Antigone - Buch.de

Paris Romanistik, Anglistik und Psychologie. Dissertation über die Rezeption des .... le und im Studium gelesen und interpretiert. Im Deutschunter- richt wird der ...
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Königs Erläuterungen und Materialien Band 388

Erläuterungen zu

Jean Anouilh

Antigone von Frauke Frausing Vosshage

Über die Autorin dieser Erläuterung: Frauke Frausing Vosshage, geboren 1941, studierte in Kiel und Paris Romanistik, Anglistik und Psychologie. Dissertation über die Rezeption des amerikanischen Dramas in Frankreich mit besonderer Berücksichtigung von Tennessee Williams’ A Streetcar named Desire. Weitere unterrichtsbezogene Veröffentlichungen zur amerikanischen, englischen und französischen Literatur. Sie unterrichtet seit über 30 Jahren Englisch und Französisch an einem Lübecker Gymnasium.

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5. Auflage 2010 ISBN 978-3-8044-1706-9 © 2001 by C. Bange Verlag, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten! Titelabbildung: Jean Anouilh Druck und Weiterverarbeitung: Tiskárna Akcent, Vimperk

2

Inhalt Vorwort ......................................................................... 1. 1.1 1.2 1.3

5

Jean Anouilh: Leben und Werk .......................... Biografie ................................................................. Zeitgeschichtlicher Hintergrund .............................. Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken .............................................

7 7 10

2. 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7

Textanalyse und -interpretation ......................... Entstehung und Quellen ......................................... Inhaltsangabe ......................................................... Aufbau ................................................................... Personenkonstellation und Charakteristiken ........... Sachliche und sprachliche Erläuterungen ................ Stil und Sprache ...................................................... Interpretationsansätze .............................................

26 26 32 44 49 66 72 76

3.

Themen und Aufgaben ........................................

82

4.

Rezeptionsgeschichte ...........................................

88

5.

Materialien ...........................................................

93

15

Literatur ............................................................... 100

3

4

Vorwort

Vorwort Jean Anouilh hat mit Antigone eines der bedeutendsten Werke des modernen französischen Theaters geschaffen, das ihn international bekannt gemacht hat. Er hat sich an der antiken Tragödie des Sophokles orientiert und doch seine eigene Thematik mit eindrucksvollen Charakteren geschaffen. Die erste Aufführung von Antigone im Februar 1944 war ein Ereignis vor allem aus zwei Gründen: Krieg und Besatzungszeit verliehen dem dramatischen Konflikt zwischen Widerstand und Anpassung bewegende Aktualität. Anouilhs Version des antiken Mythos symbolisierte zugleich die Suche des modernen Menschen nach Identität und Lebenssinn. Créon hat ihn in der Wiederherstellung der Ordnung in der Stadt Theben gefunden und ist willens, diese Ordnung gegen jede Rebellion zu verteidigen. Antigone wählt ihre Haltung des Ungehorsams und der Rebellion aus der Überzeugung heraus, dass Leben nicht mit Funktionieren verwechselt werden darf, sondern aus sich selbst wahrhaftig sein muss. Sie vertritt eine radikale Haltung, die Sympathie oder Kritik hervorruft, zum Nachdenken über eigene Vorstellungen und Werte auffordert, und mit der sich vor allem junge Menschen auseinandersetzen. Die überzeugende Konstruktion des Stückes, die meisterhaften Dialoge und die Gegensätze der Positionen haben das Werk auch zu einem Lektüre-Klassiker gemacht: Antigone wird aus all diesen Gründen mit Gewinn in der Schule und im Studium gelesen und interpretiert. Im Deutschunterricht wird der Vergleich verschiedener Versionen des Antigone-Themas auch Anouilhs Werk einbeziehen. Im Französischunterricht ermöglichen die überschaubare, konsequente

Vorwort

5

Vorwort Chronologie der Handlung und die moderne, gut verständliche Prosa einen relativ einfachen Zugang zum Werk und bieten interessante Aufgabenstellungen. Die vorliegenden Erläuterungen bieten Schülern, Studenten und Lehrenden eine ausführliche, informative und interpretierende Darstellung mit dem Werk im Mittelpunkt. Auch auf die Geschichte der Antigone-Thematik, vor allem die Antigone des Sophokles, wird hingewiesen. Informationen zu Leben, Werk und Weltbild des Autors Jean Anouilh lassen erkennen, dass Antigone ein typisches und zugleich herausragendes Stück in seinem Gesamtwerk ist. Das Kapitel über die Epoche verdeutlicht die Atmosphäre moralischer und politischer Bedrückung als Zeithintergrund des Werkes. Die verschiedenen Aspekte werden ergänzt durch die Zusatztexte und Anregungen in dem Abschnitt Materialien. Die Erläuterungen beziehen sich mit Zitaten und Seitenangaben auf die hervorragend kommentierte französischsprachige Reclam-Ausgabe von Antigone (Bd. 9227). Im Interesse der Französisch Lernenden und Lehrenden sind drei Teile der Erläuterungen ganz oder überwiegend französisch geschrieben: Ein Vokabelteil zur Textinterpretation, ein Aufgabenteil mit einer kurzen Inhaltsangabe und Strukturanalyse und ein Materialienteil mit Anregungen für Motiv-Vergleiche oder eine vertiefte Beschäftigung mit Einzelaspekten. Die Erläuterungen sollen den Leserinnen und Lesern Werk, Autor und Epoche nahebringen und Interesse wecken an einer eigenen Entdeckung des „univers anouilhien“.

