«Ich gewinne langsam wieder Kraft»

Alfred Lampert ist Jahrgang 1953 und Inhaber der Lampert ... Alfred Lampert: Ich mache seit vielen. Jahren mit ein paar ... dieser Zeit ist uns noch ein grosser.
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PERSÖNLICH GEFRAGT

WIRTSCHAFT REGIONAL | SAMSTAG, 18. MAI 2013

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«Ich gewinne langsam wieder Kraft» Bei Alfred Lampert wurden vor gut einem Jahr bösartige Tumorzellen im Hals- und Mundraum festgestellt. Doch der Inhaber der Druckerei Lampert in Vaduz glaubt an seine innere Kraftquelle und will wieder im Unternehmen mitwirken. Mit Alfred Lampert sprach Beatrice Bodack Herr Lampert, Sie waren vor ein paar Jahren schon einmal als Unternehmer in der Rubrik «Persönlich gefragt». Seitdem hat sich Ihr Leben um 180 Grad gedreht. Was ist passiert?

Alfred Lampert: Ich mache seit vielen Jahren mit ein paar Kollegen immer Ende Januar eine F.X.-Mayr-Kur im Tirol. Damit verbunden ist auch ein Ganzkörper-Check. Letztes Jahr im Februar hat man bei diesem Check eine Veränderung auf meiner linken Mandel festgestellt. Die Röntgenaufnahmen brachten noch keinen Befund. Erst eine Gewebeentnahme hat gezeigt, dass es offenbar kein harmloses Virus war. Sondern?

Die Ärzte haben um die Mandel herum Krebszellen festgestellt. Aber der Tumor, der sich dort gebildet hatte, war noch jung.

rum gerade ich?» zu fragen. Das führe in einen Teufelskreis, der einen immer weiter nach unten ziehe. Krebs ist eine komplexe Krankheit und kann nie auf einzelne Ursachen reduziert werden.

steigen. In letzter Zeit hat das Restaurant Luce die Nase vorne. Das haben wir dem ganzen Team – vom Küchenburschen angefangen über den Service und Pizzaiolo bis hin zu unserem Spitzenkoch – zu verdanken.

Wie haben Sie die Diagnose Ihrer Familie beigebracht?

Können Sie wieder selbst mit anpacken?

Ich habe mich bemüht, es der Familie schonend beizubringen.Aber Sie können sich vorstellen, dass die Diagnose «Papa hat Krebs» für meine Kinder und meine Frau eine furchtbare Nachricht war. Kurz nach der Familie habe ich auch das Gespräch mit meinem Geschäftsleiter vom Druckzentrum und den Teamleitern der übrigen Firmen gesucht.

Ich bin nach wie vor arbeitsunfähig. Ich komme aber trotzdem ein- bis zweimal in der Woche für ein paar Stunden in die Firma, um nach dem Rechten zu sehen und mich über den Geschäftsgang zu informieren. Ich mache gesundheitlich Fortschritte und gewinne langsam wieder an Kraft. Sie waren früher viel mit dem Rad in den Bergen unterwegs. Fahren Sie wieder?

Ja, ich habe damit wieder begonnen. Es hilft mir sehr, den Kopf freizubekommen.Wenn ich am nächsten Tag merke, wo ich überall Muskelkater habe, fühle ich mich wieder als Mensch. Ein tolles Gefühl, nicht mehr hilflos zu sein.

Sie hatten bereits einen Geschäftsleiter, der eingearbeitet war und das Unternehmen weiterführen konnte.

Ja, mein Geschäftsleiter war da schon knapp ein Jahr in der Firma. Das war mein grosses Glück, sonst hätte ich den Laden vermutlich zusperren können. So schnell hätte ich niemanden finden und einarbeiten können, der täglich rund 30 Angestellte betreut.

Haben Sie eine Lieblingsstrecke?

