Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer: Fragen und ... - Europa EU

07.04.2016 - Einnahmen, die sich 2014 auf fast 1 Billion EUR beliefen. Das Mehrwertsteuersystem hat jedoch nicht mit den Herausforderungen der heutigen ...
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Europäische Kommission - Factsheet

Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer: Fragen und Antworten Brüssel, 7. April 2016 1. Warum hat die Kommission einen Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer vorgelegt? Die Mehrwertsteuer ist in der EU eine bedeutende und wachsende Quelle öffentlicher Einnahmen. Das gegenwärtige Mehrwertsteuersystem ist jedoch zu aufwendig und zu kompliziert für Unternehmen, die ihre Tätigkeit über den Mitgliedstaat ihrer Ansässigkeit hinaus ausdehnen wollen. Dies stellt insbesondere ein Problem für kleine Unternehmen dar, da die Kosten des grenzüberschreitenden Handels im Schnitt 11 % höher sind als die des inländischen Handels. Außerdem ist das derzeitige Mehrwertsteuersystem in Bezug auf den grenzüberschreitenden Handel zu anfällig für Betrug. Schätzungen zufolge verursacht der grenzüberschreitende Mehrwertsteuerbetrug in der Europäischen Union Steuerausfälle in Höhe von rund 50 Mrd. EUR pro Jahr. Die derzeitigen Mehrwertsteuervorschriften für den grenzüberschreitenden Handel zwischen Unternehmen in EU-Mitgliedstaaten gehen auf das Jahr 1993 zurück. Sie waren damals als Übergangsregelung gedacht und tragen den technologischen Entwicklungen, den Veränderungen der Geschäftsmodelle und der Globalisierung der Wirtschaft nicht ausreichend Rechnung. Diese Vorschriften müssen umgestaltet werden, damit das Mehrwertsteuersystem einfacher und weniger betrugsanfällig wird und die Unternehmen die Vorteile des Binnenmarkts in vollem Umfang nutzen können. 2. Was ist der Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer? Der Aktionsplan enthält: – zentrale Grundsätze für ein künftiges einheitliches europäisches Mehrwertsteuersystem; – kurzfristige Maßnahmen zur Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug; – Optionen zur Modernisierung der EU-Regelung für die Festsetzung der Mehrwertsteuersätze durch die Mitgliedstaaten; – Vorschläge zur Vereinfachung der Mehrwertsteuervorschriften für den elektronischen Geschäftsverkehr im Rahmen der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt sowie für ein umfassendes Mehrwertsteuerpaket zur Erleichterung der Verfahren für KMU. Das von der Kommission vorgeschlagene künftige Mehrwertsteuersystem beruht auf dem Grundsatz, dass Gegenstände und Dienstleistungen in dem Land zu besteuern sind, in dem sie verbraucht werden. Die Steuervorschriften für die Erhebung der Mehrwertsteuer von Kunden im Inland werden auf grenzüberschreitende Umsätze ausgeweitet (siehe Frage 6). Allein diese Veränderung dürfte zur Verringerung des grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrugs um 40 Mrd. EUR pro Jahr beitragen. 3. Was sind die nächsten Schritte im Rahmen des Aktionsplans? Der Aktionsplan soll eine Debatte mit den EU-Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament anstoßen. Eine Einigung über das weitere Vorgehen würde es der Kommission ermöglichen, Legislativvorschläge zu allen im Aktionsplan aufgeworfenen Themen vorzulegen. Zu den im Jahr 2016 anstehenden Maßnahmen gehören Vorschläge zur Anpassung des Mehrwertsteuersystems an die digitale Wirtschaft und zur Beseitigung der mehrwertsteuerlichen Hindernisse für den grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr sowie spezielle Maßnahmen für elektronische Veröffentlichungen. Um die Mehrwertsteuervorschriften für kleine Unternehmen zu vereinfachen, soll 2017 ein Mehrwertsteuerpaket für KMU vorgelegt werden. Bereits vor der Schaffung des einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraums sollen 2016 verschiedene Initiativen zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der gegenseitigen Amtshilfe zwischen den Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten vorgelegt werden. Ein konkreter Vorschlag zur Verbesserung der Verwaltungszusammenarbeit im Bereich der Mehrwertsteuer ist für 2017 geplant, wobei auch Eurofisc, das Netzwerk der Mitgliedstaaten zur Verbesserung der Verwaltungszusammenarbeit bei der Bekämpfung von organisiertem Mehrwertsteuerbetrug, gestärkt werden soll.

