2013 01 14 ufrecht tuebingen


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Hydrogeologie und chlorierte Kohlenwasserstoffe in Stuttgart – ein Konzept zur Sicherung der Grundwasserqualität Wolfgang Ufrecht Amt für Umweltschutz Stuttgart

14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Altlastensituation Stuttgart Massive industrielle Nutzung 2948 2047

14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Verdachtsflächen, Fälle mit LCKW-Verdacht

Schema der Altlastenbearbeitung Grundstücks- bzw. störerbezogene Einzelfallbearbeitung und standortbezogene Untersuchungsverfahren. Gefahr-, Risikoabschätzung In Regie und auf Kosten von Behörde Störerzuordnung

Erkundung in Schritten bzw. nachfolgende Sanierung durch Störer

14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Schadensfallbearbeitung, seit 1986 • Schrittweises Vorgehen, dem Verursacherprinzip folgend >> sehr zeitaufwendig, • Untersuchungen im lokalen Maßstab (Einzelfallbetrachtung), nur selten Fahnenerkundung • Tiefere Stockwerke oft unberücksichtigt, • Grenzen der Einzelfallbearbeitung bei komplexen Schadensfällen, Nur kleiner Teil der Verdachtsflächen abgearbeitet Gefährdungspotential weiterer Einzelfälle? keine übergeordnete Risiko- und Gefährdungsbetrachtung. 14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Nutzungsaspekte - Schutz der Mineral Thermalwässer Mineralquellen seit 1984 mit LCKW beaufschlagt 18

20

1 4 7 0 1 4 7 0 1 4 7 0 1 4 7 0 1 4 7 0 1 4 7 0 1 4 7 01 4 7 01 4 7 0 1 4 7 0 1 4 7 0 1 4 7 0 1 4 7 0 1 4 7 0 1 4 7 0 1 4 7 01 4 7 01 4 7 0 1 4 7 0 1 4 7 0 1 4 7 0 1 4 7 0 1 4 7 0 1 4 7 0 1. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.11. 1. 1. 1.11. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.11. 1. 1. 1.11. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.1 1. 1. 1. 1.1

Tetrachlorethen, PCE Trichlorethen, TCE

18

µg/l

Wasserwirtschaftliches Schutzgut

16

12 Staatlich anerkannte Heilquellen (Bade- und Trinkkuren) im Oberen Muschelkalk Gesamtschüttung: 500 l/s

14

10 Werte in µg/l

Kulturgut

12

10

8

4 2 0

6

4

2

0

Drei Mineralbäder 14.01.2013

1990

1984 1.1984

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

1985

1986

1987

1988

Tetrachlorethen

1989

1990

1991

2000 1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

Werte vom 1.1.1984 bis 31.12.2009

Trichlorethen

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

Schadensfallsanierung und Gefahrenabwehr Im Stuttgarter Talkessel

Austrag LCKW Stzuttgarter Talkessel

Pump and treat

Grundwasser hydraulische Sanierung (seit 1986) Brauchwasser (seit 1960) Bodenluft (seit 1986) Bodenaushub Entfrachtung Stuttgarter Talkessel Gesamtes Stadtgebiet

4,5 t LCKW 1,9 t LCKW 17,4 t LCKW 1,2 t LCKW 25,0 t LCKW ca. 100 t LCKW

Aber: keine wesentlichen Änderungen bei Mineral- und Heilquellen 14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Neue Wege: Gesamtschauliche Untersuchungen Ziel: Situation im Raum erkennen Systemverständnis und Prozessverständnis. • Schadstoffverteilung räumlich und zeitlich (Gesamtbilanz LCKW), • Transportvorgänge und Prozesse (z.B. Abbau), • Einflussreiche Schadensfälle identifizieren, • Herkunft der Schadstoffe im Schutzgut, • Neue Eintragsbereiche.