Ich fahre gerne von Vaduz über Landquart, Malans, Jenins und St. Luzisteig hoch und wieder retour. Meine Kraft reicht zurzeit für 50 bis 60 Kilometer. 25 Kilogramm weniger auf den Rippen haben auch ihren Vorteil.

«Ich bin nach wie vor arbeitsunfähig»

Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

Ich bekomme jede Woche Infusionen und Physiotherapie, um die Halsmuskeln wieder aufzubauen. Ausserdem versuche ich, mit Akupunktur meine Schleimhäute wieder zu aktivieren. Gott sei Dank ist der Geschmackssinn zu fast einhundert Prozent wieder hergestellt. Ich war immer ein grosser Genussmensch und muss nun auf vieles verzichten. Das bedeutet für mich eine enorme Einschränkung meiner Lebensqualität, aber ich versuchte, das Beste aus der Situation zu machen.

Waren Sie vorher schon körperlich leicht angeschlagen?

Nein, überhaupt nicht. Als mir der Chefarzt die Nachricht überbrachte, habe ich das gar nicht richtig realisiert. Ich war doch kerngesund. Wie ging es danach weiter?

Die Ärzte wollten keine Zeit verlieren. Zehn Tage später bin ich im Kantonsspital St. Gallen operiert worden. Eine extrem heikle OP, denn im Halsund Mundbereich verlaufen sehr viele Nerven- und Muskelstränge. Vor einigen Jahren hätte eine solche Operation noch nicht so erfolgreich durchgeführt werden können. Hinzu kommt: Ich hatte extremes Glück, denn der Tumor war relativ weit von der Hauptschlagader entfernt. Wenn man Ihnen zuhört, spürt man, dass Ihnen das Sprechen immer noch etwas schwerfällt. Stimmt das?

Das liegt daran, dass das Chirurgenteam bei der OP auch einen Teil meiner Zunge entfernen musste. Dafür haben sie Hautzellen aus dem Oberarm in die Zunge verpflanzt. Die Narbe spüre ich die ganze Zeit. Das ist ein Gefühl, als hätte ich auf der linken Seite Schmirgelpapier im Mund. Mein Essen besteht heute zu 70 Prozent aus flüssiger Spezialnahrung. Morgens kann ich noch relativ gut sprechen. Abends werde ich müde und höre lieber zu. Viel Zeit ist Ihnen zwischen Diagnose und OP nicht geblieben, um die Nachricht zu verarbeiten.

Da habe ich zum ersten Mal meinen Willen zu leben gespürt. Das hat auch sein Gutes. Mein Arzt und Marion Leal von der Krebshilfe Liechtenstein haben mir gesagt, ich dürfe nie den Fehler begehen und nach dem «WaZUR PERSON Alfred Lampert ist Jahrgang 1953 und Inhaber der Lampert Druckzentrum AG, der Lampert Immobilien, des Restaurants und PizzaKuriers Luce in Vaduz und zur Hälfte an der Parussi Piemont AG beteiligt. Das Druckzentrum beschäftigt aktuell 24 Mitarbeiter. Nach einer Druckerlehre arbeitete Lampert zunächst einige Jahre als Teamleiter im Lehrbetrieb weiter, bevor er sich 1981 als 28-Jähriger nach diversen Weiterbildungen selbstständig machte. Alfred Lampert ist verheiratet, hat vier Kinder und lebt in Vaduz.

Was hat sich nach Ihrem Fernbleiben von der Firma am Geschäftsgang des Druckzentrums geändert?

Man hat schon gemerkt, dass der Chef nicht mehr aktiv vor Ort sein kann. Zu dieser Zeit ist uns noch ein grosser Kunde abgesprungen. Ein Unglück kommt selten allein. Hatte das mit Ihrer Krankheit zu tun?

Nein, der Kunde hatte sich aus preispolitischen Erwägungen dazu entschlossen, künftig im Ausland drucken zu lassen. Das haben wir deutlich zu spüren bekommen. Eine Abteilung mit mehreren Mitarbeitern, die ausschliesslich Aufträge dieser Firma bearbeitet hatte, stand kurz vor dem Aus.

