vor Ort, das Weltbild, das per Streaming verbreitet wird, entsteht hingegen per Remote-Production. Riot Games aus Los Angeles ist somit Vorreiter im Bereich Remote-Production und hat ein ausgeklügeltes Konzept für die eigenen E-Sports-Events entwickelt: Die Signale der Turniere an unterschiedlichsten Orten weltweit werden nach Los Angeles transferiert und von dort aus per Streaming ausgestrahlt.

Wachsende Popularität Gerade bei Veranstaltungen wie der Gamescom wird klar, wie stark das Interesse an diesem Themenbereich insgesamt und an »League of Legends« im besonderen ist: Die

Arena von Riot Games, die bei der diesjährigen Gamescom die halbe Halle 8 der Kölner Messe belegte, war bereits 30 Minuten nach Öffnung der Gamescom mit über 3.000 Personen gefüllt, sodass die Security den Stand abriegelte. Nur kurze Zeit später reichte dann die Warteschlange komplett einmal um den Messestand herum.

League Championship Series »League of Legends« ist ein Online-Strategiespiel, bei dem zwei Teams aus jeweils fünf Spielern gegeneinander antreten. Riot Games hat dieses Spiel entwickelt und gemeinsam mit den beiden E-SportLigen ESL und MLG (Major League Gaming), die »League Championship Series« gegründet. Seite 35 | www.film-tv-video.de

Dabei finden weltweit Turniere statt, in denen jeweils zwei Teams innerhalb von »League of Legends« direkt gegeneinander spielen. Die Turniere werden an verschiedenen Orten in Europa, Asien und Nordamerika ausgetragen und werden von Riot Games im Internet per Streaming verbreitet. Mit seinen Übertragungen im Internet erreicht der Spielehersteller Millionen Gamer, die diese Streams weltweit abrufen. Das Ganze hat sich mittlerweile zu einem ernsthaften, millionenschweren Business entwickelt. Die erfolgreichsten Turnierspieler, viele darunter aus Asien und den USA, sind Profis und verdienen mit ihrer Passion mehrere Millionen US-Dollar pro Jahr. In der Gamer-Community haben sie – vor allem in Asien – teilweise einen ähnlichen Status wie prominente Fußballspieler. So erklärt sich, dass die Hersteller solcher Online-Spiele sehr viel dafür tun, ihre Spiele und die darin vorhandenen Kaufoptionen den Interessenten auf allen Kanälen zu zeigen und sie damit noch präsenter und interessanter zu machen.

Rundum-Berichterstattung »Die Produktion eines solchen E-Sports-Turniers muss man sich vorstellen, wie die eines wichtigen Champions-League-Spiels: Da gibt es eine umfangreiche Vor- und Nachberichterstattung, Spielanalysen mit Wiederholungen und Slomos, Highlight-Zusammenschnitte, Zusatzinfos zu den einzelnen Spielern, Flash-Interviews, die Verwertung und Analyse der Teamkommunikation und natürlich auch Experten und Kommentatoren, die durch das ganze Turnier führen«, erklärt Robert Kis, Geschäftsführer von TV Skyline.

Produktion in Europa Der Mainzer TV-Dienstleister TV Skyline begann im vergangenen Jahr damit, für den Spielehersteller Riot Games aus Los Angeles die ersten E-Sports-Turniere zu produzieren. Seither hat TV Skyline wöchentlich die fernsehtechnische Umsetzung der Europaliga in Köln und zusätzlich europäische Turniere aus Paris und London realisiert.

Seite 36 | www.film-tv-video.de

Kommentatoren und Experten führen durch die Produktion.