14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Das EU-Projekt MAGPlan

MAGPlan: Bewirtschaftungsplan zur Sicherstellung eines guten chemischen Grundwasserzustands durch Vermeidung von Schadstoffeinträgen aus Altlasten

Räumliche Untersuchung der Grundwasserqualität im Zustrom auf die Heilquellen Projektpartner: LHS Stuttgart Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz

Projektlaufzeit: 2010 – 2014

Projektbudget 3,4 Mio € (Fördersatz 50%)

Projektförderung Life + 2008 Environment 14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Der Modellraum: Stuttgarter Talkessel 705 Standorte mit potentiellem LCKW-Eintrag

Relief 101 Standorte mit untersuchtem LCKW-Eintrag Geologie Tektonik Grundwasser

ca. 25 km2

Funktionsraum Mineral- und Heilquellen Digitales Höhenmodell Baden-Württemberg

14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Hydrogeologisches Modell (konzeptionelles Modell) Instrument zur umfassenden Beschreibung der hydrogeologischen Gegebenheiten in einem Betrachtungsraum. Sammeln von (vorliegenden) Daten,

Datenlage im urbanen Raum 8.500 Bohrungen 1.200 GWM Abstichsdaten 1000 Pumpversuche Ca. 100.000 Analysen

Verarbeitung von Daten (Raum und Zeit) Interpretation von Zusammenhängen Beschreibung der Systemeigenschaften, Prozesse und Wirkungsmechanismen

14.01.2013

Möglichst naturnahe Hydrogeologische (konzeptionelle) Systemvorstellung Abstrahierung des Natursystems Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Datenerfassung, Auswertung

Diskrepanzen auflösen

Geowissenschaftliches Tübingen Kenntnislücken =>Fachgespräch Untersuchungsmaßnahmen

14.01.2013

„Wechselspiel“ zwischen hydrogeologischem und numerischem Modell

Aquifergeometrie und Hydrostratigraphie Maßgeblich durch Lithologie, Gipsauslaugung, Verwitterung d. Tonsteine und der Verkarstung bestimmt

Gipskeuper Quartär Unterjura

Hangkante und oberer Hangbereich

Rhät Knollenmergel Stubensandstein

Gipskeuper

Bunte Mergel und Kieselsandsteinsch.

Gipskeuper

100

mit Teilstockwerken Unterkeuper

0

14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

8 Grundwasserleiter

Hangfuß und Talniederung

Schilfsandstein

Oberer Muschelkalk Mittlerer

Unterkeuper

Oberer Muschelkalk

Aquifergeometrie im Gipskeuper durch selektive Gipsauslaugung bestimmt, Zwei wesentliche hydrostratigraphische Komplexe

Strukturierung: à priori Wissen über Prozesse (Aquifergenese) 14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

8 Grundwasserleiter

Grundwasserneubildung und Randzufluss Im Stuttgarter Talkessel

14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Grundwasserneubildung und Randzufluss Im Stuttgarter Talkessel

2 l/s(km2)

Hydraulik: Grundwasserströmung

1,0 l/s(km2)

4 l/s(km2) Büro KUP

Randzufluss: 39 l/s

GW-Neubildung: 31 l/s

Kartierung Versiegelungsgrad Abgestufte Neubildungsspende 14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Reaktionsraum Stuttgarter Talkessel

LCKW-Austragskurve verstehen Eintrag – Austrag (Bilanz) Wo ? Was ? Wieviel ? Transport (Fahnen) Stoffliche Umsetzungen / Abbau

Gipsauslaugungsfront

LCKW GW-Neubildung Licht ins Dunkel

Vorflut Neckartal 1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

Werte vom 1.1.1984 bis 31.12.2009

MineralHeilquellen

Unterkeuper

Oberer Muschelkalk

14.01.2013

- Mombachquelle -

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

2001

2002

2003

2004

2005

LCKW-Verteilung (10-Jahresmittelwerte 2002-2011) Informationssystem BOISS Informationen aus ca. 1.200 GW-Aufschlüssen Zeitreihen seit 1986

