«Im Herzen war ich schon Baslerin»

03.10.2011 - leiterin von Basel ist eine gepflegte Frau, .... türe: «Ich kenne Frau von Jacobs nicht persönlich. .... zogene Menschen an das Gesetz hal- ten.
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b   asel.stadt.

 | Montag, 3. Oktober 2011 | Seite 15

«Im Herzen war ich schon Baslerin»

nachrichten Zwei Männer brutal zusammengeschlagen

Die Deutsche Nicole von Jacobs steht als Basels neue Integrationsleiterin im Focus

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Cliquenkeller des Barbara-Clubs fühlt sich Nicole von Jacobs sehr wohl.  Foto Margrit Müller

Basel. Zwei Portugiesen im Alter von 22 und 29 Jahren sind am Freitagabend kurz vor 20 Uhr in der Müllheimer­ strasse brutal zusammengeschlagen worden. Das Brüderpaar wollte laut der Kriminalpolizei eine Liegenschaft an der Sperrstrasse betreten, als es von vier Männern angegriffen wurde. Die beiden flüchteten darauf in Richtung Müllhei­ merstrasse, wurden dort aber von den Tätern mit verschiedenen Gegenstän­ den wie Stühlen und Latten geschla­ gen. Einem der Opfer wurde mehrmals gegen den Kopf getreten, als es am Boden lag. Dank der Hilfe von Gästen aus der Café-Bar St. Tropez liessen die Angreifer schliesslich von ihren Opfern ab. Die beiden Brüder mussten mit diversen Verletzungen in die Notfallsta­ tion eingewiesen werden. Nach den vier Tätern sucht die Polizei.

Drei Brandstiftungen bei Schulhäusern

Von Katrin Roth Basel. Nicole von Jacobs (55) empfängt

im Cliquenkeller des Barbara-Club 1902 zum Gespräch. Die neue Integrationsleiterin von Basel ist eine gepflegte Frau, mit jugendlichem Gesicht, sorgfältig abgestimmter Garderobe, tadellos frisiertem Haar. Herzlich. Ungekünstelt. Aufmerksam. Sie ist hier, um über ihren Job zu reden – und beginnt dabei ganz von vorne. Früher, erzählt von Jacobs, nannten sie alle Ni-Kole. Weil niemand ihren Vornamen richtig aussprechen konnte. «In meiner Kindheit hiessen die Mädchen Renate, Petra oder Sybille. Nicole, das kannte man nicht.» Damals habe sie ein erstes Mal realisiert, dass sie anders war. Wegen ihres Namens. Aber auch wegen ihrer Herkunft: «Ich stamme aus einer Flüchtlingsfamilie.» In Stuttgart, wo sie geboren wurde, gab es nur wenige Familien mit ähnlichem Hintergrund: Die Mutter eine in der Tschechei geborene Sudetendeutsche, der Vater der eines russischen Beamten und einer Deutschrussin. Warum hat sie diesen Ort als Treffpunkt gewählt? «Weil er für mich meine Integration in Basel symbolisiert.» Im Jahre 2004 wurde von Jacobs in die altehrwürdige Fasnachtsclique aufgenommen, als Vorträblerin. Eine zugezogene Deutsche in einer Clique – «integrierter geht es nicht mehr, oder?», sagt sie lachend.

Erfahrung in der Pharmabranche Integration – wie ein roter Faden zieht sich das Thema durch von Jacobs Leben. Sie, die sich aufgrund ihrer Andersartigkeit lange Zeit nirgendwo zugehörig fühlte, nutzte diesen Umstand, um ihre Zelte immer wieder an anderen Orten aufzuschlagen. «Ich weiss, was es heisst, die Neue zu sein», sagt die ausgebildete Gymnasiallehrerin, mittlerweile wieder mit ernster Miene. Erst in Basel habe sie eine Heimat gefunden. «Nie habe ich in einer Stadt so eine intensive Einbindung gefühlt wie hier.» Klingt pathetisch, aber von Jacobs lässt sich nicht beirren. Richtig leidenschaftlich wird sie, wenn sie von Basel spricht. Unprätentiös sei die Stadt, respektvoll der Umgang mit den Einwohnern. Als Beispiel nennt von Jacobs die Tatsache, dass man mit der Zusendung der Steuererklärung eine Verlängerungskarte bekommt, «das gibt es sonst nirgends!» Integration werde einem leicht gemacht in Basel, findet von Jacobs, und ist damit wieder beim Ausgangspunkt des Gesprächs gelandet. Nicht nur persönlich, sondern auch beruflich habe sie sich mit der Integration beschäftigt. «Viele Jahre war ich als

Personalleiterin und Trainingsmanagerin bei Novartis Pharma. In dieser Zeit war ich zuständig für die Mitarbeitenden aus 80 Nationen mit unterschiedlichsten Alters-, Gesundheits- und Lebensstrukturen», schreibt von Jacobs in einem Brief vom 24. Juni an künftige «Partnerinnen und Partner». Eine Art Werbeschreiben in eigener Sache, datiert auf jenen Tag, an dem sie ihre neue Stelle angetreten hatte, als «Leiterin der Fachstelle Diversität und Integration», so der Arbeitstitel in voller Länge.

