Helmut Pirc
Alles über
Gehölzschnitt Ziergehölz-, Obst- und Formschnitt
Helmut Pirc
Alles über Gehölzschnitt
Helmut Pirc
Alles über Gehölzschnitt Ziergehölz-, Obst- und Formschnitt 628 Farbfotos 492 Zeichnungen
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 9
Botanische Grundlagen 10 Wie Pflanzen wachsen 12 Lebenszyklen und Reproduktion 13 Orte des Wachstums 14 Anpassung an winterliche Temperaturen 14
Triebformen, Knospen und Blütenbildung 15 Das Triebalter 15 Lang- und Kurztriebe 16 Knospenstellung 16 Blatt- und Blütenknospen 17 Zeitpunkt der Blütenknospenbildung 18
Saftdruck und Wachstumsgesetze 20 Orte bevorzugter Triebbildung 20 Verzweigungsformen bei Gehölzen 21 Wuchsformen der Gehölze 23 Kurzlebige Kleinsträucher und Halbsträucher 23 Ausläufertreibende Sträucher und Schösslings sträucher 23 Bodenschlüssige und breit wachsende Sträucher 24 Kahlfüßige Sträucher mit Basisförderung 24 Kahlfüßige Sträucher mit geringer Basisförderung 24 Kahlfüßige Sträucher mit Spitzenförderung 25 Baumartige wachsende Gehölze 25
Grundlagen des Gehölzschnitts 26 Werkzeug und dessen richtige Handhabung 28 Schnittwerkzeuge 28 Werkzeugpflege 30
Schnitttechnik und allgemeine Grundlagen 31 Der Schnitt 31 Schnittstärke und ihre Folge 34 Bäume stützen 34
Ausgangsmaterial, Schnitt und Formierung von Jungpflanzen 35 Qualität beachten 35 Jungpflanzen schneiden 36 Auswirkungen der Formierung auf Jungpflanzen 36
Schnittziele 38 Gesunderhaltung 38 Förderung der Blühwilligkeit 38 Schmuckwirkung fördern 39 Bestimmten Habitus erzielen 41 Kompakten, buschigen Wuchs erzeugen 41 Fruchtgewinnung 42 Laufende Pflegemaßnahmen 43 Schnittmaßnahmen, die man vermeiden sollte 44
Vom Pflanzschnitt zum Verjüngungsschnitt 45 Pflanzschnitt 45 Erziehungs- und Aufbauschnitt 46 Erhaltungs- und Pflegeschnitt 48
Verjüngungsschnitt 49 Aufbauschnitt nach dem Verjüngen 49 Schnittmethoden und ihre Auswirkungen 51 Schnittfehler und ihre Korrektur 54
Schnittpraxis 56 Laubbäume schneiden 58 Auswahl der Baumart 58 Jungpflanzenqualität 59 Schnitt am jungen Gehölz 59 Erziehungsschnitt 60 Erhaltungsschnitt 66 Besondere Schnitt- und Pflegemaßnahmen 69 Koniferen schneiden 72 Pflanz- und Aufbauschnitt 72 Erhaltungsschnitt 73 Verjüngungsschnitt 73 Klein- und Zwergkoniferen 73 Ziergehölze schneiden 75 Sommergrüne Ziergehölze 75 Schnitt der sommergrünen Ziergehölze von A bis Z 88 Immergrüne Ziergehölze 201 Schnitt der immergrünen Ziergehölze von A bis Z 203
Hecken schneiden 226 Auswahl der Heckenpflanzen 226 Einteilung der Hecken nach der Höhe 227 Einteilung nach Wuchsform der Hecken 227 Schnittart, -häufigkeit und -zeitpunkt 228 Formhecken 228 Blütenhecken und freiwachsende Hecken 238
Formschnitt 239 Pflanzenauswahl 239 Pflanzschnitt und Formen gestalten 240 Pflege und Schnitt bei Formgehölzen 241
Schling- und Kletterpflanzen schneiden 243 Einteilung der Kletterpflanzen 243 Allgemeines zu Kletterhilfen 244 Schnitt und Erziehung bei Kletterpflanzen 246 Schnitttechniken 246 Routineaufgaben 246 Schnitt der Kletterpflanzen von A bis Z 248
Rosen schneiden 270 Grundlegende Schnitt- und Pflegemaßnahmen 270 Einkauf und Pflanzung 271 Schnittzeitpunkt 272 Schnittgrundlagen 272 Edelrosen 274 Beetrosen 276 Zwergrosen 278 Stammrosen 279 Strauchrosen 280 Kletterrosen 287
Obstgehölze schneiden 294 Einteilung der Obstarten 294 Was Sie unbedingt beachten sollten 295 Baumformen und Unterlagen 295 Grundlagen und Begriffe des Obst gehölzschnitts 297
Entwicklungsstadien 300 Wachstumsgesetze 301 Gesetze der Schnittwirkung 303 Alter und Schnittmaßnahmen 304 Schnittzeitpunkt 304 Schnitt und Erziehung beim Kernobst 305 Schnitt und Erziehung beim Steinobst 320 Schnitt und Erziehung beim Beerenobst 331 Schnitt bei sonstigen Obstarten 346