Im Jahr 2017 will die Kommission einen Vorschlag für ein endgültiges Mehrwertsteuersystem für den grenzüberschreitenden Handel innerhalb der EU sowie eine Reform der Mehrwertsteuersätze unterbreiten. 4. Wen hat die Kommission diesbezüglich konsultiert? Die Mitgliedstaaten sind bereits an Beratungen und Diskussionen beteiligt, seitdem die Kommission im Jahr 2011 die Absicht bekundet hat, die derzeitigen Mehrwertsteuervorschriften zu überprüfen. Die Mitgliedstaaten werden auch weiterhin während des gesamten Prozesses konsultiert werden, bis ein Legislativvorschlag von der Kommission vorgelegt wird. Andere Akteure (Unternehmen, Steuerfachleute und Wissenschaftler) sind ferner über die Mehrwertsteuer-Expertengruppe eingebunden.

EIN KÜNFTIGER EINHEITLICHER EUROPÄISCHER MEHRWERTSTEUERRAU 5. Warum brauchen wir einen einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum, und wie wird er in der Praxis funktionieren? Das Mehrwertsteuersystem ist in der EU eine bedeutende und wachsende Quelle öffentlicher Einnahmen, die sich 2014 auf fast 1 Billion EUR beliefen. Das Mehrwertsteuersystem hat jedoch nicht mit den Herausforderungen der heutigen globalisierten, digitalen und mobilen Wirtschaft Schritt halten können. Es muss modernisiert werden, da es für die wachsende Zahl der grenzüberschreitend tätigen EU-Unternehmen zu kompliziert und zugleich zu anfällig für Betrug ist. Nach dem derzeitigen System wird jeder grenzüberschreitende Verkauf innerhalb der EU in einen mehrwertsteuerfreien Umsatz im Ursprungsland und einen mehrwertsteuerpflichtigen Kauf im Bestimmungsland unterteilt. Es funktioniert wie ein Zollsystem, verfügt jedoch nicht über entsprechende Kontrollen, so dass ein beträchtliches Maß an grenzüberschreitendem Betrug möglich ist [siehe Factsheet]. So ist etwa von Karussellbetrug die Rede, wenn das einführende Unternehmen die mehrwertsteuerfreien, importierten Gegenstände verkauft und auf den Verkauf Mehrwertsteuer berechnet, diese jedoch nicht an die Steuerbehörden abführt und vom Markt verschwindet. In einem robusten, einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum würden grenzüberschreitende Umsätze wie inländische Umsätze behandelt (d. h. der grenzüberschreitende Handel wäre nicht mehr von der Mehrwertsteuer ausgenommen), womit die Schwachstellen des Systems behoben würden. Das derzeitige System ist zu stark fragmentiert und wird den Erfordernissen des Binnenmarkts nicht gerecht. Es ist heute nicht mehr tragbar noch realistisch, das EU-System auf 28 unterschiedliche Mehrwertsteuerverfahren zu stützen. Die derzeitigen Vorschriften können Unternehmen davon abhalten, ihre Geschäftstätigkeiten über Grenzen hinweg auszuweiten. Ein EU-weites Mehrwertsteuersystem wäre eine Stütze für einen vertieften und faireren Binnenmarkt. Ferner würde es zur Förderung von Beschäftigung, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit beitragen. 6. Wie soll die Mehrwertsteuer künftig erhoben werden? In dem heute vorgelegten Aktionsplan wird ein künftiges Mehrwertsteuersystem vorgeschlagen, bei dem grenzüberschreitende Verkäufe in ein anderes EU-Land nach den Vorschriften des Ursprungslands zu dem im Verbrauchsland geltenden Mehrwertsteuersatz besteuert werden sollen. Bei einem grenzüberschreitenden Verkauf von Gegenständen oder Dienstleistungen würde die Mehrwertsteuer von der Steuerbehörde des Ursprungslands erhoben und an das Land überwiesen, in dem die Gegenstände oder Dienstleistungen letztendlich verbraucht werden. Die Abführung der Mehrwertsteuer soll für innerhalb