Stichtagsbeprobung: 350 GW-Aufschlüsse (alle Stockwerke) Gutes raumzeitliches Bild über LCKW-Konzentrationsverteilung bzw. -entwicklung

BoSS-Consult BoSS-Consult 14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Ordnen und Interpretation: Herd-Fahnenbeziehungen Ausbreitungsmechanismen, Prozesse

Charakterisierung von Eintragsbereichen und deren Schadensauswirkungen im Abstrom (in allen Stockwerken)

Detektion von Schadensfällen (Eintragsbereiche) • Historische Erkundung (große chemische Reinigungen, LCKW-Händler, Firmen mit gewichtigem LCKW-Umgang), • Baumaßnahmen , • Systematische Beprobungen im öffentlichen Raum), • Umnutzungen (Revitalisierung) von Flächen. 14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Schadensfallcharakterisierung (21 „Steckbriefe“) Wichtiger Input für Transportmodellierung

Bodenluftabsaugstellen

14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

• Geologisch-hydrogeologischer Überblick, • Schadenshistorie, • Anzahl, Lage der Herde (Anfangskonzentrationen, aktuelle Konzentrationen), • Stoffspezies, • Milieubedingungen, Hinweise auf stoffmindernde Prozesse, • Schadstoffausbreitung, Fahnengeometrie, • Stand der Sanierung, Entfrachtung,

14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Hydraulik und Transport: Werkzeuge

Tracertests

Hydrochemie

Isotope / Umwelttracer

Forensik: Anthropogene Spurenstoffe

Einschränkung von Freiheitsgraden ! Höherwertige Aussagen Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

14.01.2013

Gezielte Erkundung durch Stadt: Schadstofffahnen: Geometrie und betroffene Aquifere

1. Ansatz: Verknüpfung mit Hydraulik Gefährdungsbetrachtung, Priorisierung 14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Fahnengeometrie: • 25 Fahnen, bis zu 800 m lang, Problem der Abgrenzung, Fahnenüberlagerungen, • Fahnenlängen durch LCKW-Abbau sowie durch Verlagerung (bis in den Oberen Muschelkalk) bestimmt. 350 y = 0,218x + 41,77

300

Fahnenbreite (m)l

250 200 150 100 50 0 0

14.01.2013

100

200

300

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

400 500 Fahnenlänge (m)

600

700

800

900

Fahnenlänge – Abbau Kein Abbau Färberei und Chemische Reinigung 1901-1976

anaerober Abbau Schrottplatz, Mineralöllager Großräumig aerobe Verhältnisse Lokal anaerob, Initiierung der Dechlorierung durch Mineralölprodukte

Aerobe Verhältnisse

BoSS-Consult

14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

BoSS-Consult

Vertikale Verlagerung: Starke Konzentrationsabnahme bei Übergang in Muschelkalk • • • •

Sorption Verdünnung (Fracht) Abbau Dichtfunktion km1

Sorption: Funktion Corg im Unterkeuper ??

14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Unterschiedliche LCKW-Belastungen in den Aquiferen (max. Streubreite): •

Quartär:

0 – 1.000 µg/l



Mittlerer Gipshorizont:

0 – 10.000 µg/l



Dunkelrote Mergel:

0 – 40.000 µg/l



Bochinger Horizont:

0 – 20.000 µg/l



Grundgipsschichten:

0 – 60.000 µg/l



Grenzdolomit:

0 – 80.000 µg/l



Unterkeuper:

0 – 2.000 µg/l



Oberer Muschelkalk:

0 – 60 µg/l

Belastungen mit LCKW im Oberen Muschelkalk Fahnen nur noch schwer abzugrenzen, kein Pfad bis zu den Quellen Zusammenhänge durch Vermischung von Signaturen schwer ableitbar 1 – 4 µg/l, PCE und TCE Niederkonz. Mineralquellen

Hochkonz. Mineralquellen 1 – 2 µg/l Nur TCE Spuren von DCE

0

0 – 60 µg/l PCE und TCE

14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Belastungen mit LCKW im Oberen Muschelkalk Niederkonzentrierte Mineralquellen (Auquelle)

Verschiebung Verhältnis TCE/PCE Keine Abbauprodukte (aerobes Milieu) Höhere Mobilität TCE, „Ausbluten“ eines alten Schadens Aerober Abbau, (nur TCE wird abgebaut, PCE bleibt stabil).

