„Grosse Transformation“: 11 Kernfragen aus ökumenischer ...

solchen Narrativen will die ökumenische Bewegung lernen um ihr transformatives Denken und. Handeln zu schärfen. Ein Referenzbeispiel: Otros horizontes de ...
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„Grosse Transformation“: 11 Kernfragen aus ökumenischer Perspektive Die Suche nach einem neuen, nachhaltigen und global gerechten Entwicklungs- und TransformationsVerständnis stellt Entwicklungsorganisationen vor alte und neue Fragen, die sie zu beantworten haben. Brot für alle und ihre Partnerorganisation Fastenopfer tun dies auf drei Ebenen: (i) im Austausch mit internationalen Netzwerken von Kirchen und kirchennahen Entwicklungsorganisationen (ii) in der Kooperation mit Partnerinstitutionen in In- und Ausland und (iii) im Dialog mit Personen und Institutionen, die Antworten auf ähnliche Fragestellungen suchen. Die folgenden Liste von Kernfragen zur „globalen Transformation“ hat nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, wiederspiegelt aber einige zentrale Elemente der ökumenischen Debatte über Entwicklung und Transformation. 1.

Macht und Ausgrenzung: Was implizieren die Machtverschiebungen in der rasch sich ändernden Welt? Die ökumenische Bewegung ist in allen Weltregionen lokal verankert und gleichzeitig global stark vernetzt. Sie kennt die Zentren von Macht und Globalisierung und weiss wie Machtpole sich zwischen Regionen und Nationen verschieben. Sie kennt aber auch die Realitäten der Machtlosen, der Globalisierungsverlierer und der peripheren Gebiete, welche die mediale Weltöffentlichkeit kaum wahrnimmt. Dies befähigt sie, vorausschauend über die Konsequenzen von Machtverschiebungen und Globalisierung nachzudenken und daraus mögliche ZukunftSzenarien der „Weltentwicklung“ abzuleiten. Ein Referenzbeispiel: Dan Church Aid: Scenario 2025. Rivalry in a multi-polar world. Some key challenges to agents of Development. Draft August 2013.

2.

Globalen Herausforderungen: Genügen die „Standardantworten“ der Weltgemeinschaft? Wie alle globalen Institutionen, die sich für eine nachhaltige und gerechte Welt einsetzen, analysieren und bewerten auch kirchliche Netzwerke, wie die Staatengemeinschaft auf die globalen Herausforderungen wie Armut oder Klimawandel reagiert. Im Wissen um die Vielfalt von Visionen Sichtweisen und Realitäten tut sie dies in einem mehrstufigen und partnerschaftlichen Prozess, der viele Stimmen einschliesst. Was die kirchlichen Netzwerke auszeichnen, ist das länder- und regionalen-übergreifende Vorgehen in Diagnose, Analyse und Synthese des Weltgeschehens. Ein Referenzbeispiel: ACT Alliance. Changing Development Paradigm Discussion Paper. Final Version September 2013.

3.

“Frieden in Gerechtigkeit“: Was heisst Gerechtigkeit heute? Seit jeher fundiert die ökumenische Bewegung ihre Analyse des Weltgeschehens auf theologischen Reflektionen über Werte, welche Begriffe Gerechtigkeit oder Nachhaltigkeit erklären. So können die Leitmotive der zehn Vollversammlungen des ökumenischen Rates als Boten eines sich wandelnden und sich ausweitenden Verständnisses von Gerechtigkeit verstanden werden. Unter „Frieden in Gerechtigkeit“ wird heute zum Beispiel auch die ökologische Gerechtigkeit (eco justice) gezählt. Viele Prinzipien und Ziele des Regelwerks der Weltgemeinschaft nehmen direkt oder indirekt Bezug auf theologisch fundierte Wertreflektionen.

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Ein Referenzbeispiel: Together towards life, Mission and Evangelism in Changing Landscapes, 2013. 4.

Wege aus dem Unrecht: Weshalb Gerechtigkeit nach Transformation verlangt? Neben den Menschenrechten sind ökologische Gerechtigkeit, Generationengerechtigkeit oder Recht auf Nahrung zentrale Anliegen der ökumenischen Bewegung. Doch das Wissen um Ungerechtigkeiten macht die Welt noch nicht gerechter. Der Weg zur Gerechtigkeit wird nur mit systemischen Veränderungen und grundlegenden Erneuerungen geebnet. Dies verlangt, neben dem Wissen um die globalen Probleme, auch vertiefte Reflektionen über den Sinn von Leben einerseits und Lebensvisionen anderseits. Theologische Reflektion und spirituelles Wissen können helfen, die „transformativen Gerechtigkeit“ in diversen Kontexten besser zu verstehen. Ein Referenzbeispiel: CIDSE, Bringing about a paradigm shift towards a just and sustainable world, New Narrative for Human Well-being, 2013.