«Die Erwartungen sind derart unterschiedlich, ich kann gar nicht alle erfüllen.» Er habe sie eingestellt, weil sie sowohl Fach- wie auch Erfahrungskompetenz mitbringt, sagt ihr Vorgesetzter Thomas Kessler, Leiter Kantons- und Stadtentwicklung. «Sie ist ein Flüchtlingskind der nächsten Generation, kennt das Schicksal von Migranten aus eigener Erfahrung und hat darum eine besondere Sensibilität für diese Themen.» Und, ganz wichtig: «Sie ist sehr kommunikativ.» Das brauche es, denn durch ihre Arbeit werde von Jacobs ständig im Fokus der Öffentlichkeit, Politiker und der Medien stehen. Genau diese exponierte Position hat Nicole von Jacobs Vorgängerin Elisa Streuli schon knapp nach Stellenantritt ins Schleudern gebracht. Mit der Empfehlung, die Anti-Minarett-Plakate in Basel zu verbieten, verursachte Streuli Schlagzeilen bis weit über die Kantonsgrenzen hinaus. Später kassierte die vormalige Integrationsleiterin einen Rüffel von der Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates (GPK): «Keine Strategie» lautete der Vorwurf . Nach nur eineinhalb Jahren trat Elisa Streuli im Frühling von ihrem Amt zurück. Ihr Chef, Regierungspräsident Guy Morin, reagierte auf diesen Abgang – und auf die anhaltende Kritik an den Strukturen seines Departements – mit einer internen Reorganisation: Die Fachstelle Integration wurde per 1. Juni dieses Jahres der Kantons- und Stadtentwicklung unterstellt. Durch diese Umstrukturierung, sagt Nicole von Jacobs, habe sie «wesentlich bessere Ausgangsbedingungen» als ihre Vorgängerin. Im Übrigen sei ihr bewusst, dass sie früher oder später anecken werde: «Die Erwartungen an mich sind derart unterschiedlich, ich kann gar nicht alle erfüllen.» Kritik – aus welcher Richtung auch immer – sei ihr vermutlich gewiss. Vorerst aber, so könnte man meinen, herrscht Schonzeit

für Nicole von Jacobs. Vielleicht, weil sie in der Basler Politszene teilweise noch ein unbeschriebens Blatt ist? FDPPräsident Daniel Stolz möchte zuerst ihr Antrittsschreiben lesen, bevor er sich in der BaZ zur neuen Integrationsleiterin äussert. Sein Kommentar nach der Lektüre: «Ich kenne Frau von Jacobs nicht persönlich. Aus ihrem Lebenslauf entnehme ich aber, dass sie unterschiedlichste Erfahrungen sammeln konnte, unter anderem in der Pharmabranche. Ich bin gespannt auf die erste Begegnung.» Ähnlich unbestimmt äussert sich Integrationspolitiker Mustafa Atici (SP), dem Nicole von Jacobs kurz nach Antritt vorgestellt wurde: «Grundsätzlich finde ich es gut, dass sie die Probleme rund um die Integration aus eigener Erfahrung kennt.» Mehr könne er derzeit nicht sagen, ausser dass sie eine «wirklich sympathische Frau ist». Und was sagt jene Partei, die sich diesen Frühling mit einem selbst kons­ truierten «Jobprofil für den neuen ­Integrationsbeauftragten» bemerkbar machte? Er habe sie gegoogelt und sei «schon mal erleichtert, dass sie kein Mitglied der SP oder der Grünen ist», sagt SVP-Präsident Sebastian Frehner. Grundsätzlich seien es aber die Taten, an denen er die neue Integrationsleiterin messen würde. «Wir werden genau prüfen, was von ihr kommt.» Für die neue Integrationsleiterin ist diese Forderung kein Grund zur Nervosität. «Ich weiss, dass wir auf dem richtigen Weg sind, wenn wir Basel noch mehr zu einer Stadt machen, die Menschen aller Art willkommen heisst», sagt sie mit dem Selbstbewusstsein eines Menschen, der in sich ruht. Ihre ersten Wochen im Amt habe sie genutzt, um ein Netzwerk aufzubauen und sich die nötige Dossierfestigkeit anzueignen, sagt von Jacobs. «Darauf basierend kann ich nun fundierte Impulse zur Neuausrichtung der Integrationsstrategie geben.» Erste Projekte in Planung Erste Projekte unter ihrer Leitung seien bereits in Planung. «Unter anderem möchte ich jenen Neuzuzügern, die aus beruflichen Gründen nach Basel kommen, und ihren Familien mehr Beachtung schenken. Intensiv sei die Einarbeitungsphase gewesen. Aber Stress? «Habe ich eigentlich nie.» Lediglich zu dicht gesetzte Termine, die findet sie nicht gut. Wobei das bisweilen ihre eigene Schuld sei: «Es kommt vor, dass ich mir zu viel vornehme und dann ungeduldig reagiere, wenn nicht alles so klappt, wie ich es möchte.» In solchen Fällen müsse sie einen Schritt zurücktreten und Prioritäten setzen. «Da ich ein strukturierter