der EU tätige Unternehmen durch ein Webportal in ihrem Heimatland erheblich vereinfacht werden. Andernfalls müssten sich Wirtschaftsbeteiligte in jedem Land, in dem sie tätig sind, für Mehrwertsteuerzwecke registrieren lassen, Steuererklärungen einreichen und die entsprechenden Zahlungen tätigen. Das Webportal würde überdies ermöglichen, dass die Mehrwertsteuer von dem Land erhoben wird, in dem der Verkauf getätigt wird, und an das Land überwiesen wird, in dem die Gegenstände oder Dienstleistungen verbraucht werden. Um einen schrittweisen Übergang zu gewährleisten, könnten vorschriftsmäßig handelnde Unternehmen (darunter auch KMU), denen von den zuständigen Steuerverwaltungen entsprechende Bescheinigungen ausgestellt wurden, zunächst weiter mehrwertsteuerfrei in einem anderen Mitgliedstaat Käufe tätigen und die Mehrwertsteuer im eigenen Land abführen.

Mehrwertsteuerbetrug 7. Wie groß ist das Problem des Mehrwertsteuerbetrugs?

Der Mehrwertsteuerbetrug resultiert aus den Schwachstellen des derzeitigen Mehrwertsteuersystems und daraus, wie die Steuerverwaltungen das System verwalten. Da die Mehrwertsteuer eine wichtige Quelle öffentlicher Einnahmen für die Mitgliedstaaten ist, haben Mehrwertsteuerausfälle große Auswirkungen auf den Staatshaushalt. In der Studie über die Mehrwertsteuerlücke wurden die EUweiten Mehrwertsteuerausfälle im Jahr 2013 auf 168 Mrd. EUR beziffert, wovon ein Großteil auf Mehrwertsteuerbetrug zurückzuführen ist. Es sind jedoch nicht alle Mitgliedstaaten in gleichem Maße von Mehrwertsteuerausfällen betroffen (die Mehrwertsteuerlücke bewegt sich zwischen 4 % und 41 %). Aus einer vor kurzem durchgeführten Studie [siehe hier] geht hervor, dass im Schnitt 36 % der Mehrwertsteuerlücke auf Mehrwertsteuerbetrug zurückzuführen sind. Der Mehrwertsteuerbetrug resultiert aus den Schwachstellen des derzeitigen Mehrwertsteuersystems und daraus, wie die Steuerverwaltungen das System verwalten. 8. Welche Maßnahmen zieht die Kommission zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs in Betracht? Die Kommission schlägt vor, das Mehrwertsteuersystem einfacher, gerechter und weniger betrugsanfällig zu machen. Sie hat zudem die Absicht, sofortige Maßnahmen zur Verbesserung der Mehrwertsteuererhebung zu ergreifen. Die sofortigen Maßnahmen betreffen drei Bereiche: i. Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten durch Austausch und gemeinsame Auswertung von Informationen; ii. Förderung der Steuerehrlichkeit durch Zusammenarbeit mit Unternehmen im Vorgehen gegen Betrug; iii. Unterstützung der Modernisierung der Steuerverwaltungen im Hinblick auf Betrugsprävention und Betrugsbekämpfung. Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über den voraussichtlichen Zeitplan für die geplanten Initiativen in diesem Bereich: Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Steuerverwaltungen, 2016 Zollbehörden und Strafverfolgungsbehörden sowie zur Stärkung der Kapazitäten der Steuerverwaltungen Bericht über die Bewertung der Richtlinie über die gegenseitige Amtshilfe bei der 2016 Beitreibung von Forderungen in Bezug auf Steuern Vorschlag zur Verbesserung der Verwaltungszusammenarbeit auf dem Gebiet der 2017 Mehrwertsteuer und der Stärkung von Eurofisc Vorschlag für das endgültige Mehrwertsteuersystem für den 2017 grenzüberschreitenden Handel (einheitlicher europäischer Mehrwertsteuerraum, Teil des REFIT-Programms)