6

Vorwort

1.1 Biografie

1.

Jean Anouilh: Leben und Werk

1.1 Biografie1 Jahr

Ort

Ereignis

1910

Bordeaux

1919

Paris

1928

Paris

1929

Paris

1930

Paris

Geburt von Jean Anouilh am 23. Juni als Sohn eines Schneiders und einer Klavierlehrerin, Väterlicherseits stammt die Familie aus dem Baskenland. Umzug der Familie nach Paris, Anouilh besucht die Ecole primaire sup. Colbert, danach das Collège Chaptal. Anouilh beginnt ein Jura-Studium, das er nach einem Jahr abbricht. Anouilh tritt eine Stelle als Texter in der Werbeagentur Damour an. Anouilh arbeitet kurze Zeit als Generalsekretär der Comédie des Champs-Elysées bei dem Schauspieler und Regisseur Louis Jouvet. Muss seinen Militärdienst ableisten, wird aber nach wenigen Monaten als wehruntauglich entlassen.

1

Alter

9

18

19

20

vgl.. 5. Materialien

1. Jean Anouilh: Leben und Werk

7

1.1 Biografie

Ort

Ereignis

1932

Paris

1933

Paris

Heirat mit der Schauspielerin Monelle Valentin. Geburt der Tochter Cathérine. Anouilh beginnt seine Tätigkeit für den Film, schreibt Gags und zahlreiche Drehbücher in den folgenden Jahrzehnten. Anouilh wird zur Armee nach Auxerre eingezogen, kommt jedoch nicht an die Front. Er wird nach der Niederlage Frankreichs auf dem Rückweg von den Deutschen gefangen genommen. Für einige Zeit ist er in einem Lager nahe Paris interniert, kann dann seine Freilassung erwirken. Anouilh setzt sich für den wegen Kollaboration zum Tode verurteilten Schriftsteller Robert Brasillach ein, sammelt Unterschriften für seine Begnadigung, obwohl er dessen politische Einstellung nicht teilt. Anouilh zieht nach Lausanne. Scheidung von Monelle Valentin. Anouilh heiratet die Schauspielerin Nicole Lançon. Aus der Ehe gehen drei Kinder hervor.

1940

8

Alter

Jahr

1945

Paris

1946 1953

Lausanne Lausanne

22 23

30

35

36 43

1. Jean Anouilh: Leben und Werk

1.1 Biografie

Jahr

Ort

Ereignis

1980

Paris

1987

Lausanne

Anouilh erhält den erstmals verliehenen Großen Theaterpreis der Académie Française. Anouilh stirbt am 3. Oktober in Lausanne.

1. Jean Anouilh: Leben und Werk

Alter 70

77

9

1.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund

1.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund Anouilhs Antigone gehört seit der Uraufführung am 4. Februar 1944 in Paris in den politischen Zusammenhang jener Jahre, die gleichbedeutend geworden sind mit der Zeit des Régimes von Vichy. „Vichy“ und „Résistance“ sind die beiden Schlüsselbegriffe, die bis heute für Kollaboration und Widerstand in den Jahren 1940–44 stehen.2 Auch die Rezeption von Antigone in der dramatischen letzten Phase der Besatzungszeit und am Beginn der „Libération“ wurde bestimmt von diesen beiden Erfahrungen.3 Entstehung und Aufführung der Antigone sind geprägt von der kulturellen und geistigen Situation jener Jahre und haben ihrerseits das kulturelle Klima mit geprägt. Antigone entstand in einer Zeit natioBesatzung und Teilung naler Erschütterungen, politischer und Frankreichs sozialer Krisen und moralischer Konfrontationen in Frankreich. Das Land war seit Juni 1940 in zwei Hauptzonen geteilt, die durch die „Demarkationslinie“ voneinander abgeriegelt waren: Der größte Teil Frankreichs im Norden und Nordwesten, Paris und der gesamte Bereich der Atlantikküste waren von deutschem Militär besetzt und wurden von der deutschen Polizei und Verwaltung beherrscht. Die sogenannte „freie Zone“, die Mitte und der Süden mit der Mittelmeerküste, wurde von der in Vichy residierenden Regierung des Generals aus dem Ersten Weltkrieg, Philippe Pétain, verwaltet und autoritär regiert. Die diskriminierende und anti-demokratische Gesetzgebung des Etat français, der Vichy-Regierung, orientierte sich in vielen Punkten an der Ideologie Nazi-Deutschlands und bedrohte damit 2 3

10

vgl. 5. Materialien Vgl. 4. Rezeptionsgeschichte 1. Jean Anouilh: Leben und Werk