Verabreden Sie sich heute wieder gerne mit Kollegen ausser Haus?

Wenn ich mich früher gerne abends mit Kollegen auf ein Glas Wein getroffen habe, dann mache ich das heute lieber zum Znüni auf einen Cappuccino. Abends kann ich nicht mehr so gut reden. Ich geniesse es sehr, wieder unter Leute zu kommen.

Wie haben Sie sich aus dieser Notlage befreit?

Wir mussten uns sofort nach neuen Nischen umschauen. Ich bin dann nach Deutschland zur weltgrössten Messe für Druckereien geflogen und habe – quasi aus dem Rollstuhl heraus – eine Weltneuheit, sprich eine Druckmaschine mit 3D-Effekt, gekauft. Diese ist mittlerweile bei unseren Kunden sehr beliebt und hat den Auftragsverlust deutlich abgefedert. Ausserdem haben Freunde und Kollegen versucht zu helfen und uns zusätzliche Aufträge verschafft.

«Radfahren hilft mir, den Kopf freizubekommen» Was hat Sie in den schwersten Momenten wieder aufgebaut?

Halt gegeben haben mir vor allem die Familie, die Gespräche mit Marion Leal von der Krebshilfe, Freunde und das Wissen, dass es anderen noch viel schlechter geht als mir. Ich weiss, dass ich über eine innere Kraftquelle verfüge und zapfe diese auch an.

Wie viele Mitarbeiter mussten Sie zu der Zeit entlassen?

Vier Mitarbeiter dieser EtikettenAbteilung mussten leider gehen. Das schmerzt. Zwei konnten wir in anderen Firmen unterbringen. Die anderen zwei sind aufgrund der natürlichen Fluktuation ausgeschieden.Wir haben diese Spezialabteilung nach über 20 Jahren aufgelöst und durch die neue 3D-Effekt-Druckabteilung ersetzt.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Gesundheit, so banal wie es klingt. Gesundheit hat für mich eine neue Bedeutung bekommen. Ich möchte gerne wieder leistungsfähiger sein und meine wichtigsten Kunden und mein Netzwerk pflegen. Das dauert vielleicht noch eine Weile, aber die Hoffnung ist da.Ausserdem möchte ich gerne wieder kulinarisch essen und mich in die Gesellschaft integrieren können. Das Leben, meine Familie und ehrliche, stabile soziale Beziehungen sind für mich heute das Wertvollste.

Wie ist es Ihrem Restaurant und PizzaKurier Luce ergangen? Wie hat sich Ihr Fehlen dort bemerkbar gemacht?

Das Team des Restaurants Luce in Vaduz organisiert sich schon seit längerer Zeit selbstständig und ist erfolgreich unterwegs. Der Pizza-Kurier ist ins Restaurant integriert. Ich treffe mich alle 14 Tage mit den Teamleitern für Absprachen in Sachen Werbung und Finanzen. Alles andere erledigt das Team alleine.

Welche Tipps können Sie anderen Unternehmern mit auf den Weg geben?

Wie laufen die Geschäfte heute?

Die Geschäfte sind überall härter geworden, auch in der Druckbranche. Man kann nicht mehr davon ausgehen, dass Umsatz und Gewinn jährlich

«Das Wichtigste für ein KMU ist, einen Ersatz für die eigene Person zu haben»: Alfred Lampert, Inhaber der Lampert Druckzentrum AG in Vaduz. Bilder Elma Korac

Das Wichtigste für einen KMU-Betrieb ist es, einen Ersatz für die eigene Person zu haben. Jemanden, der die Geschäftsprozesse kennt und vertrauenswürdig ist. Genauso wichtig ist ein gutes Team, auf das man im Notfall bauen kann und das man zuvor mit Anstand und Respekt behandelt hat. Da hatte ich riesiges Glück.