Mehrwertsteuersätze 9. Was muss bezüglich der Mehrwertsteuersätze geändert werden? Die geltenden Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie stammen aus den 1990er Jahren, als davon ausgegangen wurde, dass sich das Mehrwertsteuersystem in eine andere Richtung entwickeln würde, als es tatsächlich der Fall war. Damals verständigten sich die EU-Mitgliedstaaten auf einen Mehrwertsteuernormalsatz von mindestens 15 % auf alle Gegenstände und Dienstleistungen. Darüber hinaus vereinbarten sie, dass ein ermäßigter Steuersatz von 5 % oder mehr auf die in einem zuvor festgelegten Verzeichnis aufgeführten Gegenstände und Dienstleistungen angewandt werden könnte. Eine Reihe anderer ermäßigter Steuersätze wurde mit bestimmten Mitgliedstaaten bei ihrem EU-Beitritt im Rahmen sogenannter „Stillhalte-Ausnahmeregelungen“ ausgehandelt. Die derzeitigen Vorschriften sind nicht an neue Entwicklungen und Wirtschaftszweige, etwa digitale Produkte, angepasst worden. Eine derartige Modernisierung ist schwierig, da alle Beschlüsse in diesem Bereich einstimmig gefasst werden müssen. Die Kommission hat die Absicht, die Vorschriften zu modernisieren, nicht mehr zeitgemäße rechtliche Beschränkungen für die Mitgliedstaaten aufzuheben und gleichzeitig die Erosion der Mehrwertsteuereinnahmen und damit ein Schrumpfen des Steueraufkommens zu verhindern. Die Kommission nimmt die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 17. März 2016 zur Kenntnis, in denen die Überprüfung der Vorschriften für ermäßigte Mehrwertsteuersätze begrüßt wird.

Die Kommission wird mit allen Mitgliedstaaten eng zusammenarbeiten, damit sie rasch einen diesen Schlussfolgerungen entsprechenden Rechtssetzungsvorschlag unterbreiten kann. 10. Was ist im Hinblick auf die Steuersätze geplant? Die Kommission wird vorschlagen, die Regelung für die Mehrwertsteuersätze zu modernisieren und den Mitgliedstaaten bei der Festsetzung der Mehrwertsteuersätze mehr Flexibilität einzuräumen. Dies kann auf zwei verschiedene Arten erfolgen: Option 1: Ausweitung der Möglichkeit, ermäßigte Sätze anzuwenden, und regelmäßige Überprüfung des entsprechenden Verzeichnisses von Gegenständen und Dienstleistungen. Im Rahmen dieser Option würden alle derzeit geltenden ermäßigten Steuersätze einschließlich der bestimmten Mitgliedstaaten gewährten Ausnahmeregelungen (z. B. Nullsätze) beibehalten und könnten allen Mitgliedstaaten verfügbar gemacht werden, womit Gleichbehandlung gewährleistet wäre. Der Mehrwertsteuernormalsatz von mindestens 15 % würde beibehalten. Option 2: Einführung des Grundsatzes, dass die Mitgliedstaaten die ermäßigten Steuersätze frei festsetzen können, solange diese nicht zu steuerlichen Verwerfungen führen. In diesem Fall wären jedoch Vorkehrungen gegen unlauteren Steuerwettbewerb und Betrug erforderlich, z. B. eine Begrenzung der zulässigen Anzahl ermäßigter Steuersätze pro Mitgliedstaat und ein Verbot von ermäßigten Mehrwertsteuersätzen für leicht zu befördernde, hochwertige Gegenstände. Die Mitgliedstaaten müssten auch weiterhin die allgemeinen Binnenmarkt- und Wettbewerbsvorschriften einhalten. 11. Sollen die Nullsätze und ermäßigten Steuersätze abgeschafft werden? Nein. Das Ziel des Vorschlags besteht darin, die Regelung für die Mehrwertsteuersätze zu modernisieren und den Mitgliedstaaten bei der Festsetzung der Mehrwertsteuersätze mehr Flexibilität einzuräumen. Es geht nicht darum, die bestehenden ermäßigten Sätze oder Nullsätze abzuschaffen. Im Hinblick auf die Anhebung der Mehrwertsteuersätze ist in dem Vorschlag keine Änderung vorgesehen. Zurzeit liegt es im Ermessen der Mitgliedstaaten, ihre Mehrwertsteuersätze zu erhöhen. 