Das Besondere daran: die Turniere fanden zwar in Europa statt, und am jeweiligen Veranstaltungsort stand auch immer der Ü-Wagen von TV-Skyline, um das Signal für das Publikum vor Ort zu produzieren. Die Quellensignale schickte TV-Skyline aber jeweils parallel per Glasfaser zu Riot Games nach Los Angeles. Der Ü-Wagen am Veranstaltungsort ist also für die Signalverwaltung und -verteilung zuständig, die vor Ort erforderlich ist. Die Kameras werden vor Ort bedient, ausgesteuert und überwacht. Die Bildregie vor Ort ist aber exklusiv für die Beschickung der Monitore und Bildwände am Veranstaltungsort zuständig. Parallel werden die Quellensignale nach USA übertragen und dort gestaltet eine zweite Crew das Streaming-Signal. Eine so aufwändige Produktion erfordert zum einen umfangreiche Kameratechnik, aber vor allem auch eine leistungsfähige Grafik und Bildmischung. Das überwiegend junge Publikum ist grafik- und effekt-affin, und natürlich legt Riot Games größten Wert darauf, dass die medientechnische Aufbereitung der Turniere so realisiert wird, dass sich Design und Qualität sowie »Look and Feel« des Spiels darin spiegeln. Das gilt zum einen für das Streaming-Signal, aber natürlich auch für das Programm in der Halle, das auf riesigen LED-Wänden hinter den Spielern für die Zuschauer zu sehen

ist. Auf diesem Hauptschirm der Veranstaltung werden zahlreiche Einzelsignale aus dem Spiel dargestellt: Je nach Spielverlauf wird die Darstellung dabei situativ verändert, das Layout ist also nicht statisch. Das erfordert einen leistungsfähigen Mischer mit vielen Ebenen und kaskadierbaren Effekten. Zusätzlich zur großen Leinwand gibt es an den Spielertischen große, zum Publikum gerichtete Monitore, auf denen die Zuschauer das Spiel aus der Sicht des jeweiligen Teams sehen können. Diese müssen ebenfalls separat beschickt werden.

Übertragung Insgesamt 18 Kameras fangen das Geschehen auf der Bühne und in der Halle ein. Zehn Kameras zeigen die einzelnen Spieler aus der Position einer Webcam. Hierfür werden Minikameras des Typs HD-1200 von TV Skyline mit einer speziellen Halterung direkt über dem Monitor des jeweiligen Spielers befestigt. Dank dieser Kameras kann das Publikum die Aktivitäten und Reaktionen der Spieler sehen. Die Bilder dieser Kameras werden einerseits von Zeit zu Zeit in das Programm auf dem Hauptschirm geschnitten, sie werden andererseits aber auch permanent auf den LED-Screens eingestanzt, die an der Frontseite der Spielertische zu sehen sind. TV Skyline hat die Kameras mit besonderen Optiken ausgerüstet,

Erfolgreiche Gamer haben Promi-Status.

Die Produktion eines E-Sports-Turniers kann man letztlich mit der eines wichtigen Champions-League-Spiels vergleichen.

sodass es keine Verzerrungen oder andere ungewollte Effekte gibt. Zusätzlich zu den zehn Minikameras sind noch Broadcast-Kameras von Ikegami im Einsatz, darunter etwa die HDK-97 und -970. Diese Kameras nehmen etwa die Moderatoren auf, zeigen Blicke auf die Teams und fangen Publikumsreaktionen ein. Unter anderem setzt TV Skyline auch den eigenen Kran GF9 bei der Produktion ein. TV-Skyline-Geschäftsführer Robert Kis sagt, dass sich Riot Games neben TV-erfahrenen Produzenten ganz gezielt für einen einzigen Broadcast-Dienstleister entschieden und diesen mit einem langfristigen Vertrag ausgestattet habe, weil man gemeinsam das Produkt weiterentwickeln und die Produktionsqualität langfristig hochhalten wolle.

Grafik Die aufwändige Programmierung des Bildmischers ist ein besonderes Element der E-Sports-Produktion. Sowohl für die Vor- und Nachberichterstattung um die Spiele herum, wie auch für die Übertragung während des laufenden Spiels selbst, werden die Bilder durch aufwändige Digitalund Picture-in-Picture-Effekte aufgewertet. Hierbei werden teilweise zahlreiche Ebenen benötigt, um die vielen Einzelsignale mit den gewünschten Effekten zu einem Gesamtsignal

kombinieren zu können. Grundsätzlich werden so gut wie alle Einzel­ elemente bewegt gefahren, kaum etwas ist statisch. Alle Grafiken und Borders sind vom Design her an die Grafik des Spiels angepasst und sorgen so für einen Gesamteindruck, der den Fans vertraut ist und auch aufwändig kombinierte Bilder für den Zuschauer wie aus einem Guss wirken lässt. »Wie lang die Signalkette dahinter ist, erkennt man nur, wenn man die einzelnen Fragmente kennt«, erläutert Daniel Renner, technischer Hauptverantwortlicher für das Projekt bei TV Skyline.