Schnittkalender 348 Glossar 350 Zum Weiterlesen, hilfreiche Adressen 351 Register 352
Vorwort
Das Formieren und Erziehen von Pflanzen durch Schnitt wird von vielen Gartenbesitzern als die schwierigste aller Gartenarbeiten angesehen. Das mag wohl der Grund dafür sein, dass sich Gartenfreunde oft damit begnügen, entweder wahllos an den Pflanzen herumzuschneiden oder einfach alles radikal wegzuschneiden. Schnitt und Formgebung zählen jedoch zu den wichtigsten praktischen Fähigkeiten, die jeder Gärtner beherrschen sollte. Die Praxis zeigt uns mitunter bedauerlicherweise gerade das Gegenteil. Dabei kann das Schneiden von Gehölzen eine der erfolgversprechendsten Gartenarbeiten sein, bedenkt man, dass sich bei sachgemäßer Ausführung die Pflan-
zen prächtig entfalten, üppig blühen oder mit reichem Fruchtbehang schmücken. Auch wenn das Schneiden von Gehölzen kompliziert erscheinen mag, im Grunde genommen ist es nicht wesentlich schwieriger als andere Gartenarbeiten. Voraussetzungen dafür sind neben einem gesunden Menschenverstand und aufmerksamer Beobachtung die Kenntnis einiger spezifischer Pflanzeneigenschaften, zum Beispiel wie und wo die Pflanzen wachsen, blühen und fruchten. Hat man einmal verstanden und berücksichtigt, wie die Pflanzen auf diese Eingriffe reagieren, dann werden die entsprechenden Schnittmaßnahmen auch den gewünschten Erfolg mit sich bringen.
Bevor Sie eine Pflanze schneiden, sollten Sie diese als Ganzes in Augenschein nehmen. Schneiden Sie nie ohne einen Anlass. Es gibt auch so viele gute Gründe für das Schneiden der Pflanzen. Helmut Pirc
Botanische Grundlagen
Wie Pflanzen wachsen
Pflanzen benötigen neben ange messenen klimatischen Bedin gungen vor allem Licht, Wasser und Nährstoffe, damit sie ge deihen. Bei der Photosynthese werden in den Blättern mit Hil fe des Sonnenlichts aus Wasser und Kohlendioxid Zucker und
Zu den Organen der Pflanze gehören die Wurzeln mit den Faserwurzeln, der Stängel, dessen ältere Teile verholzt und braun sind, und die Seitentriebe mit Blättern und Knospen sowie der End- oder Terminalknospe.
Stärke gebildet. Diese Stoffe e rmöglichen es der Pflanze, Wurzeln, Triebe, Blätter, Blüten und Früchte zu entwickeln. Pflanzen wachsen dem Sonnen licht entgegen und verzweigen sich so, dass der größtmögliche Teil der Blattfläche dem Licht zugewandt und somit eine maxi male Photosyntheseleistung mög lich ist. Auch die Wurzeln breiten sich so aus, dass die Standfestig keit gewährleistet und die Auf nahme von Wasser und Nähr stoffen optimiert ist. Alle Pflanzen bestehen aus ober irdischen Organen (den Trieben, Blättern, Blüten und Früchten) sowie unterirdischen Organen (den Wurzeln). Bei Gehölzen, also Bäumen und Sträuchern, sind die oberirdischen Pflanzen teile verholzt, bei Bäumen unter teilt man dabei noch in Stamm und Krone. Jeder Teil der Pflanze erfüllt bestimmte Aufgaben: Aus den Blüten entwickeln sich Früchte beziehungsweise Samen, welche den Fortbestand der Art sichern. Die Blätter dienen als Kraft werke, in denen energiereiche Reservestoffe produziert werden. Der Transport der frisch gebil deten Photosyntheseprodukte
erfolgt in der Sprossachse von oben nach unten: Sie fließen in der Bastschicht von den Blät tern zu den Wurzeln. Die einge lagerten Reservestoffe, Wasser und Wachstumshormone werden dagegen im Splintholz zu den Knospen und Blättern transpor tiert. Dieser getrennt in zwei unterschiedlichen Schichten ver laufende Transport wird als Saft strom bezeichnet. Während der Ruheperiode im Winter sind die Reservestof fe festgelegt. Mit Beginn der Wachstumsphase im Frühjahr werden sie mobilisiert und ge meinsam mit den Wachstums hormonen im aufsteigenden Wasserstrom zu den Orten des Bedarfs transportiert. Da dieser Transport aktiv erfolgt und der aufsteigende Saftstrom unter Druck steht, spricht man von „Saftdruck“. Schneidet man zum Beispiel im Spätwinter bei einer Birke Zweige ab, so wird die Schnittstelle tagelang „bluten“, das heißt, der unter Druck ste hende Saft(strom) tritt aus. Das Kambium ist eine Wachs tumsschicht mit teilungsfähigen Zellen, das im Sprossquerschnitt im äußeren Bereich ringförmig angelegt ist. Nach innen hin bil