12. Wird eine Senkung der Mehrwertsteuersätze für bestimmte Produkte wie E-Books, Tampons, energiesparendes Material usw. in Betracht gezogen? Wenn auf Grundlage einer der von der Kommission vorgeschlagenen Optionen für die Mehrwertsteuersätze eine Einigung erzielt wird, erhalten die Mitgliedstaaten mehr Freiheit bei der Anwendung ermäßigter Mehrwertsteuersätze für bestimmte zusätzliche Produktgruppen. Bei Option 1 könnten alle Mitgliedstaaten die Mehrwertsteuersätze für die in dem bestehenden Verzeichnis aufgeführten Gegenstände oder Dienstleistungen herabsetzen, womit das Problem der Ungleichbehandlung gelöst würde. Allerdings dürften die Mitgliedstaaten keine völlig neuen Nullsätze einführen. Bei Option 2 stünde es den Mitgliedstaaten frei, die Mehrwertsteuersätze für Gegenstände und Dienstleistungen nach eigener Wahl festzusetzen, sofern dies nicht zu unlauterem Steuerwettbewerb oder einer übermäßigen Verkomplizierung des Mehrwertsteuersystems führt. Der Fall der elektronischen Veröffentlichungen wird im Kontext der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt separat behandelt [siehe Frage 18]. 13. Bleibt die Unterscheidung zwischen lebensnotwenigen, nicht lebensnotwendigen und Luxusgütern aufrechterhalten? Die Vorstellung, dass in den EU-Vorschriften zwischen lebensnotwendigen, nicht lebensnotwendigen und Luxusgütern unterschieden wird, ist ein Mythos. Der sogenannte Luxussteuersatz wurde bereits vor Jahrzehnten abgeschafft, und es stimmt nicht, dass Gegenstände als lebensnotwendig oder nicht lebensnotwendig eingestuft werden. Derzeit gibt es nur ein Verzeichnis von Gegenständen, auf die ermäßigte, stark ermäßigte Sätze oder der Nullsatz angewandt werden können.

VORÜBERGEHENDE AUSNAHMEREGELUNGEN 14. Wie wird die Kommission mit von einigen Ländern vorgelegten Anträgen auf Ausnahmeregelungen vom Mehrwertsteuersystem umgehen? Einige Mitgliedstaaten haben beantragt, von den allgemeinen Grundsätzen des Mehrwertsteuersystems der EU (nach dem die Mehrwertsteuer auf allen Ebenen der Produktionskette erhoben wird) abzuweichen und ein allgemeines Reverse-Charge-Verfahren anzuwenden. Ausnahmen dürfen nach den geltenden Vorschriften in Fällen gewährt werden, in denen sie der

Vereinfachung der Steuererhebung oder der Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs dienen. Diese Art von Ausnahmeregelung muss in ihrem Geltungsbereich jedoch begrenzt sein. Allgemeine Ausnahmen von den Grundsätzen des EU-Mehrwertsteuersystems sind nach den derzeitigen Mehrwertsteuervorschriften nicht zulässig. Die Kommission hat diese Anträge daher aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Die jetzige Diskussion wird darüber geführt werden, ob die Mehrwertsteuervorschriften selbst geändert werden sollen, so dass die Mitgliedstaaten künftig in der Lage wären, bestimmte Ausnahmeregelungen einzuführen. 15. Was ist das Reverse-Charge-Verfahren, und warum wollen manche Mitgliedstaaten es einführen? Das Reverse-Charge-Verfahren ähnelt stark einer Verkaufssteuer. In der Praxis bedeutet dies, dass die Umsätze zwischen den Unternehmen steuerfrei abgerechnet werden, während die Mehrwertsteuer erst beim Endverbraucher anfällt. So würde bei einem in Land A produzierten und anschließend ins Land B verkauften Tisch die Mehrwertsteuer letztendlich nur vom Käufer des Tisches und nicht von den verschiedenen an Herstellung, Beförderung und Vertrieb des Tisches beteiligten Unternehmen entrichtet werden. Nach Auffassung der Mitgliedstaaten, die sich für ein solches System einsetzen, würde es einer ganz bestimmten Art von grenzüberschreitendem