Signal-Übertragung Die Remote-Anbindung aus dem TV-Skyline-Ü-Wagen nach USA stellte besonders bei den ersten Produktionen eine große Herausforderung dar: Es gilt schließlich, insgesamt 22 Signale vom jeweiligen Veranstaltungsort in die USA zu übertragen, davon 18 Kamerasignale. In der Gegenrichtung wird die Crew im deutschen Ü-Wagen komplett von der Redaktion und der Regie aus den USA geführt. Mittlerweile haben die beteiligten Partner bei der Umsetzung aber eine gewisse Routine entwickelt.

Remote-Anbindung Alle Quellensignale, mit denen der Ü-Wagen vor Ort arbeitet, werden

Kompake Kameras zeigen die Spieler.

Das Publikum kann alle Aktionen und Reaktionen der Spieler sehen.

nach USA übertragen. Dazu übergibt der Ü-Wagen diese Signale an ein Transfersystem, das mit einer Kreuzschiene, Encodern und Multiplexern von Evertz bestückt ist – und das komplett aus den USA bedient und gesteuert wird. In der Anfangsphase wurden dabei zwölf TX- und sechs RX-Wege genutzt, die durch ein IP-basiertes Backup-System mit je zwei Wegen ergänzt wurden. »In dieser Phase wurden die Signale für Amerika in Deutschland vorgemischt und auf die jeweiligen Wege verteilt«, erläutert Daniel Renner. »In der aktuellen Ausbaustufe sind nun 22 TX- und 10 RX-Wege verfügbar. Das macht eine Vormischung überflüssig. Alle Signale laufen nun vom Ü-Wagen zunächst in Seite 37 | www.film-tv-video.de

In Köln waren über 3.000 Gamer live dabei.

einen Xenon-Router und dann in die Modulations-Frames. Dieses komplette System ist per Ethernet-Tunnel ins Konfigurations-Netzwerk von Los Angeles integriert und wird von dort gesteuert«, erklärt Daniel Renner. Alle Audiowege werden embedded übertragen. Zur Kommandoanbindung stehen ein VoIP-System sowie eine ISDN-Verbindung als Havariesystem zur Verfügung. Die Kommunikation auf beiden Seiten wird per Riedel-Artist-System realisiert. Hierzu steht in den Studios in L. A. und am jeweiligen Veranstaltungsort je ein System, das mit der Kommandoanlage des Ü-Wagen verbunden ist und von Los Angeles kontrolliert wird.

Tonmischung Die Tonmischung erfolgte in Köln nach Regie-Cues aus Los Angeles, denn man wollte verhindern, dass sich die Moderatoren, die sich ja vor Ort in der Veranstaltungshalle befinden, mit einem großen Delay hören würden. Damit kein Versatz zwischen Bild und Ton entstand, wurde auch der Bildschnitt vor Ort mitgefahren.

Besondere Herausforderungen »E-Sports in einer derartigen Professionalität und Größenordnung zu produzieren, war Neuland für TV Skyline. Wir mussten komplett neue Techniken und Abläufe bewältigen und die Besonderheiten, die das Metier hat, kennenlernen«, erläutert Robert Kis. Ein Aspekt, den Kis hervorhebt, liegt darin, dass sich die amerikaSeite 38 | www.film-tv-video.de

nischen Produktionsabläufe und Strukturen von den europäischen in vielen Bereichen unterscheiden. »All das zu verstehen und kennenzulernen, war sehr spannend und bereichernd«, sagt Daniel Renner und ergänzt: »Die visuellen Herausforderungen, besonders was die Programmierung und Bedienung des Bildmischers angeht, gehen weit über das hinaus, was hierzulande üblich ist: Viele Grafiken, Overlays und PiPs, die sich alle bewegen – das will alles bewältigt werden. Hier konnten wir davon profitieren, dass wir mit Kahuna einen Mischer nutzen, der die technischen Voraussetzungen dafür mitbringt und mit dem sich sehr viele Makros komfortabel programmieren und handhaben lassen.« Die Bedienung des Bildmischers setzte letztlich ein komplettes Verständnis der komplexen Programmierung voraus, denn es wurden über vier Mischebenen Effekte gebaut und dann einer Hauptebene zugeführt. Zudem liefen viele Signalwege für Wände und Monitore ebenfalls über den Mischer, um sie von dort aus belegen zu können.