Mensch bin, fällt mir das leicht.» Strukturiert? Die vielen Dokumente, quer auf von Jacobs Pult in ihrem Büro verteilt, sprechen eine andere Sprache. Mittlerweile sitzt die Integrationsbeamtin an ihrem Arbeitsplatz an der Schneidergasse. «So sieht es halt aus, wenn ich arbeite. Aber am Abend räume ich immer auf, ehrlich», sagt sie lachend. Sie lacht viel, das fällt auf. Eine Kichererbse? Bestimmt nicht. Aber eine Frohnatur: «Ich bin fast immer gut gelaunt.» Auf die Nerven geht ihr nur, «wenn jemand über Jahre jammert und gleichzeitig sämtliche Anregungen ignoriert». In solchen Fällen, sagt von Jacobs, könne sie sehr bestimmt werden, «privat wie beruflich». Sprachunterricht für Migranten Auf das Thema Integration bezogen, heisst das: «Ich erwarte, dass sich zugezogene Menschen an das Gesetz halten.» Bei wem die Integrationsmassnahmen nicht gegriffen haben, mit dem müssten Vereinbarungen getroffen werden, sagt von Jacobs. «Sollte sich bei der Überprüfung einer solchen Abmachung herausstellen, dass es am Willen zur Kooperation fehle, gibt es keinen Grund, die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern», sagt von Jacobs. «Da bin ich klar dafür.» Genauso vehement aber, sagt von Jacobs, wolle sie sich einsetzen für die Förderung von Sprachunterricht in der jeweiligen Landessprache von Migranten. «Das ist wichtig für die Identität eines Menschen.» Integration ja, Assimilierung nein – «ich selbst spreche ja auch kein Baseldeutsch». Das, obwohl sie von sich sagt: «Im Herzen war ich schon Baslerin, bevor ich hierhergezogen bin.»

Basel. Im Kleinbasel ist es am Freitagabend zu drei Brandstiftungen bei Schulhäusern gekommen. Den ersten Brand entdeckte eine Patrouille der Jugend- und Präventionspolizei kurz nach 20 Uhr im Pausenhof des Theo­ bald Baerwart-Schulhauses. Dort waren Zeitungen und ein Stuhl in Brand gesetzt worden. Während der Löschar­ beiten ging die Meldung ein, dass im Pausenhof des Drei-Rosen-Schulhau­ ses ebenfalls Zeitungen und ein Stuhl brennen würden. Beim Bläsi-Schulhaus entdeckte die Patrouille dann vier Per­ sonen, die einen mit Zeitungen gefüllten Kinderwagen in Brand gesetzt hatten. Das Quartett konnte vorerst flüchten, wurde dann aber festgenommen. Es handelt sich um eine 18-jährige und zwei 19-jährige Schweizerinnen sowie einen 20-jährigen Deutschen. Die Poli­ zei klärt nun ab, ob die Festgenomme­ nen alle drei Brände gelegt haben.

Patiententag für Krebserkrankungen Basel. Im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie fand am Samstag im Zentrum für Lehre und For­ schung in Basel ein Patiententag für Krebserkrankungen statt. Patienten und Angehörige konnten sich mit Experten über moderne Diagnostik- und Thera­ pieverfahren informieren und sich mit anderen Betroffenen austauschen.

glückwunsch Goldene Hochzeit Heute können zwei Ehepaare ihre gol­ dene Hochzeit feiern: Karl und Angelina Stier-Bundi an der Amerbach­ stras­se 81 und Othmar und Katharina Klopfstein-Neuschmid am Bruder­ holzweg 18. Wir gratulieren allen herz­ lich und wünschen alles Gute für die Zukunft. Nachträglich gratulieren wir auch Rodolphe und Karola VetterLasthaus am St.-Galler-Ring 191, die gestern ihre goldene Hochzeit hatten. Den Jubilaren wünschen wir noch wei­ tere glückliche Ehejahre. [email protected]

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Der liberalste Nationalratskandidat in Basel. Für Freiheit und Eigenverantwortung.

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