Steuerbetrug, dem Karussellbetrug, Einhalt gebieten [siehe Factsheet]. Dies muss jedoch sorgfältig geprüft werden, da ein solches System auch Nachteile hat. Es kann ausgenutzt werden und ist anfällig für Missbrauch, weshalb es umfangreiche Berichtspflichten für Unternehmen erfordert. Eine vor kurzem durchgeführte Studie hat gezeigt, dass dieses System zu einem Anstieg der Verwaltungskosten um rund 40 % führen könnte. Bei dem Reverse-Charge-Verfahren bestünde zudem die Gefahr, dass der Betrug auf die Ebene des Einzelhandels oder in andere Mitgliedstaaten verlagert würde, da Gegenstände mehrwertsteuerfrei erworben und anschließend auf dem Schwarzmarkt weiterverkauft werden könnten. 16. Wie geht die Kommission die betrugsbezogenen Bedenken einiger Länder ein? Der Mehrwertsteuerbetrug betrifft nicht alle EU-Länder gleichermaßen, und der Kommission ist bewusst, dass praktische und kurzfristige Lösungen zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs gefunden werden müssen. Die Kommission wird die genannten Anträge auf Ausnahmeregelungen daher unter Berücksichtigung der möglichen politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen prüfen. Es ist besonders wichtig, die Auswirkungen auf Unternehmen und Steuerverwaltungen zu bewerten, und auf die Bedenken, dass der Betrug möglicherweise in die Nachbarländer oder auf die Einzelhandelsebene verlagert werden könnte, einzugehen. Gleichzeitig wird die Kommission die von Mehrwertsteuerbetrug betroffenen Mitgliedstaaten beim Ausbau ihrer Steuererhebungs- und Kontrollkapazitäten unterstützen. Ferner soll Eurofisc bei der Durchführung von Risikoanalysen und gemeinsamen Steuerprüfungen eingesetzt werden. Die Kommission beabsichtigt, dem Rat bis Juni 2016 über ihre Erkenntnisse Bericht zu erstatten.

MEHRWERTSTEUER FÜR DEN ELEKTRONISCHEN GESCHÄFTSVERKEHR 17. Wie sollen die Vorschriften geändert werden, damit sie mit dem digitalen Zeitalter Schritt halten können? Erstens müssen wir gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen schaffen. Der grenzüberschreitende Handel innerhalb der EU sollte für Online-Unternehmen einfacher werden. Zweitens ist es für Unternehmen kostspielig, die sich aus dem grenzüberschreitenden Handel ergebenden Mehrwertsteuerpflichten zu erfüllen: Ein Unternehmen, das Gegenstände oder Dienstleistungen in andere Länder verkauft, muss pro Land, in dem es seine Verkäufe tätigt, rund 8000 EUR jährlich an Befolgungskosten aufbringen. Unternehmen führen die Mehrwertsteuerpflichten als eines der größten Hindernisse für den grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr an. Drittens sind die Mehrwertsteuerausfälle, unter anderem durch Nichteinhaltung der Vorschriften und durch Betrug, im digitalen Sektor besonders hoch: Einer vor kurzem durchgeführten Studie zufolge entgehen den Mitgliedstaaten auf diese Weise Einnahmen von bis zu 5 Mrd. EUR jährlich. 18. Was wird die Kommission im Bereich des digitalen Binnenmarkts vorschlagen? Die Kommission wird im Rahmen der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt bis Ende 2016 Legislativvorschläge zur Verringerung des Verwaltungsaufwands für Unternehmen aufgrund