Lebenszyklen und Reproduktion
det es das Splintholz mit den Leitbündeln. Daraus entsteht spä ter das Kernholz, das ausschließ lich Gerüst- und Stützfunktion hat. Nach außen hin gibt das Kambium neues Gewebe, die so genannte Bastschicht, ab. Damit ist das Kambium für das Dicken wachstum der Gehölze, das be sonders bei den Stämmen der Bäume zu beobachten ist, verant wortlich. Aus den älteren Bast schichten entsteht die Rinde, die Triebe und Stamm schützt. Bei Verletzung der Triebe wird die Wunde vom Kambium geheilt, indem es von den Rändern aus gehend die Wunde verschließt. Bei großen Wunden kann dieser Vorgang mitunter Jahre dau ern. Auch bei der Veredlung von Pflanzen ist das Kambium beson ders wichtig, da von hier aus das Verwachsen der Unterlage mit dem Edelreis erfolgt. Die Wurzeln haben im Wesent lichen zwei Aufgaben: Sie müs sen die Pflanze so im Boden ver ankern, dass sie auch starke Win de unbeschadet übersteht, und sie sind darüber hinaus für die Aufnahme von Wasser und Nähr stoffen verantwortlich. Jeder Teil der Wurzel versorgt dabei einen bestimmten Teil des ober irdischen Triebs und wird im
Die einzelnen Schichten des Stammquerschnitts von innen nach außen: Das Kernholz ist die stützende Säule des Baums. Im Splintholz wird das Wasser mit den Nährstoffen von den Wurzeln in die Krone transportiert. Das Kambium, die dünne Zellschicht zwischen Rinde und Holz, besteht aus teilungsfähigem Gewebe. Hier findet das Wachstum des Stamms statt. Im Bast werden die Assimilate von den Blättern zu den übrigen Organen transportiert. Die Borke oder äußere Rinde besteht aus abgestorbenen Zellen und schützt den Stamm.
Ausgleich dazu von diesem mit Reservestoffen beliefert. Krän kelt ein Triebteil oder stirbt er ab, dann ist dies meist auf eine Schädigung des Wurzelsystems zurückzuführen, wie dies bei spielsweise bei Grabungsarbeiten oder anderen Baumaßnahmen im Wurzelbereich geschehen kann. Eine verletzte Wurzel ist nicht mehr gegen das Eindringen von Krankheitserregern geschützt, was nicht nur die Lebensdau er der Bäume verkürzt, sondern auch eine Gefahr für die Standsi cherheit darstellt.
Lebenszyklen und Reproduktion Jede Pflanze strebt danach, sich zur vollen Reife zu entwickeln und zu reproduzieren, also für Nachkommen zu sorgen, was in der Regel durch die Bildung von Samen erfolgt. Bei einigen Pflan zen ist dieser Lebenszyklus sehr
schnell, oft schon innerhalb einer Vegetationsperiode abgeschlos sen, und die Pflanzen sterben dann ab. Diese Pflanzen wer den als einjährig bezeichnet. Die verholzenden Pflanzen dagegen, die wie Sträucher mehrere Jahre oder wie Bäume gar jahrzehnte lang blühen und fruchten, benö tigen länger, um zur vollen Reife zu gelangen. Dafür haben sie den Vorteil, sich mehrfach reprodu zieren zu können. Pflanzen verfügen über die Fähig keit, die Struktur und Funktion ihrer Zellen über einen langen Zeitraum hinweg an bestimmte Situationen anzupassen und zu modifizieren. Auf diese Weise sind sie unter geeigneten Bedin gungen auch in der Lage, sich ungeschlechtlich zu vermehren. Darunter versteht man, dass sich genetisch gleichartige Nachkom men aus abgelösten Pflanzentei len (Ausläufer, Teile von Wurzel stöcken, Stecklinge, Steckhölzer usw.) entwickeln können.
13