5.

Entwicklung und Transformation: Wo unterscheiden sich diese Begriffe? Die erste Begriffsdefinition von Entwicklung, verstanden als Prozess des wirtschaftlichen Aufholens armer post-kolonialer Staaten, hat 1992 dem Konzept der nachhaltigen Entwicklung Platz gemacht. 20 Jahre später ist die Ernüchterung gross. Gefordert wird darum eine tiefgreifende „grosse Transformation“ von Gesellschafts- und Wirtschaftssystemen, gerade von Seiten der Kirchen. Doch worin unterscheidet sich das Konzept der Transformation vom demjenigen der nachhaltigen Entwicklung? Was Elemente umfassen die „grosse Transformation“? Im Wissen, dass es auf solche Fragen viele Antworten gibt, will die ökumenische Bewegung Wege des transformativen Handelns in Politik und Praxis identifizieren. Ein Referenzbeispiel: Ecumenical Perspectives on Development goals; Madang Workshop at the th 10 WCC Assembly 2013.

6.

Nachhaltig statt unbegrenzt: Weshalb ein gesellschaftliches Umdenken keine Utopie sein muss? Trotz der Rio-Deklaration über Nachhaltigkeit von 1992 dominiert das westliche Konzept des ‚unbeschränkten Wachstums‘ noch immer das Wirtschaftsgeschehen. Offensichtlich genügt es nicht, sich auf internationalem Parkett politische Ziele zu setzen. Transformation ist ein auch ein gesellschaftlicher Prozess, in dem die Ausgangsfrage im Zentrum stehen muss, was ein menschenwürdiges oder gutes Leben ist. In allen Regionen der Welt gibt es Lebensentwürfe, die sich grundsätzlich vom Menschenbild des egoistischen Homo oeconomicus unterscheiden. Von solchen Narrativen will die ökumenische Bewegung lernen um ihr transformatives Denken und Handeln zu schärfen. Ein Referenzbeispiel: Otros horizontes de vida, Diálogos sobre ‘desarrollo’ y ‘vivir bien’, La Paz, 2013

7.

Kohärenz statt Kompensation: Was heisst transformatives Handeln in der Politik Aus ökumenischer Perspektive, welche sich als eine holistische versteht, ist Politikkohärenz der politische Schlüsselfaktor für Transformation. Bezogen auf ein einkommensstarkes Land wie die Schweiz heisst dies beispielsweise, dass transformatives Handeln nicht nur ihre Entwicklungshilfepolitik umfasst, sondern auch ihre Aussen-, die Wirtschafts-, Migrations- oder die Handelspolitik. Nach holistischem Verständnis ist transformatives Handeln in der Politik mehr als Helfen und Kompensieren, und zwar auf allen Politikebenen. Aus diesem Grund koordiniert die ökumenische Bewegung ihre internationale Sensibilisierungsarbeit mit nationalen Initiativen.

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Ein Referenzbeispiel: World Council of Churches. Economy of Life, Justice, and Peace for All: A Call to Action, 2013. 8.

Globale Nachhaltigkeitsagenda 2015: Was sollen die ökumenischen Entwicklungsorganisationen dazu beitragen? Im Jahre 2015 sollen die UN Millenniumsziele durch neue, global gültige Nachhaltigkeitsziele abgelöst werden. Für die ökumenische Bewegung stellen sich eine Reihe fundamentaler Fragen: Was heisst Nachhaltigkeit im ökumenischen Kontext? Und welches ist der spezifischen Beitrag von Kirchen und ihren Hilfswerken für eine gerechte, pluralistische und nachhaltige Welt? Solche Fragestellungen wurden Ende 2013 an der Vollversammlung des ökumenischen Rates im südkoreanischen Busan erörtert. Zur Diskussion stand auch ein Vorschlag, dass die ökumenische Bewegung sich eigene Nachhaltigkeitsziele für die Zeit nach 2015 vorgeben soll, in Ergänzung zu den Zielen der UNO. Ein Referenzbeispiel: SEK/Bread for all, Ecumenical Sustainable Development Goals, discussion paper, 2013.

9.