BoSS-Consult 2012 14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

Niederkonzentrierte Mineralquellen Hypothese: Aerober Abbau ???

Kohlenstoffisotopie δ13C (o/oo) Hydroisotop Schweitenkirchen Univ. Tübingen/Umweltmineralogie

• TCE wird über die Zeit isotopisch schwerer !

0,015 µmol/l -26,0 0,013 µmol/l

-25,8

• Keine Metabolite (aus örtlicher Bildung)

-23,0 -22,0

- 30 ‰ -25,7 - 25 ‰

0,010 µmol/l

- 20 ‰ -16,5

0,008 µmol/l

-15,6 - 15 ‰

-13,2 -10,2

0,005 µmol/l

- 10 ‰

0,003 µmol/l

-5‰

BoSS-Consult 2012

0,000 µmol/l 1998 14.01.2013

2000

2002

PCEFachgespräch TCE Tübingen cDCE Geowissenschaftliches

2004

δ13C (PCE)

2006

δ13C (TCE)

-0‰ 2008

δ13C (cDCE)

Niederkonzentrierte Mineralquellen Kohlenstoffisotopie δ13C (o/oo) Hydroisotop Schweitenkirchen Univ. Tübingen/Umweltmineralogie - 30 ‰

Aerober Abbau ??? 0,015 µmol/l -25,7

-26,0

-25,8

-25,2

0,013 µmol/l

- 25 ‰

0,010 µmol/l

- 20 ‰ -15,6

-15,5

0,008 µmol/l

-14,5 -13,0

- 15 ‰

0,005 µmol/l

- 10 ‰

0,003 µmol/l

-5‰

0,000 µmol/l

-0‰ Auquelle

BoSS-Consult 2012

14.01.2013

Mombachqu.

PCEFachgespräch TCE PCE Tübingen cDCE TCE Geowissenschaftliches

Kellerbr. alt

Kellerbr. neu

13C (TCE) cDCE δ13C (PCE) δ13C δ13C (TCE)(cDCE) δ13C (cDCE)

Ausblick: Transportmodellierung, räumlich – zeitlich Ziel: • LCKW-Stoffumsatz früher – heute, • Auswirkungen der bisherigen Entfrachtung. • Herkunft der LCKW in den Mineralquellen. • Kann das Schadensbild mit den bekannten Schadensfällen erklärt werden. • Effiziente Sanierung in Hinblick auf Mineralquellen PCE-Äquivalent [µg/l]

90000 80000 70000 60000 50000 40000 30000 20000 10000 14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen

0 1980

1990

2000

2010

Arbeitsgruppe MAGPlan Stadt Stuttgart Amt für Umweltschutz (Gesamtkonzeption u. Fachkonzepte, Geologie, Hydrogeologisches Modell, konzeptionelles Stoffmodell, Altlasten, Datenbanken, Auftragsvergaben), BoSS-Consult (Hydraulik, konzeptionelles Stoffmodell, Schadstoffisotopie, Spurenstofftracer), KUP Ingenieure & W. Schäfer (Strömungs- und Transportmodellierung), Büro Ertel (Projektmanagement, Finanzen), Zugeschaltete Ingenieurbüros und Universitätsinstitute für Feldarbeiten (Beprobungen, Messungen, Bohrarbeiten, Markierungsversuch) 14.01.2013

Geowissenschaftliches Fachgespräch Tübingen