Produktion in Asien mit Flight-Case-Systemen Ab September begleitet TV Skyline die »League of Legends Champion­ ship Series« auch in Asien: dort finden an fünf Stationen über einen Zeitraum von sechs Wochen die World Finals statt. Hierfür baut TV Skyline derzeit zwei hochwertige Flight-Case-Re-

gien, die dank 4-ME-Kahuna-Mischern, VSM-Steuerung und Lawo-Konsolen dafür sorgen sollen, dass die Asien-Produktionen mit gleichbleibend hohem Niveau realisiert werden können. »Diese Flight-Case-Regien haben in puncto Ausstattung den Qualitätsanspruch eines hochwertigen Ü-Wagens«, erläutert Robert Kis. Die Locations für die World Finals in Asien stellen sehr hohe Anforderungen an die Technik, denn in dieser Finalrunde sollen die Spiele mit jeweils 30 Kameras produziert werden. Zunächst werden die Gamer in Taipeh, Singapur und Busan antreten, bevor dann im Oktober im größten Fußballstadion von Seoul das Finale gespielt wird – zu dem rund 66.000 Zuschauer erwartet werden.

Impressum Sonderpublikation der Online-Plattform film-tv-video.de © Nonkonform GmbH Konradinstr. 3, 81543 München Gerichtsstand: München Stand: August 2014

Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller Autoren: C. Gebhard, G.Voigt-Müller. Fotohinweise: J. Fröhling, SWR/ Alexander Kluge, NDR/Torsten Jander, Nonkonform, Scheib, TV Skyline, ZDF/Werner Rudhart, Vito Zoiro, Titelfotos: NDR/ Torsten Jander, Nonkonform. Grafik: Anke Raum Anzeigen: Petra Reinhart Telefon +49-89-238887-15 Jegliche Verwendung von Bildern oder Texten, an denen film-tv-video.de/Nonkonform GmbH ein Copyright besitzt, die also von film-tv-video. de/Nonkonform GmbH erstellt oder bearbeitet wurden, bedarf einer schriftlichen Genehmigung durch die Nonkonform GmbH. Keine Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit, keine Haftung für Fehler und Irrtum. Es gelten die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Nonkonform GmbH. Die Wiedergabe von Warenzeichen, Firmen- und Handelsnamen erfolgt generell ohne Angabe von Copyright- und Trademark-Hinweisen, auch wenn es sich dabei in vielen Fällen um gesetzlich geschützte, eingetragene Warenzeichen, Wort- und/ oder Bildmarken handelt. Die Bezeichnungen und Logos werden ausschließlich redaktionell verwendet, zum Nutzen der jeweiligen Eigentümer und nicht in der Absicht, sie zu missbrauchen.

i be e n .d lle eo te id es v-v e b -t lin lm On w.fi ww Gebündeltes Wissen Übersichtlich aufbereitet Online bestellen bei film-tv-video.de Als Magazin und PDF verfügbar

www.film-tv-video.de Die ganze Branche. Online.

EMOTIONEN

REALITÄTSNAH

4000 > KELVIN

FLEXIBEL

CINE ZOOM DIGITALE ANSTEUERUNG

PL MOUNT BRENNWEITEN 14-400 MM

KONSTANTE T-NR.

LDS / iTECHNOLOGIE

16 BIT ENCODER

EINZIGARTIG

IBC 2014, Stand 11.C20 12. – 16. September 2014

FARBGETREU ULTIMATIVE LEISTUNG

Besuchen Sie uns in Amsterdam

35 MM

MAKRO-FUNKTION

KONTRASTREICH

Für große Emotionen: Fujinon Cine-Objektive Mit allem ausgestattet, was Kino lebendiger, spannender, emotionaler und actionreicher macht. Die leichten ZK-Modelle und die Premier Zoom Objektive der HK-Serie. Mehr per Scan oder unter www.fujifilm.eu/fujinon Fujinon. Mehr sehen. Mehr wissen.

4K+