unterschiedlicher Mehrwertsteuersysteme vorlegen. Der Vorschlag wird folgende Ziele haben: – Ausweitung des derzeitigen einzigen Webportals, über das ein Verkäufer die gesamte Mehrwertsteuer sowohl für Verkäufe im Inland als auch für Verkäufe in andere EU-Länder in seinem eigenen Mitgliedstaat deklarieren und abführen kann. Die Steuerbehörde überweist dann die Mehrwertsteuereinnahmen an den Mitgliedstaat, dem die Steuer geschuldet wird. Dieses System existiert bereits für elektronische Dienstleistungen. Bei über das Internet verkauften Gegenständen müssen sich die Verkäufer jedoch in jedem Mitgliedstaat, in dem sie Kunden haben, für Mehrwertsteuerzwecke registrieren lassen; – Einführung einer Mehrwertsteuerfreigrenze zur Unterstützung von Start-up- und Kleinstunternehmen; – Harmonisierung der Steuerprüfungen in diesem Bereich (Prüfungen im Heimatland): Es soll sichergestellt werden, dass Unternehmen nur von der Steuerverwaltung ihres Heimatlands geprüft werden; – Aufhebung der Mehrwertsteuerbefreiung für die Einfuhr von Kleinsendungen von Anbietern aus Drittländern: Diese Regelung verzerrt mittlerweile stark den Wettbewerb zuungunsten der EUUnternehmen und ist häufig Gegenstand von Missbrauch. In Zukunft soll die Mehrwertsteuer auf die Einfuhr von Kleinsendungen überwiegend über das einzige Webportal von den Verkäufern oder den auf ihre Rechnung handelnden Vermittlern abgeführt werden. 19. Wie sollen elektronische Veröffentlichungen besteuert werden? Die Kommission wird im Rahmen der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt einen Vorschlag unterbreiten, mit dem der ungleichen Besteuerung von gedruckten und elektronischen Veröffentlichungen abgeholfen werden soll. Rechtliche Beschränkungen führen nämlich oftmals dazu, dass der Mehrwertsteuersatz für elektronische Veröffentlichungen höher ist als der für die entsprechende Druckfassung. Die Kommission wird sich in ihrem Vorschlag für eine Angleichung der Mehrwertsteuersätze für elektronische Veröffentlichungen in der gesamten EU einsetzen. 20. Was soll in Bezug auf mehrwertsteuerfreie Kleinsendungen aus Drittländern unternommen werden, die derzeit den EU-Markt überschwemmen? Der Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer sieht vor, die Mehrwertsteuerbefreiung für die Einfuhr von Kleinsendungen von Anbietern aus Drittländern aufzuheben. Mit rund 150 Millionen Paketen, die jedes Jahr mehrwertsteuerfrei in die EU eingeführt werden, ist diese Regelung anfällig für Betrug und Missbrauch und führt zu erheblichen Verzerrungen zuungunsten der EU-Wirtschaft. In Zukunft soll die Mehrwertsteuer auf die Einfuhr von Kleinsendungen überwiegend über das einzige Webportal von den Verkäufern oder den auf ihre Rechnung handelnden Vermittlern abgeführt werden. 21. Wie möchte die Kommission den mit der Mehrwertsteuererhebung verbundenen Verwaltungsaufwand für KMU reduzieren? Die Arbeit an einem umfassenden Paket von Vereinfachungen für KMU hat bereits begonnen. Dieses Paket umfasst eine Überprüfung der Mehrwertsteuerregelung für KMU, wobei unter anderem der Frage nachgegangen werden soll, wie kleinen und mittleren Unternehmen die Mehrwertsteuerpflichten erleichtert werden können. Die Kommission wird bis Ende 2017 entsprechende Legislativvorschläge vorlegen. Es ist zwar noch zu früh, um zu sagen, welche Elemente dieses Paket konkret beinhalten wird. Der Vorschlag soll jedoch dazu dienen, den Verwaltungsaufwand zu verringern und die Rahmenbedingungen für das Wachstum und den grenzüberschreitenden Handel von KMU zu verbessern. 22. Wie fügt sich dieser Aktionsplan in das REFIT-Programm der Kommission ein? Der Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer ist Teil des REFIT-Programms der Kommission, das das EU-Recht vereinfachen und die Regulierungskosten senken soll. Ziel ist die Schaffung eines klaren, stabilen und verlässlichen Rechtsrahmens, der Wachstum und Beschäftigung fördert. MEMO/16/1024