Wertschöpfung statt Ausbeutung: Welche Rahmenbedingungen für ethisches Wirtschaften? Transformation ist ein Prozess, der nicht nur die Politik etwas angeht, sondern alle Akteure, welche produzieren und konsumieren. Und sie sind zwangsläufig mit ethischen Entscheidungen und Fragen des ethischen Wirtschaftens konfrontiert. Das gilt für das individuelle Verhalten der KonsumentInnen genauso wie für die Strategie eines weltumspannenden Unternehmens. Aus diesem Grund schauen kirchliche Hilfswerke genauer hin, decken Fälle sozialer Ausbeutung und ökologischem Raubbau auf. Sie machen sich Gedanken, welche Rahmenbedingungen für ein Wirtschaften nötig sind, welche die „nachhaltige Wertschöpfung für alle“ in Zentrum stellt. Ein Referenzbeispiel: PLAAS, Land belongs to God": stories from Southern Africa

10. Ziele und Limiten: Wo Armutsbekämpfung (auch) ansetzen muss? Die zentralen globalen Herausforderungen sind Armut und Ausgrenzung; dies ist unbestritten. Entsprechend hat sich die Weltgemeinschaft beim Jahrtausendwechsel Ziele vorgegeben. In ökumenischen Kreisen wird in verschiedenerlei Hinsicht die Grundsatzfrage gestellt, ob es reicht, sich nur Ziele zu setzen, oder ob wir auch über Grenzen und Limiten nachdenken müssen. Zum Beispiel hinsichtlich Wachstum und Ressourcenverbrauch: Können alle Regionen weiterhin grenzenlos wachsten oder muss eine Welt mit Anspruch auf Nachhaltigkeit das Weltwachstum „gerechter verteilen“? Oder in der Armutsbekämpfung: Muss die Limitierung des exzessiven Luxus Teil der Armutslinderung sein - im Sinne: Dem Zuwenig steht immer ein Zuviel gegenüber? Ein Referenzbeispiel: World Council of Churches, The Greed Line, Final Report and Supporting Studies, 2013. 11. Vielfalt von Weltsichten: Weshalb ein Grenzen überschreitender Dialog? Zweifellos muss die Weltgemeinschaft ihren Beitrag zur Lösung globaler Herausforderungen leisten, und dieser ist nicht unerheblich. Doch die Definitionsmacht über Probleme und Lösungswege liegt in den Händen von Wenigen. Dialog über geographische, kulturelle und religiöse Grenzen hinweg ist der einzige Weg, der Vielfalt von Weltsichten, Wissen und Visionen gerecht zu werden. Nur so wird eine grosse Transformation möglich, die allen dient. Ein Referenzbeispiel: dialogue4change.org 30-01-2014

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Links 1.

Dan Church Aid: Scenario 2025. Rivalry in a multi-polar world. Some key challenges to agents of Development. Draft August 2013. forthcoming

2.

ACT Alliance. Changing Development Paradigm Discussion Paper. Final Version September 2013. http://www.cws.org.nz/files/ChangingDevelopmentParadigmPaperACTAlliance.pdf

3.

Together towards life, Mission and Evangelism in Changing Landscapes, 2013. http://www.oikoumene.org/en/resources/documents/wcc-commissions/mission-and-evangelism/together-towards-lifemission-and-evangelism-in-changing-landscapes?set_language=en

4.

CIDSE, Bringing about a paradigm shift towards a just and sustainable world, New Narrative for Human Well-being, 2013. http://www.google.ch/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&ved=0CCsQFjAA&url=http%3A%2F%2Fwww.cidse. org%2Findex.php%3Foption%3Dcom_k2%26Itemid%3D195%26id%3D314_d0c5474333442af0c397dbe875e2d62c%26l ang%3Den%26task%3Ddownload%26view%3Ditem&ei=CEG0Us2iOu_ZygO7i4CYCw&usg=AFQjCNGrr9eCoZiB6eSKP C8sobeyqfBGXQ&bvm=bv.58187178,d.bGQ

5.

Ecumenical Perspectives on Development goals; Madang Workshop at the 10th WCC Assembly 2013. http://www.dialogue4change.org/group/workshop-10th-wcc-assembly-ecumenical-perspectives/

6.

Otros horizontes de vida, Diálogos sobre ‘desarrollo’ y ‘vivir bien’, La Paz, 2013. http://media.hw.io.s3.amazonaws.com/dialogue4change/files/2013/12/Armado_Otros_horizontes_de_vida_144.pdf

7.

World Council of Churches. Economy of Life, Justice, and Peace for All: A Call to Action, 2013. http://www.oikoumene.org/en/resources/documents/wcc-programmes/public-witness-addressing-power-affirmingpeace/poverty-wealth-and-ecology/neoliberal-paradigm/agape-call-for-action-2012/economy-of-life-justice-and-peace-forall?set_language=en

8.

SEK/Bread for all, Ecumenical Sustainable Development Goals, discussion paper, 2013. http://media.hw.io.s3.amazonaws.com/dialogue4change/files/2013/10/EcumSDG_HoppeSchaefer_20130926_EN_2.pdf

9.

PLAAS, Land belongs to God": stories from Southern Africa http://www.plaas.org.za/blog/land-belongs-god-stories-southern-africa

10. World Council of Churches, The Greed Line, Final Report and Supporting Studies, 2013. forthcoming

11. Dialogue4change.org http://www.dialogue4change.org/about/dialogue/